Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungleichbehandlung in der betrieblichen Altersversorgung. Fortführung von BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –. Auslegung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung: Gleichbehandlung angestellter Poliere mit kaufmännischen und technischen Angestellten in der Bauwirtschaft. sachlicher Grund für die Differenzierung. Rückwirkungsverbot. Vertrauensschutz. Überforderungsschutz. Betriebliche Altersversorgung. Gleichbehandlung. Prozessrecht

 

Orientierungssatz

  • Angestellte Poliere gehören nicht zu den “technischen und kaufmännischen Angestellten” im Sinne der Versorgungsordnung, über deren Auslegung der Senat zu entscheiden hatte.
  • Es gab jedoch keine sachlichen Gründe dafür, den angestellten Polieren eine niedrigere Altersversorgung zu gewähren als den technischen und kaufmännischen Angestellten.
  • Jedenfalls für in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte, wie den vorliegenden, konnte der Arbeitgeber die Gleichbehandlung nur durch eine Anpassung nach oben herstellen. Der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebende Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen führte nicht zum Wegfall oder einer Einschränkung dieser Verpflichtung. Der Überforderungsschutz setzt einen Vertrauenstatbestand voraus. Wenn der Arbeitgeber nicht auf die Rechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung vertrauen durfte, kommt es zu keiner Interessenabwägung.
 

Normenkette

BGB § 242; BetrVG § 75; BetrAVG § 1 Gleichbehandlung; ZPO § 256; BetrAVG § 1; GG Art. 20 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.11.2002; Aktenzeichen 14 Sa 50/02)

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 9 Ca 406/01)

 

Tenor

  • Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 19. November 2002 – 14 Sa 50/02 – wird zurückgewiesen.
  • Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als angestelltem Polier eine ebenso hohe betriebliche Altersversorgung zusteht wie den kaufmännischen und technischen Angestellten der Beklagten.

Der Kläger war vom 3. Juni 1958 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Oktober 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Sie betreibt ein Bauunternehmen. Der Kläger arbeitete bei ihr zunächst als gewerblicher Arbeitnehmer. Am 6. September 1971 ernannte sie ihn zum Polier und übernahm ihn in das Angestelltenverhältnis. Zuletzt war er als Oberpolier tätig.

Seit dem 1. Oktober 2000 erhält er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Altersrente. Der Z… Versorgungswerk e. V. gewährt ihm eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 201,00 DM brutto. Diese Versorgungseinrichtung ist eine von der Beklagten unterhaltene Unterstützungskasse. Sie wurde im Jahre 1962 unter einem anderen Namen gegründet und beruht auf einer bis zum Jahre 1940 zurückreichenden Tradition. Nach den für die kaufmännischen und technischen Angestellten der Beklagten geltenden Versorgungsregelungen erhielte der Kläger eine höhere Betriebsrente.

In der seit dem 1. Januar 1965 geltenden Betriebsordnung (BO 65) war die betriebliche Altersversorgung in Übereinstimmung mit der am 1. Januar 1960 in Kraft getretenen Betriebsordnung (BO 60) wie folgt geregelt:

“X. Sonderleistung des Betriebes:

1. Die Firma unterhält eine Unterstützungskasse für Angestellte und Arbeiter (Züblin Sozialhilfe e. V.), aus der im Bedürftigkeitsfalle auf Antrag eine finanzielle Beihilfe gewährt werden kann, deren Höhe, Dauer und Art nach Lage des jeweiligen Unterstützungsfalles und nach Maßgabe der Satzung festgesetzt werden.

In Betracht kommen:

b) Gewährung von laufenden Unterstützungen an langjährige Betriebsangehörige, die infolge Erreichung der Altersgrenze oder wegen eingetretener Invalidität ausscheiden oder an deren Hinterbliebene im Todesfalle.

XI. Pensionsverträge:

Die Geschäftsleitung behält sich vor, Arbeitnehmern mit mehr als 15jähriger Betriebszugehörigkeit vertragliche Ansprüche auf Ruhegehalt zu gewähren, falls dies mit Rücksicht auf die Höhe der Renten aus Angestellten- oder Invalidenversicherung sich als notwendig erweist.”

Die am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Betriebsordnung (BO 75) übernahm zwar in Nr. 10 die Bestimmungen des Abschnittes X BO 65, ergänzte sie aber durch folgende Regelungen in Nr. 12:

“Betriebliche Altersversorgung:

Technische und kaufmännische Angestellte mit mindestens 15jähriger Betriebszugehörigkeit können unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Vollendung des 35. Lebensjahres Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung erhalten. Dies kann nicht vor Ablauf des Kalenderjahres der Fall sein, in welchem der Arbeitnehmer sein 35. Lebensjahr und sein 15. Dienstjahr vollendet hat.

