Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamthafenbetrieb. gemeinsame Einrichtung der TV-Parteien

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gesamthafenbetrieb Lübeck ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Streitigkeiten zwischen dem Gesamthafenbetrieb und einem Arbeitgeber darüber, ob dieser ein Hafeneinzelbetrieb ist, fallen deshalb in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

 

Orientierungssatz

1. Gemeinsame Einrichtungen sind von den Tarifvertragsparteien geschaffene und von ihnen abhängige Organisationen, deren Zweck und Organisationsstruktur durch Tarifvertrag festgelegt wird.

2. Vergleiche zum Begriff der Hafenarbeit BAG Urteil vom 14.12.1988 - 5 AZR 809/87.

 

Normenkette

GHfBetrG §§ 2-3, 1; TVG § 4 Abs. 2; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 05.11.1987; Aktenzeichen 6 (5) Sa 181/87)

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 28.01.1987; Aktenzeichen 4 Ca 2604/86)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ein Hafeneinzelbetrieb im Sinne der Verwaltungsordnung des Gesamthafenbetriebes Lübeck ist mit der Folge, daß sie für Schiffsentladungsarbeiten die von der Klägerin zugewiesenen Gesamthafenarbeiter beschäftigen muß.

Aufgrund des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352) haben die Tarifvertragsparteien zur Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter in Lübeck am 31. März 1985 folgende Vereinbarung abgeschlossen:

" § 2

1. Der Gesamthafenbetrieb hat stetige Arbeits-

verhältnisse für die unständig beschäftigten

Hafenarbeiter zu schaffen und insbesondere

eine zweckmäßige und gerechte Verteilung der

Gesamthafenarbeiter auf die Arbeitsplätze

vorzunehmen.

Er ist berechtigt, zur Erreichung dieses Zweckes

in organisatorischer Beziehung Vorschriften zu

erlassen, die auch für die Hafeneinzelbetriebe

und für die gelegentlich am Hafen arbeitenden

Betriebe bindend sind. Insbesondere ist er

berechtigt, die Zulassung von Arbeitern zur

Hafenarbeit zu beschränken und die Ausübung von

Hafenarbeit von dem Besitz einer Hafenarbeits-

karte abhängig zu machen.

Der Gesamthafenbetrieb hat nähere Bestimmungen

darüber zu erlassen und zu veröffentlichen,

welche Betriebe als Hafeneinzelbetriebe und

welche Arbeiter als Hafenarbeiter gelten.

2. Der GHB hat die Gesamthafenarbeiter im Rahmen

der Tarife sozial zu betreuen.

3. Der Gesamthafenbetrieb nimmt im Rahmen der

vorstehenden Aufgaben den Gesamthafenarbeitern

gegenüber die Funktion eines Arbeitgebers wahr,

soweit diese von den Hafeneinzelbetrieben nicht

auszuüben ist. Er erläßt die Verwaltungsordnung

für den Gesamthafenbetrieb Lübeck.

§ 3

Der Gesamthafenbetrieb wird von einem paritätisch

besetzten Verwaltungsausschuß geleitet. Dieser

besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden und

je 3 Arbeitgeber- und 3 Arbeitnehmervertretern.

Falls diese sich auf die Person des Vorsitzenden

nicht einigen können, benennt das Landesarbeitsamt

Schleswig-Holstein den Vorsitzenden. Dieser soll

mit den Hafenverhältnissen vertraut sein.

Der Verwaltungsausschuß faßt seine Beschlüsse mit

einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmgleichheit

entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

.....

§ 4

Die Erledigung der laufenden Verwaltungsarbeiten,

die durch die in § 2 wahrzunehmenden Aufgaben

entstehen, sowie die Einziehung, Verwaltung und

Verwendung von Beiträgen und Umlagen werden dem

Hafenbetriebsverein Lübeck e.V. übertragen. Der

Hafenbetriebsverein hat die laufenden Verwaltungs-

aufgaben nach den Richtlinien und Anordnungen des

Verwaltungsausschusses zu führen.

Der Hafenbetriebsverein Lübeck e.V. kann innerhalb

seiner Aufgaben und Befugnisse (§ 2) die für die

Erledigung der laufenden Verwaltungsaufgaben des

GHB erforderlichen Anordnungen und Weisungen gegen-

über den Hafeneinzelbetrieben und Gesamthafenar-

beitern erlassen. Der Hafenbetriebsverein Lübeck

e. V. hat seine Verwaltungstätigkeit für den GHB

nicht als Erwerbsunternehmen durchzuführen, sondern

als gemeinnützige Einrichtung. Im Rahmen der vom

Verwaltungsausschuß gegebenen Anordnungen und Wei-

sungen sind die Organe des Hafenbetriebsverein

Lübeck e.V. selbst verantwortlich."

