Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Lehrerin nach achtjähriger Lehrtätigkeit. Eingruppierung einer Lehrerin für untere Klassen mit einer wissenschaftlichen Hochschulausbildung in der Fachrichtung “Pädagogik der intellektuell Geschädigten” mit einem dreijährigen Fernstudium und dem Abschluß als “Lehrer für intellektuell Geschädigte” in VergGr. IVa BAT-O (Fortsetzung der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt)

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Lehrkraft, deren Vergütung sich nach den aufgrund tariflicher Verweisung anzuwendenden beamtenrechtlichen Vorschriften der 2. BesÜV richtet, hat nach achtjähriger Lehrtätigkeit nach Abschluß der Fachschulausbildung keinen Anspruch auf eine Höhergruppierung von VergGr. IVb BAT-O, nach VergGr. IVa BAT-O, die einem Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 nach Besoldungsgruppe A 11 entspricht, wenn im Haushalt keine entsprechenden Planstellen zur Verfügung stehen (Fortsetzung der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).

 

Normenkette

Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 Anlage 1 Besoldungsgruppe A 11; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; SR 2 1 I BAT-O Nr. 3a; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten Abschn. E VergGr. IVa in der ab 1. August 1993 geltenden Fassung

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 01.03.1995; Aktenzeichen 4 Sa 569/93)

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 15.06.1993; Aktenzeichen 4 Ca 574/93)

 

Tenor

  • Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 1. März 1995 – 4 Sa 569/93 – in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es der Klage stattgegeben hat.
  • Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder vom 15. Juni 1993 – 4 Ca 574/93 – wird auch insoweit zurückgewiesen.
  • Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufung und der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin legte am 4. Juli 1975 nach einem am 1. September 1971 begonnenen Studium die staatliche Abschlußprüfung am Institut für Lehrerbildung in Neuzelle ab und erwarb damit die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch, Mathematik und Schulgarten. Anschließend unterrichtete sie an Hilfsschulen.

Im August 1983 nahm die Klägerin ein Fernstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin in der Fachrichtung “Pädagogik der intellektuell Geschädigten” auf. Dieses Fernstudium, das auf den Abschluß als Diplomlehrer für Hilfsschulen gerichtet war, dauerte nach der zum 1. September 1976 in Kraft getretenen Gemeinsamen Anweisung des Ministers für Hoch- und Fachschulwesen und des Ministers für Volksbildung über die Neuregelung des Fernstudiums zur Ausbildung von Hilfsschullehrern vom 17. August 1976 vier Jahre.

Zum 1. September 1984 trat die Gemeinsame Anweisung des Ministers für Volksbildung und des Ministers für Hoch- und Fachschulwesen zur Ausbildung von Pädagogen für Einrichtungen des Sonderschulwesens vom 1. August 1984 in Kraft. Danach erfolgte die Ausbildung von Diplomlehrern für Hilfsschulen in der Fachrichtung “Pädagogik der intellektuell Geschädigten” in einem zwei- oder vierjährigen Direktstudium (§ 3 Abs. 1 der Anweisung).

Aufgrund einer Anweisung vom 28. Dezember 1984 wurde den Teilnehmern des Fernstudiums zur Ausbildung von Hilfsschullehrern des Immatrikulationsjahrgangs 1983 an der Humboldt-Universität zu Berlin die Möglichkeit eröffnet, das Fernstudium ohne Diplom nach dem dritten Studienjahr zu beenden. Von dieser Möglichkeit machte die Klägerin Gebrauch. Sie schloß ihr Studium am 17. Juli 1986 ab und erwarb damit die Berechtigung, die Berufsbezeichnung “Lehrer für intellektuell Geschädigte” zu führen. Diese Berufsbezeichnung wurde nach der Anweisung vom 1. August 1984 durch ein einjähriges Direktstudium oder ein zweijähriges Fernstudium erworben (§ 3 Abs. 3 der Anweisung).

