Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag mit studentischer Aushilfskraft

 

Leitsatz (redaktionell)

Student als Hilfsarbeiter in der Versandabteilung eines Zeitungsunternehmens

 

Normenkette

BGB §§ 611, 620; BeschFG Art. 1 § 4; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 03.09.1992; Aktenzeichen 6 Sa 498/92)

ArbG Köln (Urteil vom 29.01.1992; Aktenzeichen 10 a Ca 4810/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. September 1992 – 6 Sa 498/92 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und sich daraus ergebende Ansprüche.

Die Beklagte beschäftigt in der Versandabteilung ihres Zeitungsunternehmens sog. studentische Aushilfen. Interessierte Studenten rufen bei der Beklagten an und erkundigen sich nach anfallenden Tätigkeiten und Verdienstmöglichkeiten. Der am 20. April 1957 geborene Kläger, ein verheirateter und einem Kind unterhaltspflichtiger Student, sprach im Januar 1987 wegen derartiger Tätigkeiten bei der Beklagten vor und überreichte ihr auf deren Wunsch eine Arbeitserlaubnis, eine Studienbescheinigung und eine Lohnsteuerkarte. Bis einschließlich 24. März 1991 arbeitete er am Hauptsitz der Beklagten und in deren Druckzentrum N. Zu seinen Tätigkeiten gehörte das Einlegen von Werbematerial in Zeitungen, das Abstapeln von Zeitungspaketen auf Paletten und das Verladen der druckfertigen Zeitschriften in die bereitgestellten Transportfahrzeuge. Außer diesen Versandarbeiten verrichtete er am Hauptsitz der Beklagten auch Arbeiten auf der Poststelle.

Die Einsatzzeiten des Klägers schwankten. Im Jahre 1990 belief sich die durchschnittliche monatliche Einsatzzeit nach der Behauptung des Klägers auf 109,57 Stunden, nach der Behauptung der Beklagten auf 105,5 Stunden. Im Januar 1991 war er 105,75 Stunden tätig. Im Februar 1991 arbeitete er lediglich sechs Stunden, weil er sich wegen einer schweren Erkrankung seiner Eltern vier Wochen lang im Marokko aufhielt. Vom 1. bis einschließlich 24. März 1991 war er noch 34 Stunden für die Beklagte tätig. Bei etwa 2/3 der Arbeitseinsätze hatte er selbst bei der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten angerufen und sich nach Einsatzmöglichkeiten erkundigt. Bei etwa 1/3 der Arbeitseinsätze hatte die Beklagte bei ihm nachgefragt, ob er zu dem vorgesehenen Zeitpunkt arbeiten könne.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, zwischen den Parteien habe zumindest aufgrund tatsächlicher Übung ein unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis bestanden. Für eine Befristung habe auch kein sachlicher Grund vorgelegen. Es sei unerheblich, daß der Kläger studiert habe, zumal er aufgrund seiner familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse das Entgelt aus dieser Tätigkeit dringend benötigt und der Beschäftigung bei der Beklagten Vorrang vor dem Studium eingeräumt habe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß das seit dem 2. Juli 1987 bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien unaufgelöst fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.129,44 DM brutto (Arbeitsentgelt für die Zeit vom 25. März 1991 bis September 1991) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  3. die Beklagte zu verurteilen, ihm zwei Urlaubstage aus dem Jahr 1990 und 13 Urlaubstage aus dem Jahr 1991 zu gewähren und auf das Jahr 1992 zu übertragen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie meint, sie habe den Kläger nicht als Arbeitnehmer, sondern als freien Mitarbeiter beschäftigt. Weder habe eine Verpflichtung des Klägers zur persönlichen Dienstleistung bestanden noch habe er einem umfassenden Weisungsrecht der Beklagten unterlegen. Er sei nicht so in die Arbeitsorganisation eingegliedert worden, daß eine persönliche Abhängigkeit habe entstehen können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.

I. Der Antrag des Klägers auf Feststellung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, daß zwischen den Parteien zwar ein Arbeitsverhältnis bestand, das jedoch aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des 24. März 1991 endete.

1. Die Beklagte beschäftigte den Kläger – entgegen ihrer Auffassung – nicht als freien Mitarbeiter, sondern als Arbeitnehmer.

