Entscheidungsstichwort (Thema)

Flugdienst und Ruhezeiten nach 2. DV LuftBO. Feststellungsinteresse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zeiten, während derer das Besatzungsmitglied eines Luftfahrtzeuges nach einer Übernachtung vom Hotel zum Flughafen befördert wird, sind auch dann nicht auf Flugdienstzeiten iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 4 Abs. 2 der 2. DV LuftBO anzurechnen, wenn das Besatzungsmitglied von einem anderen Flughafen abfliegt als dem, an dem der vorhergehende Flug geendet hat.

2. In diesen Fällen ist der Transfer vom Flughafen zum Hotel regelmäßig Ruhezeit iSv. § 6 der 2. DV LuftBO.

 

Orientierungssatz

1. Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage besteht auch dann, wenn ein Teil eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien streitig und die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, diesen Streit zu klären.

2. Auf die Flugdienstzeit iSd. 2. DV LuftBO anzurechnen ist auch die Transferzeit, die der Beförderung an Bord eines Luftfahrtzeuges entspricht, wenn sie deshalb erfolgt, weil das Besatzungsmitglied den Flugdienst von einem anderen Flughafen antritt als dem, an dem der vorhergehende Flugdienst geendet hat. Eine entsprechende Beförderung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Transfer direkt von Flughafen zu Flughafen erfolgt.

3. Die 2. DV LuftBO enthält keine Vorschrift, nach der eine Transferzeit dann als Beförderungszeit gilt, wenn der Flug vom selben Flughafen fortgesetzt würde, an dem der vorherige Flug geendet hat.

4. Die Beförderung vom Flughafen zum Hotel ist grundsätzlich Ruhezeit iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 der 2. DV LuftBO. Das folgt daraus, daß das Besatzungsmitglied während des Transfers keine Dienstleistungen für den Unternehmer zu erbringen hat.

5. Transferzeiten zum Hotel können dann nicht als Ruhezeiten gelten, wenn sie nach den vom Unternehmer bestimmten Vorgaben bezüglich Dauer und Art des Transfers keine Ruhe ermöglichen. Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 6 der 2. DV LuftBO. Aus dieser Vorschrift wird deutlich, daß der Unternehmer dafür zu sorgen hat, daß während der Ruhezeiten das Besatzungsmitglied sich dem Zweck der Ruhezeit entsprechend verhält.

 

Normenkette

ArbZG § 20; 2. DV LuftBO § 3 Abs. 1 Nr. 5; 2. DV LuftBO § 4; 2. DV LuftBO § 6; 2. DV LuftBO § 9 Abs. 1; 2. DV LuftBO § 9 Abs. 5; 2. DV LuftBO § 9 Abs. 6

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 23.08.2001; Aktenzeichen 5 Sa 100/01)

ArbG Darmstadt (Urteil vom 26.10.2000; Aktenzeichen 10 Ca 308/00)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. August 2001 – 5 Sa 100/01 – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 26. Oktober 2000 – 10 Ca 308/00 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die rechtliche Behandlung von Transferzeiten.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugkapitän eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung. Der Kläger unterfällt dem Manteltarifvertrag Nr. 5 für das Bordpersonal, gültig ab 1. März 1996 (künftig: MTV Bord). Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise:

Ӥ 7 Arbeits-, Ruhe-, Flugdienst- und Flugzeiten

(1) Die Arbeitszeit umfaßt die Zeit, in der der Mitarbeiter auf Anordnung der CFG Dienst leistet.

Zur Arbeitszeit zählt:

  1. die Flugdienstzeit,
  2. die Zeit, in der der Mitarbeiter zum Antritt bzw. nach Beendigung des Dienstes ohne eigene Arbeitsleistung mitfliegt oder mit Ersatztransportmitteln befördert wird,

(2) Es finden die Bestimmungen der 2. Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.

(3) Wurden während eines Umlaufes mit einer Gesamtabwesenheit von mehr als 3 Tagen 6 Zeitzonen oder mehr durchflogen, so darf ein Umlauf in entgegengesetzter Richtung über 4 oder mehr Zeitzonen frühestens nach 6 Tagen (144 Stunden) erfolgen. Während dieser Zwischenzeit kann, nach Ablauf der Mindestruhezeit, ein anderer Einsatz/Umlauf stattfinden.”

