Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitspausen bei Wechselschichten. Bezahlte Pausen bei Wechselschichten. Tarifrecht. Tarifauslegung. Tarifrecht öffentl. Dienst. Sonstiges

 

Orientierungssatz

Nach § 14 Abs. 5 BMT-G II sind bei Wechselschichten nicht nur Kurzpausen, sondern auch Pausen von 30 Minuten Dauer in die regelmäßige Arbeitszeit einzurechnen und zu vergüten, sofern der Arbeiter Wechselschichtarbeit iSd. § 67 Nr. 44 BMT-G II leistet.

 

Normenkette

Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) § 14 Abs. 5, § 17 Abs. 4, § 25 Abs. 3, § 26a Abs. 1, § 63, § 67 Nr. 39, 44 und 45

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 02.08.1999; Aktenzeichen 3 Sa 514/99)

ArbG Bonn (Urteil vom 10.02.1999; Aktenzeichen 4 Ca 1578/98)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob Arbeitspausen des Klägers in die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einzurechnen und zu vergüten sind.

Der Kläger ist seit dem 7. April 1987 als Elektromechaniker bei der Beklagten in der Kläranlage B… beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

“§ 14 Regelmäßige Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38 1/2 Stunden wöchentlich.…

(5) Arbeitspausen werden, ausgenommen bei Wechselschichten in die regelmäßige Arbeitszeit nicht eingerechnet.

§ 17 Überstunden

(4) Überstunden sind grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen, die Arbeitsbefreiung ist möglichst bis zum Ende des nächsten Kalendermonats, spätestens bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ableistung der Überstunden zu erteilen. Für die Zeit, in der Überstunden ausgeglichen werden, werden der Monatsgrundlohn und etwaige für den Kalendermonat zustehende ständige (ggf. pauschalierte) Lohnzuschläge weitergezahlt. Im übrigen wird für die auszugleichenden Überstunden lediglich der Zeitzuschlag gezahlt. Nicht abgefeierte Überstunden werden spätestens nach Ablauf der Zeit, in der das Abfeiern zulässig ist, bezahlt.

§ 20 Lohngrundlagen

(2) Es werden grundsätzlich Monatslöhne gezahlt. Die Monatstabellenlöhne werden im Monatslohntarifvertrag vereinbart.

§ 22 Zeitzuschläge

(1) Für die in Satz 2 genannten Arbeiten erhält der Arbeiter Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde

e) für Überstunden und Mehrarbeitsstunden 30 v.H.,

des auf die Arbeitsstunde umgerechneten Monatsgrundlohnes der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe.

§ 25 Lohn in besonderen Fällen

(3) Für jede nicht abgefeierte Mehrarbeitsstunde und für jede nicht abgefeierte Überstunde wird der auf die Arbeitsstunde umgerechnete Monatsgrundlohn der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe gezahlt.

§ 26 Lohnanspruch und Lohnfortzahlung

(1) Der Lohn wird nur für angeordnete und geleistete Arbeit gezahlt, es denn, daß tarifvertraglich etwas anderes vereinbart ist.

§ 26a Berechnung und Auszahlung des Lohnes, Vorschüsse

(1) Der Lohn ist für den Kalendermonat zu berechnen und am 15. eines jeden Kalendermonats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von dem Arbeiter eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen.…

§ 63 Ausschlußfrist

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Arbeiter oder Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist.

Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlußfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

§ 67 Begriffsbestimmungen

14. Dienstplanmäßige Arbeit

Dienstplanmäßige Arbeit ist die Arbeit, die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist.

39. Überstunden

(1) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers über die dienstplanmäßige oder betriebsübliche tägliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden.

44. Wechselschichtarbeit

Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten, bei denen der Arbeiter durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) herangezogen wird, vorsieht.

45. Wechselschichten

Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird.

…”

Der Kläger erhält Vergütung nach Lohngruppe 7a Stufe 6.

