Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz wegen Betriebsblockade

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die im Rahmen eines Arbeitskampfes von einer Gewerkschaft verhängte Blockade gegen ein Druckzentrum, in dem mehrere Unternehmen arbeitsteilig die Herausgabe, Herstellung und Verteilung einer Tageszeitung betreiben, ist ein Eingriff auch in den Gewerbebetrieb des Unternehmens, das die Zeitung herausgibt.

2. Für die Darlegung eines auf der Blockade beruhenden Schadens infolge Umsatzausfalls reicht die Benennung der Kosten des nutzlos bedruckten Papiers aus, die auch dann bleiben, wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, es seien alle ausgefallenen Anzeigen später nachgeholt worden.

3. Hat das Berufungsgericht eine Klage zu Unrecht als unschlüssig angesehen und daher trotz Säumnis der Beklagten die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil der I Instanz zurückgewiesen, so muß das Revisiongericht die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn das Klageverlangen bestritten worden ist.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1, §§ 249, 31, 840; ZPO § 542 Abs. 2, §§ 286-287

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 29.10.1986; Aktenzeichen 3 Sa 3/86)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 17.10.1985; Aktenzeichen 5 Ca 303/84)

 

Tenor

1. Auf die Revision wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 1986 – 3 Sa 3/86 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsstreits, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf in der Druckindustrie im Jahre 1984 kam es in der Nacht vom 18. auf den 19. Mai 1984 zu einer Blockade des Stuttgarter Verlags- und Druckzentrums (VDZ). Infolgedessen konnte die Wochenendausgabe der im Verlag der Klägerin erscheinenden „Stuttgarter Zeitung” (StZ) mit Ausnahme der sogenannten Fernausgabe nicht ausgeliefert werden. Wegen eines Teils des ihr – behaupteterweise – hieraus entstandenen Schadens nimmt die Klägerin die Beklagten auf Zahlung in Anspruch.

Im VDZ befinden sich Betriebsräume der S. R. GmbH, die am 18. Mai 1984 von der Beklagten zu 1) bestreikt wurde. Diese Firma hat nichts mit der Herstellung oder dem Vertrieb der StZ zu tun. Im VDZ hat auch die Klägerin, die die StZ herausgibt, ihre Betriebsräume, ebenso die M. GmbH und die T. GmbH, die den Satz und den Druck der StZ besorgen. Der Vertrieb der StZ erfolgt durch die Zeitungsvertrieb Stuttgart GmbH (ZVS), die ebenfalls ihre Betriebsräume im Druckzentrum hat. Zwischen diesen Unternehmen und der Klägerin bestehen gesellschaftsrechtliche Verbindungen. Während die Klägerin selbst Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Zeitungsverlage ist, der an der Tarifauseinandersetzung mit der Beklagten zu 1) nicht beteiligt war, und die ZVS keinem Arbeitgeberverband angehört, sind die T. GmbH und die M. GmbH Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Druckindustrie. Diese Firmen wurden jedoch nicht bestreikt.

Als der für die ZVS als selbständiger Mietwagenspediteur tätige Dieter H. am 18. Mai 1984 in seinem Klein-Lkw mit Automatikgetriebe vom Druckzentrum Zeitungen abholen wollte, waren die beiden Einfahrtspuren in das VDZ-Gelände versperrt. Er wich deshalb gegen 22.10 Uhr auf eine der beiden Ausfahrtspuren aus, um auf einer dieser beiden freien Fahrbahnen in das Druckzentrum einzufahren, wurde jedoch von Streikposten und dem Bezirkssekretär Horst B. der Beklagten zu 1), die sich zu diesem Zweck dem Lkw in den Weg stellten, zum Anhalten gezwungen. Zwar versuchte der Fahrer zunächst „ruckartig, mit Stotterbremse” sich Durchlaß zu verschaffen, mußte dann aber doch halten. Das Fahrzeug wurde sofort von Streikposten umringt, die das Fahrzeug von der Seite „aufschaukelten” und den Fahrer H. heftig bedrängten, indem sie u.a. heftig auf die Windschutzscheibe schlugen und nach Darstellung der Klägerin versuchten, den Fahrer aus seinem Lkw zu ziehen. Nach Behauptung der Klägerin ist der Fahrer H. deshalb von der Fußbremse abgerutscht. Jedenfalls setzte sich das Fahrzeug wieder in Bewegung und überrollte den von der Stoßstange gefallenen Bezirkssekretär der Beklagten zu 1) Horst B. Dieser erlitt weitere erhebliche Verletzungen (u.a. mehrfache Brüche), als der Fahrer auf entsprechende Rufe der Streikposten sein Fahrzeug zurücksetzte und dabei Herrn B. noch einmal überfuhr. Hierauf kam es alsbald zur völligen Blockade des VDZ, die über 3.30 Uhr hinaus andauerte. Die innerhalb dieses Komplexes befindlichen, für den Zeitungstransport bestimmten Fahrzeuge konnten das Gelände nicht verlassen, andere Fahrzeuge konnten nicht einfahren. Deshalb entschloß sich die Klägerin gegen 0.30 Uhr, den Druck der StZ einzustellen.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten es von vornherein darauf abgesehen, durch Provokationen eine aggressive Stimmung unter den Streikposten und den übrigen Arbeitnehmern zu erzeugen, weil bis dahin die Forderung der Beklagten zu 1) nach einer 35-Stunden-Woche auf wenig Begeisterung gestoßen sei und die gewerblichen Arbeitnehmer nur sehr zögernd dem Aufruf der Beklagten zu 1) zum Streik gefolgt seien. So sei es zur Blockade der Einfahrtspuren dadurch gekommen, daß Streikposten den Geschäftsführer der T. GmbH, W., mit seinem Pkw an der Einfahrt hinderten. Als dieser dann ausgestiegen sei, um die Polizei zu verständigen, hätten sich schnell weitere Fahrzeuge neben und hinter ihn gestellt, wobei Pannen vorgetäuscht worden seien.