Die Klägerin ist das Verwaltungsorgan des Gesamthafenbetriebes gemäß § 4 der vorgenannten Vereinbarung und will die Beklagte aufgrund folgender Bestimmungen der am 7. Februar 1986 in Kraft getretenen Verwaltungsordnung für den Gesamthafenbetrieb Lübeck in Anspruch nehmen.

" § 1

Aufgaben und Geltungsbereich

(1) Diese Verwaltungsordnung regelt die Aufgaben

des Gesamthafenbetriebes Lübeck.

(2) Sie gilt für das Gebiet des Lübecker Hafens

von der Geniner Straßenbrücke bis zum

Molenkopf in Travemünde mit den dazugehörigen

Hafenanlagen.

§ 3

Hafenarbeit

(1) Hafenarbeit im Sinne dieser Verwaltungsord-

nung ist die gesamte Arbeit des Beladens,

Löschens und Bunkerns von See- und Binnen-

schiffen, des Umschlags von Gütern aller

Art an den Kaistrecken und in den Kai-

schuppen sowie Schiffsreinigungsarbeiten

und die Handhabung von Hölzern im Wasser-

lager.

(2) Darüber hinaus bestimmt der Verwaltungsaus-

schuß auf Antrag, ob eine Arbeit unter den

Begriff der Hafenarbeit fällt.

§ 6

Hafeneinzelbetriebe

(1) Hafeneinzelbetriebe sind diejenigen Betriebe,

die im Geltungsbereich dieser Verwaltungs-

ordnung Hafenarbeit, wenn auch nur vorüber-

gehend, ausführen. Die zum Geltungsbereich

des Gesamthafenbetriebes gehörenden Hafen-

einzelbetriebe werden beim HBV registriert.

(2) Hafeneinzelbetriebe dürfen außer ihren Hafen-

einzelbetriebsarbeitern nur solche Mitarbeiter

mit Hafenarbeit beschäftigen, die ihnen vom

HBV zugeteilt sind. Ausnahmen bedürfen der

Zustimmung des Geschäftsführers des HBV."

Diese Verwaltungsordnung hat der nach § 3 der Vereinbarung über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter vom 31. März 1985 zuständige Verwaltungsausschuß mit Genehmigung des Sozialministers des Landes Schleswig-Holstein beschlossen.

Die Parteien streiten über die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts sowie darüber, ob die Beklagte von der vorstehenden Verwaltungsordnung rechtswirksam erfaßt wird und ob sie Hafenarbeiten im Sinne dieser Vorschriften ausführt.

Die Beklagte unterhält auf dem Werksgelände D ein Düngemittellager und schlägt die durch Schiffe oder mit der Bahn angelieferten Düngemittel an Zwischenhändler und Endverbraucher in Schleswig-Holstein um.

Der Kläger ist der Auffassung, daß die Beklagte demnach Hafeneinzelbetrieb im Sinne des § 6 der Verwaltungsordnung ist und begehrt eine entsprechende Feststellung. Er hält das Arbeitsgericht dafür gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG für sachlich zuständig, weil der Gesamthafenbetrieb eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien sei. Der Antrag sei auch begründet, weil die Beklagte Hafenarbeiten im Bereich der durch die Verwaltungsordnung des Gesamthafenbetriebes festgelegten Grenzen des Lübecker Hafens ausführe und der Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein die Allgemeinverbindlichkeit für alle dem Geltungsbereich der Verwaltungsordnung unterliegenden Betriebe rechtswirksam festgestellt habe.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Düngemittelwerk der

Beklagten in Lübeck-D Hafenbetrieb

im Sinne der §§ 1 und 6 der Verwaltungsordnung

für den Gesamthafenbetrieb Lübeck ist.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hält die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nicht für gegeben, weil der Gesamthafenbetrieb keine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien sei. Außerdem bestimme § 3 Satz 3 GesamthafenbetriebsG, daß für Streitigkeiten zwischen Unternehmern und dem Gesamthafenbetrieb der ordentliche Rechtsweg gegeben sei; die Arbeitsgerichte seien aber keine ordentlichen Gerichte im Sinne dieser Vorschrift. Der Kläger sei auch nicht zur Prozeßführung für den nicht rechtsfähigen Gesamthafenbetrieb im eigenen Namen berechtigt.