Beim Kläger kommt es vor, daß er Berlin-Schönefeld anfliegt, in Berlin im Hotel untergebracht ist und dann von Berlin-Tegel aus weiter zu fliegen hat. Gleiches geschieht auch umgekehrt. Ähnliche Situationen ergeben sich in anderen Regionen der Welt. Die Parteien haben unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Transferzeiten vom Hotel zum Flughafen und vom Flughafen zum Hotel zu behandeln sind.

Der Kläger ist der Auffassung, nach den Vorschriften der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (künftig: 2. DV LuftBO) sei die Beförderung vom Hotel zum Abflug als Flugdienstzeit zu behandeln. Die Zeit des Transfers zum Hotel sei keine Ruhezeit nach der 2. DV LuftBO.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, Beförderungszeiten iSd. § 4 Abs. 2 2. DV LuftBO für den Kläger auf seine Flugdienstzeit anzurechnen, wenn er den Flugdienst auf dem Flughafen Berlin-Tegel antritt, nachdem er zuvor seinen Dienst auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld beendet hat oder umgekehrt und entsprechend zu verfahren in Regionen, in denen Flugplätze regional benachbart sind;
  2. festzustellen, daß die Ruhezeit nach § 6 Abs. 1 iVm. § 9 2. DV LuftBO in Fällen, in denen der Flugdienst an einem anderen Flugplatz endet als er danach beginnt erst dann beginnt, wenn die Beförderungszeit an den Ort, den die Beklagte nach § 9 Abs. 5 2. DV LuftBO zur Verfügung gestellt hat, beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, in den genannten Fällen sei die Transferzeit vom Hotel zum Abflugort keine Flugdienstzeit. Zeiten des Transfers zum Hotel seien als Ruhezeit zu behandeln.

In erster Instanz hat der Kläger zunächst nur den Klageantrag zu 1) gestellt. Das Arbeitsgericht hat ihm stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Klageantrag im Wege der Anschlußberufung um den Klageantrag zu 2) erweitert. Die Beklagte hatte zuvor im Verfahren die Ansicht vertreten, die Transferzeiten zum Hotel seien Teil der Ruhezeit. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und dem klageerweiternd gestellten Feststellungsantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Revision ist begründet. Der Kläger hat weder mit dem Klageantrag zu 1) noch mit dem Klageantrag zu 2) Erfolg.

I. Der Klageantrag zu 1) ist teils unzulässig, teils unbegründet.

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

a) Nach dem Wortlaut seines Antrags verlangt der Kläger, die Beklagte zur Anrechnung von Beförderungszeiten auf Flugdienstzeiten zu verurteilen. Aus dem Inhalt des Vorbringens beider Parteien ergibt sich, daß sie darüber streiten, ob die im Antrag genannten Transferfälle überhaupt als Beförderungszeiten iSv. § 4 Abs. 2 der 2. DV LuftBO gelten. Darin liegt kein Auseinanderfallen von Antrag und Klageziel. Aus der Begründung der Klage wird für die Auslegung des Antrags hinreichend das Prozeßziel des Klägers deutlich: Die Beklagte soll die im Antrag aufgeführten Transfers als Beförderungszeiten behandeln und nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 der 2. DV LuftBO auf die Flugdienstzeit anrechnen.

b) Dieser Antrag ist nur zum Teil zulässig.

Soweit er sich auf „Regionen, in denen Flugplätze regional benachbart sind” bezieht, fehlt es ihm an der auch für Feststellungsanträge nötigen Bestimmtheit. Es ist nicht in ausreichendem Umfang abgrenzbar, wann Flugplätze in diesem Sinne regional benachbart sein sollen.

