Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersgrenze in einem Tarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze haben keinen vorweggenommenen Aufhebungsvertrag, sondern eine auflösende Bedingung zum Inhalt (Aufgabe von BAG 25.3.1971 2 AZR 185/70 = BAGE 23, 257).

2. Die Regelung des § 47 Abs 1 Manteltarifvertrages für das Bordpersonal der LTU vom 1. Januar 1980 (MTV- LTU), nach der das Arbeitsverhältnis einen Angehörigen des Bordpersonals mit Ablauf des Monats endet, in dem das 55. Lebensjahr endet, ist auch ohne Bestehen einer betrieblichen Übergangsversorgung jedenfalls nicht wegen Umgehung des zwingenden Bestandsschutzes unwirksam, sondern sachlich gerechtfertigt, weil sie aufgrund der in Absatz 2 vorgesehen Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zweimal um zwei Jahre zu verlängern, keine starre Altersgrenze enthält.

3. Diese Verlängerungsklausel verpflichtet die LTU nach billigem Ermessen den Vertrag auch grundsätzlich zu verlängern, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind. Bei der Entscheidung nach billigem Ermessen ist hingegen nicht darauf abzustellen, ob der Angehörige des Bordpersonals ein betriebsverfassungsrechtlicher Amtsträger ist, dessen Amtszeit bis Vollendung des 55. Lebensjahres noch nicht abgelaufen ist (Aufgabe des Urteils des Senats vom 12. Dezember 1968 2 AZR 120/68 = AP Nr 6 zu § 24 BetrVG).

 

Normenkette

TVG § 1; BGB §§ 315, 620

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.08.1983; Aktenzeichen 3 (1) Sa 749/83)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.03.1983; Aktenzeichen 8 Ca 8130/82)

 

Tatbestand

Der am 30. Oktober 1927 geborene Kläger war bei der Beklagten, die ein Verkehrsluftfahrtunternehmen betreibt, seit Januar 1970 als Flugkapitän beschäftigt. In einem Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1971 haben die Parteien auf eine "Vereinbarung für Flugzeugführer der LTU" verwiesen, in der u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 55. Lebensjahres vorgesehen war.

Am 29. Dezember 1977 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen der Kläger ab 2. Januar 1978 als Flugkapitän auf dem Flugzeugmuster L 1011 (Typ Lockheed Tristar, eine dreimotorige Passagiermaschine) beschäftigt wurde. Nach § 2 dieses Vertrages sollte für das Arbeitsverhältnis "der jeweils gültige Manteltarifvertrag der LTU" gelten. Dies war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Manteltarifvertrag für das Bordpersonal der LTU vom 20. Juli 1974, gültig ab 1. Januar 1974, abgeschlossen zwischen dem Verband Deutscher Luftfahrtunternehmen e. V. (VDLU) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG; künftig: MTV-LTU 1974). Dieser MTV enthielt bereits eine dem § 47 Abs. 1 MTV-LTU in der gegenwärtigen Fassung entsprechende Beendigungsklausel.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1980 schlossen dieselben Tarifvertragsparteien am 24. Juli 1980 einen neuen Manteltarifvertrag für das Bordpersonal der LTU (künftig: MTV-LTU), der für das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft Tarifbindung galt. Dieser Tarifvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 11

Behördliche Erlaubnis, Berechtigung und Bestätigung

1. Jeder Arbeitnehmer, der zur Ausübung seiner Tä-

tigkeit einer behördlichen Erlaubnis, Berechtigung

oder einer behördlichen Bestätigung über ein abge-

legtes Sicherheitstraining bedarf, ist persönlich

für die Ausstellung und die Aufrechterhaltung dieser

Erlaubnis/Berechtigung/Bestätigung verantwortlich.

Können die Prüftermine für die Ausstellung und

Aufrechterhaltung dieser Erlaubnis/Berechtigung/

Bestätigung nicht rechtzeitig aus Gründen fest-

gesetzt werden, die der Arbeitgeber zu vertreten

hat, dürfen dem Einzelnen hieraus keine Nachteile

erwachsen.

2. Der Arbeitgeber trägt für die Dauer der Betriebszu-

gehörigkeit die Kosten für die Ausstellung, Erneuerung,

Verlängerung und Ergänzung dieser Erlaubnisscheine,

Berechtigungen und behördlichen Bestätigungen.

3. Müssen diese Erlaubnisscheine/Berechtigungen oder be-

hördliche Bestätigungen erneuert, verlängert oder er-

gänzt werden und bedarf es hierfür der Ablegung von

Zusatzprüfungen, so ist dem Bordpersonal ausreichende

Befreiung vom aktiven Dienst unter Fortzahlung der

Vergütung (§ 24 Abs. 1 a-e) zu gewähren.

§ 12

Umschulung, Schulung oder Training auf Anordnung

des Arbeitgebers

1. Bei Umschulung, Schulung oder Training auf Anordnung

des Arbeitgebers wird die Vergütung (§ 24 Abs. 1 a-e)

weitergezahlt. Dies gilt nicht, wenn Umschulung,

Schulung oder Training ohne Anordnung des Arbeitgebers

vom Arbeitnehmer durchgeführt werden.

2. ...

§ 47

Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze

1. Das Arbeitsverhältnis eines Angehörigen des Bord-

personals endet - ohne daß es einer Kündigung be-

darf - mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Le-

bensjahr vollendet wird.

2. Das Arbeitsverhältnis kann bei körperlicher und be-

ruflicher Eignung über dieses Alter verlängert wer-

den, soweit die einschlägigen Vorschriften eine Ver-

wendung über das 55. Lebensjahr hinaus zulassen. Wird

das Arbeitsverhältnis des Angehörigen des Bordpersonals

ausnahmsweise entsprechend Satz 1 über das 55. Lebens-

jahr hinaus verlängert, so endet es - ohne daß es einer

Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der

Angehörige des Bordpersonals 2 weitere Lebensjahre voll-

endet hat. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig;

Satz 2 gilt entsprechend.

In jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis - ohne daß

es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats,

in dem der Angehörige des Bordpersonals das 59. Le-

bensjahr vollendet.

3. Angehörige des Bordpersonals können nach Erreichen der

Altersgrenze, wenn und so lange sie noch voll leistungs-

fähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der

LTU weiter beschäftigt werden, sofern eine fliegerische

Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall

kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Ange-

höriger des Bordpersonals kein Anspruch auf Fortzahlung

der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine

Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder

auf Seiten der LTU noch auf Seiten des Angehörigen des

Bordpersonals.

§ 49

Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen

Verlustes der behördlichen Erlaubnisscheine

1. Verliert ein Angehöriger des Bordpersonals die Berech-

tigung zur Ausübung seiner fliegerischen Tätigkeit

durch Verfall oder Entzug der behördlichen Erlaubnis/

Bestätigung aus anderen Gründen, als aus denen körper-

licher Untauglichkeit im Sinne des § 48, so entfällt

mit dem Tage des Lizenzverlustes jeder Vergütungsan-

spruch, es sei denn, die LTU hat den Verlust der Er-

laubnis zu vertreten.

2. Hat die LTU den Lizenzverlust nicht zu vertreten, so

ist sie berechtigt, das Arbeitsverhältnis nach

Kenntnis des Sachverhaltes unter Einhaltung der Kün-

digungsfrist gemäß § 50 zum Vierteljahresende zu

kündigen, sofern nicht ein Grund zur außerordentlichen

Kündigung gegeben ist.

