Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitverkürzung durch freie Tage

 

Leitsatz (amtlich)

  • Das Feststellungsinteresse ist auch dann zu bejahen, wenn der Kläger seinen ursprünglich gestellten, vom Prozeßgericht für unzulässig gehaltenen Leistungsantrag auf Veranlassung des Gerichts durch einen hilfsweise gestellten Feststellungsantrag ergänzt, die Auffassung des Prozeßgerichts sich nachträglich aber als unrichtig herausstellt.
  • Die Arbeitszeitbestimmungen des § 3 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Süßwarenindustrie gelten auch für Reisende.
  • Die in § 3 I. Ziff. 1 des Manteltarifvertrags vorgesehene Verkürzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden erfolgt nach dem Tarifvertrag nicht durch eine entsprechende Verminderung der in jeder Woche zu leistenden Arbeitszeit. Vielmehr sind nach § 3 I. Ziff. 2 des Manteltarifvertrags von dem Gesamtvolumen der Arbeitszeitverkürzung zunächst sechs freie Tage pro Jahr zu gewähren. Der Rest kann für die Verkürzung der Arbeitszeit an einzelnen Tagen verwandt werden.
 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Süßwarenindustrie; ZPO § 256 Abs. 1; MTV für die Arbeitnehmer der Süßwarenindustrie der Bundesrepublik Deutschland und Berlin-West vom 22. August 1989 §§ 3, 6

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 29.04.1992; Aktenzeichen 3 Sa 14/92)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 03.12.1991; Aktenzeichen 4 Ca 2313/91)

 

Tenor

  • Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 1992 – 3 Sa 14/92 – aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 1991 – 4 Ca 2313/91 – wird zurückgewiesen.
  • Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung freier Tage aufgrund der Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit zusteht.

Der Kläger ist seit 1978 als Handelsreisender bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt kraft Organisationszugehörigkeit der Parteien den Tarifverträgen für die Arbeitnehmer der Süßwarenindustrie.

Die Beklagte stellt in industrieller Produktionsweise Knabberartikel her. Sie vertreibt diese durch Reisende, die jeweils im Rahmen einer von der Beklagten festgelegten Tour bestimmte Handelsunternehmen beliefern. Der Reisende fährt nach Beendigung der Tour unmittelbar nach Hause. Eine Erfassung seiner Arbeitszeit erfolgt nicht. Eine Betriebsvereinbarung über Dauer und Verteilung der Arbeitszeit besteht bei der Beklagten nicht.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 18. Februar 1991 von der Beklagten erfolglos die Gewährung von mindestens sechs freien, bezahlten Arbeitstagen für das Kalenderjahr 1990 verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, ein solcher Anspruch ergebe sich aus § 3 des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Süßwarenindustrie der Bundesrepublik Deutschland und Berlin-West vom 22. August 1989 (MTV), nach dem ein Teil der zum 1. Oktober 1989 vorgenommenen Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit auf 38 Stunden in Form von freien Tagen zu gewähren sei.

Er hat zunächst einen entsprechenden Leistungsantrag gestellt. Auf Anraten des Arbeitsgerichts, das den Leistungsantrag für unzulässig angesehen hat, hat der Kläger hilfsweise beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm für den Zeitraum Oktober 1990 bis einschließlich September 1991 unter Freistellung von der Arbeit sechs Tage Freizeitausgleich zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Bestimmungen des MTV über die Verkürzung der Wochenarbeitszeit seien auf Außendienstmitarbeiter nicht anwendbar. Im übrigen arbeite der Kläger tatsächlich weniger als 38 Stunden in der Woche.

Das Arbeitsgericht hat den Leistungsantrag als unzulässig abgewiesen und der Klage mit dem Feststellungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I. Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht zunächst erkannt, daß der Zulässigkeit des vom Kläger gestellten Feststellungsantrags nicht entgegensteht, daß er nicht das gesamte zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat, sondern nur die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung freier Tage. Gegenstand einer Feststellungsklage können nämlich auch einzelne aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Ansprüche und Pflichten sein (BAGE 47, 238, 245 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A I der Gründe).

2. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht aber den Feststellungsantrag des Klägers deshalb für unzulässig gehalten, weil es an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung fehle.

a) Das Landesarbeitsgericht hat dies damit begründet, daß der Kläger sein Klageziel wirksam nicht durch das beantragte Feststellungsurteil, sondern nur durch ein Leistungs- oder Gestaltungsurteil erreichen könne.

Der Feststellungsantrag werde auch nicht dadurch zulässig, daß er auf Veranlassung des Arbeitsgerichts gestellt worden sei.

b) Es kann dahinstehen, ob im vorliegenden Fall eine Unzulässigkeit der Feststellungsklage überhaupt damit begründet werden könnte, daß der Kläger die Möglichkeit habe, sein Ziel mit einer Leistungsklage zu verfolgen. Geht man nämlich zum Anspruch des Klägers auf Gewährung freier Tage davon aus, daß das Bundesarbeitsgericht eine Leistungsklage auf Verurteilung des Arbeitgebers zur Gewährung freier Tage oder von Urlaub ohne zeitliche Festlegung für zulässig ansieht (vgl. nur Senatsurteil vom 24. Januar 1990 – 4 AZR 468/89 – AP Nr. 90 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; BAG Urteil vom 7. November 1985 – 6 AZR 62/84 – BAGE 50, 112 = AP Nr. 8 zu § 7 BUrlG Übertragung), so ist eine Feststellungsklage nicht weniger prozeßwirtschaftlich als eine Leistungsklage. Die unbestimmte Leistungsklage schließt nämlich ebensowenig wie die Feststellungsklage aus, daß ein weiterer Rechtsstreit, in diesem Fall über die zeitliche Bestimmung der freien Tage, erforderlich wird.

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist im vorliegenden Fall die Zulässigkeit des Feststellungsantrags schon deshalb zu bejahen, weil er erst auf Anregung des Arbeitsgerichts, das den Leistungsantrag für unzulässig gehalten hat, gestellt worden ist. Das in § 256 Abs. 1 ZPO geforderte besondere Interesse des Klägers an der Feststellung soll nämlich bewirken, daß die Entscheidung der Gerichte auf dem prozeßwirtschaftlichsten Wege erfolgt. Wenn aber das Prozeßgericht – möglicherweise rechtsfehlerhaft – den Kläger erst veranlaßt hat, seinen ursprünglich gestellten Leistungsantrag durch einen hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu ergänzen, und wenn der Kläger den letzteren später allein weiterverfolgt, dann würde der mit § 256 Abs. 1 ZPO verfolgte Zweck in sein Gegenteil verkehrt, wenn in der höheren Instanz die Klage als unzulässig abgewiesen würde (BGHZ 28, 123, 126 f.; ihm folgend BAGE 15, 284, 288 f. = AP Nr. 3 zu § 34 SchwBeschG 1961; BAG Urteil vom 15. Februar 1990 – 6 AZR 386/88 – AP Nr. 17 zu § 17 BAT, zu II 2 der Gründe).

II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 3 I. Ziff. 2 Abs. 2 Satz 1 MTV Anspruch auf Gewährung von sechs freien Tagen für den mit dem 1. Oktober 1990 beginnenden Jahreszeitraum.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nach § 3 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der MTV anwendbar. Seine für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt:

  • persönlich: für alle Angestellten,

§ 3

Arbeitszeit

    • Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden an zumindest 5 Tagen in der Woche.

      Sie verkürzt sich ab 1. Oktober 1989 auf 38 Stunden.

    • Wird die Arbeitszeit an einzelnen Tagen verkürzt, so beträgt die Verkürzung nicht weniger als 30 Minuten.

      Von der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung sind ab 1. Oktober 1989 drei und ab 1. Oktober 1990 sechs freie Tage pro Jahr zu gewähren. Zum Ansammeln freier Tage kann die betriebliche Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag bis zu 40 Stunden wöchentlich ausgedehnt werden.

      Bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe kann durch Betriebsvereinbarung hiervon abgewichen werden.

      Unabhängig von der jeweiligen Wochenarbeitszeit wird in jedem Monat das tarifliche bzw. einzelvertraglich vereinbarte Monatsentgelt gleichbleibend gezahlt.

    • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen sind unter Berücksichtigung der freien Tage gemäß Ziff. 2 mit dem Betriebsrat im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen durch Betriebsvereinbarung festzulegen und im Betrieb durch Aushang bekanntzugeben.
    • Freie Tage gemäß Ziff. 2 zum Arbeitszeitausgleich sowie sonstige arbeitsfreie Tage werden mit 7 Stunden und 36 Minuten bewertet.
  • Abweichende Arbeitszeit

    • Betriebsrat und Geschäftsleitung können Betriebsvereinbarungen über eine von I. Ziff. 1 abweichende Verteilung der Arbeitszeit schließen.

§ 6

Entgeltgrundsätze

  • Reisende erhalten unter Nichtanwendung der entsprechenden Regelungen der §§ 3 und 4 anstelle einer tariflichen Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit die im Arbeitsvertrag vereinbarte Entschädigung.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt § 3 MTV auch für die Arbeitszeit von Reisenden.

a) Der Wortlaut des Tarifvertrages ist insoweit eindeutig. Nach § 1 Buchst. c gilt der MTV für alle Angestellten, also auch für Reisende. § 3 MTV nimmt keine von § 1 erfaßten Arbeitnehmer von seinem Anwendungsbereich aus.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 6 Ziff. 5 Abs. 3 MTV. Diese Bestimmung regelt nicht die Arbeitszeit, sondern ausschließlich Vergütungsansprüche. Die in ihr angeordnete Nichtanwendung “der entsprechenden Regelungen” des § 3 umfaßt daher nur die in § 3 (z.B. unter II., Ziff. 6) enthaltenen Vergütungsregelungen. Dagegen gilt der Anwendungsausschluß nicht für die Arbeitszeitregelungen des § 3, denn diese entsprechen nach ihrem Regelungsgegenstand nicht § 6 Ziff. 5 Abs. 3 MTV.

c) Erfolglos beruft sich die Beklagte darauf, daß die Arbeitszeit der Reisenden von deren Arbeitstempo mitbeeinflußt und von der Beklagten nicht kontrolliert werde. Dies steht der Anwendung des § 3 MTV nicht entgegen. Die Beklagte kann durch das mit der Tourenvorgabe verbundene Arbeitspensum die Arbeitszeit des Klägers zumindest mittelbar steuern. Wenn sie auf eine Kontrolle der Arbeitszeit verzichtet, so ist dies eine Folge ihrer eigenen Arbeitsorganisation, mit der sie zwingende tarifvertragliche Bestimmungen nicht ausschließen kann.

d) Hinzu kommt, daß die von der Beklagten für richtig gehaltene Auslegung die Regelung des MTV in sich widersprüchlich machen würde. Hält man nämlich in Übereinstimmung mit der Beklagten die Arbeitszeitbestimmungen des § 3 MTV für nicht auf Reisende anwendbar, so fehlt es insoweit an einer tarifvertraglichen Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit. § 6 Ziff. 5 Abs. 3 MTV, auf den die Beklagte diese Auslegung stützen will, würde dann aber keinen Sinn haben. Diese Bestimmung regelt nämlich u.a. ausdrücklich die Vergütung für Mehrarbeit und setzt damit voraus, daß es eine Bestimmung über die regelmäßige Arbeitszeit gibt.

3. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung freier Tage ergibt sich unter Berücksichtigung der für die Auslegung von Tarifverträgen geltenden Grundsätzen aus § 3 I. Ziff. 2 Abs. 2 Satz 1 MTV.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, über die hier zwischen den Parteien Streit besteht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Soweit dieser jedoch nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Enstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – EzA § 4 TVG Großhandel Nr. 3, zu I 2a der Gründe, m.w.N.).