Die Altersversorgung der Poliere, Meister und gewerblichen Arbeitnehmer regelt sich nach der Satzung der Z… Sozialhilfe e. V.”

Die Beklagte schloss die betriebliche Altersversorgung für die technischen und kaufmännischen Angestellten zum 30. Juni 1982. Seit dem 1. Juli 1982 wurden keine gesonderten Versorgungszusagen nach Nr. 12 BO 75 mehr erteilt. Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. Mai 1988 löste die bis zum 30. Juni 1982 geltende Versorgungsregelung für die technischen und kaufmännischen Angestellten ab. Diese neue Ruhegeldordnung (RGO 88) beschreibt ihren Anwendungsbereich wie folgt:

“1. Kreis der Versorgungsberechtigten

Einen rechtsverbindlichen Anspruch auf die nachstehend genannten Versorgungsleistungen haben alle technischen und kaufmännischen Angestellten (nachstehend “Mitarbeiter” genannt) der Firma Z… AG, Stuttgart (nachstehend “Firma” genannt), soweit sie vor dem 1. Juli 1982 in die Firma eingetreten sind und das Dienstverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalles weiterbestanden hat. Außerdem müssen bei Eintritt des Versorgungsfalles die nachstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sein.”

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für seine Beschäftigungszeit vom 6. September 1971 bis zum 30. September 2000 eine höhere Betriebsrente nach der RGO 88 zu. Als Polier und später Oberpolier habe er zu den technischen Angestellten iSd. Nr. 1 RGO 88 gehört. Zumindest könne er die Klageforderung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Für die Herausnahme der angestellten Poliere aus der RGO 88 gebe es keine sachlichen Gründe. Der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führe dazu, dass seine Betriebsrente nach oben anzupassen sei. Ein Rückwirkungsverbot greife insoweit nicht ein. Für einen Vertrauensschutz der Beklagten bestehe kein Anlass. Sie werde durch die erhöhten Versorgungslasten auch nicht überfordert.

Der Kläger hat beantragt festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm eine Betriebsrente gemäß der Ruhegeldordnung 1988 zu zahlen auf der Grundlage einer anrechnungsfähigen Dienstzeit vom 6. September 1971 bis zum 30. September 2000, beginnend mit dem 1. Oktober 2000.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs einer Leistungsklage unzulässig. Die Klage sei auch unbegründet. Der Kläger gehöre nicht zum Kreis der nach Nr. 1 RGO 88 Versorgungsberechtigten. Poliere seien keine technischen oder kaufmännischen Angestellten. Die unterschiedlichen Versorgungsregelungen für die gewerblichen Arbeitnehmer, Poliere und Meister einerseits und die technischen und kaufmännischen Angestellten andererseits verletzten nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz. Diese Differenzierung beruhe auf sachlichen Gründen. Hauptgrund der Differenzierung sei der unterschiedliche Versorgungsbedarf gewesen. Die relative Versorgungslücke sei wegen des späteren Eintritts in das Berufsleben und des geringeren Zugangsrentenniveaus bei den kaufmännischen und technischen Angestellten typischerweise größer als bei den gewerblichen Arbeitnehmern, Polieren und Meistern. Jedenfalls sei es mit dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Rückwirkungsverbot nicht zu vereinbaren, die Verpflichtung zur Gleichbehandlung auf die bis zum 31. Dezember 1981 zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu erstrecken. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass die Differenzierung zwischen den gewerblichen Arbeitnehmern, Polieren und Meistern einerseits und den kaufmännischen und technischen Angestellten andererseits rechtmäßig sei. Diese Gruppenbildung habe dem Bundesrahmentarifvertrag Bau entsprochen und sei vom Gesetzgeber durch Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrags gebilligt worden. Damals habe es noch nicht die Rechtsprechung zur Gleichbehandlung gegeben, auf die sich der Kläger nunmehr berufe. Sowohl die Tätigkeiten als auch die tarifliche und gesetzliche Altersversorgung der Poliere und übrigen Angestellten hätten sich im Laufe der Zeit geändert. Außerdem werde die Beklagte durch die vom Kläger geforderte rückwirkende Ausdehnung des Kreises der Versorgungsberechtigten der RGO 88 wirtschaftlich überfordert. Ihr entstünden beträchtlicher Verwaltungsaufwand und erhebliche Kostensteigerungen. Wenn die Klage begründet wäre, hätten zum 31. Dezember 1997 für die Gruppe der Poliere weitere Pensionsrückstellungen von 2.656.000,00 DM gebildet werden müssen. Bei Einbeziehung aller Poliere und gewerblichen Arbeitnehmer, die vor dem 30. Juni 1992 bei der Beklagten ihre Tätigkeit aufgenommen hätten, erhöhten sich die Pensionsrückstellungen um 58 Mio. DM. Das Interesse der Beklagten, von zusätzlichen finanziellen Belastungen und Verwaltungsmehraufwand verschont zu bleiben, habe Vorrang vor dem Interesse der Poliere an einer höheren betrieblichen Altersversorgung, zumal ihre Gesamtversorgung typischerweise wesentlich höher ausfallen würde als die der technischen und kaufmännischen Angestellten.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass die RGO 88 auf die Beschäftigungszeit des Klägers vom 1. Januar 1982 bis zum 30. September 2000 anzuwenden sei, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat hiergegen keine Berufung eingelegt. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit ihrer Revision strebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Feststellungsklage genügt den prozessualen Anforderungen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf höhere Betriebsrente auch für die Beschäftigungszeit vom 6. September 1971 bis zum 31. Dezember 1981 zu.

