Entscheidungsstichwort (Thema)

Überversorgungsabbau. Auslegung der Übergangsregelung. Statische oder dynamische Verweisung auf tarifvertragliche Versorgungsregelungen. Abbau einer Überversorgung. Ausgestaltung von Übergangsvorschriften. Auslegung und Rechtskontrolle von Versorgungstarifverträgen

 

Orientierungssatz

1. Den Tarifvertragsparteien steht bei der Ausgestaltung der Besitzstandsregelungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie können, um einen stärkeren Abbau der Überversorgung zu erreichen, frühere Besitzstandsregelungen verschlechtern.

2. Die Tarifauslegung ergab, daß bei der Einführung der Nettogesamtversorgungsobergrenze 1985 die nach einem früheren Versorgungstarifvertrag erforderliche Vergleichsberechnung beseitigt wurde.

3. Dadurch daß die Tarifvertragsparteien den früheren Verzicht auf einen Abbau der Überschreitungsbeträge 1997 aufgehoben haben, fallen die Versorgungsberechtigten, denen bisher ein nichtabbaubarer Überschreitungsbetrag zustand, in die schonendste Abbaustufe.

4. Nach der Versorgungsordnung 1997 werden die Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge nur dann pauschaliert durch Anhebung der Nettogesamtversorgungsobergrenze berücksichtigt, wenn die individuelle Berechnung nicht günstiger ausfällt.

 

Normenkette

BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 09.11.1999; Aktenzeichen 2 Sa 38/99)

ArbG Hamburg (Urteil vom 24.02.1999; Aktenzeichen 16 Ca 214/98)

 

Tenor

1. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. November 1999 – 2 Sa 38/99 – wird auf die Revision des Klägers unter Zurückweisung im übrigen insoweit aufgehoben, als es den zweiten Hilfsantrag abgewiesen hat, und auf die Revision des Beklagten unter Zurückweisung im übrigen insoweit teilweise aufgehoben, als es dem dritten Hilfsantrag stattgegeben hat.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Februar 1999 – 16 Ca 214/98 – wird auf die Berufung des Klägers unter Zurückweisung im übrigen teilweise abgeändert, soweit es den zweiten und dritten Hilfsantrag abgewiesen hat, und wie folgt gefaßt:

  1. Es wird festgestellt, daß die Versorgungsansprüche des Klägers so lange nicht auf das Nettovergleichseinkommen begrenzt sind, bis der ihm zustehende Überschreitungsbetrag nach § 16 Abs. 2 Buchst. c zweite Alternative der Versorgungsvereinbarung vom 29. Juli 1985 abgebaut ist.
  2. Es wird festgestellt, daß der Beklagte bei der Berechnung des Nettovergleichseinkommens den monatlichen Durchschnitt der an den Kläger in den letzten 10 Jahren der Beschäftigungszeit, bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenberechnung, gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge zu berücksichtigen hat, wenn die konkrete Berechnung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 15 Abs. 6 der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 günstiger ist als die pauschalierte Berechnung nach § 16 Abs. 1 Satz 3 der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997.
  3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 5/6 und die Beklagte 1/6 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der nicht tarifgebundene Kläger war vom 19. Mai 1959 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. November 1998 bei der beklagten Rundfunkanstalt beschäftigt. Der Formulararbeitsvertrag vom 30. April 1959 enthält folgende Vereinbarungen:

㤠7

Der NDR gibt dem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage.

Rechte aus der Versorgungszusage entstehen, wenn eine Wartezeit von zehn Jahren erfüllt ist, von denen mindestens drei Jahre im ununterbrochenen unbefristeten Arbeitsverhältnis beim NDR geleistet werden müssen.

Eine Urkunde über die Versorgungszusage wird ausgehändigt nach einjähriger Betriebszugehörigkeit im unbefristeten Arbeitsverhältnis an männliche Arbeitnehmer, die das 27. Lebensjahr, an weibliche Arbeitnehmer, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, es sei denn, daß der Arbeitnehmer bis zur Erreichung der Altersgrenze die zehnjährige Wartezeit nicht erfüllt.

§ 11

Besondere Vereinbarungen

Im übrigen gelten die Bestimmungen des jeweils vom Norddeutschen Rundfunk angewandten Tarifvertrages und die beim Norddeutschen Rundfunk geltenden Ordnungen und Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung.”

Damals galt der zwischen dem Nordwestdeutschen Rundfunk einerseits und der Rundfunk-Union, der DAG, der Deutschen Orchestervereinigung und dem Deutschen Musikerverband andererseits abgeschlossene Manteltarifvertrag vom 9. Oktober 1954. Dessen § 12 stimmte mit § 7 des Arbeitsvertrages überein. Ob diese Regelung beachtet und dem Kläger ein Jahr nach seiner Einstellung eine Urkunde über die Versorgungszusage ausgehändigt wurde, ist nicht mehr feststellbar. Am 20. Dezember 1962 unterzeichnete der Kläger folgende Bescheinigung:

„Ich bestätige hiermit den Empfang meiner Versorgungszusage, die ab 1. Juli 1969 in Kraft tritt und unter dem 5. Oktober 1962 ausgefertigt wurde. Ich erkläre mich mit dieser Versorgungszusage einverstanden.”

Im Jahre 1965 wurde der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Beklagten geändert. § 12 MTV bestimmte, daß der Beklagte seinen Arbeitnehmern „Versorgungsleistungen nach Maßgabe der Versorgungsvereinbarung, die Bestandteil dieses Tarifvertrages ist,” gewährt und die Arbeitnehmer die neue Versorgungszusage erhalten. Am 8. November 1965 schlossen die Tarifvertragsparteien eine neue Versorgungsvereinbarung ab. Am 25. April 1966 bestätigte der Kläger den Empfang einer diesem Tarifvertrag entsprechenden Versorgungszusage. Die Versorgungsvereinbarung vom 8. November 1965 wurde durch Tarifvertrag vom 1. November 1973 neu gefaßt. In der dem Kläger erteilten Versorgungszusage vom 1. November 1973 heißt es:

„Der NDR gibt Ihnen hiermit eine unwiderrufliche Versorgungszusage nach Maßgabe der Versorgungsvereinbarung, die in der Anlage abgedruckt ist. …”

Dieser Versorgungszusage war die Versorgungsvereinbarung vom 1. November 1973 (VV 73) beigefügt.

Am 29. Juli 1985 wurde die VV 73 geändert. Die neu gefaßte Versorgungsvereinbarung (VV 85) enthält ua. folgende Regelungen:

㤠15

Obergrenze der Nettogesamtversorgung

(1) Die Versorgungsleistungen nach dieser Versorgungsvereinbarung dürfen unter Berücksichtigung der Beschäftigungsjahre folgende Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten:

Die Obergrenze der Nettogesamtversorgung beträgt bis einschließlich 20 Beschäftigungsjahren 80/100, bei mehr als 20 bis einschließlich 25 Beschäftigungsjahren 90/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens.