Spätestens mit Arbeitsantritt des Klägers kam ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande. Zumindest ab diesem Zeitpunkt war der Kläger verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten auszuführen. Das Landesarbeitsgericht ist aufgrund einer umfassenden Sachverhaltswürdigung zu dem revisionsrechtlich nicht zu beanstandenen Ergebnis gelangt, daß der Kläger auch eine fremdbestimmte, unselbständige Tätigkeit verrichtete.

a) In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, zu B II 2 der Gründe; Urteil vom 13. November 1991 – 7 AZR 31/91 – AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, zu III der Gründe; Beschluß vom 29. Januar 1992 – 7 ABR 27/91 – AP Nr. 1 zu § 7 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, zu B II 1 a der Gründe; Urteil vom 10. Juni 1992 – 7 AZR 446/91 –, n.v., zu II 2 der Gründe; Beschluß vom 15. Dezember 1992 – 1 ABR 39/92 –, n.v., zu B II 3 b cc der Gründe, jeweils m.w.N.) hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, in welchem Maße der Kläger nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und der tatsächlichen Gestaltung seiner Vertragsbeziehungen persönlich abhängig war. Die persönliche Abhängigkeit ergibt sich aus der Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation und dem Umfang der Weisungsgebundenheit. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. der eine allgemeine gesetzgeberische Wertung enthält, sind die Mitarbeiter selbständig, die im wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen können. Unselbständig und damit Arbeitnehmer sind die Mitarbeiter, denen dies nicht möglich ist. Die Arbeitnehmer unterscheiden sich von freien Mitarbeitern durch ihre Weisungsgebundenheit.

b) Der Kläger ist nicht schon deshalb freier Mitarbeiter, weil vertraglich vereinbart wurde, in welcher Schicht und in welchem Betrieb er jeweils arbeiten sollte. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers muß sich nicht auf die Arbeitszeit und den Beschäftigungsbetrieb erstrecken, sondern kann sich auf den Inhalt und die Durchführung der geschuldeten Tätigkeit beschränken. Die Frage, in welchem Maße der Mitarbeiter aufgrund des bestehenden Weisungsrechts persönlich abhängig ist, läßt sich nicht abstrakt für alle Beschäftigungen beantworten, sondern hängt vor allem von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (zum Erfordernis einer differenzierten tätigkeitsbezogenen Betrachtung vgl. u.a. BAG Beschluß vom 30. Oktober 1991, a.a.O., zu B II 2 der Gründe; BAG Urteil vom 13. November 1991, a.a.O., zu III 2 der Gründe; BAG Urteil vom 10. Juni 1992, n.v., zu II 2 der Gründe).

c) Der Kläger wurde als Hilfsarbeiter eingesetzt. Seine Arbeit läßt sich mit der Tätigkeit eines Taxifahrers, die dem Beschluß des Senats vom 29. Mai 1991 (BAGE 68, 74 ff. = AP Nr. 2 zu § 9 BetrVG 1972) zugrunde lag, nicht vergleichen. Arbeitsteilig verrichtete Hilfsarbeitertätigkeiten eignen sich in aller Regel nicht für ein freies Mitarbeiterverhältnis.

Bei Arbeitsaufnahme legte die Beklagte aufgrund ihres Weisungsrechts fest, welche Arbeiten der Kläger zu verrichten hatte. Nach den nicht angegriffenen und damit gemäß § 561 Abs. 1 ZPO für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfuhr der Kläger erst durch einen Einsatzzettel oder durch den Schichtführer, in welchem konkreten Arbeitsbereich innerhalb der Versandabteilung er eingesetzt werden sollte. Bei der Durchführung der Arbeiten unterlag der Kläger, der während seines gesamten Einsatzes in die Arbeitsorganisation des Beschäftigungsbetriebs eingegliedert war, einem umfassenden Weisungsrecht der Beklagten. Eine nennenswerte Gestaltungsfreiheit verblieb ihm nicht. Das Landesarbeitsgericht hat angesichts dieser Umstände zu Recht ein Arbeitsverhältnis bejaht. Das angegriffene Urteil hält sich an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitnehmereigenschaft von Studenten in vergleichbaren Fällen (vgl. Urteil vom 4. April 1990, BAGE 65, 86 ff. = AP Nr. 136 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zum Einsatz von Studenten als Schichtarbeiter; Urteil vom 30. Oktober 1991 – 7 AZR 653/90 –, n.v., zum Einsatz von Studenten als Zugbegleiter; Beschluß vom 15. Dezember 1992 – 1 ABR 39/92 –, n.v., zur Beschäftigung von Studenten mit Hilfsarbeiten in der Versandabteilung eines Zeitungsunternehmens).

