Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Facharztes für Psychiatrie im Medizinischen Dienst

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Medizinischer Dienst; Tätigkeitsmerkmale Anlage 1 MDK-T VergGr. 11; Tätigkeitsmerkmale Anlage 1 MDK-T VergGr. 12; Tätigkeitsmerkmale Anlage 1 MDK-T VergGr. 13; Tätigkeitsmerkmale Anlage 1 MDK-T VergGr. 14

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 28.08.1997; Aktenzeichen 4 Sa 2262/96)

ArbG Bielefeld (Urteil vom 26.09.1996; Aktenzeichen 1 Ca 231/96)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28. August 1997 – 4 Sa 2262/96 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die sich aus der zutreffenden Eingruppierung des Klägers in die Anlage 1 – Tätigkeitsmerkmale – zum Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) (MDK-T) vom 15. Oktober 1991 ergebende Vergütung.

Der Beklagte ist der Träger des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen in Westfalen-Lippe. Er ist räumlich aufgeteilt in insgesamt 38 Dienststellen mit verschiedenen Standorten, in denen je nach ihrer Größe 3 bis 18 Ärzte als Gutachter tätig sind. Diese 38 Dienststellen sind ihrerseits in sieben Bezirke zusammengefaßt, über denen verwaltungsmäßig die Geschäftsführung und fachlich der ärztliche Leiter steht.

Seit dem 1. Juli 1991 wendet der Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse aller seiner Mitarbeiter den MDK-T und die diesen ergänzenden, abändernden und/oder ersetzenden Tarifverträge an. Er hat die Fachärzte in VergGr. 13 MDK-T, die Referatsleiter und die Leiter großer Dienststellen (mindestens acht Ärzte) in VergGr. 14 MDK-T, die Bezirksleiter in die VergGr. 15 MDK-T und die Leitung des ärztlichen Dienstes in die VergGr. 16 MDK-T eingestuft.

Der Kläger ist Facharzt für Psychiatrie. Er besitzt eine sozialmedizinische Zusatzausbildung und ist organisatorisch der MDK-Dienststelle in Gütersloh zugeordnet. Er ist in VergGr. 13 MDK-T eingruppiert.

Während es für Krankenhäuser, Rehamaßnahmen und alternative Heilmethoden am Verwaltungssitz des Beklagten in Münster eigene Referate gibt, sind die Psychiater vor Ort ebenso wie die anderen Fach- bzw. Gebietsärzte in den einzelnen Dienststellen tätig. Fachärzte für Psychiatrie sind allerdings nicht jeder Dienststelle zugeordnet, vielmehr sind diese teilweise gebietsübergreifend für mehrere Dienststellen zuständig und waren jedenfalls bis zum 31. März 1997 der Fachaufsicht eines als “Psychiatriereferat” bezeichneten besonderen Referats unterstellt. Dieses Psychiatriereferat ist – so die Beklagte – mit Wirkung vom 1. April 1997 aufgelöst worden, die Fachärzte für Psychiatrie sind seitdem den einzelnen Dienststellen zugeordnet und unterstehen organisatorisch dem jeweiligen Dienststellenleiter.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er müsse in die VergGr. 14 MDK-T eingeordnet werden, da er als Sozialmediziner zwar auch alle allgemeinen Begutachtungen durchzuführen habe, als Psychiater jedoch gebietsübergreifend allein zuständig sei für die MDK-Dienststellen Gütersloh, Lemgo, Herne, Paderborn, Detmold, Gelsenkirchen, Höxter und als Notvertreter für die MDK Lüdenscheid. Damit habe er als Psychiater im Dienste des Beklagten eine besondere Aufgabe im Sinne der VergGr. 14 Beispiel Nr. 3 MDK-T übertragen bekommen. Denn nur Psychiater seien in dieser Weite spezialisiert tätig. Während die übrigen Ärzte nicht überwiegend auf ihrem fachärztlichen Spezialgebiet, sondern in aller Regel nur sozialmedizinisch tätig seien, arbeiteten Psychiater überwiegend psychiatrisch. Immer dann, wenn eine psychiatrische Fragestellung auftauche, die über die einfachen Grundlagen der Psychiatrie hinausgehe, sei der Fall an den Psychiater abzugeben. Dieser müsse dann eine entsprechende Begutachtung vornehmen. Das habe zur Folge, daß er, der Kläger, auf den Gebieten seiner ärztlichen Kollegen arbeiten könne. Umgekehrt könnten die nicht-psychiatrisch vorgebildeten Ärzte und Fachärzte keine Begutachtungen vornehmen, die wesentliche psychiatrische Fragestellungen enthielten. Eine schwerpunktmäßig fachbezogene Tätigkeit sei auch gar nicht möglich, weil in den einzelnen Dienststellen keineswegs alle Fachrichtungen oder auch nur die wichtigsten Fachrichtungen vertreten seien. Da insgesamt aus guten Gründen nur Psychiater überwiegend fachspezifisch tätig seien, nicht aber die anderen Fachärzte, ergebe sich daraus die besondere Aufgabe im Sinne der tariflichen Bestimmungen.