Der Senat hat sich bereits im Urteil vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 –) mit den maßgeblichen Rechtsfragen befasst. Neue Argumente, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, sind nicht vorgebracht wurden. Das frühere Revisionsverfahren eines anderen Poliers betraf zwar die von diesem zwischen dem 1. Januar 1982 und dem 31. März 1998 zurückgelegten Beschäftigungszeiten. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, ist es jedoch nicht gerechtfertigt, dem Kläger im vorliegenden Verfahren eine höhere Betriebsrente für die vor dem 1. Januar 1982 zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu versagen.

  • Ebenso wie im Rechtsstreit – 3 AZR 229/01 – ist auch der hier gestellte Feststellungsantrag zulässig. Mit ihm soll geklärt werden, ob der Kläger für die genau bezeichneten Beschäftigungszeiten Anspruch auf Betriebsrente nach der RGO 88 hat. Dieser Antrag genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO (BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, zu A der Gründe).

    Das Versorgungsverhältnis ist ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, zumal der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Da die Parteien darüber streiten, welche Versorgungsregelungen anzuwenden sind, hat der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Inhalts seiner Versorgungsrechte.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten musste der Kläger keine Leistungsklage erheben. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt. Eine Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn auf diesem Wege eine sachgemäße, einfachere Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. ua. 24. Juni 1998 – 3 AZR 288/97 – BAGE 89, 180, 182 mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Wie der Senat im Urteil vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 –, zu A II 2b der Gründe) näher ausgeführt hat, erfordert die 14 Unterabsätze umfassende Regelung der Nr. 7 RGO 88 schwierige und komplexe Rentenberechnungen. Dieser mit der Bezifferung der Versorgungsleistungen verbundene Aufwand ist beiden Parteien erst dann zuzumuten, wenn feststeht, dass die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, dem Kläger eine Betriebsrente nach der RGO 88 zu zahlen. Unerheblich ist es, dass es zwischen den Parteien zu einem weiteren Rechtsstreit über die Höhe des Versorgungsanspruchs kommen kann. Bei einer klageabweisenden Entscheidung wäre der Streit der Parteien ohne Überlastung des Prozessstoffes mit komplizierten Berechnungsfragen bereinigt. Diese Möglichkeit reicht aus, den Antrag auf ein Feststellungsurteil über den Grund des Anspruchs als prozesswirtschaftlich sinnvoll anzusehen und deshalb zuzulassen (BAG 19. Dezember 2000 – 3 AZR 451/99 – BAGE 97, 1, 4).

  • Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die noch anhängige Feststellungsklage auch für begründet erachtet. Dem Kläger steht für seine gesamte Beschäftigungszeit als angestellter Polier eine höhere Betriebsrente nach der RGO 88 zu. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

    I. Die RGO 88 ist auf den Kläger nicht unmittelbar anwendbar. Er zählt nicht zu dem in Nr. 1 RGO 88 festgelegten Kreis der Versorgungsberechtigten. Angestellte Poliere gehören nicht zu den “technischen und kaufmännischen Angestellten” im Sinne dieser Bestimmung (BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, zu B I 1 der Gründe).