Die Klägerin, die Unterricht an einer Sonderschule erteilte, erhielt bis zum Mai 1992 Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O. Am 22. Juni 1992 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages gilt für die Eingruppierung § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum BAT-O in Verbindung mit Abschnitt E der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 in der jeweiligen Fassung. Danach wurde die Klägerin in VergGr. IVb eingruppiert.

Im Haushaltsplan des beklagten Landes waren weder für das Haushaltsjahr 1993 noch für das Haushaltsjahr 1994 Planstellen für Lehrer der Besoldungsgruppe A 11 ausgebracht. Es gab auch keine Beförderungsstellen der VergGr. IVa BAT-O im Bereich der Förderschulen.

Seit dem 1. Dezember 1993 ist die Klägerin Mitglied der GEW. Seit dem 1. Juli 1995 erhält sie wiederum Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe über den 31. Mai 1992 hinaus ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O zu. Aufgrund der tariflichen Bestimmungen richte sich die Eingruppierung nach der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991. Danach erfülle sie die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11, die der VergGr. IVa BAT-O entspreche. Sie sei Lehrerin im Unterricht an einer Sonderschule und verfüge über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung sowie über ein mindestens zweijähriges für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium. Ihr dreijähriges Fernstudium entspreche einem Direktstudium von mindestens zwei Jahren. Außerdem habe sie nach Abschluß ihrer Fachschulausbildung eine mehr als achtjährige Lehrtätigkeit zurückgelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

  • das beklagte Land zu verurteilen, an sie Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O ab dem 1. Juni 1992 zu zahlen;
  • das beklagte Land zu verurteilen, an sie 3.600,-- DM brutto (für den Zeitraum vom 1. Juni 1992 bis 31. Mai 1993) zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 weder im Eingangs- noch im Aufstiegsamt. Sie verfüge nicht über ein für eine Tätigkeit an einer Sonderschule geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren. Insoweit werde ein mindestens zweijähriges Direktstudium gefordert. Diese Anforderung könne nur durch ein mindestens vierjähriges Fernstudium erfüllt werden, das die Klägerin nicht absolviert habe.

Aufgrund ihrer abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung sei die Klägerin im Eingangsamt in Besoldungsgruppe A 10, die der VergGr. IVb BAT-O entspreche, einzustufen. Auf eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 als Aufstiegsamt und damit eine Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O habe sie auch nach achtjähriger Lehrtätigkeit keinen Anspruch. Dies folge aus der Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften, denen ebenfalls kein Anspruch auf Beförderung zustehe. Außerdem seien Planstellen für Beförderungsämter im Haushalt nicht eingerichtet worden.

Ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O ergebe sich auch nicht aus den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen TdL-Richtlinien. Diese forderten, wie die 2. BesÜV, ein wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren. Diese Mindeststudienzeit beziehe sich auf ein Direktstudium. Für ein Fernstudium sei die doppelte Zeit anzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur den Klageantrag zu 1) als Feststellungsantrag weiterverfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage für die Zeit ab 1. Dezember 1993 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt das beklagte Land weiterhin Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Dabei beschränkt sie ihre Klage auf die Zeit bis zum 30. Juni 1995.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis zum 30. Juni 1995 nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11. Sie verfüge über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung als Lehrerin, habe nach Abschluß ihrer Fachschulausbildung eine mehr als achtjährige Lehrtätigkeit zurückgelegt und sei an einer Sonderschule beschäftigt. Auch sei davon auszugehen, daß die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung eines Beförderungsamtes vorlägen. Die in einer Lehrtätigkeit von 18 Jahren erbrachten Leistungen der Klägerin im Sonderschulunterricht sowie ihre Zusatzausbildung ließen sie für eine Beförderung geeignet erscheinen. Zwar hätten keine entsprechenden Planstellen zur Verfügung gestanden. Das beklagte Land wäre jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen gehalten gewesen, derartige Stellen einzurichten. Da es sein Ermessen nicht ausgeübt habe, sei eine gerichtliche Entscheidung nach § 315 Abs. 3 BGB dahingehend zu treffen, daß der Klägerin Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O zu gewähren sei. Die sich aus den tariflichen Bestimmungen ergebende Eingruppierung, gehe der Eingruppierung nach den TdL-Richtlinien vor.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Der Klägerin steht ein tariflicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O im Klagezeitraum nicht zu. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus den arbeitsvertraglich vereinbarten TdL-Richtlinien.