(2) Die Nettogesamtversorgung ist auf den sich aus Ziffer 1 ergebenden Vom-Hundert-Satz des jeweiligen Nettovergleichseinkommens begrenzt. Um den übersteigenden Betrag wird die Versorgungsleistung des NDR unter Berücksichtigung der Ziffer 3 bis 7 gekürzt.

(3) Nettogesamtversorgung sind die Gesamtversorgungsbezüge gekürzt um Lohnsteuern einschließlich der Steuer auf den Ertragsanteil (jedoch ohne Kirchensteuer) entsprechend der jeweils maßgebenden Steuerklasse und der jeweils gültigen allgemeinen Steuertabelle (ohne Berücksichtigung der antragspflichtigen Freibeträge) sowie um den Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner bezogen auf die Sozialversicherungsrenten.

(4) Gesamtversorgungsbezüge sind folgende monatliche Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen:

(5) Nettovergleichseinkommen ist das Brutto-Einkommen gekürzt um die für Arbeitnehmer anfallenden Lohnsteuern (ohne Kirchensteuern) berechnet nach der jeweiligen Steuerklasse des Versorgungsberechtigten und der jeweils gültigen allgemeinen Steuertabelle (ohne Berücksichtigung der antragspflichtigen Freibeträge) sowie um die jeweiligen gesetzlichen Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Bei der Krankenversicherung werden die allgemeinen Beitragssätze für Pflichtversicherte der AOK Hamburg zugrunde gelegt.

(6) Als Bruttoeinkommen gelten

  • die der Berechnung der Versorgungsleistung des NDR zugrundeliegende Monatsvergütung (ruhegeldfähiges Einkommen),
  • der monatliche Durchschnitt der vom NDR gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge, die der Beschäftigte in den letzten fünf Jahren der Beschäftigungszeit bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenberechnung, erhalten hat. Dieser Durchschnitt wird in der Spanne von 2,5/100 bis zum Höchstsatz von 35/100 – bezogen auf das ruhegeldfähige Einkommen – berücksichtigt.

§ 16

Besitzstandsregelung

Für Berechtigte, die vor dem 1.1. 1985 Versorgungsbezüge erhalten haben, und für Arbeitnehmer, deren ruhegeldfähige Dienstzeit gem. § 4 vor dem 1.1. 1984 begonnen hat, gilt § 15 mit folgender Maßgabe:

(1) Die Nettogesamtversorgung darf eine Obergrenze von 91,75/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht überschreiten. Als Ausgleich für etwaig gezahlte Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge erhöht sich dieser Vom-Hundert-Satz pauschal um zwei Prozent-Punkte. Bei der Ermittlung des Nettovergleichs- einkommens ist die Steuerklasse III/0 zugrunde zu legen.

Bei Berechtigten, die am 31.12. 1983 Leistungen nach dieser Versorgungsvereinbarung erhalten oder zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn versorgungsfähige Beschäftigungsjahre beim NDR zurückgelegt haben, werden die Gesamtversorgungsbezüge zusätzlich um den Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner gekürzt, der auf die Versorgungsleistungen des NDR nach Maßgabe des § 180 Abs. 5 bis 6 RVO zu entrichten ist.

(2) Soweit die Gesamtversorgung die nach Ziffer 1 bestimmte Obergrenze überschreitet, ist der Überschreitungsbetrag mit Beginn folgender Zeitpunkte abzubauen:

c) Bei letzter Einstellung des Berechtigten im NDR vor dem 1.1. 1965, aber nach dem 1.1. 1954:

  • Bei weniger als 7 Beschäftigungsjahren frühestens vom 1.1. 1990 an,
  • bei mindestens 7 Beschäftigungsjahren frühestens vom 1.1. 1993 an.
  • Bei mehr als 12 Beschäftigungsjahren findet kein Abbau statt.

(3) Der Überschreitungsbetrag gem. Ziffer 2 wird bei allgemeinen Änderungen nicht angepaßt.

Der Überschreitungsbetrag vermindert sich vom Zeitpunkt der Überprüfung gemäß § 15 Ziffer 9 an, die den in § 16 Ziffer 2 genannten Terminen folgt. Die Minderung beträgt 1/6 des Überschreitungsbetrages; sie darf jedoch den Erhöhungsbetrag der Versorgungsleistungen gem. § 15 Ziffer 9 nicht übersteigen. Verbleibende Differenzbeträge (nicht realisierter Abbau) sind entsprechend weiter abzubauen.

In Fällen, in denen der Beginn der Versorgungszahlung nach den in § 16 Ziffer 2 genannten Terminen liegt, ist zu den sich jeweils ergebenden Überprüfungszeitpunkten der Überschreitungsbetrag vorab zu mindern.

…”

Nachdem diese Versorgungsvereinbarung gekündigt worden war, wurde sie von den Tarifvertragsparteien am 13. März 1997 in geänderter Fassung (VV 97) wieder in Kraft gesetzt. Unter anderem wurde in § 15 Abs. 6 VV 97 der für die Berechnung der durchschnittlich gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren auf zehn Jahre verlängert. Die neue Besitzstandsregelung des § 16 VV 97 lautet:

„Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten, und für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, deren ruhegeldfähige Dienstzeit gemäß § 4 vor dem 1. Januar 1984 begonnen hat, gilt § 15 nach Maßgabe folgender Bestimmungen. …

(1) Die Nettogesamtversorgung darf eine Obergrenze von 91,75/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht überschreiten. Als Ausgleich für etwaige Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge erhöht sich dieser Vom-Hundert-Satz pauschal um zwei Prozent-Punkte. Bei Berechtigten, die vor dem 1. Januar 1974 unbefristet eingestellt wurden, beträgt der Pauschalbetrag 8,25 Prozent-Punkte.

(2) Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten und bei denen die Obergrenze von 100/100 des Nettovergleichseinkommens überschritten ist, wird die Steigerung der NDR-Altersrente so lange ausgesetzt, bis die Nettogesamtversorgung die Obergrenze von 100/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht mehr überschreitet.

(3) Bei Berechtigten, die nach § 16 Abs. 1, 2 und 3 der Versorgungsvereinbarung in der Fassung vom 29. Juli 1985 einen Überschreitungsbetrag erhalten bzw. erhalten würden, der abgebaut wird bzw. abgebaut wurde, erfolgt der Abbau unverändert nach § 16 Abs. 3 der Versorgungsvereinbarung in der Fassung vom 29. Juli 1985.