Über den aufgeführten besonderen Gutachterdienst hinaus übe er noch weitere besondere Aufgaben im Rahmen seiner Tätigkeit für den Beklagten aus. So gehöre er mehreren Landeskommissionen an, in denen der Beklagte vertreten sei. Die besondere Schwierigkeit und Bedeutung seiner Tätigkeit ergebe sich auch aus der Tatsache, daß der Beklagte für psychiatrische Fragestellungen eigens ein Psychiatriereferat eingerichtet habe. Auch diese Maßnahme verdeutliche, daß die Fragestellungen innerhalb der Psychiatrie weitergehende Anforderungen stellten als in der somatischen Medizin.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 26. September 1996 – 1 Ca 231/96 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, 16.269,04 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 896,08 DM seit dem 15. August 1994, 15. September 1994, 15. Oktober 1994, 15. November 1994, 15. Dezember 1994, 15. Januar 1995, 15. Februar 1995, 15. März 1995, 15. April 1995, 15. Mai 1995, 15. Juni 1995, 15. Juli 1995, 15. August 1995 und jeweils 4 % Zinsen aus 924,00 DM seit dem 15. September 1995, 15. Oktober 1994, 15. November 1995, 15. Dezember 1995, 15. Januar 1996, 15. Februar 1996, 15. März 1996, 15. April 1996, 15. Mai 1996, 15. Juni 1996, 15. Juli 1996, 15. August 1996, 15. September 1996, 15. Oktober 1996, 15. November 1996, 15. Dezember 1996 sowie 15. Januar 1997 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, 4.620,00 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 924,00 DM seit dem 15. Februar 1997, 15. März 1997, 15. April 1997, 15. Mai 1997 und 15. Juni 1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, von den bei ihm zur Zeit beschäftigten 205 Ärzten besäßen lediglich drei keine fachärztliche Weiterbildung. Alle anderen hätten zunächst ihre fachärztliche Weiterbildung als Gebietsärzte und darüber hinaus dann eine sozialmedizinische Weiterbildung absolviert. Soweit die vorgenannten Ärzte keine besondere leitende Stellung innehätten und keine aus ihrer ärztlichen Tätigkeit herausragenden Aufgaben ausübten, seien sie in die VergGr. 13 MDK-T eingruppiert. Der Höhergruppierungsanspruch des Klägers ergebe sich weder aus der Art und Weise seiner Tätigkeit noch aus der Einrichtung eines Psychiatriereferates. Die besondere Bedeutung ergebe sich auch nicht aufgrund einer Spezialisierung der ärztlichen Begutachtung im Bereich der Psychiatrie. Alle Ärzte im Medizinischen Dienst seien in erster Linie sozialmedizinisch gutachterlich tätig. Speziellere Fragestellungen der Krankenkassen seien den Ärzten zugewiesen, die auf diesem speziellen Gebiet Fachkenntnisse besäßen. Auch mit der Einrichtung eines Psychiatriereferates seien dem Kläger keineswegs besondere Aufgaben im Sinne des Tarifvertrages zugewiesen worden. Es handele sich insoweit um eine rein organisatorische Frage. Insbesondere sei dem Kläger zu keiner Zeit besondere Begutachtungskompetenz zugewiesen worden. Lediglich in fachspezifischen Fragen werde er in seinem Fachgebiet gefragt. Dies sei aber keine Sonderstellung, sondern dies werde auch bei allen anderen Fachärzten so gemacht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. 14 MDK-T.

I. Die Klage ist nicht begründet.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund der Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) (MDK-T) vom 15. Oktober 1991 nebst Anlage 1 – Tätigkeitsmerkmale – Anwendung.

a) Für die Eingruppierung des Klägers ist danach folgende Bestimmung des MDK-T heranzuziehen:

“§ 15

Eingruppierung

Die Eingruppierung erfolgt aufgrund der von den Beschäftigten überwiegend ausgeübten Tätigkeit nach Maßgabe der Anlage 1.”