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Damit gelten für die Eingruppierung der Klägerin folgende Bestimmungen:

  • § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

    • Die Anlage 1a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

      als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 1 I fallen,

      beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …

  • Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O).

    Nr. 1

    Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –

    Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen

    (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen)

    Protokollnotiz:

    Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

    Nr. 3a

    Zu den §§ 23 bis 25 – Eingruppierung –

    Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

    Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

  • Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I. S. 1345).

    § 7

    Besoldungsordnungen

    • Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung …

      Anlage 1

      Besoldungsgruppe A 11

      Lehrer$ [1]

      • als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –
    • Lehrer$ [2]

      • als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –

2. Die Klägerin ist Lehrkraft i.S.d. tariflichen Bestimmungen, da sie an einer Sonderschule des beklagten Landes Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3a Unterabs. 1 SR 2 1 I BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV. Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung des Vierten Senats, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, zulässig (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – und – 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).

3. Nach den aufgrund der tariflichen Verweisung anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV steht der Klägerin ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe A 11 entspricht, nicht zu.

a) Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der Fußnote 6 für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 im Eingangsamt.

Zwar hat sie eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung, erteilt Unterricht an einer Sonderschule und hat ein für ihr Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium absolviert. Ihr Hochschulstudium hat jedoch nicht die geforderte Dauer von mindestens zwei Studienjahren i.S.d. Fußnote.

Der Verordnungsgeber hat den Begriff des Studienjahres nicht näher erläutert und insbesondere nicht ausdrücklich geregelt, ob die geforderte Mindeststudiendauer im Rahmen eines Direktstudiums absolviert sein muß, oder ob ein Fernstudium, das die Mindeststudiendauer erreicht, genügt. Aus den der Ausbildung der Klägerin zugrundeliegenden Vorschriften ergibt sich jedoch, daß ihr dreijähriges Fernstudium in der Fachrichtung “Pädagogik der intellektuell Geschädigten” mit dem Abschluß als “Lehrer für intellektuell Geschädigte” zur Erfüllung der Anforderungen der Fußnote 6 zur Besoldungsgruppe A 11 nicht ausreichend ist.

Der Senat hat sich im Urteil vom 13. Juni 1996 (– 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung bestimmt) mit der Bewertung einer Ausbildung zum “Lehrer für intellektuell Geschädigte” aufgrund der Anweisung vom 1. August 1984 befaßt und ist zum Ergebnis gekommen, daß ein zweijähriges Fernstudium nach § 3 Abs. 3 Buchst. b der Anweisung nicht die in der Fußnote 6 geforderte Studiendauer von mindestens zwei Jahren aufweist. Dies beruht darauf, daß dieser Abschluß nach § 3 Abs. 3 Buchst. a der Anweisung auch durch ein einjähriges Direktstudium erworben werden konnte.

Da der Verordnungsgeber mit den Regelungen in der 2. BesÜV der Ausbildung der Lehrer und dem Schulsystem in der ehemaligen DDR Rechnung tragen wollte, kann mit dem Erfordernis einer wissenschaftlichen Hochschulausbildung von mindestens zwei Jahren kein Studiengang gemeint sein, der auch in einem einjährigen Direktstudium absolviert werden konnte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil ein zweijähriges Direktstudium bei der Ausbildung im Sonderschulwesen der ehemaligen DDR in der Anweisung vom 1. August 1984 (§ 3 Abs. 1) in der Fachrichtung “Pädagogik der intellektuell Geschädigten” vorgesehen war und zum Abschluß als “Diplomlehrer für intellektuell Geschädigte” führte. Deshalb ist davon auszugehen, daß der Verordnungsgeber mit dem Erfordernis einer Studiendauer von mindestens zwei Studienjahren nicht an eine Ausbildung anknüpfen wollte, die wie die Ausbildung zum “Lehrer für intellektuell Geschädigte” sowohl durch ein einjähriges Direktstudium als auch durch ein zweijähriges Fernstudium absolviert werden konnte. Diese Beurteilung entspricht auch der Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 10. Juli 1996 – 4 AZR 593/94 – nicht veröffentlicht) zum Erfordernis einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung in VergGr. IVb Fallgruppe 4 der TdL-Richtlinien i.d.F.v. 24. Juni 1991.