…”

Mit Schreiben vom 14. Juli 1998 erteilte die beklagte Rundfunkanstalt dem Kläger eine Rentenauskunft über die ihm ab 1. November 1998 zustehende Altersrente. Die Beklagte legte die Versorgungsordnung vom 13. März 1997 zugrunde, sah keinen Überschreitungsbetrag vor und hielt sich lediglich für verpflichtet, dem Kläger die Mindestrente nach § 15 Abs. 8 VV 97 in Höhe von 791,30 DM zu zahlen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Versorgungsansprüche richteten sich nach der Versorgungsordnung vom 1. November 1973 oder allenfalls nach der Versorgungsordnung 1965. Die einzelvertraglichen Versorgungszusagen hätten unwiderruflich auf bestimmte Versorgungsordnungen verwiesen. Die letzte Übernahmevereinbarung der Arbeitsvertragsparteien beziehe sich auf die VV 73. Eine derartige Vereinbarung fehle für die Neuregelungen der VV 85 und VV 97. Selbst wenn eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Versorgungsordnung vorliege, müsse eine Vergleichsberechnung mit der VV 65 stattfinden. Diese Vergleichsberechnung sei durch die VV 73 eingeführt worden und nach wie vor in Kraft. Falls keine Vergleichsberechnung zu erfolgen habe, sei die Betriebsrente des Klägers nicht auf sein Nettovergleichseinkommen beschränkt. Ihm stünden wenigstens die Überschreitungsbeträge nach § 16 Abs. 2 Buchstabe c VV 85 zu. § 16 Abs. 3 VV 97 halte auch den „Nullabbau” des Überschreitungsbetrages aufrecht. Zudem müsse die VV 97 den Versorgungsberechtigten den nach der VV 85 garantierten Besitzstand belassen. Bei der Neufassung der VV 97 habe es keine planwidrige Überversorgung mehr gegeben. Eine Aufhebung der in § 16 Abs. 2 VV 85 enthaltenen Besitzstandsregelungen verletze sowohl die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechte des Klägers als auch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Zumindest müßten bei der Berechnung des für den Besitzstand maßgeblichen Nettovergleichseinkommens auch die in den letzten zehn Jahren der Beschäftigung gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge berücksichtigt werden. Der Begriff des „Nettovergleichseinkommens” sei in § 15 Abs. 6 VV 97 definiert. Diese Begriffsbestimmung gelte auch für die Besitzstandsregelung des § 16 Abs. 1 VV 97.

Der Kläger hat beantragt festzustellen,

  1. daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Leistungen nach Maßgabe der Versorgungsvereinbarung vom 1. November 1973 zu gewähren,
  2. hilfsweise: daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Leistungen nach Maßgabe der bis zum 31. Dezember 1965 geltenden Versorgungszusage zu berechnen und zu gewähren,
  3. weiter hilfsweise: daß eine Begrenzung der Nettoversorgungsansprüche des Klägers auf das sog. Nettovergleichseinkommen unzulässig ist,
  4. äußerst hilfsweise: daß die Berechnung des Nettovergleichseinkommens unter Berücksichtigung der im monatlichen Durchschnitt gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge, die der Kläger in den letzten zehn Jahren der Beschäftigungszeit vor dem Zeitpunkt der Rentenberechnung erhalten hat, zu erfolgen hat.

Die Beklagte hat beantragt, sämtliche Klageanträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die dem Kläger erteilte Versorgungszusage enthalte eine dynamische Verweisung auf die tarifvertraglichen Versorgungsregelungen. Die früheren Tarifverträge seien durch die späteren abgelöst worden. Eine Vergleichsberechnung zwischen der bis zum 31. Dezember 1965 geltenden Versorgungsordnung und der VV 97 finde nicht statt. Ein Überschreitungsbetrag stehe dem Kläger nach § 16 Abs. 3 VV 97 nicht zu. Soweit die neue Besitzstandsregelung Verschlechterungen enthalte, sei die verbliebene Überversorgung wirksam abgebaut worden. Die in den letzten zehn Jahren der Beschäftigung gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge erhöhten das für die Besitzstandsregelung des § 16 Abs. 1 VV 97 maßgebliche Nettovergleichseinkommen nicht. Diese Vergütungsbestandteile würden pauschaliert durch Anhebung der Gesamtversorgungsobergrenze um 2 Prozent-Punkte bzw. 8,25 Prozent-Punkte ausgeglichen. Insoweit enthalte § 16 Abs. 1 VV 97 eine von der Begriffsbestimmung des § 15 Abs. 6 VV 97 abweichende Sonderregelung.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im vollem Umfang abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers seinem äußersten Hilfsantrag stattgegeben und festgestellt, daß bei der Berechnung des Nettovergleichseinkommens die dem Kläger in den letzten zehn Jahren seiner Beschäftigung gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge zu berücksichtigen sind. Beide Parteien haben Revision eingelegt. Der Kläger verfolgt sein bisheriges Klagebegehren weiter. Der Beklagte möchte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Soweit sich die Revision des Klägers gegen die Abweisung seines Hauptantrags und seines ersten Hilfsantrags richtet, ist sie unbegründet. Soweit er mit seinem zweiten Hilfsantrag einen Überschreitungsbetrag verlangt, ist seine Revision teilweise begründet. Ihm steht lediglich ein abzubauender Überschreitungsbetrag zu. Auch die Revision des Beklagten ist nur teilweise begründet. Nach § 16 Abs. 1 VV 97 ist die Beklagte nicht zu einer zweifachen Berücksichtigung der früher gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge verpflichtet. Sie hat jedoch eine Vergleichsberechnung vorzunehmen und dem Kläger den höheren Betrag zu zahlen.

I. Die Vorinstanzen haben den Hauptantrag des Klägers zu Recht abgewiesen. Seine Betriebsrentenansprüche richten sich nicht nach der VV 73, sondern nach der VV 97. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien sind die jeweils geltenden tariflichen Versorgungsregelungen anzuwenden. Die tarifvertragliche Versorgungsordnung ist wirksam geändert worden.

1. Die Beklagte hat dem Kläger keine statische Altersversorgung nach bestimmten Versorgungsregelungen zugesagt, sondern die jeweils aktuelle tarifvertragliche Versorgungsordnung übernommen. Die dynamische Verweisung ist durch die später erteilten Versorgungszusagen nicht aufgehoben worden. Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag und die nachfolgenden Versorgungszusagen jedenfalls im Ergebnis zutreffend gewürdigt.

a) Die Parteien verwandten einen Formulararbeitsvertrag. Auch bei den späteren Versorgungszusagen handelte es sich um formularmäßige Erklärungen. Typisierte Erklärungen unterliegen einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle(vgl. ua. BAG 17. Dezember 1960 – 3 AZR 125/59 – BAGE 10, 271, 277 f.; 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77 – BAGE 32, 7, 9 f.; 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33, zu B I 2 der Gründe).

b) Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.

