Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Lehrer

 

Orientierungssatz

1. Erlassen kann Bedeutung für das Arbeitsverhältnis nur beigemessen werden, wenn ihr Inhalt einzelvertraglich in Bezug genommen und damit als Vertragsrecht wirksam vereinbart worden ist.

2. Zusage der Teilnahme am Bewährungsaufstieg; gleichwertige Ausbildung.

 

Normenkette

BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 24.11.1988; Aktenzeichen 8 Sa 579/88)

ArbG Köln (Entscheidung vom 31.03.1988; Aktenzeichen 11 Ca 311/88)

 

Tatbestand

Der 41jährige Kläger hat von 1966 bis 1970 die Kölner Werkschule besucht und dort am 24. Juni 1970 die staatliche Abschlußprüfung im Bereich Industrial Design abgelegt. Seit 15. Oktober 1970 steht er im Schuldienst des beklagten Landes. Mit Wirkung vom 1. Februar 1971 wurde er an der Realschule B als Lehrkraft für die Fächer Werken und Kunsterziehung im Angestelltenverhältnis eingestellt. Nach § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 3. Februar 1971 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Der Kläger erhielt zunächst Vergütung nach VergGr. V b BAT, ab 1. Dezember 1975 Vergütung nach VergGr. IV b BAT und seit 1. Dezember 1981 Vergütung nach VergGr. IV a BAT.

Mit Urkunde der Fachhochschule Düsseldorf vom 10. Februar 1982 wurde dem Kläger die Berechtigung erteilt, anstelle der bis dahin geführten Bezeichnung "Designer (grad.)" den Diplomgrad "Diplom-Designer (Dipl.-Des.)" als staatliche Bezeichnung zu führen. Damit wurde seine Abschlußprüfung an der Kölner Werkschule als dem Fachhochschulabschluß gleichwertiger Abschluß anerkannt.

Auf den Antrag des Klägers vom 20. August 1982, ihn in die VergGr. III BAT einzugruppieren, teilte ihm der Regierungspräsident K mit Schreiben vom 7. September 1982 folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr W ]

Mit o.a. Schreiben baten Sie um Überprüfung, inwie-

weit die Vergütungsgruppe III BAT für Sie zutreffe.

Gemäß Erlaß des Kultusministers des Landes Nord-

rhein-Westfalen vom 13.04.1977 besitzen Sie durch

die von Ihnen absolvierte Ausbildung die Vorausset-

zung für die Einstufung in die Vegütungsgruppe IV a

BAT. Sie sind deshalb mit Wirkung vom 01.12.1981

nach IV a BAT höhergruppiert worden. Die jetzt von

Ihnen vorgelegte Urkunde, wonach Sie die staatliche

Bezeichnung Diplom-Designer führen dürfen, stellt je-

doch keine weitere Qualifikation dar und kann deshalb

keine Grundlage für eine Höhergruppierung sein.

Ein Aufstieg in die Vergütungsgruppe III BAT kann

erst nach mindestens sechsjähriger Tätigkeit und

entsprechender Bewährung in der Vergütungsgruppe

IV a BAT, also zum 01.12.1987, erfolgen.

Ich bedauere, Ihnen keinen günstigeren Bescheid ertei-

len zu können."

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1987 wandte sich der Kläger erneut wegen einer Höhergruppierung an den Regierungspräsidenten. Dieser erwiderte am 3. November 1987:

"Sehr geehrter Herr W ,

wie Ihnen aus dem in den vergangenen Jahren geführ-

ten Schriftwechsel bekannt ist, wurden Sie bei ihrer

Einstellung nach dem seinerzeit gültigen Erlaß über

die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis be-

schäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und berufli-

chen Schulen, die die fachlichen und pädagogischen

Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenver-

hältnis erfüllen, eingruppiert.

Der seinerzeit gültige Erlaß aus dem Jahre 1971 ist

mehrfach geändert worden; z.Z. hat Gültigkeit der Er-

laß vom 16.11.1981, Az.: Z B 1/2-23/06-721/81. Auf-

grund Ihrer Ausbildung erfolgt nach diesem Erlaß Ihre

Eingruppierung nach Ziff. 5.7 in Verbindung mit 9.3

in Vergütungsgruppe IV a BAT. Eine weitere Höhergrup-

pierung nach BAT III ist nach diesem Erlaß nicht mög-

lich, so daß ich Ihren Antrag auf Höhergruppierung lei-

der ablehnen muß. Mein Hinweis im Schreiben vom 07.09.

1982 war somit nicht richtig und ich bitte, dieses Ver-

sehen zu entschuldigen.

Ich bedauere, Ihnen keine andere Mitteilung geben zu

können."