Im übrigen bestehen gegen die mit dem Antrag begehrte Feststellung keine Bedenken. Das nach § 256 ZPO erforderliche rechtliche Interesse ist gegeben. Es besteht auch dann, wenn ein Teil eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien streitig und die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, diesen Streit zu klären (Senat 24. März 1998 – 9 AZR 172/97 – AP GVG § 21 e Nr. 4 = EzA GVG § 21 e Nr. 1). So liegt der Fall hier: Die Parteien streiten um die Auslegung eines Begriffs, der für ihre Rechtsbeziehungen von Bedeutung ist. Das gilt einmal im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MTV Bord. Danach zählt die Flugdienstzeit zur Arbeitszeit. Der Begriff ist dort jedoch nicht näher definiert. Er ist deshalb nach § 7 Abs. 2 MTV Bord nach den Bestimmungen der 2. DV LuftBO zu klären. Diese Verordnung ist zudem nach dem öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitrecht, das die Beklagte auch im zivilrechtlichen Rechtsverhältnis zum Kläger einzuhalten hat, für die Parteien verbindlich. Das ergibt sich aus § 20 ArbZG. Danach gelten für Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen, wie den Kläger, anstelle des ArbZG die Regeln der 2. DV LuftBO in der jeweils geltenden Fassung.

2. Soweit der Klageantrag zu 1) zulässig ist, ist er unbegründet. Zeiten des Transfers vom Hotel zum Flugplatz sind auch dann nicht auf die Flugdienstzeit anrechenbar, wenn der Weiterflug von einem anderen Flugplatz erfolgt als von dem, an dem der vorhergehende Flug geendet hat.

a) Für den Begriff der Flugdienstzeit kommt es allein auf die 2. DV LuftBO an, da diese auf das Arbeitsverhältnis des Klägers als Besatzungsmitglied eines Luftfahrzeuges anwendbar ist. Auch der MTV Bord verweist auf diese Verordnung.

aa) Die 2. DV LuftBO lautet, soweit sie die Flugdienstzeit definiert und hier einschlägig ist, wie folgt:

㤠3

Flugdienstzeit

(1) Die Flugdienstzeit umfaßt

5. die Zeit, die nach § 4 Abs. 2 … als Flugdienstzeit anzurechnen ist.

§ 4

Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)

(1) Die Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit) ist eine Zeit, die ein Besatzungsmitglied auf Anordnung des Unternehmers ohne eigene Dienstleistung an Bord eines Luftfahrzeuges verbringt, um zum Antritt eines Flugdienstes an einem anderen als dem Flugplatz, an dem der vorhergehende Flugdienst beendet wurde, befördert zu werden. Das gleiche gilt für die entsprechende Beförderung mit einem anderen Verkehrsmittel.

(2) Beförderungszeit ist bis zu 4 Stunden zur Hälfte, die darüber hinausgehende Beförderungszeit voll als Flugdienstzeit anzurechnen, wenn zwischen Beförderung und Flugdienst keine Ruhezeit nach § 9 gewährt wurde. Beförderungszeit nach Satz 1, während derer ein Besatzungsmitglied ein Fahrzeug selbst steuert, ist voll als Flugdienstzeit anzurechnen. Der Beförderungszeit sind die geplanten Abflug- und tatsächlichen Ankunftszeiten zu Grunde zu legen. § 3 Abs. 3 gilt entsprechend. Zeiten für eine Beförderung im Schlafwagen oder einer vergleichbaren Beförderung mit einem anderen Bodenverkehrsmittel sind nicht als Flugdienstzeit anzurechnen.”

bb) Aus dieser Verordnung ergibt sich folgende Verweisungskette: Nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 umfaßt die Flugdienstzeit auch die Zeit, die nach § 4 Abs. 2 als Beförderungszeit auf die Flugdienstzeit anzurechnen ist. § 4 Abs. 2 der 2. DV LuftBO regelt, wann und in welchem Umfang Beförderungszeit als Flugdienstzeit anzurechnen ist. Er bestimmt jedoch nicht, welche Zeit als Beförderungszeit gilt. Für den Begriff der Beförderungszeit ist auf die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 der 2. DV LuftBO zurückzugreifen. Nur wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 der Verordnung vorliegen, kommt eine Anrechnung in Betracht. Die Anrechnung wird nach näherer Bestimmung in Abs. 2 beschränkt oder vollständig ausgeschlossen. Für die Klärung des Begriffs der Beförderungszeit sind die in Abs. 2 aufgeführten Ausnahmen insoweit erheblich, als aus ihnen Rückschlüsse auf den Inhalt des Grundfalls der Anrechnungsregel gezogen werden können.