Die Arbeit in der Kläranlage wird im Drei-Schicht-Betrieb abgewickelt. Dabei muß die Kläranlage laufend überwacht werden. Die Beklagte rechnete bis April 1997 die Arbeitspausen des Klägers in dessen regelmäßige Arbeitszeit ein. Mit Wirkung vom 1. Mai 1997 wurden die Arbeitszeit/Pausenzeiten mit Zustimmung des Personalrats verändert. Seitdem sind Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer festgelegt, die nicht mehr vergütet werden. Während der Pausenzeiten sind die Arbeitnehmer von jeglicher Arbeitsleistung freigestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Pausen seien nach § 14 Abs. 5 BMT-G II in die Arbeitszeit einzurechnen, da er Wechselschichtarbeit iSd. § 67 Nr. 44 BMT-G II leiste. Die von der Beklagten angeordneten Pausen könnten auf Grund des Arbeitsablaufs nicht genommen werden, weil eine ständige Überwachung der Anlage erforderlich sei. Die zuständigen Schichtmeister hätten deshalb die Arbeitsbereitschaft der Arbeitnehmer bestehen lassen, um Schäden von der Anlage abzuwenden. In der Zeit vom 1. Mai 1997 bis zum 30. April 1998 seien Pausenzeiten von insgesamt 85 Stunden angefallen. Diese habe die Beklagte als Überstunden zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.847,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus 641,33 DM brutto seit 1. September 1997 sowie aus 1.206,57 DM brutto seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, mit den in § 14 Abs. 5 BMT-G II genannten Pausen seien ausschließlich Kurzpausen gemeint, nicht jedoch halbstündige Ruhepausen. Für eine generelle Bezahlung von Pausen bei Wechselschichten bestehe kein Grund. Die festgelegten Ruhezeiten könnten ohne Gefahr für die Betriebssicherheit der Kläranlage genommen werden. Die Kläranlage sei durch die installierte Überwachungstechnik so betriebssicher, daß in 3 von 24 täglichen Arbeitsstunden die Anlage mit geringerer Schichtbesetzung problemlos gefahren werden könne.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er die Klage wegen eines zunächst fehlerhaft berechneten Stundenlohnes und der unterbliebenen Geltendmachung von Zeitzuschlägen für Überstunden auf Zahlung von 2.568,38 DM brutto nebst Zinsen erweitert hatte, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

  • Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer seien nicht in die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers einzurechnen. Bei den in § 14 Abs. 5 BMT-G II erwähnten Pausen handle es sich um Kurzpausen von angemessener Dauer, die nach § 12 Abs. 2 Satz 3 der bei Abschluß des BMT-G II geltenden Arbeitszeitordnung (AZO) bei Wechselschichten zu gewähren gewesen seien. Seit dem Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) am 1. Juli 1994 könne abweichend von § 4 Satz 2 ArbZG nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG die Gesamtdauer der Ruhepausen in Schichtbetrieben und Verkehrsbetrieben auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufgeteilt werden. Auf diese Pausen beziehe sich nunmehr § 14 Abs. 5 BMT-G II. Wenn die Gewährung von Kurzpausen nicht erforderlich sei, weil die Arbeiten zwar in Wechselschichten durchgeführt werden müßten, aber keinen ununterbrochenen Fortgang erforderten und stattdessen eine halbstündige Ruhepause nach § 4 ArbZG gewährt werde, bestehe kein Anspruch auf Einrechnung der Pausen in die Arbeitszeit. In diesem Fall würden keine Wechselschichten im Tarifsinne geleistet. Eine ununterbrochene Arbeit iSd. § 67 Nr. 45 BMT-G II liege nicht vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsablauf so gestaltet habe, daß die Arbeitnehmer die halbstündige Pause nehmen können. So verhalte es sich hier. Die Beklagte habe die Betriebsverhältnisse in der Kläranlage so geregelt, daß eine ununterbrochene Arbeitsleistung aller Schichtarbeiter nicht erforderlich sei. Zwar behaupte der Kläger, daß die angeordneten Pausen tatsächlich nicht genommen werden könnten. Darauf komme es jedoch nicht an. Der Kläger könne sich an die von der Beklagten aufgestellte Arbeitszeit- und Pausenregelung halten und die Pausen zu den für ihn vorgesehenen Zeiten nehmen. Die Beklagte habe ihm dadurch die Verantwortung für die Sicherheit der Anlage abgenommen. Daß ihn seine Vorgesetzten abweichend von der Pausenregelung angewiesen hätten, während der Pausen zu arbeiten oder arbeitsbereit zu sein, habe er nicht vorgetragen.
  • Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind bei Wechselschichten auch Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer in die regelmäßige Arbeitszeit einzurechnen und zu vergüten, sofern der Arbeitnehmer Wechselschichtarbeit im Sinne des § 67 Nr. 44 BMT-G II leistet. Dies ist beim Kläger der Fall. Der Senat kann jedoch den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zwischen den Parteien streitig ist und das Landesarbeitsgericht weder dazu noch zur Einhaltung der tariflichen Ausschlußfrist (§ 63 BMT-G II) die erforderlichen Tatsachen festgestellt hat. Dies ist vom Landesarbeitsgericht nachzuholen.