Mit der Klage begehrt der Kläger vom beklagten Land für die Zeit ab 1. Dezember 1987 Vergütung nach VergGr. III BAT. Er hat vorgetragen, das Schreiben vom 7. September 1982 enthalte eine Zusage. Ferner habe er nach dem Erlaß des Kultusministers vom 16. November 1981 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT, weil die in § 60 Abs. 1 und § 60 Abs. 2 der LaufbVO NW genannten Abschlüsse gleichrangig zu bewerten seien. Auch bei Anwendung des sog. "Nichterfüller-Erlasses" vom 20. November 1981, der anwendbar sei, wenn er die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfülle, stehe ihm Vergütung nach VergGr. III BAT zu, da er insoweit die Voraussetzungen der Ziff. 2.8 des Erlasses erfülle.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß er ab 1. Dezember 1987 in

die VergGr. III BAT eingruppiert und hiernach

zu vergüten ist.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, das Schreiben vom 7. September 1982 enthalte keine rechtsverbindliche Zusage. Die Anwendung der seit 1971 geltenden Erlasse des Kultusministers sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Da der Kläger gemäß § 60 Abs. 2 der LaufbVO NW die Laufbahnvoraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfülle, komme gegebenenfalls der Erlaß vom 16. November 1981 zur Anwendung. Aufgrund der Ausbildung des Klägers sei danach nur eine Eingruppierung in VergGr. IV a BAT gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, dem Kläger Vergütung nach VergGr. III BAT zu gewähren. Die Vergütungsordnung des BAT ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Eine einzelvertragliche Vereinbarung über die Vergütung des Klägers nach VergGr. III BAT ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Ebensowenig haben die Parteien die Anwendung eines Erlasses, der die Eingruppierung von Lehrkräften regelt, auf das Arbeitsverhältnis vereinbart.

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist zwar mißverständlich formuliert, da er kein Rechtsverhältnis bezeichnet. Nach dem gesamten Klagevorbringen ist aber davon auszugehen, daß der Kläger mit der Klage die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes begehrt, ihm ab 1. Dezember 1987 Vergütung nach VergGr. III BAT zu gewähren. In diesem Sinne hat schon das Arbeitsgericht den Klageantrag durch eine entsprechende Urteilsformel ausgelegt. Damit entspricht die Klage einer senatsüblichen Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. BAGE 29, 416, 418 = AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Auf die Vergütungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) kann der Kläger die Klageforderung nicht stützen. Die Parteien haben zwar im Arbeitsvertrag die Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis vereinbart. Nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen gilt jedoch die Anlage 1 a (Vergütungsordnung) nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Der Kläger ist Lehrkraft für die Fächer Werken und Kunsterziehung an einer Realschule und fällt damit unter die Vorbemerkung Nr. 5. Ein besonderes Tätigkeitsmerkmal für Lehrkräfte an Realschulen oder für die Fächer Werken und Kunsterziehung enthält die Anlage 1 a nicht.

Auch auf Erlasse des Kultusministers Nordrhein-Westfalen kann der Kläger die Klageforderung nicht stützen. Erlasse gehören rechtsterminologisch dem Verwaltungsrecht an und haben demgemäß grundsätzlich nur verwaltungsrechtliche bzw. verwaltungsinterne Bedeutung. Mit ihnen wendet sich im Weisungswege ein Staatsorgan - in der Regel das zuständige Ministerium - im Rahmen der allgemeinen Behördenhierarchie an nachgeordnete, weisungsabhängige Organe, Ämter und Dienststellen. Damit fehlt Erlassen jeder normative Charakter, aber für sich allein auch jede zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Bedeutung. Das gilt uneingeschränkt auch für diejenigen Erlasse, mit denen die Kultusministerien der Bundesländer die für das Schulwesen zuständigen nachgeordneten Behörden (Regierungspräsidien, Schulen) im einzelnen anweisen, in welcher Weise und mit welchem Inhalt die Arbeitsverträge mit Lehrkräften im Angestelltenverhältnis abzuschließen sind, was im übrigen ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu vollziehen ist (BAG Urteil vom 18. Mai 1988 - 4 AZR 765/87 - AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, m.w.N.). Bedeutung für das Arbeitsverhältnis kann Erlassen nur beigemessen werden, wenn ihr Inhalt einzelvertraglich in Bezug genommen und damit als Vertragsrecht wirksam vereinbart worden ist (BAG Urteil vom 18. Mai 1988, aaO, m.w.N.). Davon geht auch das Landesarbeitsgericht zutreffend aus und führt dann weiter aus, eine solche Vereinbarung sei aber nicht festzustellen.

Diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts, daß eine Vereinbarung eines Erlasses über die Eingruppierung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist, hat die Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Sie ist daher für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO). Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragene Auffassung, das Landesarbeitsgericht habe mit der Formulierung "eine solche Vereinbarung ist aber nicht festzustellen", das Zustandekommen einer Vereinbarung eines Eingruppierungserlasses nicht schlechthin ausschließen wollen, aus seinen weiteren Ausführungen ergebe sich vielmehr, daß es die Frage der Vereinbarung von Erlassen offengelassen habe und die Klage auch für den Fall der Vereinbarung von Eingruppierungserlassen habe abweisen wollen, kann der Senat nicht teilen. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit aus: "Aber selbst wenn man aufgrund des zwischen den Parteien geführten Schriftverkehrs und des Vortrags der Parteien im Rechtsstreit davon ausginge, daß die Anwendung des .. Erlasses vom 16.11.1981 ... als stillschweigend vereinbart gilt, ..". Mit den Worten "selbst wenn man davon ausginge" bringt das Landesarbeitsgericht eindeutig zum Ausdruck, daß es nunmehr einen von ihm nicht angenommenen Sachverhalt im Rahmen einer Hilfsbegründung prüft. Das Landesarbeitsgericht bestätigt damit sogar, daß es auch eine stillschweigende Vereinbarung des Eingruppierungserlasses verneint.

Die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts und die Zulassung der Revision ist bei dieser Betrachtungsweise auch nicht sinnlos. Das Landesarbeitsgericht konnte in Betracht ziehen, daß der Kläger möglicherweise die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es liege keine Vereinbarung eines Eingruppierungserlasses vor, mit Verfahrensrügen angreift, so daß die Feststellung des Landesarbeitsgerichts unter Umständen für das Revisionsgericht nicht mehr bindend wäre. Für diesen Fall hätte sich das Revisionsgericht dann mit der Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts auseinandersetzen müssen. Verfahrensrügen, die innerhalb der Revisionsbegründungsfrist hätten geltend gemacht werden müssen (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO), hat die Revision jedoch nicht erhoben.

Im übrigen spricht viel für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß der Kläger nach dem Runderlaß vom 16. November 1981 die Voraussetzungen für eine Vergütung nach VergGr. III BAT nicht erfüllt, weil er keine Ingenieur- oder Fachhochschulausbildung abgeschlossen hat und eine gleichwertige Ausbildung nicht ausreicht. Darüber hinaus hat der Kläger in der Tatsacheninstanz selbst vorgetragen, daß eine Planstelle für technische Lehrer nicht zur Verfügung stehe, was nach Ziff. 5.5 des Erlasses vom 16. November 1981 eine Vergütung nach VergGr. III BAT ebenfalls ausschließt.

Auf eine einzelvertragliche Zusage des beklagten Landes kann der Kläger seinen Klageanspruch ebenfalls nicht stützen. Das beklagte Land hat dem Kläger zwar in einem Schreiben vom 7. September 1982 mitgeteilt, daß ein Aufstieg in die VergGr. III BAT erst nach mindestens 6jähriger Tätigkeit und entsprechender Bewährung in VergGr. IV a BAT, also zum 1. Dezember 1987, erfolgen könne. Darin ist nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Zusage zu sehen. Den Hinweis auf einen Bewährungsaufstieg in die VergGr. III BAT nach 6jähriger Tätigkeit habe der Kläger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände noch nicht als Zusage dahingehend ansehen können, daß sich das an Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen und Festlegungen des Haushalts gebundene Land für einen mehr als fünf Jahre später gelegenen Zeitpunkt auch bindend verpflichten wollte, ohne Rücksicht auf die Rechtslage und die dann zur Verfügung stehenden Planstellen eine entsprechende Höhergruppierung vorzunehmen. Auch der übrige Inhalt des Schreibens, insbesondere der Hinweis darauf, daß die vom Kläger angeführte Bezeichnung als Diplom-Designer keine weitere Qualifikation darstelle und keine Grundlage für eine Höhergruppierung sein könne, biete keinerlei Anhaltspunkte für einen derartigen Verpflichtungswillen des beklagten Landes. Es handele sich vielmehr um eine aufgrund einer Anfrage des Klägers erteilte Auskunft.

Diese Auslegung eines individuellen Schreibens des beklagten Landes durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist nicht nur rechtlich möglich, sondern sogar naheliegend und verstößt nicht gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB, auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Alle wesentlichen Umstände sind insoweit vom Landesarbeitsgericht berücksichtigt worden. Eine weitergehende Überprüfung durch den Senat kommt nicht in Betracht (vgl. BAG Urteil vom 18.Juni 1980 - 4 AZR 463/78 - AP Nr. 68 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; BAG Urteil vom 13. November 1974 - 4 AZR 106/74 - AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, m.w.N.).

Auch Ansprüche des Klägers aufgrund betrieblicher Übung oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat das Landesarbeitsgericht mit Recht verneint. Der Kläger hätte insoweit vortragen müssen, daß das beklagte Land in gleichgelagerten Fällen nach 6jähriger Bewährung Vergütung nach VergGr. III BAT zahlt. Dies ist nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht geschehen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel

Fieberg Pahle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439256

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