Darüber hinaus sei die Klage nicht begründet, denn die Ausdehnung des Hafengebietes des Lübecker Hafens in § 1 Abs. 2 der Verwaltungsordnung verstoße gegen § 1 Abs. 3 der Landesverordnung für die Häfen in Schleswig-Holstein (Hafenverordnung vom 13. Februar 1976), da der Geltungsbereich der Verwaltungsordnung über das öffentliche Hafengebiet Lübecks hinausgehe und sich nicht auf den Betriebssitz der Beklagten erstrecke. Außerdem sei der Genehmigungsbescheid des Sozialministers des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Februar 1986 rechtsunwirksam, weil die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 des Gesamthafenbetriebsgesetzes nicht erfüllt sei, wonach der Gesamthafenbetrieb nur dann Nichtmitglieder des Arbeitgeberverbandes erfasse, wenn die Mitgliedsfirmen im letzten Vierteljahr vor Abschluß der Vereinbarung insgesamt nicht weniger als 50 % der Hafenarbeiter beschäftigt haben. Darüber hinaus sei der Genehmigungsbescheid unbestimmt und an den falschen Adressaten gerichtet worden. Die Beklagte verrichte auch keine Hafenarbeit im Sinne der Verwaltungsordnung, weil die Schiffsentladungsarbeiten einen verhältnismäßig geringen Umfang hätten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung führen (§ 565 Abs. 1 ZPO).

Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG sachlich zuständig, weil die Klägerin als Organ einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien (Gesamthafenbetrieb) anzusehen ist. Allerdings fehlt es noch an tatsächlichen Feststellungen dazu, ob die Beklagte vom Geltungsbereich der Verwaltungsordnung für den Gesamthafenbetrieb Lübeck vom 7. Februar 1986 rechtswirksam erfaßt wird und ob sie Hafenarbeit im Sinne dieser Vorschriften ausführt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen verneint, weil es die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG nicht für erfüllt ansieht. Nach dieser Gesetzesbestimmung sind die Arbeitsgerichte zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Die Vorinstanz sieht die Klägerin nicht als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien an, denn der Gesamthafenbetrieb sei keine selbständige Einrichtung, die für oder anstelle des Arbeitgebers Leistungen erbringe, noch seien dadurch neben einem schon bestehenden Arbeitsverhältnis neue Rechtsbeziehungen entstanden. Für Streitigkeiten zwischen zwei Arbeitgebern seien die Arbeitsgerichte jedoch nicht zuständig.

II. Diese Ausführungen vermögen nicht zu überzeugen. Der Gesamthafenbetrieb ist keine Einrichtung der Arbeitgeber allein, sondern dient sozialen Zielsetzungen zum Schutze der Gesamthafenarbeiter und ist zu diesem Zweck von den Tarifvertragsparteien gegründet worden.

Das ArbGG verwendet in § 2 Abs. 1 Nr. 4 b (auf den § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG Bezug nimmt) nach der Vorstellung des Gesetzgebers denselben Begriff der gemeinsamen Einrichtung wie er sich auch in § 4 Abs. 2 TVG findet (BAGE 35, 221, 225 = AP Nr. 3 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtungen, zu 3 a der Gründe). Allerdings fehlt es an einer gesetzlichen Abgrenzung. Lehre und Rechtsprechung haben dafür folgende Voraussetzungen aufgestellt (vgl. Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 261, 273; ebenso BVerfGE 55, 7, 9):

"Gemeinsame Einrichtungen sind von den Tarifver-

tragsparteien geschaffene und von ihnen abhängige

Organisationen, deren Zweck und Organisations-

struktur durch Tarifvertrag festgelegt wird."

1. Danach ist es erforderlich, daß die Tarifvertragsparteien die Organisation geschaffen haben, wie auch der Wortlaut des § 4 Abs. 2 TVG und des § 2 Abs. 1 Nr. 4 b ArbGG erkennen läßt.

Diese Anforderung ist erfüllt, denn die Tarifvertragsparteien haben zur Schaffung eines Gesamthafenbetriebes in Lübeck die Vereinbarung vom 31. März 1985 abgeschlossen. Sie sind damit - wie die Begriffsbestimmung voraussetzt - nicht nur Vertragspartner, sondern sie haben durch diese Vereinbarung eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien hergestellt. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352 - im folgenden als GesamthafenbetriebsG bezeichnet), wonach "durch schriftliche Vereinbarung von zuständigen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften oder von einzelnen Arbeitgebern und Gewerkschaften von den Betrieben eines Hafens, in denen Hafenarbeit geleistet wird, zur Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse für Hafenarbeiter ein besonderer Arbeitgeber (Gesamthafenbetrieb) gebildet" werden kann. Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, ist der Gesamthafenbetrieb eine Schöpfung der Tarifvertragsparteien und ist nicht zwingend vorgeschrieben. Das Gesetz schafft nur die Möglichkeit zur Einrichtung und stellt es den Tarifvertragsparteien frei, von der gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch zu machen, ebenso wie es ihnen überlassen ist, auf der Grundlage des Tarifvertragsgesetzes Tarifverträge abzuschließen.