Nach dem Unfall habe der Beklagte zu 2), zweiter Vorsitzender des Landesbezirks Baden-Württemberg der Beklagten zu 1) und Mitglied der Landesstreikleitung, die Stimmung weiter aufgeheizt. Er habe lautstark die Ansicht vertreten, hier liege ein Mordversuch vor. Dementsprechend habe er von den Polizisten, die zur Aufnahme des Unfalls kamen, verlangt, die Mordkommission zu schicken, und als sie dies ablehnten und die Ansicht vertraten, es handele sich wohl um einen Unfall, sie der einseitigen Einflußnahme zugunsten der Arbeitgeber bezichtigt. In der Folgezeit habe der Beklagte zu 2) dazu aufgefordert, die Blockade aufrecht zu erhalten, um die Auslieferung der StZ zu verhindern, wie auch ein Flugblatt zeige, das die Überschrift trage, „Mordanschlag auf Streikposten” und dessen letzter Absatz laute:

„Ursprünglich bestand lediglich die Absicht, Streikbrecher von ihrem schändlichen Tun abzuhalten, nach diesem Vorfall änderte sich das Ziel und die Auslieferung der Stuttgarter Zeitungen wurde verhindert.”

Der Beklagte zu 3) habe nach dem Unfall die Stimmung ebenfalls aufgeheizt, indem er den Geschäftsführer der T. GmbH, W., als Mörder beschimpft habe.

Wäre die Blockade bis 3.30 Uhr morgens aufgehoben worden, hätte die Zeitung noch rechtzeitig gedruckt werden können. Die Mitarbeiter der Druckerei hätten erst zwischen 2.00 Uhr und 3.30 Uhr morgens den Gebäudekomplex des Druckzentrums verlassen. Da die Druckplatten und die Maschinen fertig eingerichtet gewesen seien, hätten einige wenige Mitarbeiter ausgereicht, um die Stadtausgabe termingerecht zu produzieren, die dann auch noch rechtzeitig hätte ausgeliefert werden können. Die Kreisausgabe wäre dann im Laufe des Samstag verteilt worden.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten seien ihr aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung zum Ersatz des ihr entstandenen Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Der Schaden sei entstanden, weil sie verpflichtet gewesen sei, die Arbeiten der T. GmbH und das verbrauchte Papier zu bezahlen und dies auch getan habe. Die T. GmbH habe die ihr obliegenden Leistungen durch Bereitstellung der fertigen Zeitungen an der Rampe erfüllt, so daß ihr der Anspruch auf entsprechende Bezahlung zustehe. Von den Papierkosten seien 70 % auf die mit Anzeigen versehenen Seiten entfallen, das seien 49.003,– DM. Unterstelle man zugunsten der Beklagten, daß sämtliche Anzeigen in späteren Ausgaben nachgeholt worden seien, bestehe ihr Schaden mindestens in der Höhe der doppelt angefallenen Papierkosten. Sollten weniger Anzeigen nachgeholt worden sein, würden sich zwar die angefallenen Papierkosten ermäßigen, jedoch der Schaden erhöhen, weil der Erlösausfall aufgrund nicht gedruckter Anzeigen das 10- bis 20fache betrage.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu veurteilen, an sie 49.003,– DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Schuld an der Blockade treffe nicht sie, die Beklagten, sondern den Fahrer H., der durch sein als rücksichtslos zu wertendes Verhalten die maßgebende Ursache für die Blockade gesetzt habe. Das Flugblatt mit der Überschrift „Mordanschlag” habe weder die Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 2) herausgegeben. Die Beklagten haben bestritten, daß die Klägerin verpflichtet gewesen sei, die Papierkosten zu zahlen. Im übrigen scheitere der Schadenersatzanspruch bereits an dem tarifvertraglich vereinbarten Maßregelungsverbot. Dieses gelte auch für die T. GmbH. Die Klägerin könne sich diesem Maßregelungsverbot nicht in der Weise entziehen, daß sie ihre Tätigkeit in mehrere Firmen aufteile, die dann verschiedenen oder gar keinen Tarifverträgen unterlägen.