    1. Die RGO 88 knüpft mit der Formulierung “technische und kaufmännische Angestellte” an den tariflichen Sprachgebrauch im Bauhauptgewerbe an. Dort wird traditionell zwischen technischen und kaufmännischen Angestellten einerseits und angestellten Polieren andererseits unterschieden (vgl. dazu im Einzelnen BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, zu B I 1a der Gründe). Eine Abweichung von dieser branchenüblichen Terminologie hätte in der Versorgungsordnung erkennbar zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Unerheblich ist es, dass erst Nr. 1 Satz 2 RGO in der Fassung des Jahres 1994 die angestellten Poliere ausdrücklich ausgenommen hat. Dabei handelte es sich um keine Änderung der Versorgungsordnung, sondern lediglich um eine Klarstellung (BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, aaO).

    2. Eine über die Unterstützungskassenversorgung hinausgehende Betriebsrente hat die Beklagte dem Kläger nicht versprochen, und zwar weder durch eine Einzelzusage noch durch eine Gesamtzusage. Ob Nr. 12 der BO 75 eine Gesamtzusage enthielt, kann ebenso wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 – offen bleiben. Eine Gesamtzusage richtete sich nur an die technischen und kaufmännischen Angestellten. Für “Poliere, Meister und gewerbliche Arbeitnehmer” legte Nr. 12 Satz 3 BO 75 ausdrücklich fest, dass sich deren Altersversorgung nach der Satzung der Unterstützungskasse richtet und dementsprechend weder die Meister noch die Poliere als technische und kaufmännische Angestellte anzusehen sind.

    II. Der Kläger kann jedoch den geltend gemachten Versorgungsanspruch für seine gesamte Beschäftigungszeit als angestellter Polier auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

    1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (ebenso § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG nF) ist der Gleichbehandlungsgrundsatz eine selbständige, betriebsrentenrechtliche Anspruchsgrundlage, wenn der Verstoß gegen diesen Grundsatz nur dadurch zu beseitigen ist, dass die begünstigende Regelung auch auf die benachteiligten Arbeitnehmer angewandt wird (vgl. BAG 23. April 2002 – 3 AZR 268/01 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 54 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 24, zu B 1 der Gründe mwN). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

    a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (ständige Rechtsprechung; vgl. ua. BAG 13. Februar 2002 – 5 AZR 713/00 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 184 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 87, zu II 1 der Gründe). Die Differenzierungsgründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen (vgl. ua. BAG 18. September 2001 – 3 AZR 656/00 – BAGE 99, 53, 57 mwN). Sie müssen mit dem Inhalt der Versorgungsregelungen übereinstimmen. Der Arbeitgeber muss sich an die von ihm behaupteten Ordnungsgrundsätze halten (vgl. BAG 9. Dezember 1997 – 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16, zu B II 2 der Gründe). Bereits im Urteil vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 –, zu B II 3 der Gründe) ist im Einzelnen begründet worden, dass es keine sachlichen Gründe dafür gibt, den angestellten Polieren eine niedrigere Altersversorgung zu gewähren als den technischen und kaufmännischen Angestellten. Daran hält der Senat fest. Entgegen der Ansicht der Beklagten war die Schlechterstellung der angestellten Poliere bis zum 31. Dezember 1981 ebenso wenig gerechtfertigt wie seit dem 1. Januar 1982.

    b) Der Sache nach wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des Senats vom 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –. Ihre Argumente sind jedoch nicht stichhaltig.

    aa) Der besondere Wert der Betriebstreue einer bestimmten Arbeitnehmergruppe kann ein zulässiger Differenzierungsgrund sein (vgl. ua. BAG 22. November 1994 – 3 AZR 349/94 – BAGE 78, 288, 292 mwN). Der Arbeitgeber darf die aus seiner Sicht wichtigeren Arbeitnehmer durch die Zusage von Versorgungsleistungen enger an sein Unternehmen binden. Seine Einschätzung muss aber nachvollziehbar sein. Die Abgrenzung der Versorgungsberechtigten muss auf die Bedeutung der ausgeübten Tätigkeiten für das Unternehmen zugeschnitten sein. Dies hat die Beklagte ebenso wenig wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 – plausibel dargelegt. Die begünstigte Arbeitnehmergruppe umfasst alle technischen und kaufmännischen Angestellten, selbst wenn sie einfache Tätigkeiten ausüben und leicht zu ersetzen sind. Die Tarifgruppe T 1 gilt für Angestellte, “die eine vorwiegend schematische Tätigkeit oder eine einfache zeichnerische oder eine andere einfache technische Tätigkeit ausüben, für die keine Berufsausbildung erforderlich ist”. In der Tarifgruppe K 1 sind Angestellte “mit vorwiegend schematischer Tätigkeit, für die keine Berufsausbildung erforderlich ist”, eingruppiert. Dagegen haben Poliere als “Angestellte, die unterstellte Arbeitnehmer beaufsichtigen, ohne selbst überwiegend körperlich mitzuarbeiten” echte Führungsaufgaben, die nach ihrer Art und der hierarchischen Stellung im Betrieb eine wesentlich höhere Bedeutung für das Unternehmen haben. Es ist auszuschließen, dass ein Unternehmen des Bauhauptgewerbes an der Betriebstreue der Poliere ein wesentlich geringeres Interesse hat als an der von Angestellten im Innendienst mit einfachen Tätigkeiten(BAG 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, zu B II 3a der Gründe).