    • Anspruchsgrundlage für das auf Überstundenvergütung gerichtete Klagebegehren ist § 25 Abs. 3 BMT-G II. Danach wird für jede nicht abgefeierte Überstunde der auf die Arbeitsstunde umgerechnete Monatsgrundlohn der Stufe 1 der jeweiligen Lohngruppe gezahlt. Nach § 67 Nr. 39 BMT-G II sind Überstunden die auf Anordnung des Arbeitgebers über die dienstplanmäßige oder betriebsübliche tägliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden. Die dem Kläger gewährten halbstündigen Pausen führen zu Überstunden, weil sie in die regelmäßige Arbeitszeit einzurechnen sind und die regelmäßige tägliche Arbeitszeit dadurch um eine halbe Stunde überschritten wird.

      • Nach § 14 Abs. 5 BMT-G II werden Arbeitspausen, ausgenommen bei Wechselschichten, in die regelmäßige Arbeitszeit nicht eingerechnet. Daraus folgt, daß bei Wechselschichten Arbeitspausen in die regelmäßige Arbeitszeit einzurechnen sind. Anhaltspunkte dafür, daß dies nur für Kurzpausen und nicht für Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer gelten soll, sind der tariflichen Regelung nicht zu entnehmen. Deshalb sind bei Wechselschichten auch Arbeitspausen von 30 Minuten Dauer in die regelmäßige Arbeitszeit einzurechnen. Dies hat der erkennende Senat bereits durch Urteil vom 27. April 2000 (– 6 AZR 861/98 – NZA 2001, 274), auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung.
      • In der Kläranlage, in der der Kläger beschäftigt ist, werden Wechselschichten im Tarifsinne geleistet.

        Wechselschichten sind nach der Begriffsbestimmung in § 67 Nr. 45 BMT-G II wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Dies ist hier der Fall. Die Arbeit in der Kläranlage wird im Drei-Schicht-Betrieb abgewickelt. Die Anlage muß laufend überwacht werden. Dort wird unstreitig ununterbrochen bei Tag und Nacht und auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegen Wechselschichten im Sinne des § 67 Nr. 45 BMT-G II nicht nur dann vor, wenn der einzelne Arbeitnehmer ununterbrochen arbeitet. Maßgeblich ist allein, daß in dem entsprechenden Arbeitsbereich ununterbrochen gearbeitet wird (BAG 27. April 2000 – 6 AZR 861/98 – aaO, zu II 2a der Gründe). So verhält es sich hier. Zwar wird den Arbeitnehmern seit dem 1. Mai 1997 eine halbstündige Pause gewährt. Diese Pause erhalten jedoch nicht alle Arbeitnehmer einer Schicht zur gleichen Zeit mit der Folge, daß die Arbeit in der Kläranlage in dieser Zeit unterbrochen wäre. Vielmehr haben die Arbeitnehmer die Pausen zu unterschiedlichen Zeiten zu nehmen, so daß die Kläranlage laufend überwacht und damit in diesem Bereich ununterbrochen gearbeitet wird.