Bei der Berechnung des Schadens habe die Klägerin nicht beachtet, daß sie trotz Nichtauslieferung der Zeitung die Abonnementsgebühren erhalte. Im übrigen habe sie keinen Lebenssachverhalt dargelegt, aus dem sich der geltend gemachte Mindestschaden ergebe. Der von ihr geltend gemachte Teilschaden lasse sich vom Gesamtschaden nicht trennen. Bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches müsse aber die konkrete Vermögenssituation ohne und mit dem angeblich schädigenden Ereignis dargelegt werden. Dies sei nicht geschehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin sei es nicht gelungen nachzuweisen, daß die Blockade von den Beklagten schuldhaft verursacht worden sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erschien für die Beklagte zu 1) niemand, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 2) und 3) verhandelte nicht. Daraufhin beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, durch Versäumnisurteil das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und der Klage stattzugeben. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch die Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch weiter, während die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,

A. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klage sei zulässig. Mit ihr verlangt die Klägerin den Ersatz eines Teiles des von ihr behaupteten Schadens. Diese offene Teilklage begegnet keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Teilbarkeit des Anspruchs (BGHZ 36, 365, 368). Die Klage betrifft nämlich einen betragsmäßig bestimmten Teil eines Schadenersatzanspruchs, der den geltend gemachten Teil bei weitem übersteigt. Es besteht auch Klarheit darüber, welcher Teil des Anspruchs rechtshängig geworden ist, denn die Klägerin verlangt den Ersatz des durch den Umsatzausfall entstandenen Schadens, der zumindest in Höhe der doppelt angefallenen Papierkosten bestehen soll, wenn zu Gunsten der Beklagen unterstellt wird, alle am 19. Mai 1984 ausgefallenen Anzeigen seien in späteren Auflagen nachgeholt worden.

B.I. Die Klage aus eigenem Recht scheitert nicht an dem zwischen der IG Druck und Papier und dem Bundesverband Druck e.V. zur Beendigung des Tarifkonflikts in der Druckindustrie vereinbarten Maßregelungsverbot. Nach Nr. 4 des Maßregelungsverbots entfallen zwar „Schadenersatzansprüche wegen der Beteiligung an dem Tarif-Konflikt”. Dieses Maßregelungsverbot muß sich die Klägerin jedoch schon deshalb nicht entgegenhalten lassen, weil sie nicht Mitglied des Bundesverbandes Druck e.V., sondern des Arbeitgeberverbandes der Zeitungsverlage ist, der an der Tarifauseinandersetzung nicht beteiligt war, sondern dem gegenüber für die IG Druck und Papier noch Friedenspflicht bestand.

II. Das Berufungsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin schlüssig dargelegt hat, die Beklagten hätten ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Es hat hiergegen jedoch erhebliche Bedenken geäußert, die rechtlich nicht begründet sind.

1. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, nach dem Vortrag der Klägerin, den es als zugestanden anzunehmen hatte (§ 542 Abs. 2 ZPO), habe ein rechtswidriges und schuldhaftes Vorgehen der Streikposten unter Anführung des örtlichen Streikleiters B. zur Blockade des Druckzentrums geführt.