Die Vorinstanz sieht in dem Gesamthafenbetrieb zu Unrecht eine Einrichtung nur der Arbeitgeber. Dagegen spricht schon die Präambel der Vereinbarung vom 31. März 1985, wonach der Verein Lübecker Seehafenbetriebe und die Gewerkschaft ÖTV in Übereinstimmung mit den Spitzenorganisationen der Tarifvertragsparteien den Gesamthafenbetrieb gemeinsam errichten. Zwar heißt es dann im folgenden § 1 der Vereinbarung, daß die Hafeneinzelbetriebe die Bildung eines Gesamthafenbetriebs beschließen. Das ändert nichts an der gemeinsamen Zielsetzung der Tarifvertragsparteien, durch Herstellung fortdauernder Arbeitsverhältnisse den Sozialschutz der Hafenarbeiter zu verbessern. Diese Zielsetzung dient gerade nicht den Arbeitgebern, sondern den Gesamthafenarbeitern (Müllner, Aufgespaltene Arbeitgeberstellung und Betriebsverfassungsrecht, 1978, S. 34). Das erhellt auch aus der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 GesamthafenbetriebsG, wonach eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Gesamthafenbetriebes ausgeschlossen ist.

Es ist darüber hinaus anerkannt, daß eine gemeinsame Einrichtung als Träger zur Erfüllung bestimmter Arbeitgeberpflichten als Gesamtarbeitgeber an die Stelle einzelner Arbeitgeber treten kann (Bötticher, Die gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, 1966, S. 12 ff.; Zöllner, Gutachten für den 48. Deutschen Juristentag (1970), Band I, "Empfiehlt es sich, das Recht der gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (§ 4 Abs. 2 TVG) gesetzlich näher zu regeln ?", S. G 22). Der Gesamthafenbetrieb wird als gemeinschaftliche Einrichtung der Tarifvertragsparteien von den Arbeitgebern dadurch gebildet, daß sie Arbeitgeberrechte auf den Gesamthafenbetrieb übertragen. Das ist nichts anderes als die Aufspaltung von Arbeitgeberfunktionen zwischen dem Gesamthafenbetrieb und den Hafeneinzelbetrieben (Herschel in Anm. zu BAG Urteil vom 23. Juli 1970 - 2 AZR 426/69 - AP Nr. 3 zu § 1 GesamthafenbetriebsG; Nikisch, Arbeitsrecht, 3. Aufl., Bd. I, S. 145; Bötticher, aa0 S. 12; Ramm, ZfA 1973, 263, 265, 292; Müllner, aa0, S. 56, 57; Wiebel, RdA 1953, 291, 294). Dadurch verlieren die Hafeneinzelbetriebe nicht ihre Selbständigkeit und bleiben neben dem Gesamthafenbetrieb bestehen. Ebensowenig steht der Gesamthafenbetriebsarbeiter in zwei Arbeitsverhältnissen, denn er hat nur einen Arbeitsvertrag mit dem Hafenbetriebsverein (§ 9 der Verwaltungsordnung für den Gesamthafenbetrieb Lübeck vom 7. Februar 1986). Demgegenüber ist es mißverständlich, wenn § 4 Abs. 2 der vorgenannten Verwaltungsordnung bestimmt, daß die Gesamthafenarbeiter während ihrer Zuweisung zu einem Hafeneinzelbetrieb auch diesem als Mitarbeiter angehören. Damit kann nur gemeint sein, daß sie in den Arbeitsablauf dieses Betriebes eingebunden sind. Das ändert nichts daran, daß die Gesamthafenarbeiter - wie die vorgenannte Verwaltungsordnung in § 9 ausdrücklich bestimmt - nur einen Arbeitsvertrag mit dem Hafenbetriebsverein abschließen und nur die Rechte und Pflichten daraus unter den Hafeneinzelbetrieben und dem Gesamthafenbetrieb aufgeteilt sind (Ramm, ZfA 1973, 263, 292, 293). Bötticher weist zutreffend darauf hin, aa0, (S. 13 Fn 5), daß es nicht auf ein Nebeneinander von Rechtsverhältnissen ankomme, sondern wichtig sei allein, daß auch in diesem Fall der übergeordnete Gesamthafenarbeitgeber dem unständigen Arbeitnehmer die Vorteile ständiger Beschäftigung in einem Betrieb sichern soll, wobei nicht nur an den Erwerb des Urlaubsanspruchs, sondern ebenfalls an den Kündigungsschutz gedacht sei.