      • Der Kläger leistet Wechselschichtarbeit im Sinne des § 67 Nr. 44 BMT-G II. Nach dieser Bestimmung ist Wechselschichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Arbeiter durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) herangezogen wird. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt. Nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ist im zweiten Rechtszug unstreitig geworden, daß der Kläger Wechselschichtarbeit im Sinne des § 67 Nr. 44 BMT-G II leistet. Damit nimmt das Berufungsurteil ersichtlich Bezug auf die Berufungsverhandlung, in der laut Sitzungsprotokoll vom 2. August 1999 unstreitig wurde, “daß die Nachtschichtfolge im Sinne der Nr. 44 zu § 67 BMT-G II für den Kläger gegeben ist”. Zwar hat die Beklagte in der Revisionserwiderung ihre vor der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung, der Kläger leiste keine Wechselschichtarbeit, er werde innerhalb von acht Wochen nur eine Woche zur Nachtschicht herangezogen, wiederholt. Dieser Vortrag kann jedoch nicht berücksichtigt werden. Nach § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, daß aus dem Tatbestand des Berufungsurteils und dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Danach ist unstreitig, daß der Kläger die Nachtschichtfolge erfüllt, dh. daß er spätestens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen wird.
    • Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil der Anspruch der Höhe nach streitig ist und das Arbeitsgericht dazu ebensowenig Tatsachenfeststellungen getroffen hat wie zu der Frage, ob der Kläger die Überstunden jeweils rechtzeitig innerhalb der tariflichen Ausschlußfrist (§ 63 BMT-G II) geltend gemacht hat.

      • Der Kläger begehrt für die Zeit vom 1. Mai 1997 bis zum 31. Dezember 1997 Überstundenvergütung für 55,5 Stunden zu einem Stundensatz von 30,06 DM brutto, also insgesamt 1.668,33 DM brutto. Für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 30. April 1998 verlangt er Überstundenvergütung für 29,5 Stunden zu je 30,51 DM brutto, dh. insgesamt 900,05 DM brutto. Die Beklagte hat die Berechnung sowohl hinsichtlich des Stundenansatzes als auch hinsichtlich der angesetzten Vergütung bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zur Anzahl der geleisteten Überstunden getroffen. Dies hat das Landesarbeitsgericht nachzuholen. Bei der erneuten Entscheidung wird außerdem zu berücksichtigen sein, daß der Stundensatz, den der Kläger seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, unzutreffend sein dürfte. Der Kläger ist offensichtlich von dem auf die Arbeitsstunde umgerechneten Monatstabellenlohn der Lohngruppe 7a Stufe 6 ausgegangen. Nach § 25 Abs. 3 BMT-G II ist für die Überstundenvergütung jedoch der auf die Arbeitsstunde umgerechnete Monatsgrundlohn der Lohngruppe 7a Stufe 1 zugrunde zu legen.
      • Schließlich wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob und ggf. für welche Überstunden der Kläger die Ausschlußfrist des § 63 BMT-G II eingehalten hat. Nach dieser Bestimmung verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist.