cc) Ob eine Beförderungszeit in diesem Sinne vorliegt, richtet sich für den Transfer des Klägers vom Hotel zum Flugplatz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der 2. DV LuftBO. Deren Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

(1) § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. DV LuftBO regelt, wann Zeiten an Bord eines Luftfahrzeuges Beförderungszeiten sind. Satz 2 bestimmt dann, daß das gleiche für die „entsprechende Beförderung mit einem anderen Verkehrsmittel” gilt.

Da nach Satz 1 Beförderung an Bord eines Luftfahrzeuges nur dann Beförderungszeit ist, wenn das Besatzungsmitglied zum Antritt eines Flugdienstes an einen anderen als den Flughafen, wo der vorangegangene Flugdienst endete, befördert wird, folgt daraus für den Fall einer „entsprechenden Beförderung” durch ein anderes Verkehrsmittel, daß ebenfalls eine Beförderung von Flugplatz zu Flugplatz vorausgesetzt wird. Der Verordnungsgeber hat nämlich die in Satz 1 aufgestellte Tatbestandsvoraussetzung der direkten Beförderung von einem Flugplatz zum anderen in Satz 2 nicht abgeändert. Er hat nur die Möglichkeit einer anderen Beförderung als durch ein Luftfahrzeug ermöglicht. Aus diesem Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 des Abs. 1 des § 4 der 2. DV LuftBO folgt, daß auch nur dann die Zeit einer Beförderung berücksichtigt wird, sofern sie dem direkten Transfer von Flugplatz zu Flugplatz dient. Das ist bei einem Transfer vom Hotel zum weiteren Flugantritt nicht der Fall.

(2) Diese Auslegung vermeidet Wertungswidersprüche.

§ 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. DV LuftBO und damit auch Satz 2 setzt voraus, daß die Beförderung in den Fällen erfolgt, in denen das Besatzungsmitglied den Flug von einem anderen Flugplatz antritt als dem, an dem der vorhergehende Flug beendet wurde. Eine Anrechnung der Beförderungszeit auf die Flugdienstzeit in den Fällen, in denen der Flug vom selben Flugplatz fortgesetzt wird, findet sich in der 2. DV LuftBO nicht. Die Belastung einer Beförderung vom Hotel zum Flugplatz ist jedoch unabhängig davon, an welchem Flugplatz der vorhergehende Flugdienst geendet hat. Das ist deshalb von Bedeutung, weil die 2. DV LuftBO eine Verkehrssicherheitsvorschrift ist und deshalb jedenfalls auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung übermäßiger Belastungen der Besatzungsmitglieder auszulegen ist (Senat 24. März 1998 – 9 AZR 172/97 – aaO).

(3) Schließlich steht dem gefundenen Ergebnis auch nicht die Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz entgegen. Danach entfällt die Anrechnung einer Beförderungszeit als Flugdienstzeit, wenn zwischen ihr und dem Abflug eine Ruhezeit nach § 9 der 2. DV LuftBO gewährt wurde. Eine solche Ruhezeit kann auch dann gewährt werden, wenn der Transfer als Beförderung an Bord eines Luftfahrzeuges direkt von Flugplatz zu Flugplatz stattgefunden hat.

II. Der Klageantrag zu 2) ist zulässig, aber unbegründet.

1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Es geht um die Klärung des Begriffs der Ruhezeiten. Dieser Begriff richtet sich sowohl bei der Anwendung des MTV Bord, als auch arbeitszeitlich nach der 2. DV LuftBO. Tarifrechtlich ist der Begriff der Mindestruhezeit in § 7 Abs. 3 MTV Bord in Bezug genommen, aber nicht definiert worden. Es bleibt deshalb bei der in § 7 Abs. 2 enthaltenen Verweisung auf die 2. DV LuftBO. Diese ist – wie bereits ausgeführt – auch die für den Kläger als Besatzungsmitglied nach § 20 ArbZG maßgebliche arbeitszeitrechtliche Regelung.