§ 51

Erlöschen von Ansprüchen

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind beiderseits

binnen einer Ausschlußfrist von 6 Monaten nach Fällig-

keit geltend zu machen. Wird diese Ausschlußfrist ver-

säumt oder sind nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

mehr als 6 Monate verstrichen, so können Ansprüche nicht

mehr geltend gemacht werden.

Nach § 42 Abs. 3 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO) vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262) darf ein Luftfahrtunternehmen nur Flugzeugführer einsetzen, die innerhalb von 12 Monaten zweimal auf ausreichende fliegerische Fähigkeiten, insbesondere Durchführung von Notverfahren, überprüft worden sind, wobei zwischen beiden Prüfungen mindestens vier Monate liegen müssen. Der Kläger bestand den zur Erhaltung seiner Erlaubnis für das Flugzeugmuster L 1011 nach dieser Bestimmung abzulegenden Prüfflug (Check) 16/A-4 im Simulator erstmals am 17. September 1980 nicht. Den Wiederholungsprüfflug sowie die im Jahre 1981 durchzuführenden beiden Prüfflüge legte er erfolgreich ab, den zweiten Prüfflug am 15. September 1981.

Im Mai 1981 war der Kläger zum Mitglied der Personalvertretung Kapitäne gewählt worden, die nach einem gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrag als Personalvertretung Bordpersonal gebildet worden ist.

Am 9. Januar 1982 bestand der Kläger eine auf Anordnung der Beklagten im Simulator in Miami/USA durchgeführten Prüfflug 16/A-4 nicht. Hiervon unterrichtete die Beklagte das Luftfahrtbundesamt und teilte diesem auch die Ergebnisse früherer Prüfflüge 16/A-4 sowie anderer Prüfflüge seit dem Einsatz des Klägers auf dem Flugmuster L 1011 mit. Das Luftfahrtbundesamt ordnete daraufhin zunächst das Ruhen der Flugzeugführererlaubnis des Klägers an und hob diese Anordnung später mit der Einschränkung auf, daß sich die Erlaubnis nur auf Flüge unter Aufsicht eines Einweisungsberechtigten erstrecke. Der Kläger legte keinen weiteren Prüfflug 16/A-4 mehr ab. Die Beklagte setzte ihn seit dem 9. Januar 1982 nicht mehr als Flugzeugführer ein und zahlte ihm ab Mai 1982 keine Vergütung mehr. Das für den Kläger maßgebende monatliche Grundgehalt ist ab Juni 1982 auf 10.596,50 DM brutto erhöht worden.

Mit Schreiben vom 3. November 1982 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis sei wegen Vollendung des 55. Lebensjahres am 31. Oktober 1982 beendet worden. Mit Schreiben vom 4. November 1982 sprach sie ihm ein Hausverbot aus und verweigerte auch weiterhin die Gehaltszahlung. Sie übernahm auch nicht die Kosten für eine routinemäßige fliegerärztliche Untersuchung in Höhe von 295,-- DM, der sich der Kläger am 22. März 1982 unterzogen hatte.

Mit der vorliegenden, am 21. Dezember 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 24. Dezember 1982 zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung des unbefristeten Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses über den 31. Oktober 1982 hinaus, die Aufhebung des Hausverbots, Gehaltszahlung für die Monate November 1982 bis Juni 1983 sowie die Erstattung der Kosten für die letzte fliegerärztliche Untersuchung verfolgt.

Der Kläger hat vorgetragen, sein Arbeitsverhältnis sei am 31. Oktober 1982 nicht beendet worden, weil § 47 Abs. 1 MTV- LTU rechtsunwirksam sei. Eine generelle Befristung von Arbeitsverhältnissen auf das 55. Lebensjahr durch Tarifvertrag sei unzulässig. Auch die Tarifvertragsparteien seien an die Rechtsprechungsgrundsätze zur Befristung von Arbeitsverhältnissen gebunden. Danach seien kollektivrechtliche Regelungen über eine generelle Altersgrenze nur zulässig, wenn gleichzeitig eine angemessene Übergangsaltersversorgung sichergestellt sei. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 55. Lebensjahres ohne Übergangsversorgung, wie sie nach § 47 MTV-LTU vorgesehen sei, führe für Flugzeugführer im Regelfall zur Arbeitslosigkeit. Eine solche Regelung sei im Bereich der Zivilluftfahrt auch nicht üblich, da in entsprechenden Tarifverträgen mit anderen Luftfahrtunternehmen, z. B. mit der Deutschen Lufthansa, eine solche Übergangsversorgung gewährt werde. Für ihn bestehe frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersversorgung, die jedoch wegen Fehlens von zehn Beitragsjahren nur zu einer niedrigen Sozialrente führe.

Für die tarifliche Altersbegrenzung bestehe aber auch kein sachlicher Grund. Das Nachlassen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sei auch bei einem Verkehrsflugzeugführer nicht von einem bestimmten Lebensalter, sondern von der individuellen Verfassung des einzelnen abhängig. Selbst § 41 Abs. 1 LuftBO sehe vor, daß Mitglieder der Flugzeugbesatzung erst vom 60. Lebensjahr an nicht mehr eingesetzt werden sollten. Nach den seit Einführung dieser Sollvorschrift aus dem Jahre 1970 gewonnenen medizinischen Erkenntnissen sei es zweifelhaft, ob Flugzeugführer nicht ohne weiteres auch über diese Altersgrenze hinaus eingesetzt werden könnten. Die Erlaubnis als Verkehrsflugzeugführer müsse alle sechs Monate erneuert werden. Hierfür sei jeweils eine fliegerärztliche Untersuchung vorgeschrieben. Damit sei sichergestellt, daß kein gesundheitlich ungeeigneter Flugzeugführer eingesetzt werde. Ungeachtet der tariflichen Altersbegrenzung auf 55 Lebensjahre sei der Einsatz von Flugkapitänen jedenfalls bis zum 60. Lebensjahr branchenüblich, so z. B. bei der Deutschen Lufthansa.

In jedem Falle hätte die Beklagte jedoch im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Personalvertretung von der gemäß § 47 Abs. 2 MTV-LTU bestehenden Möglichkeit Gebrauch machen müssen, das Arbeitsverhältnis zu verlängern. Die Nichtverlängerung stelle auch einen Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung und das Benachteiligungsverbot des § 49 Tarifvertrag-Personalvertretung dar. In dem einzigen bisher eingetretenen Fall der Vollendung des 55. Lebensjahres habe die Beklagte von der Verlängerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Schließlich sei das Ermessen der Beklagten nach jener Tarifnorm auch deshalb eingeschränkt, weil sie im Rahmen der Tarifverhandlungen dem Sozialpartner zugesagt habe, von der Verlängerungsmöglichkeit zumindest solange Gebrauch zu machen, als keine angemessene Übergangsversorgung bestehe. Sein Arbeitsverhältnis bestehe somit über den 31. Oktober 1982 hinaus unbefristet fort. Zumindest müsse die Beklagte in eine Vertragsverlängerung einwilligen. Aus diesem Grunde sei auch das verhängte Hausverbot unwirksam. Ferner müsse ihm die Beklagte auch für die Monate November 1982 bis Juni 1983 das Grundgehalt von 10.596,50 DM brutto fortzahlen. Nach § 27 Abs. 2 und 5 MTV-LTU habe sie die Kosten der fliegerärztlichen Untersuchung zu tragen.

