Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschlag zum Urlaubsentgelt beim gesetzlichen Zusatzurlaub für Schwerbehinderte

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in einer Tarifvorschrift bestimmt, daß sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten drei Monate und einem Zuschlag von 50 % bemißt, so hat auch der Schwerbehinderte während des gesetzlichen Zusatzurlaubs einen Anspruch auf Urlaubsentgelt in dieser Höhe.

 

Normenkette

Rahmentarifvertrag vom 30. Juni 1989 für Angestellte des metallverarbeitenden Handwerks in Bayern i.d.F. des Tarifvertrags vom 1. Februar 1990 § 8; TVG § 1 Auslegung; SchwbG 1986 § 47

 

Verfahrensgang

LAG Nürnberg (Urteil vom 15.09.1994; Aktenzeichen 5 Sa 935/93)

ArbG Bayreuth (Urteil vom 21.07.1993; Aktenzeichen 3 Ca 251/93 H)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 15. September 1994 – 5 Sa 935/93 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des Urlaubsentgelts für den Zusatzurlaub nach dem Schwerbehindertengesetz.

Der Kläger war vom 7. Januar 1991 bis 31. Dezember 1992 bei der Beklagten als technischer Zeichner beschäftigt; er ist Schwerbehinderter im Sinne des Schwerbehindertengesetzes.

Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft betrieblicher Übung der Rahmentarifvertrag (RTV) vom 30. Juni 1989 für Angestellte des metallverarbeitenden Handwerks in Bayern – gültig ab 1. Juli 1989 – in der durch Tarifvertrag vom 1. Februar 1990 – gültig ab 1. Februar 1990 – geänderten Fassung Anwendung. § 8 lautet auszugsweise:

  • Jeder Angestellte hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach Maßgabe der Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (siehe Anhang).
  • Die Mindesturlaubsdauer beträgt in Arbeitstagen (1 Woche = 5 Arbeitstage):

    bis zum vollendeten 25. Lebensjahr 28, nach dem vollendeten 25. Lebensjahr 30.

    Dieser Urlaubsanspruch gilt auch für Jugendliche und für Auszubildende.

    Für die Gewährung von Urlaub nach Lebensalter gilt als Stichtag der 30. Juni des Urlaubsjahres.

  • Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Angestellte in den letzten drei Monaten bzw. der diesem Zeitraum entsprechenden Gehaltsabrechnungsperioden vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, und einem Zuschlag von 50 %.

    Das Urlaubsentgelt ist bei Urlaubsantritt auszuzahlen. Eine hiervon abweichende Regelung kann gemäß § 10 Ziffer 2 getroffen werden.

Der Kläger hat den Zusatzurlaub nach dem Schwerbehindertengesetz für das Jahr 1992 im Dezember 1992 genommen. Die Beklagte zahlte ihm für diese Tage keinen Zuschlag von 50 %. Mit der im März 1993 eingereichten Klage hat der Kläger den Zuschlag für 1991 und 1992 verlangt. Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 748,28 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das angefochtene Urteil hinsichtlich des Anspruchs aus 1991 bestätigt und im übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger den tariflichen Zuschlag von 374,14 DM für den Zusatzurlaub 1992 zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Kläger hat nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 letzter Halbsatz RTV Anspruch auf Zahlung des tariflichen Zuschlags von 50 % auf das Urlaubsentgelt für den gesetzlichen Zusatzurlaub nach dem Schwerbehindertengesetz. Das folgt aus dem Wortlaut der Tarifnorm. Danach bemißt sich das Urlaubsentgelt, das nach § 611 BGB für die Dauer der Freistellung fortzuzahlende Entgelt (BAGE 63, 181 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG), nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten drei Monate und einem Zuschlag von 50 %. Diese Regelung gilt ohne Einschränkung für den tariflichen und gesetzlichen Urlaub. Eine Unterscheidung zwischen tariflichem und gesetzlichem Urlaub ist von den Tarifvertragsparteien in diesem Tarifvertrag nicht vorgenommen worden. Damit ist die Tarifbestimmung über das zusätzliche Entgelt auch für den gesetzlichen Zusatzurlaub nach dem Schwerbehindertengesetz anzuwenden (BAG Urteil vom 20. Oktober 1983 – 6 AZR 142/82 – AP Nr. 4 zu § 44 SchwbG). Die Rechtslage wäre anders zu beurteilen, wenn sich das in einer selbständigen Tarifbestimmung bezeichnete zusätzliche Urlaubsgeld ausdrücklich auf den tariflichen Erholungsurlaub bezieht (BAG Urteil vom 9. Januar 1979 – 6 AZR 512/77 – AP Nr. 1 zu § 44 SchwbG) oder das zusätzliche Urlaubsgeld für jeden tarifvertraglich festgelegten Urlaubstag zu gewähren ist (BAGE 52, 301 = AP Nr. 7 zu § 44 SchwbG). Diese oder ähnliche Einschränkungen des Anspruchs haben die Tarifvertragsparteien des Rahmentarifvertrags für Angestellte des metallverarbeitenden Handwerks in Bayern vom 30. Juni 1989 nicht in den Tarifvertrag aufgenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Leinemann, Düwell, Dörner, R. Trümner, Weiss

 

Fundstellen

Haufe-Index 873939

NZA 1996, 831

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