2. Der Antrag ist unbegründet. Die Beklagte ist berechtigt, Transferzeiten des Klägers vom Flugplatz zum Hotel in den Fällen, in denen der Dienst an einem anderen Flugplatz angetreten wird als dem, an dem der vorhergehende Flugdienst geendet hat, als Ruhezeit zu behandeln.

a) Die maßgebenden Vorschriften der 2. DV LuftBO lauten:

㤠6

Ruhezeit

(1) Ruhezeit ist eine zusammenhängende Zeit von mindestens 10 Stunden, während derer ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. Bereitschaftszeit, in der das Besatzungsmitglied in der eigenen Wohnung oder einer entsprechenden Unterkunft Gelegenheit zur Bettruhe hat, kann vom Unternehmer als Ruhezeit angerechnet werden.

(2) Beförderungszeit nach § 4 Abs. 2 ist keine Ruhezeit.

§ 9

Ruhezeiten der Besatzungsmitglieder

(1) Innerhalb einer 24-Stunden-Periode ist jedem Besatzungsmitglied eine Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren. Eine 24-Stunden-Periode beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem eine Ruhezeit endet. Die Ruhezeit ist bei einer nach § 8 Abs. 4, § 10 oder § 12 Abs. 1 verlängerten Flugdienstzeit von mehr als 14 Stunden unmittelbar nach Beendigung des Flugdienstes zu gewähren. Eine Beförderung des Besatzungsmitgliedes vom Einsatzort an seinen dienstlichen Wohnsitz ohne Anrechnung auf die Ruhezeit ist zulässig.

(5) Der Unternehmer hat an den Orten außerhalb des dienstlichen Wohnsitzes der Besatzungsmitglieder, an denen den Besatzungsmitgliedern eine Ruhezeit zu gewähren ist, für die Bereitstellung ruhiger Räume mit Schlafgelegenheit zu sorgen.

(6) Der Unternehmer hat die Besatzungsmitglieder schriftlich anzuweisen, während der Ruhezeit Tätigkeiten zu unterlassen, die dem Zweck der Ruhezeit entgegenstehen.”

b) Die Anrechnung der Transferzeit vom Flugplatz zum Hotel in den vom Antrag umfaßten Fällen scheitert nicht schon an § 6 Abs. 2 der 2. DV LuftBO. Diese Bestimmung bezieht sich lediglich auf Beförderungszeiten nach § 4 Abs. 2 der Verordnung. Auch insoweit kommt es letztlich auf die Legaldefinition der Beförderungszeit in § 4 Abs. 1 der 2. DV LuftBO an. Damit ist von der Verweisung nur die Zeit umfaßt, während derer eine Beförderung direkt von Flugplatz zu Flugplatz erfolgt. Das ist bei einem Transfer vom Flugplatz zum Hotel nicht der Fall.

c) Auch eine Ruhezeit nach der allgemeinen Definition der Ruhezeit in § 6 Abs. 1 Satz 1 der 2. DV LuftBO liegt nicht vor.

aa) Danach ist Ruhezeit eine zusammenhängende Zeit von mindestens zehn Stunden, während derer ein Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. Daß eine Beförderung stattfindet, schließt die Anrechnung als Ruhezeit nach dieser Regelung nicht von vornherein aus. Das ergibt sich daraus, daß die 2. DV LuftBO an zwei Stellen ausdrücklich anordnet, daß eine Beförderungszeit keine Ruhezeit ist bzw. nicht auf die Ruhezeit angerechnet werden kann: In § 6 Abs. 2 durch Verweis auf § 4 Abs. 2 und durch die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 4. Nach letztgenannter Vorschrift ist unter bestimmten Umständen eine Beförderung des Besatzungsmitglieds vom Einsatzort an den dienstlichen Wohnsitz zulässig, soweit sie nicht auf die Ruhezeit angerechnet wird.