Die Klägerin hatte dazu vorgetragen, die Streikposten hätten unter Anleitung des örtlichen Streikleiters und Bezirksvorsitzenden der IG Druck und Papier, Horst B., die in das Druckzentrum einfahrenden und ausfahrenden Fahrzeuge aller dort befindlichen Firmen, auch derjenigen, die nicht vom Streik betroffen waren, angehalten, indem sie sich ihnen in den Weg gestellt hätten. So sei auch der Pkw des Geschäftsführers W. der T. GmbH daran gehindert worden, in das Druckzentrum einzufahren. Als dieser daraufhin ausgestiegen sei, um die Polizei zu verständigen, hätten sich zwei Fahrzeuge, die von Mitgliedern der Beklagten zu 1) gefahren worden seien, hinter und neben das Fahrzeug von Herrn W. gesetzt, eine Panne vorgeschützt und auf diese Weise die Einfahrt verstellt, so daß es zu einem Rückstau auf der Plieninger Straße gekommen sei. Als daraufhin Verkaufsfahrer von außen auf der Ausfahrtstraße das Druckzentrum zu erreichen suchten, hätten die Streikposten auch hier die Fahrzeuge angehalten und sie sogar zum Teil unter Einsatz von Körperkraft umgedreht. Auch der auf eigene Rechnung für die ZVS fahrende Dieter H. habe anhalten müssen, weil sich Herr B. und einige Streikposten dem Fahrzeug entgegengestellt hätten. Sie hatten auf das Fahrzeug eingeschlagen und versucht, den Fahrer aus dem Fahrzeug zu ziehen., Außerdem hätten sie den Lieferwagen von der Seite aufgeschaukelt. In dieser Situation sei der Fahrer von der Fußbremse gerutscht, so daß der Wagen weitergerollt sei und Herrn B. überfahren habe. Dieser Vorfall habe zur völligen Blockade des Druckzentrums geführt.

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, Streikposten und örtlicher Streikleiter seien nicht berechtigt gewesen, die Fahrt von Kraftfahrzeugen in das Druckzentrum sowie deren Ausfahrt zu behindern und daß dem örtlichen Streikleiter sowie den Streikposten die Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens bewußt sein mußte, jedenfalls soweit dies die nicht in den Arbeitskampf einbezogenen Firmen betraf. Nach den Behauptungen der Klägerin ist das Verhalten von Streikleiter und Streikposten adäquat kausal für die Blockade des Druckzentrums gewesen. Bei einem Verhalten der Streikposten, das Gewaltanwendung einschloß (Aufschaukeln, Versuch, den Fahrer H. aus dem Fahrzeug zu ziehen) sowie der anschließenden Wertung des Unfalls als Mordversuch lag ein Unfall wie das Überrollen des Herrn B. und eine dadurch verursachte vollständige Blockade nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit.

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme, durch die behaupteten Ausschreitungen der Streikposten sei das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig und schuldhaft verletzt worden.

a) Eine Schadenersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht am Gewerbebetrieb besteht nur, wenn es geboten ist, eine sonst bleibende Lücke im Rechtsschutz zu schließen (BGHZ 36, 252, 257; 45, 296, 307; 59, 30, 34). Dennoch ist nicht zunächst zu prüfen, ob sich vorliegend eine Ersatzpflicht aus § 826 BGB oder §823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 240 StGB ergibt, weil ebenso anerkannt ist, daß unmittelbare Eingriffe in einen fremden Gewerbebetrieb eine Ersatzpflicht auch dann auslösen können, wenn sie nicht als sittenwidrig oder als Nötigung zu werten sind (BGHZ 36, 252, 256). Diese Auffassung hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung bestätigt, der ein insoweit dem vorliegenden vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, nämlich eine Klage der Frankfurter Societätsdruckerei gegen die Initiatoren einer Blockade, mit der die Auslieferung der „Bild-Zeitung” verhindert wurde (BGHZ 59, 30, 34).

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht aber angenommen, nur ein unmittelbarer Eingriff in das Recht an Gewerbebetrieb löse einen Schadenersatzanspruch aus. Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. statt vieler BGHZ 29, 65, 71, 74; 59, 30, 34; 66, 338, 393; 69, 123, 139) und rechtfertigt sich daraus, daß in § 823 Abs. 1 BGB das Vermögen nicht geschützt ist und § 823 Abs. 1 BGB für Eingriffe in den Gewerbebetrieb nur eine Auffangnorm ist. Die Beschränkung der Ersatzpflicht in § 823 Abs. 1 BGB auf unmittelbare Eingriffe in das Recht am Gewerbebetrieb ist auch erforderlich, um eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung der Inhaber von Gewerbebetrieben gegenüber anderen Bürgern auszuschließen. Wird beispielsweise die Stromzufuhr durch ein defektes Kabel unterbrochen, kann dies zur Lahmlegung eines Gewerbebetriebes führen, dennoch hat der Bundesgerichtshof in diesen Fällen einen Ersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB nicht zuerkannt, auch wenn die Kabelbeschädigung Folge eines schuldhaften Verhaltens war, weil es sich hier um das allgemeine Problem des Schutzes vor der Störung der Stromversorgung handelt und die Unterbrechung der Stromzufuhr nicht auf den gewerblichen Bereich beschränkt ist und kein Grund besteht, insoweit Gewerbebetriebe anders zu behandeln als die sonstigen Bezieher von Versorgungsleistungen (BGHZ 29, 65, 71, 74; 66, 388, 393 und eingehend zu diesem Problem Soergel/Zeuner, BGB, 11. Aufl. 1985, § 823 Rz 94 ff.).

