Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitzuschläge für Feiertagsarbeit. Abgrenzung zum Urteil des Dritten Senats vom 22. August 1995 – 3 AZR 42/95 – (AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: DRK) zu Zeitzuschlägen für Arbeit an Wochenfeiertagen nach dem Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes

 

Leitsatz (amtlich)

Angestellte der Deutschen Reichsbahn, für die im Dienstplan nicht nur ein Freizeitausgleich für dienstplanmäßige Sonntagsarbeit, sondern auch ein Freizeitausgleich für dienstplanmäßige Samstagsarbeit vorgesehen ist, haben für dienstplanmäßige Arbeit am Pfingstsonntag und dienstplanmäßige Arbeit an einem Wochenfeiertag, der auf einen Samstag fällt, einen Anspruch auf einen Zeitzuschlag nach § 18a Abs. 1 Buchst. c bb AnTV-DR in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung (Fortführung der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 9. Oktober 1991 – 6 AZR 370/89 – AP Nr. 17 zu § 15 BAT).

 

Normenkette

Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Reichsbahn in der seit dem 1. Juli 1991 geltenden Fassung (AnTV-DR) § 10 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 18a Abs. 1 Buchst. c

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 20.06.1995; Aktenzeichen 8 (3) Sa 93/95)

ArbG Cottbus (Urteil vom 30.11.1994; Aktenzeichen 5 Ca 3362/94)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe der Klägerin Zeitzuschläge für Schichtarbeit am 1. Mai 1993 und am 30. Mai 1993 (Pfingstsonntag) zustehen.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Expedientin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Reichsbahn (AnTV-DR) in der seit dem 1. Juli 1991 geltenden Fassung aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung.

Die Klägerin arbeitet im Schichtdienst. Der Schichtplan sieht pro Woche 4,7 Dienstschichten und 2,3 arbeitsfreie Tage vor. Entsprechend ihrem Schichtplan leistete die Klägerin am Samstag, dem 1. Mai 1993 sechs Arbeitsstunden und am Pfingstsonntag, dem 30. Mai 1993 11,5 Arbeitsstunden. In der jeweils darauffolgenden Woche hatte sie dienstplanmäßig mindestens zwei freie Tage. Für die geleisteten Stunden gewährte die Beklagte einen Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung.

Hinsichtlich der Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen und ihrer Vergütung enthält der AnTV-DR, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:

§ 10

Arbeitszeit

    • Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. (AB 1)
    • Soweit Sonn- und Feiertagsarbeit dienstlich erforderlich ist, muß an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden. Es sollen jedoch im Monat zwei Sonntage arbeitsfrei sein, wenn die dienstlichen Verhältnisse es zulassen.
    • Die dienstplanmäßige Arbeitszeit an einem Sonntag ist durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der nächsten oder übernächsten Woche auszugleichen. Erfolgt der Ausgleich an einem Wochenfeiertag, wird für jede auszugleichende Arbeitsstunde die Stundenvergütung (nach § 18a Abs. 3 Satz 1) gezahlt.
    • Die dienstplanmäßige Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag soll auf Antrag des Angestellten durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung der Vergütung (§ 14) und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen ausgeglichen werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es zulassen.
  • Hinsichtlich der Arbeitszeit der Angestellten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, gilt folgendes: Die auf Angestellte der Deutschen Bundesbahn übertragenen Arbeitszeitvorschriften der Bundesbahnbeamten gelten mit ihrem jeweiligen Inhalt auch für die Angestellten der Deutschen Reichsbahn in entsprechenden Tätigkeiten.

    • Dienstplanmäßige Arbeit ist die Arbeit, die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist.
    • Wochenfeiertage sind die Werktage, die gesetzlich oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften durch behördliche Anordnung zu gesetzlichen Feiertagen erklärt sind und für die Arbeitsruhe angeordnet ist.