aa) Unerheblich ist es, daß § 7 des Arbeitsvertrages keine ausdrückliche Jeweiligkeitsklausel enthält. Soweit die Arbeitsvertragsparteien auf Versorgungsordnungen Bezug nehmen, handelt es sich in der Regel um keine statische, sondern um dynamische Verweisung(vgl. BAG 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14, zu I 1 der Gründe mwN). Sie stellt die einheitliche Behandlung aller Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger sicher. Dies liegt im Interesse sowohl des Arbeitgebers als auch der betroffenen Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger. Die Zusage einer von der jeweils gültigen Versorgungsordnung abgekoppelten Versorgung ist die Ausnahme und muß deshalb deutlich zum Ausdruck gebracht werden(vgl. BAG 16. August 1988 – 3 AZR 61/87 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8, zu 2 b der Gründe; 21. Januar 1992 – 3 AZR 21/91 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 24, zu II der Gründe). Für einen entsprechenden Willen der Vertragspartner gibt es im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte.

bb) Die Verwendung von Formularverträgen zeigt, daß die Beklagte die Arbeitsbedingungen vereinheitlichen und die Personalverwaltung vereinfachen wollte. Das Festschreiben der bei Vertragsschluß geltenden Versorgungsregelungen hätte je nach Einstellungszeitpunkt zu unterschiedlichen Versorgungsrechten geführt und die Abwicklung der Altersversorgung erschwert. Anpassungen an neue Regelungen der Versorgungsordnung hätten eines Änderungsvertrages mit jedem Versorgungsberechtigten oder einer Änderungskündigung bedurft. Bei Verschlechterungen der Versorgungsordnung wäre eine Änderung der arbeitsvertraglichen Versorgungsvereinbarungen häufig nicht oder nur mit großem Aufwand zu erreichen gewesen. Dies hätte dem Standardisierungsziel widersprochen.

cc) § 7 des Arbeitsvertrages, der dem § 12 des damals geltenden Manteltarifvertrages (MTV) entspricht, regelt die Ausgestaltung der Altersversorgung nicht näher, sondern schreibt lediglich vor, daß der Arbeitnehmer eine Versorgungszusage erhält, wie lange die für das Entstehen der Versorgungsrechte nötige Wartezeit ist und wann dem Arbeitnehmer die Urkunde über die Versorgungszusage ausgehändigt wird. Eine Versorgungsordnung wird in § 7 des Arbeitsvertrages vorausgesetzt, jedoch nicht im einzelnen festgelegt. Insoweit greift die Verweisungsvorschrift des § 11 Satz 2 des Arbeitsvertrages ein. Danach gelten „im übrigen”, dh. soweit der Arbeitsvertrag keine Abreden enthält, „die Bestimmungen des jeweils vom Norddeutschen Rundfunk angewandten Tarifvertrages und die beim Norddeutschen Rundfunk geltenden Ordnungen und Richtlinien in ihrer jeweiligen Fassung”. Diese Vereinbarung sorgt dafür, daß die tarifvertraglichen Regelungen unabhängig von der Tarifbindung des einzelnen Arbeitnehmers anzuwenden sind. Auch alle übrigen generellen Regelungssysteme werden übernommen und zwar ausdrücklich in ihrer jeweiligen Fassung. Damit sind die späteren Änderungen sowohl der Tarifverträge als auch der bei der Beklagten geltenden Ordnungen und Richtlinien Bestandteil des Arbeitsvertrages. Einer weiteren Übernahmevereinbarung bedurfte es nicht.

dd) Der Einwand des Klägers, die Versorgungszusagen seien individuell ausgefertigt worden und hätten seine Versorgungsrechte auf eine bestimmte Versorgungsordnung konkretisiert, überzeugt nicht. Dem Kläger stehen die Versorgungsansprüche nicht auf Grund der ausgehändigten Urkunde über die Versorgungszusage, sondern bereits auf Grund der §§ 7 und 11 des Arbeitsvertrages zu. Die dynamische Verweisung des § 11 Satz 2 des Arbeitsvertrages wurde nicht aufgehoben.

(1) Mit der Aushändigung einer Urkunde über die Versorgungszusage kam der Beklagte lediglich seinen Pflichten aus § 7 Abs. 3 des Arbeitsvertrages und § 12 Abs. 3 MTV nach. Die Urkunde hatte die dem Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag und der Versorgungsordnung zustehenden Versorgungsrechte zu dokumentieren. Unerheblich ist es, daß auf die aktuellen, abgedruckten Versorgungsregelungen Bezug genommen wurde. Daraus kann nicht geschlossen werden, daß der Arbeitsvertrag geändert und die Jeweiligkeitsklausel des § 11 Satz 2 des Arbeitsvertrages aufgehoben werden sollte. Wenn der Arbeitgeber nach einer Änderung der Versorgungsordnung dem Arbeitnehmer eine neue Versorgungszusage mit den neuen Versorgungsregelungen übersandte, diente dies der Klarstellung und entsprach einem Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers.

(2) Dies gilt auch für die Versorgungszusage vom 1. November 1973. Buchstabe B Satz 1 des Tarifvertrages vom 1. November 1973 schrieb vor, daß „Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages entweder eine Urkunde über die Versorgungsvereinbarung vom 8. November 1965 besitzen oder Anspruch auf Aushändigung einer solchen Urkunde hatten, die Versorgungszusage mit Versorgungsvereinbarung in der Fassung vom 1. November 1973 erhalten”. Mit dieser Regelung wollten die Tarifvertragsparteien nicht die Neufassung vom 1. November 1973 festschreiben und eine Änderung durch spätere Tarifverträge ausschließen. Da der Beklagte mit der Erteilung einer neuen Versorgungszusage lediglich den Tarifvertrag vom 1. November 1973 vollzog, ist die Altersversorgung des Klägers nicht durch arbeitsvertragliche Vereinbarung von der künftigen Entwicklung der tarifvertraglichen Versorgungsregelung losgelöst worden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber künftige tarifliche Verbesserungen gegenüber den tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht ausschließen konnte und ihm an einer Gleichstellung der tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer gelegen war.

c) Die Anwendung des Dienstsiegels rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Kläger beruft sich darauf, das Dienstsiegel habe nach den Dienstanweisungen der Beklagten nur für rechtserhebliche Schriftstücke zur Verfügung gestanden. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob nur rechtsgeschäftliche Erklärungen oder auch Urkunden zum Nachweis der Versorgungsberechtigung mit einem Dienstsiegel versehen werden durften. Es ist vertretbar, auch Beweismittel als rechtserhebliche Schriftstücke anzusehen. Eine äußerliche Aufwertung des Nachweises lag wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Altersversorgung nahe. Abgesehen davon würde eine Verletzung der Dienstanweisung über den Gebrauch des Dienstsiegels weder am Inhalt des § 11 des Arbeitsvertrages noch an der arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Bedeutung der Urkunde etwas ändern.

d) Selbst wenn die über die Versorgungszusage ausgestellten Urkunden nicht nur Nachweisfunktion, sondern rechtsgeschäftliche Bedeutung gehabt hätten, hieße dies noch nicht, daß dem Kläger abweichend vom Arbeitsvertrag eine statische Betriebsrente zugesagt werden sollte. Wenn die Beklagte die ausdrücklich vereinbarte dynamische Verweisung aufheben wollte, hätte sie dies deutlicher erklären müssen, weil statische Verweisungen die Ausnahmen sind und die Beklagte auf eine Vereinheitlichung ersichtlich großen Wert legte. Daran ändert nichts, daß sich der Kläger mit den neuen Versorgungsordnungen ausdrücklich einverstanden erklärte. Dabei handelte es sich nur um ein klarstellendes Rechtsgeschäft.