Der Kläger hat zuletzt folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, daß das Anstellungs-

verhältnis zwischen den Parteien nicht am

31.10.1982 durch Zeitablauf geendet hat,

sondern unbefristet fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, das mit

Schreiben vom 04.11.1982 gegenüber dem

Kläger verhängte Hausverbot aufzuheben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, am 30.11. und

31.12.1982 sowie am letzten Werktag der ersten

sechs Monate des Kalenderjahres 1983 jeweils

DM 10.596,50 brutto an den Kläger zu bezahlen

zuzüglich 12 % Zinsen aus den vorgenannten Be-

trägen seit den angegebenen Fälligkeitsdaten.

4. Hilfsweise zu Ziff. 1:

----------------------

Die Beklagte wird verurteilt, in eine unbe-

fristete Verlängerung, des bisherigen Arbeits-

vertrages einzuwilligen, ganz hilfsweise in

eine Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zur

Vollendung des 59. Lebensjahres.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

DM 295,-- netto zu zahlen zuzüglich 12 %

Zinsen hieraus seit dem 25.03.1983.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die in § 47 Abs. 1 MTV-LTU festgelegte Begrenzung des Arbeitsverhältnisses könnten die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifautonomie vereinbaren. Die Regelung sei deshalb von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung zu überprüfen. Sie sei aber auch sachgerecht, weil sie dem Sicherheitsbedürfnis des Luftverkehrs Rechnung trage. Nach medizinischen Erkenntnissen nehme etwa ab Mitte des sechsten Lebensjahrzehntes die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit vieler Menschen erheblich ab. Deshalb bestehe die Altersbegrenzung auf 55 Jahre bei den meisten in- und ausländischen Fluggesellschaften. Da ein sachlicher Grund vorliege, sei für die Wirksamkeit einer solchen tariflichen Regelung auch keine zusätzliche soziale Sicherung der ausscheidenden Flugzeugführer erforderlich.

Eine gleichlautende Regelung habe für ihr Unternehmen bereits aufgrund des § 22 der "Vereinbarung für Flugzeugführer" gegolten. Sie sei in § 25 des erstmals für ihr Unternehmen abgeschlossenen, am 1. Januar 1974 in Kraft getretenen MTV-LTU 1974 auf ausdrücklichen Wunsch der Arbeitnehmervertreter übernommen worden, obwohl ihr Bevollmächtigter in den Tarifverhandlungen unmißverständlich erklärt habe, daß ihr eine Übergangsversorgung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sei. Ein wirtschaftlicher Ausgleich für das Bordpersonal sei durch die höheren Gehälter geschaffen, die es in den Tarifverhandlungen stets mit der Begründung durchgesetzt habe, wegen der Altersbegrenzung auf 55 Lebensjahre müsse ihm die Möglichkeit geboten werden, während der aktiven Tätigkeit selbst für eine Übergangsversorgung zu sorgen.

Der Kläger könne auch nicht wegen seiner Mitgliedschaft in der Personalvertretung nach § 47 Abs. 2 MTV-LTU eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verlangen, weil er dadurch wegen seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung unzulässig bevorzugt würde. Eine Vertragsverlängerung im Rahmen ihres Ermessens sei nach dieser Bestimmung nicht in Betracht gekommen. Der Kläger habe schon vor dem Prüfflug am 9. Januar 1982 in den letzten zwei Jahren mehrfach in Prüfungen versagt oder nur unzureichende Leistungen erbracht. Seine fliegerischen Fähigkeiten seien derart gemindert, daß eine Weiterbeschäftigung als Flugzeugführer im Interesse der Sicherheit des Flugverkehrs nicht mehr zu verantworten sei. Nach der Einschränkung seiner Flugzeugführererlaubnis durch das Luftfahrtbundesamt habe sie ihn nicht mehr als selbständigen Flugzeugführer einsetzen können. Am 30. März 1982 sei seine Erlaubnis endgültig erloschen, so daß sie ihn von diesem Zeitpunkt an nicht mehr als Verkehrsflugzeugführer habe beschäftigen können. Wegen seiner unzureichenden Leistungen in den letzten Jahren sei sie auch nicht mehr verpflichtet gewesen, ihm einen weiteren Prüfflug zu ermöglichen.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge - mit Ausnahme des Antrags auf Aufhebung des Hausverbots - weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Mit einer vor Beginn des vorliegenden Verfahrens erhobenen Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten u. a. die Anträge verfolgt, ihm ausreichende Übungsflüge zur Vorbereitung auf die Wiederholung des Prüfflugs 16/A-4 zu gewährleisten, anschließend einen solchen Prüfflug durchzuführen und ihn nach Bestehen dieses Prüfflugs als Flugkapitän weiterhin - über das 55. Lebensjahr hinaus - auf dem Flugzeugmuster Lockheed Tristar L 1011 zu beschäftigen. Auch diese Klage ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden. Über die Revision des Klägers hat der Senat in einem ebenfalls am 20. Dezember 1984 verkündeten Urteil - 2 AZR 594/83 - entschieden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur teilweise Erfolg. Sie ist unbegründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß sein Arbeitsverhältnis über den 31. Oktober 1982 hinaus unbefristet fortbesteht, und hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in eine unbefristete Verlängerung des Arbeitsvertrages einzuwilligen. Wegen der weiteren Klageanträge führt die Revision zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

A. Das Berufungsgericht hat die in § 47 Abs. 1 MTV-LTU festgelegte Begrenzung des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 55. Lebensjahres für wirksam angesehen. Es hat ferner angenommen, daß die Beklagte auch nicht gemäß Abs. 2 dieser Tarifnorm verpflichtet sei, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger im Hinblick auf seinen Status als Mitglied der Personalvertretung Kapitäne zu verlängern. Darüber hinaus sei ihr dies auch wegen seiner zahlreichen und erheblichen Fehlleistungen vor dem gescheiterten Simulator-Check vom 9. Januar 1982, die berechtigte Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit begründeten, nicht zuzumuten gewesen.

B. Dieser Würdigung kann nur zum Teil gefolgt werden. Zwar ist die tarifliche Altersgrenzenregelung wirksam, so daß danach das Arbeitsverhältnis eines Angehörigen des Bordpersonals grundsätzlich mit der Vollendung des 55. Lebensjahres endet und auch eine Verlängerung nur bis zur Vollendung des 59. Lebensjahres möglich ist. Jedoch kann der Kläger eine Vertragsverlängerung beanspruchen, wenn der Simulator-Check vom 9. Januar 1982, wie er behauptet und das Berufungsgericht nicht aufgeklärt hat, unter irregulären Bedingungen durchgeführt worden ist. Soweit er daher mit seinem Hilfsantrag eine Vertragsverlängerung bis zur Vollendung des 59. Lebensjahres verfolgt und Zahlungsansprüche geltend macht, ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif. Die weitergehenden Anträge sind dagegen unbegründet.

I. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, können die Tarifvertragsparteien im Rahmen der Tarifautonomie im Tarifvertrag auch Regeln über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters vereinbaren. Zuzustimmen ist ihm ferner darin, daß auch eine solche tarifliche Regelung nicht zu einer Umgehung zwingender kündigungsschutzrechtlicher Normen führen darf.

1. Soweit ein Tarifvertrag Regeln über die zeitliche Begrenzung von Arbeitsverträgen enthält, handelt es sich um Normen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne von § 1 Abs. 1 TVG. Regelungen dieser Art halten sich somit im Rahmen der Tarifautonomie. Dies ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt (vgl. BAG 23, 460 sowie Urteil vom 30. September 1971 - 5 AZR 146/71 - AP Nr. 32 und 36 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 28; Wiedemann/ Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 227).

2. Anders als in dem Fall, der der Senatsentscheidung BAG 23, 257 zugrunde liegt, ist vorliegend nicht zu prüfen, ob eine Altersgrenze nachträglich durch Tarifvertrag eingeführt und so in bereits entstandene Individualrechte schon vorher unbefristet angestellter Arbeitnehmer eingegriffen werden kann. Denn nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten war mit dem Kläger schon vor Inkrafttreten des ersten für ihr Unternehmen abgeschlossenen MTV 1974 eine entsprechende Altersbegrenzung durch Bezugnahme auf eine "Vereinbarung für Flugzeugführer" vertraglich vereinbart worden. Der Kläger ist damit durch die Einführung der tariflichen Altersbegrenzung nicht schlechter gestellt worden als nach der ursprünglichen vertraglichen Regelung.

3. Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze haben eine auflösende Bedingung zum Inhalt.

a) Der Senat hat in dem Urteil vom 25. März 1971 (BAG 23, 257 = AP Nr. 5 zu § 57 BetrVG, zu II 2 der Gründe) die Vereinbarung, daß das als solches unbefristete Arbeitsverhältnis mit der Erreichung der Altersgrenze enden soll, als eine Regelung angesehen, die, wenn sie einzelvertraglich vorgenommen werde, als ein vorweggenommener, auf den genannten Zeitpunkt abgestellter Aufhebungsvertrag zu kennzeichnen sei. Von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf (§ 620 Abs. 1 BGB) unterscheide er sich zumindest in der Zwecksetzung. Der echte Zeitvertrag finde seinen Sinn und damit seine Rechtfertigung in den Umständen des jeweiligen Sachverhalts. Dagegen stünden bei der Festsetzung einer Altersgrenze als Beendigung für das Arbeitsverhältnis über den Einzelfall hinausgehende Erwägungen im Vordergrund, wie z. B. Gründe der einheitlichen Durchführung von betrieblichen Versorgungsmaßnahmen oder eines vernünftigen Altersaufbaues in Verbindung mit Aufstiegsmöglichkeiten für Nachwuchskräfte innerhalb übersehbarer Zeiträume.

b) Diese Entscheidung hat hinsichtlich der rechtlichen Einordnung des Beendigungstatbestandes Zustimmung gefunden (Hanau, RdA 1976, 24, 26; MünchKomm-Schwerdtner, § 620 BGB Rz 33), ist insoweit im Schrifttum aber auch abgelehnt worden (Herschel, AuR 1972, 94). Die von der Gegenmeinung angeführten Argumente sind überzeugend. Der Senat hält deshalb an seiner bisherigen Ansicht, die Festlegung einer Altersgrenze beinhalte einen bedingten Aufhebungsvertrag, nicht mehr fest.

Die Erreichung der Altersgrenze ist ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt ungewiß ist, während der Zeitpunkt des Eintritts feststeht (dies incertus an, certus quando). Damit liegt eine - auflösende - Bedingung und keine Befristung vor, die voraussetzt, daß der Eintritt des künftigen Ereignisses feststeht, mag auch, wie etwa für den Todesfall, der Zeitpunkt des Eintritts ungewiß sein (dies certus an, incertus quando; vgl. BGH LM § 158 BGB Nr. 14; Urteil des Senates vom 9. Februar 1984 - 2 AZR 402/83 - AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 1 b aa der Gründe; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 6. Aufl., S. 480 ff.; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 158 ff. Rz 6 und 9). Auch wenn das Arbeitsverhältnis, wie nach dem vorliegend geltenden Tarifvertrag, schon vor diesem Zeitpunkt kündbar ist, handelt es sich um eine Bedingung. Mit der Altersgrenze wird eine Höchstgrenze für das Arbeitsverhältnis festgelegt, mit deren kalendermäßig feststehendem Ablauf auch das Arbeitsverhältnis ohne Mitwirkung der Parteien nach § 620 Abs. 1 BGB beendet wird. Die Kündigungsmöglichkeit zu einem früheren Zeitpunkt ändert nichts an Charakter und Wirkungsweise der Bedingung. Gleiches gilt für den in dem Senatsurteil vom 25. März 1971 (aaO) erwähnten Gesichtspunkt des mit der Altersbegrenzung verfolgten Zwecks. Wie Herschel (aaO) zutreffend dargelegt hat, sind auch in Fällen vom Erreichen einer Altersgrenze abhängiger Befristungen über den Einzelfall hinausgehende Erwägungen maßgebend.

4. Auch die Tarifvertragsparteien müssen sich bei der Regelung von Beendigungstatbeständen an das gesetzliche Kündigungsschutzrecht halten, das nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien steht. Darüber besteht im Grundsatz in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit (vgl. BAG Urteil vom 30. September 1971, aaO; KR-Hillebrecht, aaO, § 620 BGB Rz 133; Wiedemann/Stumpf, aaO, § 1 Rz 229).

a) Für Arbeitsverhältnisse, deren Dauer unter einer auflösenden Bedingung der vorliegenden Art steht, gelten die Grundsätze, die der Große Senat zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse aufgestellt hat (Beschluß vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) entsprechend. Der Senat hat zwar in dem Urteil vom 9. Juli 1981 (AP Nr. 4 zu § 620 BGB Bedingung) erwogen, das auflösend bedingte Arbeitsverhältnis grundsätzlich für unwirksam zu erklären, sofern die auflösende Bedingung nicht vornehmlich dem Interesse des Arbeitnehmers diene oder ihr Eintritt allein von seinem Willen abhänge. Er hat aber zwischenzeitlich auch auflösende Bedingungen für zulässig erachtet, die für den betroffenen Arbeitnehmer nicht uneingeschränkt vorteilhaft waren (vgl. Urteil vom 9. Februar 1984 - 2 AZR 402/83 - AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung). Der Senat hat damit bereits den Bedenken entsprochen, "altbewährte Vertragsgestaltungen" nicht grundsätzlich zu verwerfen, sondern an der jeweils bestehenden Interessenlage der Parteien zu messen (vgl. Böhm, BB 1982, 372; Hirschberg, ZfA 1982, 562, 594; MünchKomm-Schwerdtner, Ergänzungsband, § 620 BGB Rz 65).

b) Wird eine Altersgrenze vereinbart, so ist für den Arbeitnehmer, insoweit wie im Fall der Befristung, der Beendigungszeitpunkt voraussehbar und vom Willen des Arbeitgebers unabhängig. Das rechtfertigt es, auf eine derartige Regelung die für Befristungen aufgestellten Grundsätze anzuwenden. Den gegenüber den üblichen Befristungsfällen bestehenden Unterschieden, nämlich der erheblich längeren Vertragsdauer und den sich durch das Ausscheiden in fortgeschrittenem Alter ergebenden Schwierigkeiten, nochmals eine neue Beschäftigung zu finden, kann dadurch entsprochen werden, daß an die sachliche Rechtfertigung strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. allgemein: Senatsurteil vom 9. Februar 1984, aaO; und für Altersgrenzen: Schröder, Altersbedingte Kündigungen und Altersgrenzen im Individualarbeitsrecht, Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Band 2).