2. Nach der zu Anfang aufgestellten Begriffsbestimmung ist es weiter erforderlich, daß die von den Tarifvertragsparteien geschaffene Einrichtung von ihnen selbst beeinflußt wird, wobei unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, wie weit dieser Einfluß reichen muß (vgl. Darstellung des Streitstandes: BAGE 35, 221, 226 f. = AP Nr. 3 zu § 4 TVG Gemeinsame Einrichtung, zu 3 c der Gründe). Dazu wird zu Recht die Auffassung vertreten, daß eine paritätische Aufsicht und Kontrolle der Tarifvertragsparteien bestehen muß (Zöllner, aa0, S. G 37). Paritätisch heißt nicht, daß das Organ nur aus Vertretern der Tarifpartner besteht, sondern es können daneben auch "unparteiische" Dritte in das Aufsichtsorgan berufen werden (Zöllner, aa0, S. G 37).

Diesen Anforderungen wird die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien über die Schaffung eines Gesamthafenbetriebes vom 31. März 1985 gerecht, denn gemäß § 3 Abs. 1 dieser Regelung wird der Gesamthafenbetrieb "von einem paritätisch besetzten Verwaltungsausschuß geleitet. Dieser besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden und je drei Arbeitgeber- und drei Arbeitnehmervertretern". Der Verwaltungsausschuß hat sich nach § 4 der Vereinbarung vom 31. März 1985 einen laufenden Einfluß auf den mit der Geschäftsführung betrauten Hafenbetriebsverein gesichert, indem er ihm gemäß § 4 Abs. 1 Anordnungen und Richtlinien erteilen kann. Bötticher hat das Erfordernis paritätischer Kontrolle und Verwaltung bei den Gesamthafenbetrieben ebenfalls als erfüllt angesehen, weil sie von paritätisch zusammengesetzten Organen - meist unter einem unparteiischen Vorsitzenden - im Rahmen der Tarifautonomie verwaltet werden (Bötticher, aa0, S. 24).

3. Der Begriff der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien erfordert weiter, daß ihr Zweck bestimmt und ihre Organisationsstruktur durch Tarifvertrag festgelegt wird.

Diese Voraussetzung ist dadurch erfüllt, daß die Vereinbarung zwischen dem Verein Lübecker Seehafenbetriebe e.V. und der Gewerkschaft ÖTV vom 31. März 1985 alle Merkmale eines Tarifvertrages hat.

Die Vertragspartner sind Tarifvertragsparteien (§ 2 Abs. 1 TVG). Sie haben in § 1 dieser Vereinbarung einen Gesamthafenbetrieb geschaffen. Gleichzeitig haben sie im § 2 den Zweck dieser Einrichtung bestimmt und in den §§ 3 und 4 die Organisation festgelegt. Außerdem haben sie sich verpflichtet, nähere Vorschriften zur Durchführung dieser Vereinbarung zu treffen, was durch die am 7. Februar 1986 verabschiedete Verwaltungsordnung geschehen ist. Wenn dadurch zwar selbst noch keine normativen Bestimmungen über die Arbeitsverhältnisse zum Gesamthafenbetrieb getroffen worden sind, so verliert diese Vereinbarung nicht den Charakter eines Tarifvertrages. Er braucht selbst keine normativen Bestimmungen zu enthalten und kann sich auf schuldrechtliche Bindungen zwischen den Tarifvertragsparteien und zugunsten ihrer Mitglieder beschränken (BAGE 6, 321, 341 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Friedenspflicht, zu I 4 der Gründe; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 13; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. II 1 § 12 I 3, S. 210).

Allerdings gilt nach § 4 Abs. 2 TVG der Tarifvertrag unmittelbar für die Satzung der Einrichtung und im Verhältnis zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und erfordert somit für die Beiträge und Leistungen an die gemeinsame Einrichtung eine tarifliche Regelung.

Demgegenüber ermächtigen die §§ 2 und 3 des GesamthafenbetriebsG den Gesamthafenbetrieb selbst, die Leistungen und Beiträge festzusetzen. Jedoch verliert damit der Gesamthafenbetrieb nicht den Charakter einer gemeinsamen Einrichtung. Es ist anerkannt, daß die Tarifvertragsparteien insoweit ihre Regelungsbefugnis auf das Beschlußorgan der gemeinsamen Einrichtung übertragen können (Zöllner, aa0, S. G 78, 79). Im übrigen geht die überwiegende Ansicht in Literatur und Rechtsprechung unter Hinweis auf den Wortlaut der §§ 2, 3 des GesamthafenbetriebsG von einer eigenen Regelungskompetenz des Gesamthafenbetriebes und folglich vom Rechtsnormcharakter seiner Regelungen aus (BAG Urteil vom 19. Juli 1957 - 1 AZR 161/56 - AP Nr. 1 zu § 1 GesamthafenbetriebsG und BAGE 11, 82, 83 = AP Nr. 2 zu § 1 GesamthafenbetriebsG, zu 1 der Gründe; LAG Hamburg in SAE 1954, 171 mit Anm. Wollenberg).