Diese tarifliche Bestimmung ist dahin auszulegen, daß dem Arbeitnehmer bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Vergütungsanspruch zusteht und der Entscheidung des Arbeitgebers nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Für die Eingruppierung ist die überwiegende Tätigkeit maßgebend, wobei die “Tätigkeitsmerkmale” der Anlage 1 entscheidend sind.

b) Für die Entscheidung über den geltend gemachten Vergütungsanspruch kommt es daher auf folgende Bestimmungen der Anlage 1 zum MDK-T – Tätigkeitsmerkmale – an:

“Vergütungsgruppe 11

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene, wissenschaftliche Hochschulbildung oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern

z.B.

1.

Sachgebietsleiter/in

2.

Referent/in

3.

Apotheker/in

Vergütungsgruppe 12

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der Vergütungsgruppe 11 herausheben

z.B.

1.

Arzt/Ärztin

2.

Zahnarzt/Zahnärztin

3.

Gebietsarzt/Gebietsärztin

4.

Referent/in mit schwierigen Aufgaben

5.

Apotheker/in mit schwierigen Aufgaben

Vergütungsgruppe 13

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der Vergütungsgruppe 12 herausheben

z.B.

1.

Referent/in mit besonderen Aufgaben

2.

Abteilungsleiter/in

3.

Ärzte/Ärztinnen mit sozialmedizinischer Weiterbildung und/oder schwierigen Aufgaben

4.

Gebietsärzte/Gebietsärztinnen mit sozialmedizinischer Weiterbildung

5.

Gebietsärzte/Gebietsärztinnen/Zahnärzte/Zahnärztinnen mit entsprechender beruflicher Erfahrung

Vergütungsgruppe 14

Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der Vergütungsgruppe 13 herausheben

z.B.

1.

Hauptabteilungsleiter/in, Bereichsleiter/in

2.

Abteilungsleiter/in mit besonderen Aufgaben

3.

Ärzte/Ärztinnen/Gebietsärzte/Gebietsärztinnen/Zahnärzte/Zahnärztinnen mit besonderen Aufgaben

Vergütungsgruppe 15

Beschäftigte, die sich durch besondere Aufgabenstellung und die damit verbundene Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 14 herausheben

z.B.

1.

Hauptabteilungsleiter/in, Bereichsleiter/in mit besonderen Aufgaben

2.

Ärzte/Ärztinnen/Gebietsärzte/Gebietsärztinnen/Zahnärzte/Zahnärztinnen mit besonderen Aufgaben

Vergütungsgruppe 16

Beschäftigte, die sich durch besondere Aufgabenstellung und die damit verbundene Verantwortung aus der Vergütungsgruppe 15 herausheben

z.B. leitende Ärzte/Ärztinnen”

2. Das von dem Kläger in Anspruch genommene Tätigkeitsmerkmal Nr. 3 der VergGr. 14 “Gebietsarzt mit besonderen Aufgaben” baut auf der VergGr. 13 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. 12 und diese wiederum die der VergGr. 11 voraussetzt. Dabei ist ersichtlich, daß die VergGr. 12 die Eingangsvergütungsgruppe für Ärzte, Zahnärzte und Gebietsärzte ist, da diese dort allgemein als Beispiel für die VergGr. 12 genannt sind. Unerheblich ist insoweit, daß für Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung erfordern, die VergGr. 11 vorgesehen ist (vgl. BAG Urteil vom 8. Oktober 1997 – 4 AZR 274/96 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Medizinischer Dienst).

3. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei Gebietsarzt mit sozialmedizinischer Weiterbildung und erfülle zweifellos die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. 13 Ziff. 4 MDK-T. Er erfülle jedoch nicht die Merkmale der VergGr. 14, insbesondere nicht das Merkmal “Gebietsarzt mit besonderen Aufgaben”. Mit diesem Merkmal könnten nur solche Aufgaben gemeint sein, die nicht mit der fachspezifischen Ausbildung des Facharztes zusammenhingen, weil das Fachgebiet “Psychiatrie” nur eines von vielen Fachgebieten sei und nur neben und nicht über diesen stehe. Daß bei der Klientel des Beklagten ein großer Bedarf an psychiatrischen Beurteilungen bestehe, mache dieses Fachgebiet noch nicht zu einer besonderen Aufgabe im Sinne der hier einschlägigen Tätigkeitsmerkmale. Eine solche besondere Aufgabe folge auch nicht daraus, daß die in der Psychiatrie tätigen Ärzte gebietsübergreifend für mehrere Dienststellen tätig seien und unter der Fachaufsicht eines Psychiatriereferates zusammengefaßt seien. Schließlich erfülle die Tätigkeit des Klägers auch nicht die Merkmale des Oberbegriffes der VergGr. 14 MDK-T, da sie sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. 13 MDK-T heraushöbe.

4. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in der Begründung.

a) Aus den zitierten tariflichen Bestimmungen folgt, daß die Erfordernisse einer Vergütungsgruppe dann als erfüllt anzusehen sind, wenn ein Beschäftigter eine einem dieser Vergütungsgruppe zugeordneten Beispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat.

Aus der Erwähnung der Qualifikation in der Vergütungsgruppe allein kann der Arbeitnehmer mit Erfolg nichts für die Eingruppierung herleiten. Zwar steht die Angabe der Qualifikation in den Beispielen, soweit keine weiteren Merkmale aufgeführt sind, dafür, daß diese allein ausreicht, um die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe zu erfüllen, in der die Qualifikation als Beispiel aufgenommen worden ist. Nach dem zu berücksichtigenden Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung– insbesondere im Hinblick auf § 15 MDK-T und die Vergütungsgruppen, für die im MDK tätigen Mediziner –wird deutlich, daß der Arzt in mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit auf ärztlichem Gebiet tätig zu sein hat. Denn die Vergütungsgruppen regeln die Eingruppierung ärztlicher Tätigkeiten.

b) Für die Eingruppierung von Ärzten maßgeblich sind nach der tariflichen Regelung die jeweiligen “Obersätze” der VergGr. 12 bis 16, die die Wertigkeit der unter die jeweilige Vergütungsgruppe sfallenden Tätigkeit festlegen sollen (§ 15 MDK-T).

Auf die Überprüfung der Merkmale der jeweiligen “Obersätze” kommt es jedoch nicht an, wenn der Beschäftigte die Voraussetzungen eines Beispiels erfüllt. Denn die Beispiele stehen nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien dafür, daß dann die Voraussetzungen der jeweiligen Vergütungsgruppe erfüllt sind, mit anderen Worten ein Fall des jeweiligen Obersatzes vorliegt.

So haben die Tarifvertragsparteien auch das Merkmal “Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch die besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebietes aus der VergGr. 13 herausheben”, in der VergGr. 14 durch Beispiele erläutert.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines der Beispiele gegeben ist, auch das Merkmal des Oberbegriffes erfüllt (vgl. z.B. Urteil vom 8. Oktober 1997 – 4 AZR 274/96 – aaO, mit weiteren Nachweisen). Die Tarifvertragsparteien des MDK-T haben mit den Beispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß die beispielhaft angeführten Qualifikationen verbunden mit ärztlicher Tätigkeit ggf. bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen. Daran sind die Gerichte bei der Auslegung gebunden. Anderenfalls würde den Beispielen entgegen dem Willen der Tarifvertragsparteien der typische Charakter für ihre Vergütungsgruppen abgesprochen. Auch wenn es entbehrlich ist, die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe zu prüfen, falls die Voraussetzungen eines Beispiels erfüllt sind, ist gleichwohl bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den Beispielen (z.B. “mit besonderen Aufgaben” im Beispiel Nr. 3 der VergGr. 14) die Wertigkeit zu berücksichtigen, die in den Merkmalen des jeweiligen Oberbegriffes zum Ausdruck kommt. Auf die Merkmale des Oberbegriffes allein kommt es nur an, wenn es um eine Tätigkeit geht, die in den Beispielen nicht ihren Niederschlag gefunden hat, aber auch hier sind nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei der Auslegung der Merkmale des Oberbegriffes die Beispiele wiederum als Maßstab für die Bewertung zu berücksichtigen.

c) Hier ist zunächst zu prüfen, ob der Kläger das von ihm beanspruchte Beispiel Nr. 3 der VergGr. 14 MDK-T mit seiner Qualifikation als Facharzt (= Gebietsarzt) für Psychiatrie und seiner ärztlichen Tätigkeit erfüllt, er also neben seiner Qualifikation auch noch mit besonderen Aufgaben betraut ist.

aa) Die Tarifvertragsparteien haben nicht erläutert, was sie mit “besonderen Aufgaben” in der Ziff. 3 der VergGr. 14 MDK-T meinen. Deren Anforderungen sind daher durch Auslegung zu gewinnen.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, über die hier zwischen den Parteien Streit besteht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Wenn der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. Urteil des Senats vom 10. Mai 1995 – 4 AZR 457/94 – BAGE 80, 122 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Medizinischer Dienst, m.w.N.; Schaub, Auslegung und Regelungsmacht von Tarifverträgen, in NZA 1994, 597 f.).