5. Nicht abschließend geklärt sind allerdings bislang Inhalt und Grenzen der richterlichen Inhaltskontrolle über tarifliche Regelungen und Gründe für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere von Befristungen.

a) Das Berufungsgericht ist in seiner Hauptbegründung von den Grundsätzen der bereits erwähnten Entscheidungen des Fünften Senates (AP Nr. 32 und 36 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ausgegangen. Es hat angenommen, auch der vorliegenden tariflichen Regelung über die Altersgrenze komme eine materielle Richtigkeitsgewähr zu. Die Tarifvertragsparteien seien hierfür in erster Linie kompetent. Sie seien von der Erkenntnis ausgegangen, daß insbesondere Flugzeugführer einer besonderen Beanspruchung ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit ausgesetzt seien, ein hohes Maß an Verantwortung trügen und nicht mehr generell vorausgesetzt werden könne, daß sie diesen Anforderungen nach Vollendung des 55. Lebensjahres noch gewachsen seien.

b) Der Hauptbegründung des Landesarbeitsgerichts liegt damit eine Auffassung zugrunde, die hinsichtlich der materiellen Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen und der Annahme, bei den Grundsätzen der Befristungskontrolle handele es sich letztlich um tarifdispositives Richterrecht, im Schrifttum und in der Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts nicht unumstritten ist. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. Mai 1981 (- 2 AZR 1117/78 - BAG 35, 309, 315 bis 316) näher dargelegt. Auf diese Ausführungen wird verwiesen, weil der Senat auch vorliegend nicht abschließend zu entscheiden braucht, in welchem Umfang die tarifliche Regelung der Beendigung von Arbeitsverhältnissen der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt.

II. Diese Klärung ist deswegen entbehrlich, weil § 47 Abs. 1 MTV-LTU zumindest bei Berücksichtigung der in dieser Vorschrift insgesamt getroffenen Regelung auch bei einer uneingeschränkten Kontrolle nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Befristung nicht wegen einer Umgehung des Bestandsschutzes zu beanstanden ist.

1. In einer Hilfsbegründung hat das Berufungsgericht die Ansicht vertreten, die Altersgrenzenregelung sei auch unabhängig von der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien wirksam. Nach dem Vorbringen der Parteien gelte für alle in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Fluggesellschaften eine entsprechende Regelung. Sie sei somit üblich, von den hierfür besonders sachkundigen Tarifvertragsparteien anerkannt und deshalb nach Auffassung verständiger und verantwortungsvoller Vertragspartner gerechtfertigt.

Diese Üblichkeit habe ein solches Gewicht, daß das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes bis zu einer nachweisbaren Minderung seiner Leistungsfähigkeit zurücktreten müsse. Die mögliche Folge einer noch nicht hinreichend nachweisbaren und damit noch keine Kündigung rechtfertigenden Leistungsminderung träfen nicht nur die Arbeitsvertragsparteien, sondern auch die Teilnehmer am Luftverkehr. Es komme deshalb nicht darauf an, daß die Leistungsfähigkeit eines Piloten nach dem 55. Lebensjahr nicht notwendig herabgesetzt sei. An der Üblichkeit der Altersgrenze ändere auch nichts der Umstand, daß einzelne Fluggesellschaften Flugzeugführer länger beschäftigten. Unerheblich sei, daß bei der Beklagten für ausscheidende Flugzeugführer keine betriebliche Übergangsversorgung bis zum Einsetzen der gesetzlichen Altersrente bestehe. Denn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses liege nicht allein in dem Erreichen der Altersgrenze, sondern in den Auswirkungen des Lebensalters auf die besondere Art der Tätigkeit eines Flugzeugführers.

2. Dieser Würdigung ist im Ergebnis zu folgen. Dabei läßt es der Senat allerdings offen, ob es bei der Altersgrenze von 55 Jahren um eine übliche Regelung geht und ob die Üblichkeit allein ausreichend wäre, die auflösende Bedingung zu rechtfertigen. Das ist jedenfalls bei der gebotenen Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen der Altersgrenze in § 47 Abs. 1 MTV-LTU und der Möglichkeit einer Vertragsverlängerung um längstens vier Jahre in Abs. 2 dieser Vorschrift anzuerkennen. Der Senat geht bei dieser Würdigung davon aus, daß nach Abs. 2 dieser Tarifnorm die Beklagte über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses entsprechend § 315 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Daraus folgt die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, solange bei ihr keine betriebliche Übergangsversorgung besteht, die Verträge mit den Mitgliedern des Bordpersonals zu verlängern, die noch über die körperliche und berufliche Eignung verfügen und deren Einsatz auch aus betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen noch möglich ist.

a) Wie bereits ausgeführt, läuft die auflösende Bedingung unmittelbar darauf hinaus, daß Sachverhalte das Arbeitsverhältnis beenden sollen, die nach § 1 KSchG oder § 626 BGB möglicherweise nicht als Beendigungsgründe ausreichen würden. Sie unterscheidet sich dadurch von der Befristung und ist deshalb eher mit der Kündigung vergleichbar. Dies gilt grundsätzlich auch für die Einführung einer Altersgrenze für Arbeitsverhältnisse. Nach der Rechtsprechung des Senats (BAG 11, 278 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung) gewährt das KSchG einen individuellen, auf die Person des einzelnen Arbeitnehmers zugeschnittenen Kündigungsschutz. Im Hinblick auf diese Natur und Struktur des Kündigungsschutzes die es erfordert, die Kenntnisse, Fähigkeiten, Eigenschaften und Eigenarten des jeweiligen Arbeitnehmers zu berücksichtigen, kann die Erreichung des 65. Lebensjahres nicht schematisierend stets als personenbedingter Kündigungsgrund anerkannt werden (ebenso die überwiegende Meinung im Schrifttum; vgl. die Nachweise bei Hanau, RdA 1976, 24, 25, FN 10; ferner KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 195, 224, sowie KR- Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 188). Die Frage des Alterns ist nicht allein eine Frage des Lebensalters (vgl. hierzu auch Hanau, aaO, S. 27).

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht im Bereich der deutschen Luftfahrtunternehmen auch keine einheitliche Altersbegrenzung auf die Vollendung des 55. Lebensjahres für Mitglieder des Bordpersonals, so daß es zweifelhaft ist, ob von einer Üblichkeit im Arbeitsleben gesprochen werden kann.