§ 18a

Zeitzuschläge, Überstundenvergütung

  • Der Angestellte erhält neben seiner Vergütung (§ 14) Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde

    b)

    für Arbeit an Sonntagen

    25 v.H.,

    c)

    für Arbeit an Wochenfeiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag

    aa)

    ohne Freizeitausgleich

    135 v.H.,

    bb)

    bei Freizeitausgleich

    35 v.H.,

    der Stundenvergütung,

In der Dienstdauervorschrift (DDV) der Deutschen Bundesbahn, in der für die Deutsche Reichsbahn maßgebenden Ausgabe, ist bestimmt:

§ 2

Arbeitszeit

  • Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt im 7tägigen Durchschnitt einer Dienstplanperiode 38 1/2 Stunden (AB 1) [1]. …

    • Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlich anerkannten Wochenfeiertag, der auf die Tage Montag bis Freitag fällt, um 7 Stunde 42 Min. [2], falls ein gesetzlich anerkannter Wochenfeiertag auf einen Samstag fällt, bleibt die regelmäßige Arbeitszeit unverändert. Wenn der Dienst nicht in Wechselschicht geleistet wird, vermindert sie sich um die auf den Wochenfeiertag entfallende Arbeitszeit.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe für die am 1. Mai 1993 und 30. Mai 1993 geleisteten Arbeitsstunden nach § 18a Abs. 1 Buchst. c) Buchst. aa) AnTV-DR ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung zu, da sie keinen Freizeitausgleich erhalten habe. Die dienstplanmäßig vorgesehenen Ruhetage seien kein Freizeitausgleich i.S.d. tariflichen Bestimmungen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 83,28 netto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit und DM 159,62 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung nicht zu. Für die am 1. Mai 1993 und 30. Mai 1993 geleisteten Arbeitsstunden habe sie dienstplanmäßig, wie für jeden anderen auf einen Samstag oder Sonntag fallenden Arbeitstag, Freizeitausgleich erhalten. Deshalb sei nur ein Anspruch auf einen Zuschlag für diese Stunden in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung begründet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung für die am 1. Mai 1993 und am 30. Mai 1993 geleisteten Arbeitsstunden nicht zu. Für die am Pfingstsonntag, dem 30. Mai 1993 geleisteten Arbeitsstunden habe die Klägerin den tariflich in § 10 Abs. 2 Nr. 2 AnTV-DR zwingend vorgeschriebenen Freizeitausgleich durch einen dienstplanmäßig vorgesehenen freien Tag erhalten sowie den Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung.

Die am Samstag, dem 1. Mai 1993, einem gesetzlichen Wochenfeiertag, geleisteten Arbeitsstunden seien ebenfalls durch einen dienstplanmäßig vorgesehenen freien Tag ausgeglichen und mit einem Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung bezahlt worden. Der Dienstplan enthalte nämlich nicht nur einen Freizeitausgleich für Sonntagsarbeit, sondern auch einen solchen für Samstagsarbeit. Falle ein Wochenfeiertag auf einen Samstag, bedürfe es somit keines Antrags des Angestellten auf Freizeitausgleich nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 AnTV-DR; vielmehr sei der Freizeitausgleich schon im Dienstplan vorgesehen.

Ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung oder auf Antrag ein zusätzlicher freier Tag sei nur dann zu gewähren, wenn der Wochenfeiertag auf einen der Tage zwischen Montag und Freitag falle. Dies folge daraus, daß sich in diesem Falle, wie in § 2 Abs. 5a der Dienstdauervorschrift geregelt sei, die wöchentliche Arbeitszeit verringere. Die tariflichen Bestimmungen führten somit zu einer Gleichbehandlung von schichtdienstleistenden und nicht schichtdienstleistenden Angestellten.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Der Klägerin steht für die am Samstag, dem 1. Mai 1993, und am Pfingstsonntag, dem 30. Mai 1993, geleisteten Arbeitsstunden ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung nicht zu, da sie Freizeitausgleich i.S.d. tariflichen Bestimmungen erhalten hat.