III. Da der Gesamthafenbetrieb - wie vorstehend dargelegt - eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien ist, sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG erfüllt, wonach die Gerichte für Arbeitssachen für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien zuständig sind, "soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist".

1. Eine solche Einschränkung ergibt sich nicht aus § 3 Satz 3 GesamthafenbetriebsG, wonach für Streitigkeiten über die vom Gesamthafenbetrieb festgesetzten Beiträge und Leistungen "der ordentliche Rechtsweg zulässig ist".

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Rechtswegzuweisung sich auf Streitigkeiten über Beiträge und Umlagen beschränkt oder ob sie sich auf alle anderen Streitigkeiten zwischen dem Gesamthafenbetrieb und Hafeneinzelbetrieben erstreckt. Selbst dann liegt keine von § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG abweichend geregelte ausschließliche Zuständigkeit vor, weil sie vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich als solche bezeichnet worden ist (Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 30 IV 1 c, S. 163; Zöller/Vollkommer, ZPO, 15. Aufl., § 12 Rz 8).

Im übrigen spricht der Gesetzgeber in § 3 Satz 3 GesamthafenbetriebsG ausdrücklich von der Zulässigkeit des Rechtsweges. Das ist eine Abgrenzung zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, wie sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien belegen läßt (BT-Drucks. I Nr. 632, S. 5):

"Der Schlußsatz des § 3, demzufolge bei den gegen-

seitigen Ansprüchen Aufrechnung statthaft und der

ordentliche Rechtsweg zulässig ist, stellt klar,

daß dies auch gelten soll, falls wegen des in § 1

Abs. 2 vorgesehenen Zwangszusammenschlusses ange-

nommen werden sollte, daß die von dem Hafensonder-

betrieb erhobenen Beiträge und Umlagen öffentlich-

rechtlichen Charakter haben."

Durch die Regelung des § 3 Satz 3 GesamthafenbetriebsG ist die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Streitfall nicht ausgeschlossen, "denn bei der Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den ordentlichen und den Arbeitsgerichten handelt es sich nicht um eine Frage des Rechtswegs, sondern der sachlichen Zuständigkeit" (BAGE 6, 300, 302 = AP Nr. 12 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung, zu I der Gründe; vgl. BGHZ 8, 16, 21 und 44, 46, 52).

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß die Regelung des § 3 Satz 3 des GesamthafenbetriebsG im Jahre 1950 noch vor Inkrafttreten des Arbeitsgerichtsgesetzes im Jahre 1953 verabschiedet worden ist und bis dahin in der Arbeitsgerichtsbarkeit unterschiedliche Verfahrensgesetze bestanden (vgl. Dersch/Volkmar, ArbGG, 6. Aufl., Einleitung, S. 5 und 6). Die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG, wonach Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und gemeinschaftlichen Einrichtungen der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen unterliegen, wurde in Kenntnis der gesetzlichen Bestimmung des GesamthafenbetriebsG erst durch die Arbeitsgerichtsnovelle 1979 in das Gesetz eingefügt.

2. Die Beklagte meint, dem Kläger fehle "die Aktivlegitimation". Damit will sie geltend machen, der Kläger sei nicht Träger des streitigen Rechtsverhältnisses. Das ist jedoch nicht richtig, weil er nach § 4 der Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien über die Schaffung eines Gesamthafenbetriebes vom 31. März 1985 ausdrücklich alle gemäß § 2 der Satzung anfallenden Aufgaben wahrzunehmen hat. Dazu gehört auch die hier umstrittene Zuweisung von Gesamthafenarbeitern an die Beklagte.

Die Beklagte macht in diesem Zusammenhang weiter geltend, dem Kläger fehle die Klagebefugnis, denn er könne keinen Prozeß für den nicht rechtsfähigen Gesamthafenbetrieb im eigenen Namen führen. Das trifft nicht zu, weil der Kläger als rechtsfähige Organgesellschaft (Hafenbetriebsverein e.V.) für ein nicht rechtsfähiges Gebilde (Gesamthafenbetrieb) klagebefugt ist. Das folgt unmittelbar aus § 4 der Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien vom 31. März 1985, weil die Erledigung der laufenden Verwaltungsarbeiten sowie die nach § 2 der Vereinbarung wahrzunehmenden Aufgaben zwangsläufig die Klagebefugnis für die hier erhobene Feststellungsklage einschließt, mit der geklärt werden soll, ob die Beklagte als Hafenbetrieb unter den Geltungsbereich der Vereinbarung vom 31. März 1985 sowie der Verwaltungsordnung vom 7. Februar 1986 fällt oder nicht. Dazu bedarf es nicht der Rechtsfähigkeit des Gesamthafenbetriebes.