bb) Nachdem die Tarifvertragsparteien die Fachärzte für Psychiatrie, obgleich ihnen die Besonderheiten von deren Fachgebiet bekannt sein mußten, in keiner Weise hervorgehoben haben, und lediglich Unterschiede bei der Qualifikation zwischen “einfachen” Ärzten, Fachärzten und beiden Arten von Ärzten mit jeweils sozialmedizinischer Weiterbildung gemacht haben, kann in dem Umstand, daß ein Arzt/Facharzt psychiatrische Tätigkeiten auszuüben hat, allein noch keine “besondere Aufgabe” gesehen werden. Anderenfalls hätten die Tarifvertragsparteien die Fachärzte (= Gebietsärzte) für Psychiatrie ohne weiteres als besonderes Beispiel aufführen können. Ebenso hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß die dienststellenübergreifende Tätigkeit des Klägers als Psychiater für sich genommen noch keine “besondere Aufgabe” darstellt, weil es sich dabei um eine rein organisatorische Maßnahme zur Abdeckung eines besonderen Bedarfs handelt.

Nachdem die Tarifvertragsparteien in den für Fachärzte einschlägigen VergGr. 13 und 14 MDK-T in den Beispielen die Höhergruppierung von sozialmedizinischer Weiterbildung oder zumindest beruflicher Erfahrung abhängig gemacht haben und im Fallbeispiel Nr. 2 der VergGr. 13 und 14 MDK-T auch zwischen Abteilungsleitern bzw. Abteilungsleitern mit besonderen Aufgaben unterschieden haben, können die “besonderen Aufgaben” in dieser Vergütungsgruppe nur in solchen Aufgaben gesehen werden, die jedenfalls nicht mit der fachspezifischen Ausbildung bzw. Qualifikation des betreffenden Arztes zusammenhängen, sondern nur solche, die davon unabhängig, also im Hinblick auf die Qualifikation und die ärztliche Tätigkeit des Beschäftigten “besonders” sind. Dies können z.B. Verwaltungs-, Leitungs- oder Planungsaufgaben sein. Der Kläger trägt aber selbst nicht vor, irgendwie geartete Sonderaufgaben in diesem Sinne unabhängig von seinen fachärztlichen Aufgaben auszuüben.

5. Die von dem Kläger auszuübenden Tätigkeiten erfüllen auch nicht den Oberbegriff der VergGr. 14 MDK-T, da sie sich schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht durch “besondere Schwierigkeit und Bedeutung des Aufgabengebiets aus der VergGr. 13 herausheben”. Dabei ist zu bedenken, daß es sich bei den in VergGr. 14 geforderten Tätigkeiten um gegenüber der Normaltätigkeit eines Gebietsarztes durch ihre besondere Schwierigkeit und Bedeutung doppelt herausgehobene Tätigkeiten handeln muß, denn bereits die Eingruppierung in die VergGr. 13 verlangt eine gleichartige Heraushebung aus der VergGr. 12.

a) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob sich die Tätigkeiten eines Psychiaters im Vergleich zu anderen Fachärzten durch ihre besondere Schwierigkeit heraushebt, wie der Kläger meint. Der Kläger hat nämlich in keiner Weise etwas dafür dargetan, daß sich seine Tätigkeit auch durch ihre Bedeutung aus der eines Facharztes mit sozialmedizinischer Weiterbildung im Sinne der VergGr. 13 Ziff. 4 MDK-T heraushebt.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt zwar für die Bedeutung einer Tätigkeit deren deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Diese muß sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und für die Allgemeinheit ergeben (vgl. z.B. Urteil vom 28. Mai 1997 – 4 AZR 711/95 – AP Nr. 227 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

c) Insoweit hat der Kläger jedoch, wie bereits das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, keinen Vortrag gehalten, sondern sich allein darauf beschränkt, die Schwierigkeiten der Tätigkeit eines Psychiaters einerseits, die Häufigkeit psychischer Störungen bei der Bevölkerung andererseits darzulegen. Auch sein Hinweis auf seine dienststellenübergreifende Tätigkeit und Unterstellung unter ein “Psychiatriereferat” vermag keine über die Bedeutung fachärztlicher Tätigkeit als solche hinausgehende Bedeutung seiner speziellen Tätigkeit zu belegen.

d) Auf die vom Kläger hinsichtlich der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit des Klägers hebe sich nicht durch ihre “besondere Schwierigkeit” aus den nach VergGr. 13 MDK-T zu vergütenden Tätigkeiten heraus, erhobene Verfahrensrüge kommt es nach alledem nicht mehr an.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schliemann, Bott, Schneider, Ratayczak, Sieger

 

Fundstellen

Haufe-Index 2628908

ZTR 1999, 323

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