        • Die Fälligkeit der Überstundenvergütung bestimmt sich nach § 26a Abs. 1, § 17 Abs. 4 BMT-G II. Nach § 26a Abs. 1 BMT-G II ist der Lohn für den Kalendermonat zu berechnen und am 15. eines jeden Kalendermonats zu zahlen. Überstunden sind nach § 17 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BMT-G II grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen. Diese ist spätestens bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ableistung der Überstunden zu erteilen. Nicht abgefeierte Überstunden werden nach § 17 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 3 BMT-G II spätestens nach Ablauf der Zeit, in der das Abfeiern zulässig ist, bezahlt, dh. mit der ersten Lohnabrechnung nach Ablauf dieser Frist. Zu diesem Zeitpunkt wird die Überstundenvergütung fällig.
        • Der Kläger hat die Überstundenvergütung in der nunmehr begehrten Höhe mit Schriftsatz vom 19. Juli 1999 geltend gemacht. Durch diesen Schriftsatz wurde die Ausschlußfrist nicht gewahrt. Zwar ist die klageweise Geltendmachung als schriftliche Geltendmachung im Sinne des § 63 BMT-G II ausreichend (BAG 24. Juni 1960 – 1 AZR 29/58 – BAGE 9, 296; 18. Januar 1974 – 3 AZR 3/73 – BAGE 25, 475; Scheuring/Lang/Hoffmann BMT-G II Stand November 2000 § 63 Erl. 6a mwN). Dabei kommt es für die Fristwahrung nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage an (BAG 18. Januar 1974 – 3 AZR 3/73 – aaO). Der Schriftsatz vom 19. Juli 1999 wurde der Beklagten am 26. Juli 1999 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch auf Überstundenvergütung bereits verfallen. Die Überstunden für April 1998 konnten bis zum 31. Juli 1998 abgefeiert werden. Danach waren sie zu bezahlen, dh. mit der Vergütung für August am 15. August 1998. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Überstundenvergütung für April 1998 und damit für den letzten Monat, für den mit der vorliegenden Klage Überstundenvergütung begehrt wird, fällig. Die Ausschlußfrist lief daher am 15. Februar 1999 ab.
        • Durch die am 26. Juni 1998 zugestellte Klageschrift vom 10. Juni 1998 wurde die Ausschlußfrist nur für die ab September 1997 geleisteten Überstunden eingehalten. Die Überstunden für September 1997 konnten bis zum 31. Dezember 1997 abgefeiert werden. Nach Ablauf dieser Zeit waren die Überstunden zu bezahlen, dh. mit der Vergütung für Januar am 15. Januar 1998. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Überstundenvergütung für September 1998 fällig. Die Ausschlußfrist lief daher am 15. Juli 1998 ab. Für die in der Zeit vom 1. Mai 1997 bis zum 31. August 1997 geleisteten Überstunden war die Ausschlußfrist bei Zustellung der Klage am 26. Juni 1998 abgelaufen. Ob der Kläger diese Überstunden bereits vor Klageerhebung schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat, hat das Landesarbeitsgericht bislang nicht festgestellt. Dies hat das Landesarbeitsgericht aufzuklären.
        • Die Klageschrift vom 10. Juni 1998 reichte nicht nur zur Geltendmachung der Überstundenvergütung in der dort genannten Höhe von 21,74 DM brutto pro Stunde, sondern auch für die nunmehr begehrten höheren Stundensätze von 30,06 DM brutto für die 1997 geleisteten Überstunden und von 30,51 DM brutto für die 1998 geleisteten Überstunden aus.

          Eine wirksame Geltendmachung erfordert, daß der jeweilige Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs, dh. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird (BAG 10. September 1975 – 4 AZR 485/74 – AP BAT § 23a Nr. 12 = EzA BAT § 23a Nr. 2). Grundsätzlich muß die erhobene Forderung wenigstens annähernd der Höhe nach bezeichnet werden, damit sich der Schuldner darüber schlüssig werden kann, wie er reagieren soll (BAG 17. Oktober 1974 – 3 AZR 4/74 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 55 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 25). Etwas anderes gilt, wenn dem Schuldner die Höhe der Forderung ohnehin bekannt ist. In diesem Fall bedarf es einer Bezifferung der Forderung nicht (BAG 16. Dezember 1971 – 1 AZR 335/71 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 8; 8. Februar 1972 – 1 AZR 221/71 – BAGE 24, 116). So verhält es sich hier.

          Der Kläger hat mit der Klageschrift vom 10. Juni 1998 Bezahlung der Pausen für die Zeit vom 1. Mai 1997 bis zum 30. April 1998 geltend gemacht. Eine Bezifferung des Anspruchs war zur wirksamen Geltendmachung iSd. § 63 BMT-G II nicht erforderlich, denn für die Beklagte war die ungefähre Höhe der Forderung auf Grund der ihr bekannten Lohngruppe des Klägers und der Angabe der Stundenzahl ohne weiteres erkennbar. Im übrigen konnte die Beklagte den ungefähren Betrag der Klageschrift entnehmen. Dies reicht zur ordnungsgemäßen Geltendmachung iSd. § 63 BMT-G II aus.

  • Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.
 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, D. Knauß, Augat

 

Fundstellen

Haufe-Index 892470

ARST 2001, 235

ZTR 2002, 332

PersR 2001, 393

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