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch rechts fehlerfrei angenommen, daß die Parteien kein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbarten, sondern jeweils für den konkreten Arbeitseinsatz befristete Arbeitsverträge schlossen, und daß die vereinbarte Befristung wirksam ist.

a) Die Parteien haben weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten vereinbart, sich auf unbestimmte Zeit arbeitsvertraglich zu binden. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Parteien zwar eine Absprache über die grundsätzlichen Beschäftigungsbedingungen bei künftigen Arbeitseinsätzen trafen, der Kläger aber außerhalb des konkreten Arbeitseinsatzes keine Dienstleistungspflicht übernommen hatte.

aa) Die Arbeitseinsätze unterlagen nicht einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten nach § 315 BGB. Wenn die Beklagte dem Kläger eine Arbeitsmöglichkeit anbot, löste dies noch keine Dienstleistungspflicht des Klägers aus. Vielmehr konnte er die angebotene Arbeit ablehnen. Dementsprechend konnte er außerhalb des jeweiligen Arbeitseinsatzes ohne vorheriges Einverständnis der Beklagten frei über seine Zeit verfügen. Von dieser Möglichkeit machte er auch im Februar 1991 Gebrauch, als er sich wegen einer schweren Erkrankung seiner Eltern vier Wochen lang in Marokko aufhielt und in diesem Monat nur sechs Stunden bei der Beklagten arbeitete. Daß er es im Interesse einer gedeihlichen Zusammenarbeit für angebracht hielt, die Beklagte über seine Abwesenheit oder deren Anlaß zu unterrichten, ändert nichts an der fehlenden Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung außerhalb des jeweils vereinbarten Arbeitseinsatzes.

bb) Der Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages läßt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht daraus ableiten, daß er der Beklagten auf deren Wunsch eine Arbeitserlaubnis, eine Studienbescheinigung und eine Lohnsteuerkarte überreichte; denn die Aufbewahrung dieser Papiere durch die Beklagte liegt auch bei häufig wiederkehrenden, jeweils kurzzeitig befristeten Arbeitsverträgen nahe (BAG Urteil vom 30. Oktober 1991 – 7 AZR 653/90 –, n.v., zu I 1 b der Gründe). Nach § 19 AFG in Verbindung mit der Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer (Arbeitserlaubnisverordnung) in der Fassung vom 12. September 1980 (BGBl I S. 1755, berichtigt BGBl I 1981, S. 1245), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 1990 (BGBl I S. 3009), war die Beklagte verpflichtet, sich eine Arbeitserlaubnis vorlegen zu lassen. Die Studienbescheinigung und die Lohnsteuerkarte benötigte sie insbesondere zur Berechnung der an das Finanzamt abzuführenden Lohnsteuer.

cc) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts steht nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Januar 1993 (– 9 AZR 53/92 – EzA § 1 BUrlG Nr. 20 = BB 1993, 1148 f. = DB 1993, 1781 f. = MDR 1993, 992 = NZA 1993, 988 ff.). In diesem Urteil hat der Neunte Senat bei einer Studentin, die nach einer mehrwöchigen Einarbeitung als Sitz- und Sonderwache in einer Intensivstation eines Universitätsklinikums für geeignet gehalten und in den Kreis der zukünftig zu Sitzwachen heranzuziehenden studentischen Hilfskräfte aufgenommen worden war, ein dauerndes Teilzeitarbeitsverhältnis bejaht. Bei der rechtlichen Bewertung des Rechtsstatus dieser Mitarbeiterin wurde maßgeblich auf die mehrwöchige Einarbeitung, den damit verbundenen Nachweis der Qualifikation und den Wegfall einer gesonderten Prüfung der Befähigung bei künftigen Einsätzen als Sitz- und Sonderwache abgestellt. Dagegen wurde der Kläger im vorliegenden Fall weder mit einer entsprechend verantwortungsvollen Tätigkeit betraut noch mußte er eine besondere Einarbeitungs- und Erprobungszeit zurücklegen, um in den Kreis der studentischen Aushilfen, denen Arbeitseinsätze angeboten wurden, aufgenommen zu werden. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich noch in weiteren wesentlichen Punkten von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Januar 1993 (a.a.O.) zugrunde lag. Der Kläger des vorliegenden Rechtsstreits war nicht Mitglied einer Gruppe geworden, der es gestattet war, manche Mitglieder zeitweise von der Arbeitseinteilung auszunehmen oder vorgesehene Dienste zu tauschen, um so der für Studenten notwendigen Flexibilität Rechnung zu tragen. Die Lage der Arbeitszeit und die Arbeitsmenge unterlagen nicht einem einseitigen Bestimmungsrecht des Klägers und seiner Arbeitskollegen.