b) Schon der Wortlaut der Regelung stützt die Rechtsauffassung des Klägers. Nach § 3 I. Ziff. 2 Abs. 2 Satz 1 MTV sind sechs freie Tage pro Jahr “von der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung” zu gewähren. Die Bestimmung stellt damit nicht auf irgendeine möglicherweise durch Betriebsvereinbarung abweichend von § 3 I. Ziff. 1 MTV vorgenommene Verteilung der Arbeitszeit ab, sondern auf “die” vereinbarte Arbeitszeitverkürzung. Damit kann dem Wortsinn nach nur die von den Tarifvertragsparteien in § 3 I. Ziff. 1 Satz 2 MTV festgelegte Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38 Stunden gemeint sein. Diese Arbeitszeitverkürzung wird vor den bezugnehmenden Bestimmungen des § 3 I. Ziff. 2 Abs. 2 Satz 1 MTV genannt, und nur sie hat ein Arbeitsvolumen zum Gegenstand, das so groß ist, daß ihm sechs volle Tage im Jahr entnommen werden können. Bei 44 Arbeitswochen im Jahr ergibt die in § 3 I. Ziff. 1 MTV bestimmte Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit um zwei Stunden, nämlich 88 Arbeitsstunden im Jahr, die nach § 3 I. Ziff. 5 MTV jeweils mit sieben Stunden und 36 Minuten zu bewerten sind und damit insgesamt knapp zwölf Tagen entsprechen.

Dagegen kann mit “der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung” nicht die in § 3 I. Ziff. 2 Abs. 1 MTV enthaltene Regelung über die Mindestdauer einer an einzelnen Tagen vorgenommenen Arbeitszeitverkürzung gemeint sein, denn eine durch Verminderung der täglichen Arbeitszeit vorgenommene Arbeitszeitverkürzung kann nicht zugleich durch Gewährung freier Tage erfolgen.

c) Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, daß es sich mit den übrigen Bestimmungen des § 3 MTV zu einer sinnvollen Regelung zusammenfügt. In § 3 I. Ziff. 1 Abs. 1 MTV ist der Grundsatz aufgestellt, daß die Wochenarbeitszeit 40 Stunden beträgt, obwohl in diesem am 22. August 1989 abgeschlossenen Tarifvertrag schon zum 1. Oktober 1989 die Arbeitszeitverkürzung auf 38 Stunden vereinbart ist. Diese Festlegung einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden soll demnach offensichtlich nicht nur die Bedeutung einer nur wenige Wochen geltenden Übergangsregelung haben, sondern Grundlage für die Verteilung der Arbeitszeit auch nach der zum 1. Oktober 1989 vorgenommenen Verminderung des Arbeitszeitvolumens durch Einführung der 38-Stunden-Woche sein. Dabei zeigen die Regelungsbestandteile von § 3 I. Ziff. 2 Abs. 1 und 2 MTV, daß mit der Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38 Stunden zwar das verringerte Arbeitszeitvolumen rechnerisch bestimmt, nicht aber seine Verteilung auf Wochen oder gar Tage abschließend festgelegt werden sollte. Während in § 3 I. Ziff. 2 Abs. 1 MTV eine Regelung für den Fall getroffen ist, daß ein Teil der Arbeitszeitverkürzung im Gesamtvolumen von höchstens einer Stunde pro Woche an der Arbeitszeit einzelner Tage abgezogen – und nicht durch freie Tage gewährt – wird, legt § 3 I. Ziff. 2 Abs. 2 MTV für den anderen Teil der Arbeitszeitverkürzung – ebenfalls im Volumen von rund einer Stunde pro Woche – die Gewährung freier Tage fest. Verschiedene Möglichkeiten abweichender Gestaltung durch Betriebsvereinbarung, von denen vorliegend jedoch nicht Gebrauch gemacht worden ist, sind in den folgenden Bestimmungen dieses Paragraphen enthalten.

4. Der Anspruch des Klägers ist nicht davon abhängig, daß er tatsächlich mehr als 38 Stunden pro Woche gearbeitet hat. Eine in Verkennung der tarifvertraglichen Regelung ausschließlich durch Verkürzung der täglichen Arbeitszeit im Betrieb praktizierte 38-Stunden-Woche kann einen im Tarifvertrag ausdrücklich festgelegten Anspruch auf Gewährung freier Tage nicht beseitigen. § 3 MTV sieht auch keine Verrechnung möglicher Arbeitszeitdefizite eines Arbeitnehmers mit den zu gewährenden freien Tagen vor.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Dr. Wißmann, Hecker, Dr. Reinfeld

 

Fundstellen

Haufe-Index 845829

NZA 1994, 35

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