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die VV 73 von der VV 85 und VV 97 wirksam abgelöst wurde. Grundsätzlich tritt der spätere Tarifvertrag an die Stelle des früheren (sog. Ablösungsprinzip;vgl. ua. BAG 14. Dezember 1982 – 3 AZR 251/80 – BAGE 41, 163, 168; 24. April 1990 – 3 AZR 259/88BAGE 64, 327, 333). Tarifverträge unterliegen keiner Billigkeitskontrolle. Die Gerichte haben sie nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen das Grundgesetz oder anderes höherrangiges Recht verstoßen(vgl. ua. BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94BAGE 79, 236, 242; 18. August 1999 – 10 AZR 424/98BAGE 92, 218, 221). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.

a) Auch die Tarifvertragsparteien dürfen die vorhandenen Besitzstände nicht völlig außer acht lassen, sondern haben die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Diese Grundsätze wurden bei der Einführung der Nettogesamtversorgungsobergrenze nicht verletzt.

aa) Die Beklagte hat als Anstalt des öffentlichen Rechts das haushaltsrechtliche Gebot des sparsamen und wirtschaftlichen Handelns zu beachten. Anders als einem privaten Arbeitgeber ist es öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern einschließlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht gestattet, die Betriebsrentner deutlich besser zu stellen als die aktiven Arbeitnehmer. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dürfen eine übermäßige Altersversorgung auf das im öffentlichen Dienst übliche Niveau zurückführen(vgl. BAG 3. September 1991 – 3 AZR 369/90BAGE 68, 248, 260). Dies gilt nicht nur für eine nachträgliche Verschlechterung der Versorgungszusage durch eine Dienstvereinbarung, mit der sich der Senat im Urteil vom 3. September 1991(aaO) zu befassen hatte, sondern erst recht für eine tarifvertragliche Korrektur. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien ist auf Grund der durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie nicht geringer, sondern größer.

bb) Nach diesen Grundsätzen darf im öffentlichen Dienst auch eine nicht planwidrige Überversorgung beseitigt werden. Der Kläger würde nach den bisherigen Versorgungsregelungen überversorgt. Er erzielte nach seinem eigenen Vortrag im Jahre 1997 ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 3.427,52 DM (Berufungsbegründungsschrift S 15), während sich seine monatlichen Nettoversorgungsbezüge nach der VV 85 auf 4.034,50 DM belaufen hätten (vgl. Berufungsbegründungsschrift S 12). Das Vertrauen auf diese Überversorgung war nicht schutzwürdig.

Aus der Beibehaltung der bisherigen Obergrenzen bis zum Erlaß der VV 85 konnte nicht geschlossen werden, daß die Überversorgung auf Dauer aufrechterhalten werden solle. Die Umgestaltung tariflicher Versorgungsregelungen zuungunsten der Versorgungsberechtigten ist häufig erst langfristig durchsetzbar. Tarifverträge sind durch Verhandlungen und eventuell auch durch Arbeitskämpfe erzielte Kompromißlösungen.

cc) Die Zurückführung der Altersversorgung auf das im öffentlichen Dienst übliche Niveau ist nicht unverhältnismäßig, sondern entspricht den haushaltsrechtlichen Pflichten des Beklagten. Die Versorgungsberechtigten konnten nicht davon ausgehen, daß die Besitzstandsregelung des § 16 VV 85 unabänderlich sei und die Tarifvertragsparteien von einem weiteren Abbau der Überversorgung absehen würden. Bei der Ausgestaltung der Besitzstandsregelung steht den Tarifvertragsparteien ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die frühere Besitzstandsregelung des § 16 VV 85 hatte einen Teil der Überversorgung bis zum Erlaß der VV 97 und damit bis zu einem Zeitraum von über zehn Jahren aufrechterhalten. Durch § 16 VV 97 haben die Tarifvertragsparteien den Schutz der Besitzstände lediglich eingeschränkt, ohne dabei ihren Gestaltungsspielraum zu überschreiten.

dd) Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1998(– 1 BvR 1554/89, 963/94, 964/94 – BVerfGE 98, 365 ff.) kann sich der Kläger nicht berufen. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht § 18 BetrAVG aF für mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. § 18 BetrAVG aF verschlechterte die Altersversorgung vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer so nachhaltig, daß ihre freie Wahl eines anderen Arbeitsplatzes in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt wurde. Außerdem führte § 18 BetrAVG aF bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einerseits zu einer Gleichbehandlung unterschiedlich hoher Versorgungszusagen desselben öffentlichen Arbeitgebers, andererseits zu einer Ungleichbehandlung der Verfallbarkeit von Betriebsrenten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Beides war mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu vereinbaren. Dies hat nichts mit der Frage zu tun, ob der Arbeitnehmer auf eine fortbestehende Verletzung des nur für den öffentlichen Dienst geltenden Gebots des wirtschaftlichen und sparsamen Handelns vertrauen durfte.

ee) Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum des Klägers wird weder durch die VV 85 noch die VV 97 verletzt. Betriebsrentenansprüche fallen zwar unter die Eigentumsgarantie. Den Inhalt der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersversorgung und damit des geschützten Eigentums bestimmen jedoch die Tarifvertragsparteien. Auf deren Regelungen haben die Arbeitsvertragsparteien Bezug genommen. Art. 14 Abs. 1 GG dient nicht dazu, den Arbeitnehmern über die Tarifverträge hinausgehende tarifliche Ansprüche zu verschaffen(vgl. BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu B IV 2 a der Gründe). Änderungen des Tarifvertrages, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes Rechnung tragen, stellen keine Eigentumsverletzung dar.

b) Ebensowenig wie im übrigen öffentlichen Dienst ist auch im vorliegenden Fall die Einführung einer fiktiven Nettoobergrenze der Gesamtversorgung zu beanstanden(zur Änderung des den § 46 BAT ergänzenden Versorgungstarifvertrags vgl. BAG 24. April 1990 – 3 AZR 259/88BAGE 64, 327, 331). Die typisierte Berechnung der Abgaben dient, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, der Vereinfachung und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Über die Zweckmäßigkeit der vorgesehenen Berechnung entscheiden die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung. Die Gerichte haben nicht zu überprüfen, ob es sich um die gerechteste Lösung handelt(vgl. ua. BAG 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94BAGE 82, 193, 198; 18. August 1999 – 10 AZR 424/98BAGE 92, 218, 226).

II. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, ist auch der erste Hilfsantrag unbegründet. Dem Kläger steht nicht die in der VV 65 vorgesehene Betriebsrente als Mindeststandard zu.

1. Die VV 65 wurde gem. Abschnitt A Abs. 1 des Tarifvertrags vom 1. November 1973 neu gefaßt. Die Übergangsvorschriften waren nicht in der neuen Versorgungsvereinbarung vom 1. November 1973, sondern in Abschnitt B Abs. 1 des begleitenden Tarifvertrags vom 1. November 1973 enthalten. Nummer 1 der Überleitungsbestimmungen sah für Arbeitnehmer, die eine Urkunde über die bis zum 31. Dezember 1965 geltende Versorgungszusage besaßen, eine Berechnung der Rente sowohl nach der alten Versorgungszusage als auch nach der neuen Versorgungsvereinbarung vor. Der Versorgungsberechtigte sollte die höhere Rente erhalten. Diese Vorschrift wurde durch die VV 85 aufgehoben.

Die VV 85 sah einen Abbau der Überversorgung vor. Dieser Einschnitt erforderte neue Besitzstandsregelungen. § 16 VV 85 regelte abschließend und umfassend, inwieweit vorhandene Besitzstände aufrechterhalten werden und von einem Abbau der Überversorgung abgesehen wird. Diese Neuregelung erfaßte auch die Fälle, in denen die letzte Einstellung vor dem 1. Januar 1965 oder sogar vor dem 1. Januar 1954 lag. Die Besitzstandsregelungen des § 16 VV 85 sind durch die ebenfalls abschließenden in § 16 VV 97 abgelöst worden.

2. Die Änderung des Abschnitts E des Tarifvertrags vom 1. November 1973 durch den Tarifvertrag „Bündnis für Arbeit und Programm” vom 13. März 1997 spielt entgegen der Ansicht des Klägers im vorliegenden Fall keine Rolle. Wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, galt Abschnitt E des Tarifvertrags vom 1. November 1973, der eine unbestimmte Laufzeit des Tarifvertrages und eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres vorsah, auch nach Abschluß des Tarifvertrags vom 19. Juli 1985 weiter, weil insoweit keine neue Vereinbarung getroffen worden war. Als im Tarifvertrag „Bündnis für Arbeit und Programm” vom 13. März 1997 die Kündigungsfrist der Tarifvertragsparteien auf 24 Monate verlängert wurde, mußte Abschnitt E des Tarifvertrags vom 1. November 1973 geändert werden. Daraus können keine Schlüsse auf den Inhalt der Besitzstandsregelung gezogen werden.

III. Der Kläger kann zwar nicht verlangen, daß die Beklagte ihm den in § 16 Abs. 2 VV 85 vorgesehenen Überschreitungsbetrag ohne Abbau auf Dauer zahlt. Ihm steht aber ein nach § 16 Abs. 2 Buchst. c Altern. 2 VV 97 frühestens vom 1. Januar 1993 an abzubauender Überschreitungsbetrag zu. Auf § 16 Abs. 3 VV 97 kann der Kläger den geltend gemachten weitergehenden Anspruch nicht stützen. Diese Vorschrift schreibt einen „Nullabbau” nicht fest.

1. a) Dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 VV 97 ist nicht zu entnehmen, daß die bisherigen Verzichte auf einen Abbau des Überschreitungsbetrages aufrechterhalten werden sollen. § 16 Abs. 3 VV 97 setzt vielmehr einen abzubauenden Überschreitungsbetrag voraus. Diese Vorschrift stellt nicht nur darauf ab, ob die Versorgungsberechtigten einen „Überschreitungsbetrag erhalten bzw. erhalten würden”, sondern enthält in dem Relativsatz „der abgebaut wird bzw. abgebaut würde” auch ein einschränkendes Tatbestandsmerkmal. Die geregelte Rechtsfolge ist ebenfalls auf einen Abbau des Überschreitungsbetrages ausgerichtet. Der Abbau soll unverändert nach § 16 Abs. 3 VV 85 erfolgen. § 16 Abs. 3 VV 85 befaßt sich ausschließlich mit den Modalitäten des Abbaus und sieht keinen „Nullabbau” vor.

b) Insbesondere aus § 16 Abs. 2 VV 97 ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien ein Überschreiten der Gesamtversorgungsobergrenze nicht auf Dauer hinnehmen wollten. § 16 Abs. 2 VV 97 sieht ein Abschmelzen für die Versorgungsberechtigten vor, die bereits bei Inkrafttreten des Tarifvertrages bereits Versorgungsempfänger waren und deren Betriebsrente 100/100 des Nettovergleichseinkommens überschritt. Von dieser Regelung werden Versorgungsempfänger erfaßt, denen bisher ein nicht abbaubarer Überschreitungsbetrag zustand. Solange Überschreitungsbeträge gezahlt werden, sollen die Versorgungsempfänger keine Rentenerhöhung mehr erhalten. Sie können nicht geltend machen, daß § 16 Abs. 3 VV 97 sowohl den bisherigen Abbau als auch den Nichtabbau der Überschreitungsbeträge aufrechterhalte. Eine derartige Auslegung würde dem in dieser Vorschrift zum Ausdruck gebrachten Regelungsziel widersprechen.

c) Müßten die Versorgungsberechtigten, die bereits bei Inkrafttreten der VV 97 im Ruhestand waren, ein Abschmelzen des Überschreitungsbetrages hinnehmen, während die Versorgungsberechtigten, die zu diesem Zeitpunkt noch Versorgungsanwärter waren, den Überschreitungsbetrag auf Dauer ohne Abbau und ohne Abschmelzung behielten, so würde dies gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Die Tarifvertragsparteien sind zumindest an das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden(vgl. ua. BAG 4. April 2000 – 3 AZR 729/98 – EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 19, zu III 2 der Gründe; 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – ZIP 2001, 529 ff., zu I 2 g der Gründe). Mit Eintritt des Versorgungsfalles wird das Schutzbedürfnis nicht geringer, sondern größer. Für eine Schlechterstellung der schutzbedürftigeren Versorgungsberechtigten gibt es keinen sachlich einleuchtenden Grund. Den Tarifvertragsparteien kann nicht unterstellt werden, daß sie eine objektiv willkürliche Regelung treffen wollten.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind jedoch die Abbauverzichte des § 16 Abs. 2 VV 85 mit Inkrafttreten des Tarifvertrags vom 13. März 1997 nicht sofort und gänzlich weggefallen.