dd) Nach den getroffenen Vereinbarungen und dem tatsächlichen Zustandekommen der einzelnen Arbeitseinsätze war für den Kläger auch ohne weiteres erkennbar, daß für jeden Arbeitseinsatz ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Dies ergibt sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, aus dem eigenen Vorbringen des Klägers. Danach existiert bei der Beklagten eine Liste von interessierten Studenten, die regelmäßig, vor allem in der Versand- und Postabteilung, eingesetzt werden können. Der Kläger wurde ebenso wie die anderen Studenten darauf hingewiesen, daß er sich unter einer bestimmten Telefonnummer bei der Beklagten melden kann, soweit er an einem Arbeitseinsatz interessiert ist. Wenn sich genügend Studenten für eine bestimmte Schicht gemeldet hatten, stellte die Beklagte den Anrufbeantworter ein, der die weiteren Interessenten davon unterrichtete, daß für die jeweilige Schicht kein Bedarf mehr bestehe. Hatten sich für eine Schicht nicht ausreichend viele Studenten gemeldet, so wandte sich die Beklagte an die in der Liste aufgeführten Interessenten. Bei ca. 2/3 der Arbeitseinsätze rief der Kläger selbst bei der Beklagten an, um nachzufragen, ob ein Einsatz möglich sei. Bei ca. 1/3 der Arbeitseinsätze rief die Beklagte an und erkundigte sich, ob der Kläger zu dem gewünschten Zeitpunkt arbeiten könne. Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, daß es einer solchen Nachfrage nicht bedurft hätte, wenn der Kläger zur Dienstleistung verpflichtet gewesen wäre. Das Landesarbeitsgericht hat den Besonderheiten des vorliegenden Falles Rechnung getragen und rechtsfehlerfrei angenommen, daß vor der Verabredung eines konkreten Arbeitseinsatzes keine gegenseitigen Leistungspflichten bestanden.

b) Da die Parteien für den jeweiligen konkreten Arbeitseinsatz befristete Arbeitsverträge geschlossen hatten und das Landesarbeitsgericht die Befristungsvereinbarung zu Recht für wirksam erachtet hat, endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des letzten befristeten Arbeitsvertrages, ohne daß es einer Kündigung bedurfte.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit BAGE 49, 73, 79 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe; vgl. z.B. BAGE 50, 298, 307 = AP Nr. 100 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 65, 86, 93 = AP Nr. 136 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 der Gründe; Urteil vom 21. April 1993 – 7 AZR 388/92 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 2 der Gründe; Urteil vom 30. Juni 1993 – 7 AZR 689/92 –, n.v., zu II 2 der Gründe) ist bei der Frage, ob die vereinbarte Befristung wirksam ist, regelmäßig auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag der Parteien abzustellen. Demnach ist der für den letzten Arbeitseinsatz vom 24. März 1991 geschlossene Arbeitsvertrag zugrunde zu legen.

bb) Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist nach § 620 BGB grundsätzlich möglich. Wenn jedoch dem Arbeitnehmer durch die Befristung der Schutz zwingender Kündigungsschutzbestimmungen entzogen wird, so bedarf die Befristung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 (BAGE 10, 65 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) eines sie rechtfertigenden sachlichen Grundes. Fehlt es an einem sachlichen Grund für die Befristung, so liegt eine objektiv funktionswidrige und deshalb mißbräuchliche Vertragsgestaltung mit der Folge vor, daß sich der Arbeitgeber nicht auf die Befristung stützen kann.

Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger allgemeinen Kündigungsschutz genoß, obwohl der letzte Arbeitsvertrag ebenso wie die vorausgegangenen Arbeitsverträge nur für jeweils einen Arbeitseinsatz geschlossen wurde. Auf die Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG sind Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis steht. Dabei kommt es vor allem auf den Anlaß und die Dauer der Unterbrechung sowie auf die Art der Weiterbeschäftigung an (vgl. u.a. BAGE 62, 48, 53 = AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit, zu II c aa der Gründe; BAGE 65, 86, 94 = AP Nr. 136 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu A II 2 der Gründe). Ein solcher enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang des letzten Arbeitsvertrages mit den vorausgegangenen Arbeitsverträgen der Parteien läßt sich hier ebenso wie in dem vom Senat im Urteil vom 4. April 1990 (BAGE 65, 86 = AP Nr. 136 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) entschiedenen Fall aus der Regelmäßigkeit des Einsatzes des Klägers und aus dem Umfang seiner Heranziehung herleiten. Die Befristung erweist sich dennoch als wirksam, weil sie sachlich gerechtfertigt ist.