Es kommt demnach darauf an, ob das Besatzungsmitglied von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. Das ist – vom hier nicht streitgegenständlichen Fall, daß das Besatzungsmitglied das Fahrzeug selber führt, abgesehen – bei Transferzeiten der Fall. Durch den Transfer des Besatzungsmitglieds erbringt nicht dieses eine Dienstleistung, sondern es wird für das Besatzungsmitglied eine Dienstleistung erbracht.

Das ändert sich auch nicht dadurch, daß der Unternehmer nach § 9 Abs. 5 der 2. DV LuftBO an Orten außerhalb des dienstlichen Wohnsitzes der Besatzungsmitglieder dort, an denen eine Ruhezeit zu gewähren ist, für die Bereitstellung ruhiger Räume mit Schlafgelegenheit zu sorgen hat. Zwar erfüllt die Beklagte mit der Zurverfügungstellung eines Hotels eine Rechtspflicht. Dadurch wird der Transfer vom Flugplatz zum Hotel aber noch keine Dienstleistung des Klägers als Besatzungsmitglied. Das folgt schon daraus, daß es keine Verpflichtung für das Besatzungsmitglied gibt, diese Ruhemöglichkeiten tatsächlich zu nutzen. Zieht es eine anderweitige Unterkunft vor, kann es seine Ruhezeit dort verbringen.

bb) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist das auch mit der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 4 der 2. DV LuftBO vereinbar (zu dieser Vorschrift Senat 24. März 1998 – 9 AZR 172/97 – aaO). Diese Vorschrift läßt – ohne zeitliche Begrenzung der Transferzeit – einen Transfer des Besatzungsmitglieds vom Einsatzort zu seinem dienstlichen Wohnsitz zu. Sie erlaubt ferner eine Ausnahme von der Regelung, daß innerhalb von 24 Stunden zehn Stunden Ruhezeit zu gewähren sind (10 in 24: § 9 Abs. 1 Satz 1 der 2. DV LuftBO). Die dortige Regelung privilegiert die Rückbeförderung an den Wohnsitz, den der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen nahe dem Heimatflughafen unterhält (zum Begriff des dienstlichen Wohnsitzes: Schmid Flugdienst- und Ruhezeiten von Besatzungsmitgliedern 3. Aufl. Vorbemerkung Rn. 20 ff.). Diese Ausnahme soll nur gelten, sofern die Transferzeit nicht auf die Ruhezeit angerechnet wird. Es geht damit um eine Ausnahmesituation. Der Unternehmer ist nämlich dort berechtigt worden, entgegen allgemeinen Regeln einen Rücktransport durchzuführen. Zum Ausgleich darf er die Transferzeit nicht auf Ruhezeiten anrechnen. Aus dieser Sonderregelung kann nichts für den Streitfall hergeleitet werden.

cc) Das bedeutet nicht, daß Transferzeiten nach dem Flug zum Hotel immer Ruhezeiten sind. Es können durchaus Fälle in Betracht kommen, in denen sie nicht auf die Ruhezeit angerechnet werden dürfen. Die Grenzen ergeben sich aus dem Rechtsgedanken in § 9 Abs. 6 der 2. DV LuftBO. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer die Besatzungsmitglieder schriftlich anzuweisen, während der Ruhezeit Tätigkeiten zu unterlassen, die dem Zweck der Ruhezeit entgegenstehen. Daraus wird deutlich, daß der Unternehmer für eine effektive Ruhezeit zu sorgen hat. Werden die Besatzungsmitglieder auf Grund der Vorgaben des Arbeitgebers – zu denen auch die zur Verfügungstellung von Ruheräumen gem. § 9 Abs. 5 der 2. DV LuftBO gehört – mit einer überlangen Dauer oder unter sonstigen Umständen befördert, die dem Zweck der Ruhezeiten entgegenstehen, ist die Anrechnung als Ruhezeit ausgeschlossen. Derartige Umstände sind hier nicht ersichtlich.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

 

Unterschriften

Düwell, Krasshöfer, Zwanziger, Ott, Starke

 

Fundstellen

Haufe-Index 929284

BAGE 2004, 280

BB 2003, 1236

DB 2003, 1123

FA 2003, 218

NZA 2003, 930

AP, 0

EzA

BAGReport 2003, 323

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