Nach § 2 Abs. 1 des Gesamthafenbetriebsgesetzes bestimmt der Gesamthafenbetrieb über seine Rechtsform und seine Organe. Danach ist es ihm selbst überlassen, ob er eine vom Gesetz angebotene Rechtsform annehmen will oder ob er die Geschäftsführung - wie hier - einem rechtsfähigen Organ überträgt. Davon ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bisher schon ausgegangen (BAGE 11, 82, 83 = AP Nr. 2 zu § 1 GesamthafenbetriebsG, zu 1 der Gründe).

IV. Zwar sind - im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz - die Gerichte für Arbeitssachen im Streitfall sachlich zuständig und der Kläger ist klagebefugt, jedoch ist dem Senat eine abschließende Entscheidung darüber nicht möglich, ob die an sich zulässige Feststellungsklage begründet ist. Es fehlt insoweit an ausreichenden Tatsachenfeststellungen, die von der Vorinstanz bisher nicht getroffen worden sind, weil sie die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen verneint hat.

1. Nach Auffassung der Beklagten befindet sich ihr Betrieb außerhalb des öffentlichen Hafengebietes nach Ziff. 5 der Bekanntmachung der Grenzen des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck vom 26. März 1980. Dazu hat sie vorgetragen, daß § 1 Abs. 2 der Verwaltungsordnung für den Gesamthafenbetrieb Lübeck vom 7. Februar 1986 einen Geltungsbereich beansprucht, der über die vorstehend festgelegten Grenzen des Hafengebietes hinausgehe.

Es fehlt an tatsächlichen Feststellungen, ob der Betrieb der Beklagten außerhalb des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck gemäß Bekanntmachung vom 26. März 1980 liegt. Allerdings ist zweifelhaft, ob diese Grenzziehung durch die vorstehende Bekanntmachung vom Verwaltungsausschuß des Gesamthafenbetriebes bei der Regelung des Geltungsbereichs der Verwaltungsordnung beachtet werden mußte. Die vorstehende Bekanntmachung der Hansestadt Lübeck vom 26. März 1980 stützt sich auf § 1 Abs. 3 der Landesverordnung für die Häfen in Schleswig-Holstein (Hafenverordnung) vom 13. Februar 1976 (GVOBl SH S. 66). Die gesetzliche Ermächtigung hierzu ist nach § 101 b des WasserG des Landes Schleswig-Holstein vom 7. Juni 1971 (GVOBl SH S. 327, 346) aber auf Verkehrsregelungen und Sicherheitsvorschriften auf Kaianlagen und Wasserstraßen im Hafengebiet ohne Bundeswasserstraßen beschränkt. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, ihre Kaianlagen seien an einer Bundeswasserstraße außerhalb des Hafengebietes gelegen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Tarifvertragsparteien die Gebietsgrenzen der Hafenverordnung überschreiten dürfen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu klären, ob die Vertragspartner der Vereinbarung vom 31. März 1985 zur Schaffung eines Gesamthafenbetriebes ihre Tarifzuständigkeit überschritten haben. Sie sind nur zur Regelung solcher Arbeitsverhältnisse zuständig, die in ihren räumlichen Aufgabenbereich fallen. Die Tarifzuständigkeit richtet sich nach der Satzung der Tarifpartner (BAGE 16, 329, 334 = AP Nr. 1 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit, zu II 1 der Gründe). Ob diese satzungsgemäßen Grenzen eingehalten sind, müßte noch aufgeklärt werden. Die Beklagte hat die vom Kläger beanspruchte Tarifzuständigkeit in der Vorinstanz bestritten.

2. Darüber hinaus sind nach Meinung der Beklagten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 des GesamthafenbetriebsG nicht erfüllt. Danach werden auch solche Betriebe vom Gesamthafenbetrieb umfaßt, die - wie die Beklagte - nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes sind, sofern die Mitgliedsbetriebe nach Feststellung der obersten Arbeitsbehörde des Landes oder der von ihr bestimmten Stelle "im Durchschnitt des dem Abschluß der Vereinbarung vorangegangenen Kalendervierteljahres insgesamt nicht weniger als 50 v.H. der Hafenarbeiter beschäftigt haben".

Dazu hat die Beklage ausgeführt: Zwar habe der Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 6. Februar 1986 dem Verwaltungsausschuß mitgeteilt, daß im ersten Quartal 1985 in den Mitgliedsfirmen nicht weniger als 50 v.H. der Hafenarbeiter beschäftigt gewesen seien. Dieser Zeitraum sei jedoch nicht maßgebend, denn die Vereinbarung sei am 31. März 1985 abgeschlossen worden und das diesem Zeitpunkt vorangegangene Kalendervierteljahr sei der Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1984. Außerdem beruhe die Feststellung des Sozialministers vom 6. Februar 1986 auf einer unzutreffenden Berechnung der Zahl der Hafenarbeiter.