    bb) Ebenso wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 – kann offen bleiben, inwieweit bei den angestellten Polieren eine höhere Fluktuation zu verzeichnen war als bei den technischen und kaufmännischen Angestellten. Jedenfalls reicht der Tatsachenvortrag der Beklagten nicht aus, eine unterschiedliche Fluktuation als tragfähigen Grund für die Ungleichbehandlung anzusehen.

    Wie der Senat im Urteil vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 –, zu B II 3b der Gründe) ausgeführt hat, reagieren unter anderem die Tarifverträge für den Winterausgleich darauf, dass im produktiven Bereich, in dem die Poliere tätig sind, besonders in den Wintermonaten Witterungseinflüsse die Beschäftigungsmöglichkeiten stärker beeinflussen. Eine Ungleichbehandlung bei der auf langfristige Betriebstreue beruhenden Altersversorgung ist hiermit nicht zu erklären.

    Im Übrigen hat die Beklagte, worauf im Urteil des Senats vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 – aaO) ebenfalls hingewiesen worden ist, bei der Altersversorgung nicht zwischen gewerblichen Arbeitnehmern des Baugewerbes und deren Führungskräften, den Polieren, unterschieden. Für die gewerblichen Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe haben die Tarifvertragsparteien die Kündigungsfristen abgekürzt und damit ein erhöhtes Bedürfnis nach personalwirtschaftlicher Flexibilität anerkannt. Inwieweit dieses Bedürfnis eine Schlechterbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigen kann, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle. Bei den Polieren sind die fachkundigen, mit den Besonderheiten der Branche vertrauten Tarifvertragsparteien nicht von einem derartigen Bedürfnis ausgegangen. Seit 1971 gelten für die Poliere dieselben Kündigungsfristen wie für die technischen und kaufmännischen Angestellten. Die Beklagte hätte im Einzelnen darlegen müssen, dass sie sich in einer besonderen, vom Branchenüblichen abweichenden und damit von den Tarifvertragsparteien nicht berücksichtigten Lage befand und weshalb diese Verhältnisse sowohl ein geringeres Interesse an langfristiger Betriebstreue von Polieren als auch die Schlechterstellung gegenüber allen technischen und kaufmännischen Angestellten einleuchtend erklären. Ein solcher Vortrag fehlt ebenso wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 –.

    cc) Die Beklagte sieht im unterschiedlichen Versorgungsbedarf der Poliere einerseits und der technischen und kaufmännischen Angestellten andererseits den Hauptgrund der Differenzierung. Die Höhe der Versorgungslücke in diesen beiden Arbeitnehmergruppen rechtfertigt jedoch nach dem Inhalt der vorliegenden Versorgungsregelungen eine Benachteiligung der Poliere nicht. Auch dies hat der Senat bereits im Urteil vom 19. März 2002 (– 3 AZR 229/01 –, zu B II 3c der Gründe) entschieden. Daran ist festzuhalten.

    Nr. 7 RGO 88 legt den Versorgungsbedarf einheitlich für alle versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nach dem pensionsfähigen Monatsgehalt und der anrechnungsfähigen Dienstzeit fest. Auch die individuelle Sozialversicherungsrente wird berücksichtigt. Nach Nr. 7.2.2 RGO 88 wird die betriebliche Altersrente “insoweit gekürzt (limitiert), als sie zusammen mit der Sozialversicherungsrente 2/3 des pensionsfähigen Monatsgehalts zum 31.12.87 übersteigt”. Die Betriebsrente fällt je nach Höhe der Sozialversicherungsrente und des pensionsfähigen Arbeitsentgelts unterschiedlich hoch aus. Bereits die Gesamtversorgungsobergrenze stellt eine ausreichende Reaktion auf geringere Versorgungslücken dar. Der Ausschluss der Poliere aus der für die technischen und kaufmännischen Angestellten geltenden Gesamtversorgung ist nicht sachgerecht, sondern systemwidrig.