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt die Feststellung einer Üblichkeit im Arbeitsleben die Berücksichtigung möglichst aller einschlägigen Betriebe und Verwaltungen voraus, jedenfalls aber auch anderer als diejenigen des in den Rechtsstreit verwickelten Arbeitgebers (für Arbeitsverhältnisse von Lektoren an Hochschulen: Senatsurteile BAG 25, 125 und 38, 39 = AP Nr. 38 und 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 a bzw. B II der Gründe). Besteht eine tarifliche Befristungsregelung, so ist für ihre Indizwirkung als die übliche und angemessene Regelung, von der das Berufungsgericht ausgeht, der Umfang ihres Geltungsbereichs sowie der Umstand von Bedeutung, ob eine im wesentlichen inhaltsgleiche Regelung auch in anderen Tarifverträgen desselben Bereichs gilt.

bb) Für die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder des Bordpersonals in deutschen Luftfahrtunternehmen (Deutsche Lufthansa, Condor Fluggesellschaft mbH, Bavaria Fluggesellschaft, Bavaria Germanair, Hapag Lloyd Fluggesellschaft mbH) gelten und galten hinsichtlich einer Altersbegrenzung seit dem 1. Januar 1974, dem Inkrafttreten des ersten für die Beklagte abgeschlossenen Manteltarifvertrages (MTV-LTU 1974), nicht durchweg inhaltsgleiche tarifliche Regelungen (Firmentarifverträge bzw. firmenbezogene Verbandstarifverträge).

Die Altersgrenze von 55 Jahren galt in allen Luftfahrtunternehmen nur in den Jahren 1979 bis 1982, und selbst in diesem Zeitraum nicht für das Bordpersonal der Bavaria Germanair, soweit es unter den Geltungsbereich des von der DAG abgeschlossenen MTV Nr. 1 vom 11. Juli 1977 fiel. Die Altersgrenze von 60 Jahren galt für die Hapag Lloyd vom 1. Oktober 1976 bis 31. Dezember 1978 und gilt für dieses Unternehmen wieder seit 1. Januar 1983; für die Bavaria Germanair seit 1. Januar 1977 im Geltungsbereich des von der DAG abgeschlossenen MTV Nr. 1.

Eine Übergangsversorgung nach Ausscheiden mit 55. Lebensjahr besteht bei der Deutschen Lufthansa und seit 1. Januar 1977 ebenfalls bei der Bavaria Germanair im Geltungsbereich des von der DAG abgeschlossenen MTV Nr. 1 vom 11. Juli 1977.

c) Eine Vermutung, daß das Bordpersonal nach Vollendung des 55. Lebensjahres erfahrungsgemäß den physischen und psychischen Anforderungen des Flugbetriebes nicht mehr gewachsen ist, läßt sich auch nicht ohne weiteres mit § 41 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO) vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262) vereinbaren. Nach dieser Bestimmung sollen Mitglieder der "Flugbesatzung" mit einem Alter von über 60 Jahren nicht eingesetzt werden. Es ist allerdings unklar, ob diese Regelung auch für den Einsatz des Klägers als "Flugkapitän" gilt, weil § 41 Abs. 1 Satz 1 LuftBO ausdrücklich zwischen dem "verantwortlichen Luftfahrzeugführer" und der "Flugbesatzung" unterscheidet, die in Satz 2 angesprochen wird.

d) Auch die Notwendigkeit, die fachliche und persönliche Diensttauglichkeit von Flugzeugführern im Interesse der Flugpassagiere und der Öffentlichkeit einer strengen Kontrolle zu unterziehen, erfordert es nicht zwingend, sie nur bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres im Flugbetrieb einzusetzen. Diese Kontrolle ist nämlich auch bei älteren Flugkapitänen nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften gewährleistet. Die Erlaubnis für die Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer wird nur mit einer Gültigkeitsdauer von zwölf Monaten erteilt. Sie kann um zwölf Monate verlängert oder erneuert werden, wenn der Bewerber 20 Flugstunden als verantwortlicher Flugzeugführer innerhalb der letzten zwölf Monate vor Ablauf der Gültigkeit sowie einen Überprüfungsflug nach den Instrumentenflugregeln in den letzten drei Monaten vor Ablauf der Gültigkeit der Erlaubnis mit einem anerkannten Sachverständigen nachweist (§ 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Luftfahrtpersonal - LuftPersV - vom 9. Januar 1976 - BGBl. I S. 53, i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. Februar 1984 - BGBl. I S. 265). Auch die Musterberechtigung wird nur für die Dauer der Flugzeugführererlaubnis erteilt. Für ihre Verlängerung hat der Flugzeugführer in den letzten drei Monaten vor Ablauf in einem Überprüfungsflug nachzuweisen, daß seine Befähigung zum Führen und Bedienen von Luftfahrzeugen des Musters sowie zur Ausführung von Notverfahren fortbesteht (§ 70 Abs. 1 und 2 LuftPersV). Darüber hinaus darf ein Luftfahrtunternehmen einen Flugzeugführer nur einsetzen, wenn er nach Beginn seiner Tätigkeit jeweils innerhalb von zwölf Monaten zweimal auf ausreichende fliegerische Fähigkeiten, insbesondere die Durchführung von Notverfahren, überprüft worden ist, wobei zwischen den Überprüfungen ein Zeitraum von mindestens vier Monaten liegen muß (§ 42 Abs. 3 LuftBO).

e) Aus den vorstehend dargelegten Gründen könnten zwar möglicherweise Bedenken gegen die Zulässigkeit einer starren Altersgrenze von 55 Jahren für Mitglieder des Bordpersonals hergeleitet werden. Im Zusammenhang mit der Verlängerungsregel in § 47 Abs. 2 MTV-LTU ist sie jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Verkehrsluftfahrt sachlich gerechtfertigt.

aa) Bei § 47 Abs. 2 MTV-LTU handelt es sich allerdings nach ihrer formellen Ausgestaltung um eine Kann-Bestimmung, die es der Beklagten ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich bei Vorliegen körperlicher und beruflicher Eignung, die Arbeitsverträge mit den Angehörigen des Bordpersonals um jeweils zwei Jahre über die tarifliche Altersgrenze hinaus, längstens bis zur Vollendung des 59. Lebensjahres, zu verlängern. Sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt, dann entscheidet die Beklagte, ob sie bereit ist, das Arbeitsverhältnis für einen begrenzten Zeitraum fortzusetzen. Die Stellung des Arbeitnehmers, der an der Verlängerung interessiert ist, entspricht derjenigen eines Arbeitnehmers, der im Rahmen eines Arbeitsvertrages dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers unterworfen ist. Auf die Entscheidungsbefugnis der Beklagten, den Arbeitsvertrag bei Vorliegen der im § 47 Abs. 2 MTV-LTU genannten Voraussetzungen zu verlängern, ist deshalb § 315 Abs. 1 und 3 BGB entsprechend anzuwenden. Danach ist die Bestimmung im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen, wenn die Leistung durch einen der Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Ob die Bestimmung billigem Ermessen entspricht, unterliegt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle.

bb) Kann-Bestimmungen, die es dem Arbeitgeber vorbehalten, dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen zu gewähren, sind gewöhnlich dahin zu verstehen, daß die Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen ist (vgl. für die Kann-Bestimmung in einer Ruhegeldordnung: BAG Urteil vom 8. Juni 1982 - 3 AZR 661/79 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu 1 der Gründe). Für die vorliegende tarifliche Verlängerungsklausel ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Entscheidung über die Vertragsverlängerung entgegen der gesetzlichen Auslegungsregel im freien Belieben der Beklagten stehen sollte.