1. Als Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten Zeitzuschläge kommt nur § 18a Abs. 1 Buchst. c AnTV-DR in Betracht. Danach beträgt der Zeitzuschlag für Arbeiten an Wochenfeiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag ohne Freizeitausgleich 135 v.H. und bei Freizeitausgleich 35 v.H. der Stundenvergütung.

a) Die Klägerin hat am Pfingstsonntag, dem 30. Mai 1993, dienstplanmäßig 11,5 Stunden gearbeitet. Für diese dienstplanmäßige Arbeitszeit hat sie Freizeitausgleich erhalten.

Den Begriff des Freizeitausgleichs für dienstplanmäßige Arbeit an einem Sonntag haben die Tarifvertragsparteien in § 10 Abs. 2 Nr. 2 AnTV-DR besonders erläutert. Danach ist dienstplanmäßige Arbeit an einem Sonntag durch entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag der folgenden Woche oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der nächsten oder übernächsten Woche auszugleichen.

Dieser Freizeitausgleich im tariflichen Sinne ist damit zwingend in Dienstplänen, die Sonntagsarbeit vorsehen, vorzunehmen. Deshalb entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den gleichlautenden tariflichen Bestimmungen für Angestellte im öffentlichen Dienst, daß bei der Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen sowie für Arbeit am Oster- oder Pfingstsonntag nur ein Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung zu zahlen ist, wenn die dienstplanmäßige Arbeitszeit an diesen Sonntagen durch entsprechende dienstplanmäßige Freizeitgewährung in der nächsten oder übernächsten Woche ausgeglichen wird. Es besteht in diesem Falle kein Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag oder auf einen Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung (BAG Urteil vom 11. Dezember 1980 – 3 AZR 163/78 – AP Nr. 2 zu § 27 MTB II; Urteil vom 22. September 1981 – 3 AZR 330/79 – AP Nr. 1 zu § 35 BAT; Urteil vom 18. März 1986 – 3 AZR 541/84 – AP Nr. 3 zu § 35 BAT; Urteil vom 9. Oktober 1991 – 6 AZR 370/89 – AP Nr. 17 zu § 15 BAT). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur Zustimmung erfahren (Böhm/Spierz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand April 1996, § 15 Rz 77; PK-BAT/Pieper 2. Aufl., § 15 Rz 33 ff.).

Die durch den eindeutigen Tarifwortlaut und den tariflichen Gesamtzusammenhang gebotene Auslegung der tariflichen Bestimmungen beruht darauf, daß der Schichtdienstleistende die gleiche regelmäßige Arbeitszeit zu leisten hat wie der nicht Schichtdienstleistende. Nur erfordert die Notwendigkeit der Sonntagsarbeit im Schichtdienst die Verlagerung der Freizeit, die der nicht Schichtdienstleistende stets am Sonntag hat, auf einen anderen Tag der nächsten oder übernächsten Woche. Im Ergebnis werden also beide Arbeitnehmergruppen in gleichem Umfang zur Arbeitsleistung herangezogen, wie dies in § 10 Abs. 1 AnTV-DR vorgesehen ist. Für die regelmäßige Arbeitszeit erhalten sie ihre monatliche Vergütung. Für Sonntagsarbeit steht dem Schichtdienstleistenden allerdings ein Zeitzuschlag in Höhe von 25 v.H. und bei Arbeiten an Wochenfeiertagen, wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag ein Zuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung zu.

Aus dieser tariflichen Regelung folgt nicht, daß die tarifliche Bestimmung des § 18a Abs. 1 Buchst. c Buchst. aa überflüssig ist. Ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung kommt nämlich dann in Betracht, wenn der Angestellte außerdienstplanmäßige Sonntagsarbeit leistet. Für diese Sonntagsarbeit ist im Dienstplan kein Freizeitausgleich nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 AnTV-DR vorgesehen. Deshalb steht in diesem Falle dem Angestellten der erhöhte Zuschlag nach § 18a Abs. 1 Buchst. c Buchst. aa AnTV-DR zu.