    Deshalb kommt es ebenso wenig wie im Urteil vom 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 – darauf an, ob die Beklagte hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass die Poliere nach den typischen Rentenverläufen in der Regel eine gemessen am letzten Arbeitsverdienst höhere gesetzliche Rente als die technischen und kaufmännischen Angestellten erhalten. Der in diesem Zusammenhang von der Beklagten erhobenen Aufklärungsrüge nach § 139 ZPO ist auch im vorliegenden Revisionsverfahren nicht nachzugehen. Wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 – kann dahinstehen, ob der zur Begründung dieser Rüge nachgeholte Sachvortrag ausgereicht hätte, das typische Versorgungsniveau der beiden Arbeitnehmergruppen aufzuzeigen, oder ob die behauptete Typik des Versicherungsverlaufs des kaufmännischen Angestellten S… einerseits und des Klägers als Polier andererseits näher hätte dargelegt werden müssen.

    dd) Die Benachteiligung der Poliere lässt sich nicht darauf stützen, dass der Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe (TV A) für diese Angestellten seit 1958 eine Zusatzversorgung vorschrieb, während die technischen und kaufmännischen Angestellten erst später in die tarifliche Zusatzversorgung einbezogen wurden. Inwieweit für die technischen und kaufmännischen Angestellten bei der tariflichen Zusatzversorgung ungünstigere Berechnungsvorschriften gelten als für die Poliere, ist ebenfalls unerheblich. Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, die Versorgungslücke der kaufmännischen und technischen Angestellten aus der Nichteinbeziehung in die tarifliche Zusatzversorgung durch eine eigenständige betriebliche Altersversorgung zu decken. Die Differenz zwischen der betrieblichen Altersversorgung der technischen und kaufmännischen Angestellten einerseits und der Unterstützungskassenversorgung der Poliere andererseits übersteigt die tarifvertragliche Zusatzversorgung deutlich. Der RGO 88 lässt sich kein Zusammenhang mit der tariflichen Zusatzversorgung entnehmen. Sie spielt für die Betriebsrente nach der RGO 88 keine Rolle, obwohl zumindest seit dem 1. Januar 1976 auch kaufmännische und technische Angestellte mit Ausnahme der leitenden Angestellten und der unterhälftig Teilzeitbeschäftigten eine tarifliche Zusatzversorgung erhalten.

    2. Der Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zeitigt die gleichen Rechtsfolgen wie im Verfahren – 3 AZR 229/01 –. Die RGO 88 ist nicht insgesamt nichtig. Vielmehr entfällt die Einschränkung ihres Anwendungsbereichs, die ohne sachlichen Grund die Poliere benachteiligt. Jedenfalls für in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte, wie den vorliegenden, kann der Arbeitgeber die Gleichbehandlung nur durch eine Anpassung nach oben herstellen (vgl. BAG 9. Dezember 1997 – 3 AZR 661/96 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 40 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 16, zu B III der Gründe; 25. Februar 1999 – 3 AZR 262/97 –, zu B IV 1 der Gründe; 19. März 2002 – 3 AZR 229/01 –, zu B II 4a der Gründe). Der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebene Vertrauensschutz gegenüber rückwirkenden Belastungen führt nicht zum Wegfall oder einer Einschränkung dieser Verpflichtung.

    a) Weder auf Grund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts noch auf Grund gesetzlicher und tariflicher Vorschriften durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass eine Benachteiligung der angestellten Poliere gegenüber technischen und kaufmännischen Angestellten bei der betrieblichen Altersversorgung bis zum 31. Dezember 1981 rechtmäßig sei.

    aa) Belastende Gesetze, die sich echte Rückwirkung beilegen, sind in der Regel mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar (vgl. ua. BVerfG 19. Dezember 1967 – 2 BvL 4/65 – BVerfGE 23, 12, 32; 20. Oktober 1971 – 1 BvR 757/66 – BVerfGE 32, 111, 123; 9. Oktober 1985 – 1 BvL 7/83 – BVerfGE 71, 1, 11 ff.). Höchstrichterliche Urteile sind jedoch kein Gesetzesrecht und erzeugen damit keine vergleichbare Rechtsbindung (BVerfG 19. Februar 1975 – 1 BvR 418/71 – BVerfGE 38, 386, 396; 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 – BVerfGE 84, 212, 227). Urteile ändern die Rechtslage nicht, sondern stellen sie lediglich auf Grund eines prinzipiell irrtumsanfälligen Erkenntnisprozesses für den konkreten Fall fest (BVerfG 28. September 1992 – 1 BvR 496/87 – AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 32, zu II 2b der Gründe). Selbst an eine feststehende Rechtsprechung sind die Gerichte nicht gebunden, wenn sich diese im Lichte neuerer Erkenntnisse oder veränderter Verhältnisse als nicht mehr haltbar erweist (vgl. BverfG 11. November 1964 – 1 BvR 488/62, 1 BvR 562/63, 1 BvR 216/64 – BVerfGE 18, 224, 240 f.; 16. Dezember 1981 – 1 BvR 898, 1132, 1150, 1333, 1181/79, 83, 416/80, 1117/79 und 603/80 – BVerfGE 59, 128, 165). Bei einer rückwirkenden Änderung der Rechtsprechung können zwar die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zu beachten sein (vgl. BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236, 254 mwN). Auf die Einzelheiten kommt es aber nicht an, denn im vorliegenden Fall hat sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht geändert.