Allerdings erfolgte die Ausbildung der Klägerin nicht auf der Grundlage der Anweisung vom 1. August 1984, sondern zunächst nach der Anweisung vom 17. August 1976, in der ein vierjähriges Fernstudium vorgesehen war. Hätte die Klägerin diese Ausbildung beendet und damit den Hochschulabschluß als “Diplomlehrer für intellektuell Geschädigte” erreicht, wäre sie den Diplomlehrern gleichzustellen, die diesen Abschluß später aufgrund der Anweisung vom 1. August 1984 durch ein zweijähriges Direktstudium erwarben. Dies war aber nicht der Fall. Die Klägerin hat vielmehr von der nach Erlaß der Anweisung vom 1. August 1984 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihr Fernstudium nach dem dritten Jahr abzubrechen und mit dem Abschluß als “Lehrer für intellektuell Geschädigte” zu beenden. Da der Verordnungsgeber mit dem Erfordernis einer mindestens zweijährigen Studiendauer diesen Abschluß nicht als ausreichend zur Erfüllung der Voraussetzungen der Fußnote 6 ansieht, kann eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 im Eingangsamt nicht erfolgen.

b) Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der Fußnote 2 für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 im Aufstiegsamt.

Nach der Fußnote 2 können in Besoldungsgruppe A 11 nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben. Dabei ist es ausreichend, wenn eine der beiden genannten Voraussetzungen vorliegt, wobei die in der ehemaligen DDR zurückgelegten Zeiten einer Lehrtätigkeit mitzuberücksichtigen sind (BAG Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Der tarifliche Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O, dem eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 nach den Voraussetzungen der Fußnote 2 entspricht, ist aber nicht allein von einer achtjährigen Lehrtätigkeit nach Abschluß der Fachschulausbildung, die die Klägerin zurückgelegt hat, abhängig.

aa) Nach der Rechtsprechung des Vierten Senats (BAG Urteil vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 – BAGE 76, 264 = AP Nr. 1 zu § 11 BAT-O; Urteil vom 28. September 1994 – 4 AZR 717/93 – AP Nr. 2 zu § 11 BAT-O), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (BAG Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – zur Veröffentlichung bestimmt), müssen die angestellten Lehrkräfte nach der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 nicht nur die in den Besoldungsgruppen genannten fachlichen und pädagogischen Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus ist erforderlich, wie insbesondere in den letzten beiden Halbsätzen von Satz 2 zum Ausdruck kommt, daß sie in die Besoldungsgruppe auch tatsächlich eingestuft worden wären, wenn sie im Beamtenverhältnis stünden.

Im Beamtenrecht ist ein Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 zur Besoldungsgruppe A 11 nicht nur von fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen und einer achtjährigen Lehrtätigkeit abhängig. Vielmehr muß der Bewerber aufgrund seiner bisherigen Leistung für das Beförderungsamt geeignet erscheinen und eine Planstelle tatsächlich im Haushalt zur Verfügung stehen. Selbst dann besteht kein Anspruch des Beamten auf Übertragung des Beförderungsamtes, sondern lediglich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn in dieser Hinsicht. Einen der Tarifautomatik des BAT-O entsprechenden Aufstieg in ein höher besoldetes Amt kennt das Beamtenrecht nicht.