f) Daraus folgt allerdings noch nicht, daß die Beklagte allein deswegen, weil der Kläger bei Vollendung des 55. Lebensjahres noch Mitglied der Personalvertretung war, verpflichtet gewesen ist, ihn zumindest bis zum Ablauf der Wahlperiode weiter einzusetzen.

aa) Der Senat hat allerdings in dem Urteil vom 12. Dezember 1968 (- 2 AZR 120/68 - AP Nr. 6 zu § 24 BetrVG) entschieden, der Arbeitgeber müsse von der ihm in einer Arbeitsordnung eingeräumten Berechtigung, das Arbeitsverhältnis in besonderen Fällen auch nach Erreichen der Altersgrenze fortzusetzen, gegenüber einem Betriebsratsmitglied für die Dauer der Wahlperiode Gebrauch machen. Das hat der Senat damit begründet, aus den §§ 21 ff. BetrVG 1952 folge, daß der Betriebsrat während der Wahlperiode grundsätzlich in seiner personellen Zusammensetzung unverändert arbeiten solle. Nach § 24 BetrVG führe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Erlöschen der Mitgliedschaft im Betriebsrat. Der Grundgedanke des Kündigungsschutzes für Betriebsratsmitglieder nach § 13 KSchG (a. F.) diene aber der Stetigkeit der Arbeit des Betriebsrats und seiner einzelnen Mitglieder für die Dauer der Wahlperiode. Deswegen sei der Arbeitgeber verpflichtet, jedenfalls dann, wenn ihm die Verlängerung eines aufgrund einer Altersgrenze endenden Arbeitsverhältnisses durch die Vorschriften einer Arbeitsordnung möglich sei, eine solche Verlängerung für die Dauer der Amtsperiode des Betriebsrats und des gewählten Mitglieds auch vorzunehmen. Dadurch werde das Betriebsratsmitglied nicht unberechtigt bevorzugt, sondern nur die Stetigkeit der Betriebsratstätigkeit gewährleistet.

bb) Diese Entscheidung wird im Schrifttum überwiegend abgelehnt (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 24 Rz 16; Hanau, aaO, 26; Herschel, Anm. zu AP Nr. 6 zu § 24 BetrVG; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 15 Rz 40; wie BAG: Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 24 Rz 15; Kammann/Hess/Schlochauer, BetrVG, § 24 Rz 15; KR-Hillebrecht, aaO, § 620 BGB Rz 30). Die Kritiker wenden ein, durch die Entscheidung werde ein Kontrahierungszwang begründet, der sich aus § 13 KSchG a.F. bzw. § 15 KSchG 1969, das dem Betriebsverfassungsorgan nur einen Schutz gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung gewähre, nicht herleiten lasse. Das Arbeitsverhältnis ende nach einer solchen Kollektivregelung mit Erreichen der Altersgrenze ohne Kündigung, so daß sich der Arbeitgeber nicht auf die Altersgrenze berufen müsse. Ein solcher Kontrahierungszwang stehe im Widerspruch zu § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, der mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses automatisch das Erlöschen der Betriebsratszugehörigkeit eintreten lasse. Diese Argumente sind überzeugend.

cc) Zwar liegt der Zweck des Sonderkündigungsschutzes des § 15 KSchG 1969 auch darin, die Stetigkeit der Arbeit der jeweiligen Arbeitnehmervertretung dadurch zu sichern, daß diese als Ganzes auf die Dauer ihrer Wahlperiode in ihrer personellen Zusammensetzung möglichst unverändert erhalten bleiben soll (Senatsurteil vom 17. Februar 1983 - 2 AZR 481/81 - BAG 41, 391 = AP Nr. 14 zu § 15 KSchG 1969, zu B IV der Gründe; KR-Etzel, aaO, § 15 KSchG Rz 10). Dennoch schützt das Gesetz das einzelne Betriebsverfassungsorgan nur gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung, nicht aber gegen die Beendigung aus anderen Gründen, wie z. B. durch Ablauf einer zulässig vereinbarten Befristung (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 1983, aaO). Von der Arbeitgeberkündigung abgesehen, erkennt das Betriebsverfassungsgesetz vielmehr in § 24 Abs. 1 Nr. 3 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses generell als Grund für die Beendigung der Mitgliedschaft im Betriebsrat an (so zutreffend Hueck, SAE 1970, 54, 56). Diesem in § 15 KSchG und § 24 BetrVG eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers widerspricht daher die Ausdehnung des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse von Betriebsverfassungsorganen auf Fälle der vorliegenden Art.

g) Das billige Ermessen für die von der Beklagten im Rahmen des § 47 Abs. 2 MTV-LTU zu treffenden Entscheidung wird jedoch insbesondere wegen der fehlenden betrieblichen Übergangsversorgung dahin konkretisiert, daß sie grundsätzlich Angehörige des Bordpersonals, die für eine Tätigkeit auch nach Vollendung des 55. Lebensjahres körperlich und beruflich geeignet sind, eine Verlängerung anbieten muß, wenn ihre betrieblichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen weiteren Einsatz in der bisherigen Stellung zulassen.

aa) Bei einer Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen stehen dem Bestimmungsberechtigten zwar an sich nach der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung (vgl. die Nachweise in dem Urteil vom 8. Juni 1982, aaO, zu 2 b). Das Gebot, die Interessen beider Parteien gegeneinander abzuwägen, schränkt aber zugleich seine Entscheidungsfreiheit erheblich ein. Für die Ermessensentscheidung der Beklagten über einen Verlängerungsantrag ist neben der fehlenden Übergangsversorgung zu berücksichtigen, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 55. Lebensjahres für Mitglieder des Bordpersonals, insbesondere für Flugzeugführer, regelmäßig auch zur Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit führt. Da, wie ausgeführt, jedenfalls bei sämtlichen deutschen Luftfahrtgesellschaften eine Altersgrenze zwischen 55 oder 60 Jahren gilt, bestehen kaum Chancen, im bisherigen Beruf in Deutschland noch eine Beschäftigung zu finden. Flugzeugführer haben aber im Hinblick auf ihre hochqualifizierte Spezialausbildung auch kaum eine Chance, noch für eine anderweitige gleichwertige oder auch geringerwertige Tätigkeit eingestellt zu werden. Sie würden deshalb in der Regel bis zum Einsetzen der gesetzlichen Angestelltenversicherung arbeitslos, so daß gerade für diesen Personenkreis ein Ausscheiden nach Erreichen der tariflichen Altersgrenze eine besondere soziale Härte bedeuten würde. Daran ändern auch die verhältnismäßig hohen Bezüge während des aktiven Dienstverhältnisses nichts, weil sie durch die besonderen qualifizierten Leistungen bedingt sind und nicht dazu dienen sollen, die durch eine langjährige Arbeitslosigkeit eintretenden Vermögenseinbußen auszugleichen. Die bisherige Höhe der bezogenen Gehälter ist insbesondere nicht geeignet, den Nachteil der fehlenden betrieblichen Übergangsversorgung zu beseitigen, der nach der Wertung des Senates ein besonders gewichtiger Umstand für die Billigkeitskontrolle ist.

bb) Es kommt hinzu, daß die Beklagte die Ablehnung der Weiterbeschäftigung des Klägers sachlich allein mit dem Fehlen seiner fachlichen Eignung für einen Einsatz als Flugzeugführer begründet hat. Auch in der mündlichen Revisionsverhandlung hat sie betont, sie habe sich ihre Entscheidung, die Zusammenarbeit mit dem Kläger zu beenden, nicht leicht gemacht, sich jedoch im Hinblick auf seine wiederholten und schwerwiegenden Fehlleistungen hierzu gezwungen gesehen. Dies spricht dafür, daß die Beklagte bei Vorliegen der körperlichen und fachlichen Voraussetzungen grundsätzlich selbst bestrebt ist, die Möglichkeit der Vertragsverlängerung zu nutzen. Diese Einstellung ist bei der Tarifauslegung mit zu berücksichtigen, obwohl die Beklagte formell nicht Tarifvertragspartei ist, weil es um einen allein für ihr Unternehmen abgeschlossenen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag geht.