a) § 16 Abs. 3 VV 97 befaßt sich ausschließlich mit dem Abbau der Überschreitungsbeträge und nicht mit der Frage, für wen die nach § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 angehobene Obergrenze der Nettogesamtversorgung gelten soll. Der persönliche Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 ist in dieser Vorschrift selbst geregelt. Sie gilt für „Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1974 unbefristet eingestellt wurden”. § 16 Abs.1 VV 97 enthält eine abschließende, neue Übergangsregelung für die Nettogesamtversorgungsobergrenze, die von den bisherigen Vorschriften teilweise abweicht.

b) Die Anhebung der Obergrenze der Nettogesamtversorgung um 8,25 Prozent-Punkte kompensiert nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 und der Tarifsystematik nicht den Wegfall der bisher nicht abbaubaren Überschreitungsbeträge.

aa) Lediglich der Pauschalbetrag des § 16 Abs. 1 Satz 2 VV 97 wurde erhöht. Der Zweck der Pauschale hat sich dadurch nicht geändert. Sie dient nach wie vor dem „Ausgleich für etwaig gezahlte Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge”.

bb) Im übrigen kommt der höhere Pauschalbetrag des § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 nicht allen Versorgungsberechtigten zugute, denen nach § 16 Abs. 2 VV 85 ein nicht abbaubarer Überschreitungsbetrag zustand. Auch Berechtigte, deren letzte Einstellung nach dem 1. Januar 1974 lag, konnten nach § 16 Abs. 2 Buchst. a VV 85 einen nicht abbaubaren Überschreitungsbetrag erlangen. Denn zur maßgeblichen Beschäftigungszeit zählen nicht nur die Dienstzeiten seit der letzten Einstellung, sondern auch die nach § 4 Abs. 4 anzurechnenden Beschäftigungszeiten. Nur am Rande sei vermerkt, daß § 16 Abs. 2 VV 97 auf die „letzte Einstellung” beim Beklagten abstellt. Wenn sich an befristete Arbeitsverträge nahtlos ein unbefristeter anschließt, ist als letzte Einstellung der Beginn der ununterbrochenen Beschäftigungszeit anzusehen(BAG 29. August 2000 – 3 AZR 408/99 – nv., zu I der Gründe). Dagegen verlangt § 16 Abs. 3 Satz 3 VV 97, daß die Versorgungsberechtigten „vor dem 1. Januar 1974 unbefristet eingestellt wurden”. Das führt dazu, daß ein Teil der Versorgungsberechtigten zwar nach § 16 Abs. 2 Buchst. b VV 85 einen nicht abbaubaren Überschreitungsbetrag erhielt, aber nicht unter den Geltungsbereich des § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 fällt.

c) Einerseits war im Jahre 1997 der bis dahin mögliche Abbau von Überschreitungsbeträgen noch nicht vollständig abgeschlossen. Bei einigen Versorgungsberechtigten fand der Abbau frühestens vom 1. Januar 1993 an statt. Er hat in mindestens sechs Schritten jeweils bei den allgemeinen Lohn- und Gehaltserhöhungen zu erfolgen (§ 16 Abs. 3 iVm. § 15 Abs. 9 VV 85). Andererseits kommt der erhöhte Pauschalbetrag des § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 nicht allen Versorgungsberechtigten zugute, denen bisher ein nicht abbaubarer Überschreitungsbetrag zustand. Damit kann die vom Beklagten vertretene Auslegung zu einer Schlechterstellung früher eingestellter und länger beschäftigter Versorgungsberechtigter führen. Dies würde gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Den Tarifvertragsparteien kann nicht unterstellt werden, daß sie sich über verfassungsrechtliche Bedenken hinwegsetzen wollten.

3. Eine Aufsaugung nach § 16 Abs. 2 VV 97 wäre zwar ein durchaus geeignetes Regelungsmodell. § 16 Abs. 2 VV 97 gilt aber nach dem klaren Wortlaut nur für die Berechtigten, die bereits bei Inkrafttreten des Tarifvertrags vom 13. März 1997 Versorgungsbezüge erhielten. Sie müssen eine Aufsaugung hinnehmen, werden allerdings durch eine Obergrenze von 100/100 des Nettovergleichseinkommens begünstigt. Bei dieser Erhöhung der Obergrenze handelt es sich im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 um keine Pauschale für die Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge.

§ 16 Abs. 2 VV 97 erfaßt nicht die Versorgungsfälle nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vom 13. März 1997. Die Stichtagsregelung unterscheidet ohne Verstoß gegen den Gleichheitsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Betriebsrentnern und Versorgungsanwärtern. Für diese Differenzierung gibt es einleuchtende Gründe. Mit Eintritt in den Ruhestand erstarkt die Versorgungsanwartschaft zum Versorgungsanspruch. Der Eintritt des Versorgungsfalles ist eine wesentliche Zäsur und ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Vorschriften(BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu B IV 1 d der Gründe).

4. Aus dem, wenn auch schwer festzustellenden Regelungssystem des § 16 VV 97 ergibt sich folgendes: Auf einen Abbau der Überschreitungsbeträge wird nicht mehr verzichtet. Die Abschmelzung der Überschreitungsbeträge geschieht bei den Versorgungsberechtigten, die bei Inkrafttreten des Tarifvertrags vom 13. März 1997 bereits im Ruhestand waren, nach § 16 Abs. 2 VV 97 und bei den übrigen Versorgungsberechtigten nach § 16 Abs. 3 VV 97. Versorgungsberechtigte, denen bisher ein nicht abbaubarer Überschreitungsbetrag zustand, müssen nunmehr einen Abbau hinnehmen. Da es die Alternative Abbauverzicht nicht mehr gibt, fallen sie in die schonendste Abbaustufe. Sie werden so behandelt, als würden sie einen abbaubaren Überschreitungsbetrag erhalten. Die Verwendung des Wortes „würde” in § 16 Abs. 3 VV 97 und das noch erkennbare Regelungskonzept sprechen für diese Auslegung. Unter welchen Voraussetzungen die Gerichte Regelungslücken in Tarifverträgen schließen dürfen, kann offenbleiben, weil keine Regelungslücke besteht.

IV. Der äußerst hilfsweise gestellte vierte Feststellungsantrag steht, wie sich aus dem Vorbringen des Klägers und seinen versorgungsrechtlichen Interessen ergibt, unter der innerprozessualen Bedingung, daß dem vorrangig gestellten Hilfsantrag (keine Begrenzung auf das Nettovergleichseinkommen und dauerhafte Fortzahlung des Überschreitungsbetrages) nicht in vollem Umfang stattgegeben wird. Diese Bedingung ist eingetreten.