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsprechung des Senats zur Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit Studenten zugrunde gelegt (vgl. insbesondere Urteil vom 4. April 1990, BAGE 65, 86, 95 f. = AP Nr. 136 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu A II 3 der Gründe und Urteil vom 30. Oktober 1991 – 7 AZR 653/90 –, n.v., zu II 4 a der Gründe). Hiernach ist bei der Prüfung, ob ein sachlich rechtfertigender Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vorliegt, auch auf die Üblichkeit im Arbeitsleben sowie darauf abzustellen, was verständige und verantwortungsbewußte Parteien zu vereinbaren pflegen (BAGE 10, 65, 72 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C 3 der Gründe). Wiederholte, auf den jeweiligen Einsatz befristete Arbeitsverträge mit Studenten sind im Arbeitsleben weitgehend üblich. Studenten können und wollen sich zu Beginn ihrer Beschäftigung nicht von vornherein auf Dauer auf einen bestimmten zeitlichen Umfang der von ihnen zu erbringenden Arbeitsleistungen festlegen, weil sie die Arbeitsleistung jeweils mit den wechselnden Erfordernissen ihres Studiums in Einklang bringen müssen und sie sich deshalb nicht auf unbestimmte Zeit an eine feste Arbeitszeit binden können. Sie wollen und müssen insoweit frei bleiben. Von daher ist auch kein Raum für die Annahme, ein Student wolle dem Arbeitgeber das Recht einräumen, den jeweiligen Umfang seiner Arbeitspflicht einseitig gemäß § 315 BGB zu bestimmen. Wegen der wechselnden Inanspruchnahme durch das Studium können Studenten immer nur für einen begrenzten Zeitraum übersehen, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten sie sich neben ihrem Studium noch arbeitsvertraglich binden können. Eine konkrete vertragliche Festlegung erfolgt deshalb in der Regel nur kurzfristig und auch nur für einen überschaubaren Zeitraum (BAG Urteil vom 4. April 1990, a.a.O., zu A II 3 der Gründe, m.w.N., und Urteil vom 30. Oktober 1991, n.v., zu II 4 a der Gründe).

dd) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß diese Gesichtspunkte auch im vorliegenden Fall die Befristung rechtfertigen. Der Kläger war bei Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages noch Student. Die Tatsache, daß er aufgrund seiner familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der Erzielung von Arbeitseinkommen besondere Bedeutung beimaß, ändert daran nichts. Trotz seines Bestrebens, möglichst keine von der Beklagten angebotene Arbeit auszuschlagen, hat er sein Studium ernsthaft betrieben. Im Schriftsatz vom 13. Juli 1992 hat der Kläger selbst sein Studium als „Hauptberuf” bezeichnet. Mit Schreiben vom 15. Mai 1991 teilte er der Beklagten mit, daß er sich kurz vor dem Abschluß der Prüfungen befinde. Das für Studenten typische Interesse an einer Entscheidungsfreiheit, die den Anforderungen eines geordneten, erfolgversprechenden Studiums Rechnung trägt, bestand auch bei ihm.

c) Art. 1 § 4 BeschFG führt entgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. Die danach erforderliche rechtliche Verpflichtung zur bedarfsorientierten Arbeitsleistung und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Arbeitszeit bestanden jedoch im vorliegenden Fall nicht. Mit befristeten Arbeitsverträgen für die einzelnen Arbeitseinsätze und einer entsprechend begrenzten, klar umrissenen Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers befaßt sich Art. 1 § 4 BeschFG nicht. Das Beschäftigungsförderungsgesetz, das in Art. 1 § 1 die einmalige Befristung von Arbeitsverträgen erleichtert, beläßt es im übrigen bei den allgemeinen, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Wirksamkeit befristeter Arbeitsverträge.

II. Auch hinsichtlich der Leistungsanträge ist die Klage nicht begründet.

Der Kläger kann nach § 615 BGB von der Beklagten schon deshalb keinen Verzugslohn für die Zeit nach dem 24. März 1991 fordern, weil sein Arbeitsverhältnis aufgrund der wirksamen Befristung mit dem Ablauf des 24. März 1991 endete und die Beklagte dementsprechend nicht in Annahmeverzug geriet.

Ebensowenig steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Übertragung und Gewährung von Urlaub zu. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß eine Urlaubsgewährung nur in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis möglich ist und über das Bestehen oder Nichtbestehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen nach den gestellten Anträgen nicht zu entscheiden ist.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Kremhelmer, Neumann, Stappert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1065111

AfP 1994, 72

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