c) Das sehr unbestimmte Kriterium der Unmittelbarkeit wird dahin umschrieben, es müsse sich um Eingriffe handeln, „die irgendwie gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen” (BGHZ 29, 65, 74; im gleichen Sinne auch BGHZ 55, 153, 161; 66, 388, 393; 69, 128, 139; 90, 113, 123; vgl. auch Soergel/Zeuner, aaO, Rz 94 m.w.N. und Staudinger/Schäfer, BGB, 12. Aufl., § 823 Rz 158 m.w.N.). Auch so bleibt der Begriff der Unmittelbarkeit vage. Es wird deshalb auch von einem Wertungskriterium gesprochen (RGRK-Steffen, BGB, 12. Aufl., § 823 Rz 42), das dazu dient, in einer ersten Grobauslese diejenigen den Gewerbebetrieb beeinträchtigenden Verhaltensweisen normativ auszugrenzen, gegenüber denen der Funktionsbereich des Unternehmens als „organisches Mehr seiner Einzelfaktoren zusätzlichen Haftungsschutz verdient” (RGRK-Steffen, aaO, im Anschluß an BGHZ 69, 128, 139; 66, 388, 393; 59, 30, 35).

aa) Dem Berufungsgericht war darin zu folgen, daß nach der Behauptung der Klägerin die Blockade als adäquat kausale Folge des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Streikleiters und der Streikposten zunächst unmittelbar das Recht am Gewerbebetrieb der ZVS verletzt hat, denn sie hat deren betriebstechnischen Zweck, die Auslieferung der StZ, unmöglich gemacht. Die ZVS hätte daher möglicherweise den der Klägerin entstandenen Schaden im Rahmen einer „Schadensliquidation im Drittinteresse” ersetzt verlangen können.

bb) Die Beklagten haften der Klägerin aber nach deren Vortrag schon unmittelbar. Bei seinen Bedenken, ob das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb auch der Klägerin unmittelbar verletzt worden ist, hat das Landesarbeitsgericht zu wenig beachtet, daß es sich bei der „Unmittelbarkeit” nicht um einen Tatsachenbegriff, sondern um ein Wertungskriterium handelt. Demzufolge hat es den vorliegenden Sachverhalt mit den gerade nicht vergleichbaren Fallen gleichgestellt, in denen vom Bundesgerichtshof ein unmittelbarer Eingriff verneint worden ist, weil die Stromversorgung Infolge Kabelbeschädigung Gewerbebetriebe und Privathaushalte gleichermaßen trifft, von einem zielgerichteten Eingriff also nicht die Rede sein kann (BGHZ 66, 388, 393). Dagegen geht es vorliegend nach dem Vortrag der Klägerin sowohl bei den Aktionen der Streikposten vor dem Unfall als auch bei dem Verhalten der Beklagten zu 2) und 3) danach um einen zielgerichteten Angriff nicht nur auf den Betrieb der ZVS, sondern auf alle im Druckzentrum befindlichen Betriebe mit dem Ziel, die Verbreitung der Wochenendausgabe der StZ vom 19. Mai 1984 zu verhindern. Streikposten und blockierende Arbeitnehmer wollten nicht selektiv die ZVS, sondern gezielt und gemeinsam die im Druckzentrum arbeitsteilig bei der Herstellung und dem Vertrieb der StZ zusammenwirkenden Unternehmen treffen. Nach dem gesamten Vortrag der Klägerin auch zum Geschehen nach dem Unfall ist die Verletzungshandlung von dem Zweck bestimmt gewesen, gerade – auch – die Schäden bei der Klägerin auszulösen. Danach sollte das gesamte Druckzentrum Stuttgart für die ganze Nacht vom 18. auf den 19. Mai 1984 mit dem Ziel abgesperrt werden, das Erscheinen der Wochenendausgabe der StZ zu verhindern.