Das bedarf der Aufklärung in der Vorinstanz. Der § 1 Abs. 2 GesamthafenbetriebsG entspricht den Voraussetzungen für die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG. In diesem Zusammenhang geht das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß das Landesarbeitsgericht das Vorliegen dieser Voraussetzungen in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat (BAGE 25, 114, 124 = AP Nr. 12 zu § 4 TVG Geltungsbereich; BAGE 31, 241, 245 = AP Nr. 16 zu § 5 TVG). Das gilt selbst dann, wenn seit der Allgemeinverbindlicherklärung ein Zeitraum von mehreren Jahren verstrichen ist (BAG, aa0).

3. Darüber hinaus ist streitig, ob die Beklagte Hafenarbeit im Sinne des § 3 Abs. 1 der Verwaltungsordnung vom 7. Februar 1986 verrichtet. Darunter ist nach der vorgenannten Bestimmung das Beladen und Löschen von See- und Binnenschiffen sowie der Umschlag von Gütern aller Art an den Kaistrecken und Kaischuppen des Hafengebietes zu verstehen. Insoweit war schon in der Vorinstanz streitig, welchen Umfang die Schiffsentladungsarbeiten im Verhältnis zur Gesamttätigkeit der Beklagten haben.

Der Begriff der Hafenarbeit wird vom Gesetzgeber für die Bildung eines Gesamthafenbetriebes vorausgesetzt, denn nach § 1 Abs. 1 des GesamthafenbetriebsG ist ein Gesamthafenbetrieb nur zur Regelung stetiger Arbeitsverhältnisse der Gesamthafenarbeiter zu bilden. Hieran anknüpfend bestimmt § 2 Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes, daß der Gesamthafenbetrieb "den Begriff der Hafenarbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 bindend festzusetzen" habe. Insoweit sind die Tarifvertragsparteien als Vertragspartner der Vereinbarung zur Schaffung eines Gesamthafenbetriebes bereits an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden und können keine Beschäftigungsverhältnisse als Hafenarbeit bezeichnen, die nicht unter den Begriff der Hafenarbeit einzuordnen sind.

Die Tarifvertragsparteien sind nach § 2 Nr. 1 Abs. 3 der Vereinbarung vom 31. März 1985 zur Einrichtung eines Gesamthafenbetriebes in Lübeck ermächtigt, für den Gesamthafenbetrieb, "nähere Bestimmungen" darüber zu erlassen, "welche Betriebe als Hafeneinzelbetriebe und welche Arbeiter als Hafenarbeiter gelten". Die hierzu erlassene Verwaltungsordnung des Gesamthafenbetriebes ist somit eingebunden in das gesamte Regelungswerk der Tarifpartner.

Wegen dieses stufenförmigen Rangverhältnisses muß die jeweils rangniedere Rechtsquelle der Regelungsbefugnis in der jeweils ranghöheren Rechtsquelle entsprechen.

Der Rechtsnormcharakter und die zwingende Wirkung der gesamten Regelung zur Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Hafenarbeiter entsprechen, wie schon dargelegt, einem Tarifvertrag (vgl. II 3 der Gründe).

Diese Zusammenhänge erlauben es, die Auslegungsgrundsätze heranzuziehen, die für die Abgrenzung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelt worden sind (ebenso schon Senatsurteil vom 14. Dezember 1988 - 5 AZR 809/87 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Bei Mischbetrieben kommt es für die Tarifgeltung entscheidend darauf an, mit welchen Aufgaben die Arbeitnehmer des Betriebes überwiegend beschäftigt werden. Wirtschaftliche Gesichtspunkte sowie handels- und gewerberechtliche Kriterien sind grundsätzlich unbeachtlich; sie können lediglich ergänzend und zur Bestätigung mit herangezogen werden (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 25. November 1987 - 4 AZR 361/87 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel, im Anschluß an BAGE 25, 188, 193 = AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau sowie BAG Urteil vom 17. Februar 1971 - 4 AZR 71/70 - AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau und BAGE 25, 313 = AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m. w.N.). Danach ist im Streitfall entscheidend darauf abzustellen, ob die Arbeitszeit der Arbeitnehmer der Beklagten überwiegend für typische Aufgaben eines Hafenbetriebes beansprucht wird. Das ist in der Vorinstanz noch weiter aufzuklären.

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog

Dr. Florack Buschmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 440145

BAGE 61, 29-43 (LT1)

BAGE, 29

DB 1989, 1580-1580 (L1)

BR/Meuer GHB § 1, 25-01-89, 5 AZR 43/88 (LT1)

JR 1989, 396

RdA 1989, 197

AP § 1 GesamthafenbetriebsG (LT1), Nr 5

EzA § 2 ArbGG 1979, Nr 16 (LT)

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