    Das Bundesarbeitsgericht hat in keiner Entscheidung ausgesprochen, dass eine Gruppenbildung, wie sie die RGO 88 enthält, mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren ist. Bis zum 31. Dezember 1981 haben lediglich einige Landesarbeitsgerichte (vgl. ua. LAG Düsseldorf 11. November 1981 – 22 Sa 421/81 – EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 27) die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern bei der Zahlung von Weihnachtsgratifikationen als sachgerechte Gruppenbildung angesehen. Ob Urteile der Landesarbeitsgerichte, die der Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht unterliegen, bis zum Erlass einer höchstrichterlichen Entscheidung überhaupt einen Vertrauenstatbestand schaffen können, erscheint mehr als fraglich, kann jedoch im vorliegenden Fall offen bleiben. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nicht die Gleichbehandlung gewerblicher Arbeitnehmer (= Arbeiter) mit Angestellten, sondern die Gleichbehandlung von angestellten Polieren mit technischen und kaufmännischen Angestellten. Zu dieser Differenzierung gab es keine einschlägige Rechtsprechung. Von einer Änderung der Rechtsprechung kann daher keine Rede sein. Jedenfalls solange eine gefestigte Rechtsprechung fehlt, kann nicht erwartet werden, dass die Gerichte eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten.

    bb) Im Gegensatz zur Unterscheidung Arbeiter-Angestellte gab es zur Unterscheidung Poliere und sonstige Angestellte keine vertrauensbildenden gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte konnte entgegen ihrer Ansicht auch nicht den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes entnehmen, dass sie die Poliere bei der betrieblichen Altersversorgung schlechter behandeln dürfe als die kaufmännischen und technischen Angestellten. Daran ändert die bis Ende der 90er Jahre im Baugewerbe bestehende Tarifstruktur nichts. Die Ansprüche der kaufmännischen und technischen Angestellten waren im Rahmentarifvertrag Angestellte, die der Poliere im Rahmentarifvertrag für die Poliere des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin, die der gewerblichen Arbeitnehmer im Bundesrahmentarifvertrag Bau geregelt. Aus dieser Dreiteilung lässt sich nicht entnehmen, wie die Arbeitgeber ihre eigenständigen betrieblichen Versorgungsleistungen ausgestalten dürfen. Die Tarifverträge des Baugewerbes enthielten keine Anhaltspunkte dafür, dass Poliere in der betrieblichen Altersversorgung ohne weiteres gegenüber technischen und kaufmännischen Angestellten benachteiligt werden dürfen. Im Gegenteil: Zunächst hielten die Tarifvertragsparteien lediglich für die Poliere, nicht aber für die technischen und kaufmännischen Angestellten die Einführung einer tariflichen Zusatzversorgung für geboten. Aus der Sicht der Tarifvertragsparteien bestand bei den Polieren ein größeres Bedürfnis für eine tarifvertraglich abgesicherte Mindestversorgung. Daraus konnte die Beklagte nicht schließen, dass sie diese Arbeitnehmer schlechter versorgen dürfe als die von den Tarifvertragsparteien als weniger schutzbedürftig erachteten technischen und kaufmännischen Angestellten.

    cc) Die entscheidungserheblichen Verhältnisse haben sich nicht ergebnisrelevant verändert. Insbesondere hatten die Poliere bereits vor dem 1. Januar 1982 Führungsaufgaben. In der von der Beklagten geschaffenen betrieblichen Altersversorgung für ihre kaufmännischen und technischen Angestellten kam es von Anfang an nicht darauf an, welche Aufgaben sie wahrnahmen und welche Bedeutung ihre Tätigkeiten für das Unternehmen hatten.