Die Klägerin hat dazu u.a. vorgetragen, unmittelbar nach dem bedauerlichen Unfall sei die Stimmung der Streikposten durchaus unentschieden gewesen. Die Streikposten hätten sich Weisungen der Streikleitung, die Zufahrten freizulassen, nicht widersetzt, da sie in unklaren Situationen sogar selbst um Weisungen gebeten hätten, etwa ob Kofferräume ausfahrender Pkw's durchsucht oder ob Mantellieferungen an andere Verlage gestattet werden sollten. Hätte der Beklagte zu 2) die Anwesenden zur Besonnenheit aufgerufen und sie aufgefordert, nach Hause zu gehen, wären die Streikposten dem gefolgt. Statt dessen habe der Beklagte zu 2) die Stimmung aufgeheizt, habe geschrieben: „Hier ist ein Mord passiert”, habe die Polizei beschuldigt, sie stelle sich auf Seiten des Arbeitgebers, und nach der Mordkommission verlangt, nachdem die Polizei geäußert hatte, es liege wohl ein Unfall vor. Außerdem habe der Beklagte zu 2) den Streikposten zugerufen: „Wir machen hier dicht. Hier ist ein Mord passiert. Die Saat der Gewalt geht auf.” Dementsprechend habe er auch in einem Flugblatt, das die Überschriftvertrage „Mordanschlag auf Streikposten” u.a. ausgeführt: „Ursprünglich bestand lediglich die Absicht, Streikbrecher von ihrem schändlichen Tun abzuhalten, nach diesem Vorfall änderte sich das Ziel und die Auslieferung der Stuttgarter Zeitungen wurde verhindert.” Die Revision hat die Nichtbeachtung dieses Vortrags gemäß § 286 ZPO ordnungsgemäß gerügt. Bereits aufgrund dieser Rüge war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, weil nicht auszuschließen ist, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Vortrags aufgrund seiner eigenen Rechtsauffassung, es komme auf die Zielgerichtetheit des Eingriffs an, zu dem Schluß gekommen wäre, vorliegend handele es sich um einen unmittelbaren Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin.

3. Die Beklagten zu 2) und 3) haben nach der Darstellung der Klägerin auch rechtswidrig in das Recht der Klägerin am Gewerbebetrieb eingegriffen.

Die notwendige Begrenzung der Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB für Eingriffe in den Gewerbebetrieb ergibt sich dadurch, daß die Frage nach der Rechtswidrigkeit des Handelns nicht schon wegen des Eingriffstatbestandes grundsätzlich zu bejahen, sondern in jedem Einzelfalle unter Heranziehung aller Umstände zu prüfen ist (BGHZ 45, 296, 307 m.w.N.; BGH Urteil vom 20. Juni 1969 – VI ZR 234/67 – VersR 1969, 851). Vorliegend war der Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin durch die – nach dem Vortrag der Klägerin – zielgerichtete Blockade schon deshalb rechtswidrig, weil diese – ebenso wie die ZVS und die T GmbH – nicht am Arbeitskampf beteiligt war, ihr gegenüber sogar noch Friedenspflicht bestand. Deshalb war es den Streikposten vor dem Unfall nicht erlaubt, die Ein- und Ausfahrt zum bzw. vom Druckzentrum abzusperren, Fahrzeuge anzuhalten und gegenüber den Fahrern Gewalt anzuwenden, indem sie die Fahrzeuge umdrehten, aufschaukelten oder gar versuchten, die Fahrer aus den Fahrzeugen herauszuziehen. Ist es aber nach Darstellung der Klägerin aufgrund solchen rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens zu dem Unfall gekommen, hätte der Beklagte zu 2) als zweiter Landesvorsitzender der IG Druck und Papier und Mitglied der Landesstreikleitung unbedingt versuchen müssen, die Streikposten und anderen Anwesenden von weiteren Störungen der Klägerin abzuhalten. Wenn statt dessen der Beklagte zu 2) die Streikposten dazu aufgefordert haben sollte, das Druckzentrum „dicht zu machen” und er verbreitet haben sollte, hier sei ein Mord passiert, wäre dieses Verhalten des Beklagten zu 2) schuldhaft, weil ihm zumindest hätte bewußt sein müssen, daß die Blockade des Druckzentrums mit vier nicht am Arbeitskampf beteiligten Firmen unrechtmäßig war, und bei einiger Besonnenheit er sich hätte sagen müssen, daß die Verbreitung der Mordthese nur dazu führen könne, Emotionen zu entfachen, statt vernunftgemäß zu handeln. Dementsprechend haftet der Beklagte zu 2) dem Grunde nach für den der Klägerin entstandenen Schaden, wenn die Behauptungen der Klägerin zutreffen. Die Beklagte zu 1) haftet in diesem Falle analog § 31 BGB, weil der Beklagte zu 2) als zweiter Landesvorsitzender der IG Druck und Papier als Organ der Beklagten zu 1) zu betrachten ist. Nach § 31 BGB ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Die Haftung trifft die Gewerkschaft als nicht rechtsfähiger Verein entsprechend (BGHZ 42, 216; RGRK-Steffen, aaO, § 31 Rz 2 und § 54 Rz 20).