Die Klage auf Feststellung einer weitergehenden Berücksichtigung der Mehrarbeitsvergütung, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge bei der Berechnung des Nettovergleichseinkommens ist teilweise begründet. Der Beklagte hat eine Vergleichsberechnung vorzunehmen. Zum einen hat er das Nettovergleichseinkommen nach § 15 Abs. 5 und 6 VV 97 unter Berücksichtigung des monatlichen Durchschnitts der in den letzten 10 Jahren gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge zu ermitteln. Bei dieser individuellen Berechnung gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 VV 97 eine Obergrenze von 91,75 %. Zum anderen hat der Beklagte die gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge pauschaliert zu berücksichtigen, indem er die Obergrenze von 91,75 % um 8,25 % auf 100 % erhöht. Bei dieser pauschalierten Betrachtung fließen die Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge nicht mehr in die Berechnung des maßgeblichen Nettovergleichseinkommens ein. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger den höheren Rentenbetrag zu zahlen.

1. § 16 Abs. 1 VV 97 ist wirksam. Unerheblich ist es, daß die Tarifvertragsparteien schon bei Abschluß des Tarifvertrages unterschiedliche Vorstellungen über den Inhalt der Regelung hatten, wie das Protokoll der Tarifverhandlungen „Bündnis für Arbeit und Programm” am 20. Februar 1997 zeigt. Selbst wenn ein offener Dissens im Sinne des § 154 BGB vorläge, wäre der Tarifvertrag wegen seines Normcharakters wirksam. Die Tarifvertragsparteien können bei einem offenen oder versteckten Dissens allenfalls zu einer vorzeitigen Beendigung des Tarifvertrags berechtigt sein(BAG 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81BAGE 46, 61, 69; 9. März 1983 – 4 AZR 61/80BAGE 42, 86, 93; 24. Februar 1988 – 4 AZR 614/87BAGE 57, 334, 341). Abgesehen davon gilt die in § 154 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur „im Zweifel”. Die Auslegungsregel kommt nicht zum Zuge, wenn sich die Parteien trotz der noch offenen Punkte erkennbar binden wollten(vgl. ua. BGH 20. Juni 1997 – V ZR 39/96 – NJW 1997, 2671, zu 2 a der Gründe). Die Tarifvertragsparteien wollten, daß die Regelung trotz der Meinungsverschiedenheit über ihre Auslegung in Kraft trete. Sie soll so gelten, wie sie bei einer objektiven Normauslegung zu verstehen ist.

2. Bei der Auslegung des § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VV 97 ist zum einen zu berücksichtigen, daß diese Bestimmungen lediglich eine auf das Nettoeinkommen bezogene Pauschalierung enthalten, während das bestandsgeschützte Versorgungsniveau nicht angehoben werden soll. Zum anderen ist zu beachten, daß § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VV 97 Bestandteil einer Besitzstandsregelung ist, die zu einer Verbesserung, nicht aber zu einer Verschlechterung der Versorgungsrechte besonders geschützter Arbeitnehmer führen soll.

a) Das für die Besitzstandsregelung maßgebliche Versorgungsniveau ist in § 16 Abs. 1 Satz 1 VV 97 festgelegt. Die Nettoversorgung wird auf 91,75 % des jeweiligen Nettovergleichseinkommens begrenzt. § 16 VV 97 enthält keine eigenständige Begriffsbestimmung für das Nettovergleichseinkommen. Da § 16 VV 97 nach seinem Einleitungssatz den § 15 VV 97 ergänzt, ist die Definition des § 15 Abs. 5 und 6 VV 97 anzuwenden. Dies gilt jedoch nur insoweit, als § 16 VV 97 keine abweichende Regelung enthält; denn § 15 VV 97 gilt nur „nach Maßgabe” der in § 16 VV 97 enthaltenen Bestimmungen.

Nach § 15 Abs. 6 Halbsatz 2 VV 97 zählt zum maßgeblichen Arbeitseinkommen auch der monatliche Durchschnitt der in den letzten 10 Jahren der Beschäftigungszeit gezahlten Mehrarbeitsvergütungen sowie Mehrarbeits- und Zeitzuschläge. Davon abweichend sieht § 16 Abs. 1 Satz 2 VV 97 einen pauschalierten „Ausgleich für etwaig gezahlte Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge” vor. § 16 Abs. 1 Satz 3 VV 97 erhöht die Pauschale des § 16 Abs. 1 Satz 2 VV 97 von 2 % auf 8,25 %, ohne die Ausgleichsfunktion zu ändern. Da die Pauschale ausdrücklich als Ausgleich für bestimmte Vergütungsbestandteile bezeichnet ist, wird dadurch die Berechnung des Nettovergleichseinkommens modifiziert. Diese Vergütungsbestandteile dürfen nach dem sich aus dem Wortlaut ergebenden Zweck der Pauschale bei der Berechnung der Obergrenze der Nettogesamtversorgung nicht zweimal angesetzt werden. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 2 VV 97 soll das bestandsgeschützte Nettogesamtversorgungsniveau nicht auf 100 % des bisherigen Arbeitseinkommens angehoben werden.

b) Die Pauschalierung besteht darin, daß einerseits die Obergrenze der Gesamtversorgung von 91,75 % auf 93,75 % bzw. auf 100 % angehoben wird, andererseits die tatsächlich gezahlten Mehrarbeitsvergütungen sowie Mehrarbeits- und Zeitzuschläge nicht mehr zum maßgeblichen Nettovergleichseinkommen zählen. Da diese Vergütungsbestandteile nach § 15 Abs. 6 VV 97 bis zu einem Höchstsatz von 35 % des ruhegeldfähigen Einkommens zu berücksichtigen sind, kann die Pauschalierung für den Versorgungsberechtigten ungünstiger ausfallen als die konkrete Berechnung. Ein derartiger Eingriff wäre mit dem Sinn der Besitzstandsregelung nicht zu vereinbaren. § 16 Abs. 1 Satz 1 VV 97 will, ausgehend von dem in § 15 VV 97 beschriebenen Einkommensniveau, den Versorgungsgrad für die Arbeitnehmer mit Bestandsschutz nicht auf 90 %, sondern auf 91,75 % absenken. § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VV 97 dient nicht dazu, einem Teil der Arbeitnehmer den in § 16 Abs. 1 Satz 1 VV 97 vorgesehenen Bestandsschutz vorzuenthalten und ihre Versorgung uU sogar unter das Niveau abzusenken, daß den Arbeitnehmern ohne die Besitzstandswahrung zugebilligt wird. Dies hatte der Beklagte auch nicht beabsichtigt, wie das Protokoll der Tarifverhandlungen „Bündnis für Arbeit und Programm” vom 20. Februar 1997 zeigt. Die Pauschalierung nach § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VV 97 unterbleibt, wenn die konkrete Berechnung des Arbeitseinkommens gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 15 Abs. 6 VV 97 für den Kläger günstiger ist.

 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Schoden, Rödder

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 20.02.2001 durch Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 670499

EzA-SD 2002, 13

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