    b) Der von der Beklagten geltend gemachte Überforderungsschutz setzt einen Vertrauenstatbestand voraus. Da sowohl die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit als auch die Idee der materiellen Gerechtigkeit wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips sind (vgl. BVerfG 14. Januar 1987 – 1 BvR 1052/79 – BVerfGE 74, 129, 152, zu B II 1 der Gründe), müssen die betroffenen Rechtsgüter nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit abgewogen werden (BVerfG 16. Dezember 1981 – 1 BvR 898, 1132, 1150, 1333, 1181/79, 83, 416/80, 1117/79 und 603/80 – BVerfGE 59, 128, 166). Im Rahmen dieser Abwägung ist zu prüfen, ob durch eine rückwirkende Anwendung des Gleichbehandlungsgebots dem Arbeitgeber unzumutbare Belastungen entstehen. Wenn der Arbeitgeber wie im vorliegenden Fall nicht auf die Rechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung vertrauen durfte, kommt es zu keiner Interessenabwägung. Das Ausmaß der durch die Beachtung des Gleichbehandlungsgebots entstehenden wirtschaftlichen Belastungen spielt dementsprechend keine Rolle.

    c) Im Übrigen lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen, dass sie durch die Einbeziehung der Poliere in die betriebliche Altersversorgung der RGO 88 wirtschaftlich überfordert wäre.

    aa) Im Schriftsatz vom 19. Oktober 2001 S. 18 hat die Beklagte ausgeführt, dass sich bei Einbeziehung der Poliere die Belastung durch Pensionsrückstellungen zum Zeitpunkt 31. Dezember 1997 um 2.656.000,00 DM erhöhe. Die Jahresüberschüsse hätten sich 1995 bis 1997 auf jeweils 13 Mio. DM, 1998 auf 14 Mio. DM und 1999 auf 15 Mio. DM belaufen. Trotz der Prognose rückläufiger Auftragseingänge lässt sich eine Überforderung oder gar die von der Beklagten befürchtete Existenzbedrohung nicht feststellen, zumal es sich bei der Erhöhung der Pensionsrückstellungen für zurückliegende Zeiträume um eine einmalige Maßnahme handelt.

    bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Pensionsrückstellungen erhöhten sich um 58 Mio. DM, wenn außer den Polieren auch die gewerblichen Arbeitnehmer, die vor dem 30. Juni 1992 bei der Beklagten eine Tätigkeit aufnahmen, in die betriebliche Altersversorgung der RGO 88 einbezogen würden. Die Gleichbehandlung der Poliere mit den technischen und kaufmännischen Angestellten führt nicht zwangsläufig und ohne weiteres dazu, dass die gewerblichen Arbeitnehmer für alle Beschäftigungszeiten eine betriebliche Altersversorgung nach der RGO 88 verlangen können. Soweit die betriebliche Altersversorgung an den unterschiedlichen Status von Arbeitern und Angestellten anknüpft, kommt ein Vertrauensschutz für den Arbeitgeber in Betracht. Eine allein an diesen Status anknüpfende Differenzierung verletzt zwar den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Urteil vom 10. Dezember 2002 (– 3 AZR 3/02 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 56 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 26, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu IV 3 der Gründe) hat aber der Senat entschieden, dass der Versorgungsschuldner bis einschließlich 30. Juni 1993 darauf vertrauen konnte, eine allein an den unterschiedlichen Status von Arbeitern und Angestellten anknüpfende Differenzierung sei noch zulässig. Zum einen bestanden zwischen Arbeitern und Angestellten erhebliche tatsächliche Unterschiede, die sich nur allmählich verringerten. Zum anderen wirkten die damals bestehenden gesetzlichen Regelungen vertrauensbildend. Der Gesetzgeber hatte bei den Kündigungsfristen und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an den Arbeiter- und Angestelltenstatus angeknüpft. Zur Neuregelung der Kündigungsfristen hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 30. Mai 1990 (– 1 BvL 2/83, 9, 10/84, 3/85, 11, 12, 13/89, 4/90 und 1 BvR 764/86 – BVerfGE 82, 126) dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 1993 gesetzt. Der Arbeitgeber durfte darauf vertrauen, dass ihm die gleiche Frist für die Anpassung seiner Versorgungsregelungen eingeräumt werde und seine Statusdifferenzierung für eine Übergangszeit hingenommen werde. Daran hält der Senat fest.

  • Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Rödder, Oberhofer

 

Fundstellen

Haufe-Index 1210350

NZA 2004, 1296

EzA-SD 2004, 15

NJOZ 2004, 4118

SJ 2004, 38

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