3. Bei diesem Verständnis der Verlängerungsklausel ist die tarifliche Gesamtregelung über die Altersgrenzen für Angehörige des Bordpersonals mit den Rechtsprechungsgrundsätzen über die Befristungskontrolle vereinbar. Der luftfahrtrechtlichen Bestimmung des § 41 Abs. 1 LuftBO, wonach Mitglieder der Flugbesatzung mit einem Alter von mehr als 60 Jahren nicht mehr eingesetzt werden sollen, ist zu entnehmen, daß der für die Sicherheit des Luftverkehrs zuständige Gesetzgeber Personen in diesem Alter in der Regel nicht mehr für geeignet ansieht, als Flugzeugführer eingesetzt zu werden. Eine im Ergebnis an dieser Altersgrenze orientierte Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für diesen Personenkreis sachlich gerechtfertigt. Im Hinblick auf das besondere Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs ist auch die in dem vorliegenden Tarifvertrag enthaltene Höchstbegrenzung des Arbeitsverhältnisses auf 59 Jahre nicht zu beanstanden.

III. Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß der auf die Feststellung des unbefristeten Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gerichtete Hauptantrag des Klägers sowie sein Hilfsantrag, die Beklagte zum Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages zu verurteilen, unbegründet sind. Insoweit ist das angefochtene Urteil richtig und die Revision unbegründet.

IV. Über den Hilfsantrag, die Beklagte zu einer Vertragsverlängerung bis zur Vollendung des 59. Lebensjahres zu verurteilen sowie über die Zahlungsanträge ist dem Senat noch keine abschließende Entscheidung möglich. Insoweit ist eine Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht erforderlich, das noch zu klären hat, ob der Kläger nach Vollendung des 55. Lebensjahres die fachliche Eignung zum Verkehrsflugzeugführer besessen hat.

1. Das Berufungsgericht hat diese Frage mit der Begründung verneint, der Kläger habe nach dem substantiiert nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten seit 1978 trotz Nachschulungen und Abmahnungen mehrere Prüfflüge nicht oder nur mit erheblichen Fehlern bestanden, so daß sein erneutes Scheitern bei dem Check vom 9. Januar 1982 kein einmaliges, für seinen Leistungsstand nicht aussagekräftiges Versagen dargestellt haben.

2. Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, daß der Kläger im vorliegenden Verfahren, wie auch im Parallelverfahren 2 AZR 594/83, schlüssig und unter Beweisantritt vorgetragen hat, daß die Beklagte den Check vom 9. Januar 1982 durch einen bei ihr als Arbeitnehmer angestellten Prüfer unter irregulären Bedingungen habe durchführen lassen und er nur deshalb den Check nicht habe bestehen können. Die Revision hat das Übergehen dieses Vorbringens auch ordnungsgemäß gerügt.

b) Trifft dieser Vortrag des Klägers zu, dann sind seine Fehlleistungen möglicherweise nicht auf eine fehlende fachliche Eignung zurückzuführen. Sein Versagen wäre dann vielmehr von der Beklagten zu vertreten, weil sie für das Verschulden des bei ihr angestellten Prüfers, der den Check durchgeführt hat, nach § 278 BGB einzustehen hat. Das hat der Senat in dem im Parallelverfahren 2 AZR 594/83 am selben Tage verkündeten Urteil, auf das verwiesen wird, im einzelnen begründet. Erweist sich dieses Vorbringen als richtig, dann kann sich die Beklagte zum Nachweis der mangelnden Eignung des Klägers nicht auf die vorausgegangenen Fehlleistungen berufen. Sie selbst hielt ihn vor der Durchführung des letzten Checks noch für fachlich geeignet und könnte deshalb dieselben Umstände nicht später für eine fehlende Qualifikation anführen, wenn die das Scheitern des Klägers in dem letzten Check zu vertreten hat und dieser deshalb keine Aussagekraft für oder gegen seine fachliche Qualifikation haben kann.

3. Für den Hilfsantrag des Klägers sowie die Zahlungsanträge ergibt sich danach folgendes:

a) Hat die Beklagte das Versagen des Klägers in dem Check vom 9. Januar 1982 zu vertreten, so ist davon auszugehen, daß der Kläger die fachliche Befähigung für die Ausübung seiner Tätigkeit als Flugzeugführer besitzt. Er kann dann den Abschluß eines Vertrages über die Verlängerung des Arbeitsvertrages bis 31. Oktober 1986 verlangen, nachdem inzwischen der Termin für die zweite Vertragsverlängerung verstrichen ist. Dem auf Abgabe einer Willenserklärung, nämlich der Annahme seines Angebots auf Abschluß eines Verlängerungsvertrages gerichteten, nach § 894 ZPO zulässigen Hilfsantrag ist dann stattzugeben.

b) Wurde der Check vom 9. Januar 1982 unter irregulären Bedingungen durchgeführt, so behielt der Kläger zudem nach § 49 Abs. 1 MTV-LTU seine Gehaltsansprüche, obwohl seine Flugzeugführererlaubnis sowie seine Musterberechtigung für das Flugzeugmuster L 1011 am 30. März 1982 erloschen waren, weil dann die Beklagte den Verlust dieser Erlaubnisse zu vertreten hätte. Dies hat der Senat ebenfalls in dem im Parallelverfahren verkündeten Urteil näher begründet. Deshalb kann auch die auf Gehaltszahlung für November 1982 bis Juni 1983 gerichtete Klage begründet sein.

c) Nach § 27 Abs. 2 und 5 MTV-LTU ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten für die erforderlichen fliegerärztlichen Untersuchungen zu tragen. Das Berufungsgericht hat die auf Erstattung der Kosten für die Untersuchung vom 22. März 1982 in Höhe von 295,-- DM gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, diese Untersuchung sei im Hinblick auf das Erlöschen der Flugzeugführererlaubnis sinnlos gewesen. Dieser Begründung ist jedoch der Boden entzogen, wenn die Beklagte das Erlöschen der Erlaubnis zu vertreten hat.

Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller

Schulze Dr. Kirchner

 

Fundstellen

Haufe-Index 437873

DB 1986, 281-283 (LT1-3)

ARST 1986, 49-50 (LT1)

NZA 1986, 325-329 (LT1-3)

RdA 1986, 63

SAE 1986, 235-241 (LT1-3)

AP § 620 BGB Bedingung, Nr 9

AR-Blattei, Arbeitsvertrag-Arbeitsverhältnis VIII Entsch 60 (LT1-3)

EzA § 620 BGB Bedingung, Nr 4 (LT1-3)

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