Die tarifliche Regelung in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 dient der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung der beim beklagten Land beschäftigten Lehrkräfte, unabhängig davon, ob sie im Beamten- oder im Angestelltenverhältnis stehen. Deshalb ist in gleicher Weise wie im Beamtenrecht der Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 nach Besoldungsgruppe A 11 nicht nur von der Erfüllung der fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen sowie einer achtjährigen Lehrtätigkeit abhängig, sondern bedarf es darüber hinaus einer entsprechenden Planstelle und der Berücksichtigung der bisherigen Leistungen. Eine automatische Höhergruppierung nach achtjähriger Lehrtätigkeit würde zu einer in der Tarifnorm nicht vorgesehenen und deshalb nicht gerechtfertigten Besserstellung der angestellten gegenüber den beamteten Lehrkräften führen.

bb) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts stand jedoch während des gesamten Klagezeitraums eine entsprechende Planstelle im Haushalt nicht zur Verfügung. Eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 nach den Voraussetzungen der Fußnote 2 hätte deshalb nicht erfolgen können. Demgemäß kam eine Höhergruppierung von VergGr. IVb BAT-O nach VergGr. IVa BAT-O nicht in Betracht.

cc) Das Landesarbeitsgericht hat der Klage allerdings mit der Begründung stattgegeben, das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, sein Ermessen dahingehend auszuüben, eine entsprechende Planstelle zu schaffen und diese der Klägerin im Hinblick auf ihre bisherigen Leistungen zu übertragen.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie der Senat im Urteil vom 13. Juni 1996 (– 6 AZR 858/94 –) im einzelnen ausgeführt hat, kommt in den tariflichen Bestimmungen des § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 bzw. der Nr. 3a SR 2 1 I BAT-O nur zum Ausdruck, daß angestellte und beamtete Lehrer gleichbehandelt werden sollen. Dieses Gebot begründet keine Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers, Planstellen einzurichten, um Lehrern den Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 nach Besoldungsgruppe A 11 zu eröffnen (vgl. Koch, AuA 1995, 377, 381). Dies kommt auch in der Formulierung der Fußnote 2 zur Besoldungsgruppe A 11 deutlich zum Ausdruck. Danach ist der Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 nach Besoldungsgruppe A 11 als “Kann-Bestimmung” ausgestaltet. Dies bedeutet, daß eine Beförderung bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen, zu denen neben der entsprechenden Leistung auch eine freie Planstelle gehört, in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt wird. Dabei hat der Beamte keinen Anspruch darauf, daß der Haushaltsgesetzgeber entsprechende Planstellen schafft. Deshalb ergibt sich auch für angestellte Lehrer kein tariflicher Anspruch, Stellen für eine Höhergruppierung nach VergGr. IVa BAT-O im bestimmten Umfang und zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen.

4. Ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-O folgt auch nicht aus den TdL-Richtlinien in der ab 1. August 1993 geltenden Fassung, die aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung für die Eingruppierung der Klägerin heranzuziehen sind. Diese haben, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

  • Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis

    • Eingruppierung

      Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen Mindestzeiten eines Studiums oder einer Zusatzausbildung gefordert sind, beziehen sich diese auf die Zeit eines Direktstudiums bzw. einer Ausbildung in Vollzeit; bei einem Fernstudium bzw. bei einer berufsbegleitenden Ausbildung ist die doppelte Zeit anzusetzen.

      Vergütungsgruppe IVa

      • Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen$ [3]

Die Klägerin erfüllt nicht die Anforderungen der VergGr. IVa Fallgruppe 6, weil sie nicht ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren absolviert hat. Ihr Fernstudium von drei Jahren reicht insoweit nicht aus, da sich nach Satz 2 der Einleitung zum Abschnitt E die geforderte Mindestzeit eines Studiums auf die Zeit eines Direktstudiums bezieht und bei einem Fernstudium die doppelte Zeit anzusetzen ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Steinhäuser, Reimann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI875311

[1] Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung,

In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben; § 2 Abs. 2 u. 3 gilt entsprechend.

[2] Als Eingangsamt,

…,

Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren.

[3] Hierunter fallen auch Lehrer, die nach Abschluß des dritten Studienjahres der Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen ein weiterführendes zweijähriges Direktstudium an der Pädagogischen Hochschule “Erich Weinert”, Magdeburg, erfolgreich abgeschlossen haben und Unterricht an einer Sonderschule erteilen.

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