Der Beklagte zu 3) haftet nach der Behauptung der Klägerin, weil er den Geschäftsführer der T. GmbH, W., als Mörder bezeichnet haben soll, ohne hierfür einen Anlaß zu haben. Falls die Behauptung zutreffen sollte, hätte er seinerseits dazu beigetragen, die Emotionen und die Aggressivität der Streikposten und der hinzukommenden Arbeitnehmer zu verstärken. Dies wäre ein rechtswidriger und schuldhafter Beitrag zur Bildung der Blockade.

Dementsprechend haften nach der Darstellung der Klägerin die Beklagten zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner (§ 840 BGB) für den durch die Blockade verursachten Schaden.

III. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin auch schlüssig einen Mindestschaden dargelegt.

1. Bei deliktischen Schadensansprüchen muß der Geschädigte grundsätzlich nicht nur das Fehlverhalten des Inanspruchgenommenen, sondern ebenso den Eintritt eines Schadens (einschließlich seiner Höhe) sowie die Kausalität zwischen Fehlverhalten und Schaden vortragen und beweisen. Der Vermögensschaden besteht nach der Differenzhypothese im Unterschied zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich infolge des schadenstiftenden Ereignisses gestaltet hat, und seiner Vermögenslage, wie sie ohne dieses Ereignis bestehen würde (RGZ 91, 30, 31; BGHZ 11, 16, 26; 27, 181, 183 f.; WO, 345, 347). Der danach erforderliche Vergleich verschiedener Vermögenslagen spiegelt den Grundgedanken des Schadenersatzes wider zu erreichen, daß der Geschädigte durch die Ersatzleistungen nicht ärmer und nicht reicher gemacht wird (BGHZ 30, 29). Die Differenzhypothese hat die Funktion, durch den auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogenen Vergleich des wirklichen Vermögensstandes mit dem das Schadensereignis ausklammernden hypothetischen Vermögensstand Vermögensschäden zu erfassen und ihre geldmäßige Höhe mittels der Differenzrechnung zu bestimmen (BGHZ 45, 212, 218). Den bei der Differenzberechnung möglicherweise auftretenden Beweisschwierigkeiten wird durch § 287 ZPO Rechnung getragen. Zunächst aber muß der Geschädigte eine erlittene Vermögenseinbuße oder einen entgangenen Gewinn darlegen.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihren Schaden mit entgangenen Vorteilen (Einnahmen) begründet. Ähnlich wie in dem der Senatsentscheidung vom 5. März 1985 (BAGE 48, 160 = A.P Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) zugrundeliegenden Sachverhalt hat die Klägerin zwar abgelehnt, entgangenen Gewinn geltend zu machen, weil sie die Schwierigkeiten, die sich aus der Darlegung entgangenen Gewinns im Zusammenhang mit ausgefallenen Anzeigenerlösen ergeben, hat umgehen wollen. Sie hat sich deshalb mit der gerichtlichen Geltendmachung eines Mindestschadens begnügt, der auf dem Umsatzausfall am 19. Mai 1984 beruht. Sie hat hierzu vorgetragen, für die Wochenendausgabe vom 19. Mai 1984 seien ihr für den Druck von Zeitungen, die nicht hätten fertiggestellt und ausgeliefert werden können, Papierkosten in Höhe von 70.004,27 DM entstanden. Der Papieraufwand, der auf die Anzeigenseiten entfalle, betrage 49.003,– DM. Der Verlust aufgrund einer nicht erschienenen Anzeige betrage das 10- bis 20fache der Papierkosten für den Druck einer Anzeige. Ein Teil der Anzeigen sei nachgeholt worden. Werde zugunsten der Beklagten unterstellt, es seien alle Anzeigen nachgeholt worden, bleibe immer noch ein Mindestschaden von 49.003,– DM bestehen, weil in diesem für die Beklagten günstigsten Falle die Papierkosten zweimal anfielen.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin damit keinen unterstellten Schaden geltend gemacht, sondern einen Mindestschaden, der denknotwendig selbst dann noch bleibt, wenn alle Anzeigen hätten nachgeholt werden können. Dabei ist der Betrag von 49.003,– DM nur ein unselbständiger Rechnungsposten innerhalb der wegen des Umsatzausfalls geltend gemachten Schadenersatzforderung. Die Abweisung der Klage durch das Landesarbeitsgericht läßt sich also nicht mit der Begründung halten, die Klägerin habe nur einen unterstellten Schaden geltend gemacht. Das Berufungsgericht hätte auch berücksichtigen müssen, daß immer dann, wenn feststeht, daß ein Schaden in einem der Höhe nach nicht bestimmbaren, aber jedenfalls erheblichen Ausmaße entstanden ist, sich in der Regel aus den Umständen eine ausreichende Ermittlung (Schätzung) eines gewissen Mindestschadens entnehmen läßt (BGH Urteil vom 16. Dezember 1963 – III ZR 47/63 – NJW 1964, 589 f.). Vorliegend beträgt der durch die Blockade verursachte Mindestschaden infolge Umsatzausfalls nach der Behauptung der Klägerin mindestens 49.003,– DM,

3.a) Dem Berufungsgericht war zwar darin zu folgen, daß die am 18./19. Mai 1984 angefallenen Papierkosten nicht zu ersetzen sind, denn diese wären auch ohne das schädigende Ereignis entstanden. Dies hat die Klägerin aber auch nicht verlangt, sondern – wie bereits näher ausgeführt wurde – den durch den Umsatzausfall entstandenen Schaden. Die Papierkosten vom 18./19. Mai haben der Klägerin nur als Ausgangspunkt für die Berechnung des Schadens gedient, waren also nur ein Rechnungsposten.

b) Der Senat hat dem Landesarbeitsgericht schließlich auch nicht darin folgen können, der Schadenersatzklage könne nicht stattgegeben werden, weil es sich um eine Teilklage handele und für den Fall einer Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Mindestschadens der Klägerin infolge der Rechtskraftwirkung etwas außerhalb des Streitgegenstandes aberkannt würde. Richtig daran ist, daß bei einer Teilklage aus mehreren selbständigen Ansprüchen klar erkennbar sein muß, welcher Anspruch und welche Teile welcher Ansprüche in welcher Höhe gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. dazu BAG Urteil vom 21. März 1978 – 1 AZR 11/76 – AP Nr. 62 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Vorliegend macht die Klägerin – wie bereits näher ausgeführt – aber nur eine Forderung, nämlich den Anspruch auf Ersatz des infolge des Umsatzausfalles entstandenen Schadens, geltend, bei der die Papierkosten nur ein unselbständiger Rechnungsposten sind. Wird der Klage stattgegeben, wird daher auch nicht zugleich ein Teil einer Forderung rechtskräftig abgewiesen, die nicht Teil des Streitgegenstandes ist.

IV. Nach alledem hätte das Berufungsgericht, das den Vortrag der Klägerin als zugestanden anzunehmen hatte (§ 542 Abs. 2 ZPO), entsprechend dem Antrag der Klägerin gegenüber den im Berufungsrechtszug nicht vertretenen, jedoch ordnungsgemäß geladenen Beklagten, durch echtes Versäumnisurteil das Urteil des Arbeitsgerichts abändern und der Klage stattgegeben müssen. Diese Entscheidung, die das Berufungsgericht hätte treffen müssen, kann aber im vorliegenden Falle nicht an dessen Stelle vom Revisionsgericht getroffen werden. Denn dadurch würden die prozessualen Rechte der Beklagten gekürzt. Hätte das Berufungsgericht, wie es der Rechtslage entsprochen hätte, aufgrund des § 542 Abs. 2 ZPO durch echtes Versäumnisurteil der Klage stattgegeben, so hätte auf einen Einspruch der Beklagten deren Vorbringen in der Tatsacheninstanz sachlich geprüft werden müssen. Wenn dagegen jetzt das Revisionsgericht der Klage stattgeben würde, würde den in der Berufungsinstanz säumig gewesenen Beklagten die Möglichkeit genommen, im Einspruchswege eine sachliche Nachprüfung des tatsächlichen Vorbringens herbeizuführen (vgl. RGZ 108, 257; BGH Urteil vom 6. Juni 1986 – V ZR 96/85 – NJW 1986, 3085 f.; BAG Urteil vom 10. Juni 1988 – 2 AZR 25/88 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Aus diesem Grunde war die Sache an das Landesarbeitsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil anderenfalls den Beklagten eine Rechtsverteidigung abgeschnitten würde, die ihnen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht möglich gewesen wäre.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Koerner, Mager

 

Fundstellen

Haufe-Index 437398

BAGE, 48

NJW 1989, 61

JR 1989, 176

NZA 1988, 535

RdA 1988, 383

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