Da die Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den Freizeitausgleich für die dienstplanmäßige Arbeit am Pfingstsonntag durch entsprechende Gewährung dienstplanmäßiger Freizeit nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 AnTV-DR erhalten hat, steht ihr ein Anspruch auf den erhöhten Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. nicht zu.

b) Dieser Anspruch ist auch nicht für die am Samstag, dem 1. Mai 1993, geleistete Arbeit begründet.

aa) Bei der Arbeit am Samstag, den 1. Mai 1993, handelt es sich um Arbeit an einem Wochenfeiertag im tariflichen Sinne. Wochenfeiertage sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 AnTV-DR Werktage, die gesetzlich oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften durch behördliche Anordnung zu gesetzlichen Feiertagen erklärt sind und für die Arbeitsruhe angeordnet ist. Der 1. Mai ist im Land Brandenburg ein gesetzlicher Feiertag. Er fiel im Jahre 1993 auf einen Samstag und damit auf einen Werktag. Mit dem Begriff des Werktages verwenden die Tarifvertragsparteien einen Begriff, der in der Rechtsterminologie einen bestimmten vorgegebenen Inhalt hat, so daß davon auszugehen ist, daß sie ihn auch in diesem Sinne verwenden und angewendet wissen wollen. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind (§ 3 Abs. 2 BUrlG). Dies steht mit dem allgemeinen Sprachgebrauch in Einklang (vgl. BAG Urteil vom 9. Oktober 1991 – 6 AZR 370/89 – AP Nr. 17 zu § 15 BAT).

Die Klägerin hat am 1. Mai 1993 dienstplanmäßig sechs Arbeitsstunden geleistet. Für diese dienstplanmäßige Arbeit hat sie Freizeitausgleich erhalten.

Der Freizeitausgleich für dienstplanmäßige Arbeit an Wochenfeiertagen ist in § 10 Abs. 2 Nr. 3 AnTV-DR geregelt. Danach soll dienstplanmäßige Arbeit an einem Wochenfeiertag auf Antrag des Angestellten durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung der Vergütung und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulage ausgeglichen werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es zulassen.

Wie der Senat im Urteil vom 9. Oktober 1991 (aaO) zur entsprechenden Regelung in § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 BAT ausgeführt hat, haben die Tarifvertragsparteien damit keinen zwingenden Freizeitausgleich bei dienstplanmäßiger Arbeit an Wochenfeiertagen wie bei dienstplanmäßiger Arbeit an Sonntagen vorgeschrieben. Bei den Wochenfeiertagen unterscheiden die Tarifvertragsparteien nicht danach, ob der Wochenfeiertag auf die Tage zwischen Montag und Freitag oder auf einen Samstag fällt. Dem Angestellten steht in allen Fällen ein Wahlrecht zu, ob er für Arbeit an einem Wochenfeiertag Freizeitausgleich beantragt oder nicht. Beantragt er Freizeitausgleich, ist ihm ein zusätzlicher freier Tag zu gewähren. Stellt er den Antrag nicht oder kann ihm aus dienstlichen Gründen nicht stattgegeben werden, entsteht für die am Wochenfeiertag geleistete Arbeit ein Anspruch auf einen Zeitzuschlag i.H.v. 135 v.H. der Stundenvergütung.

bb) Die Klägerin hat einen Antrag auf Freizeitausgleich für ihre dienstplanmäßige Arbeitszeit am Samstag, dem 1. Mai 1993 nicht gestellt. Daraus folgt aber nicht, daß ihr für die an diesem Tag geleistete Arbeit ein Anspruch auf einen Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung zusteht. Sie hat für diese Arbeit nach dem bestehenden Dienstplan Freizeitausgleich erhalten.

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin nach ihrem Dienstplan nämlich nicht nur einen arbeitsfreien Tag pro Woche als tariflich zwingenden Freizeitausgleich für Sonntagsarbeit, sondern 2,3 arbeitsfreie Tage pro Woche erhalten. Damit werden nach dem für die Klägerin verbindlichen Dienstplan, wie in der vom Senat im Urteil vom 9. Oktober 1991 behandelten Fallgestaltung, Samstags- und Sonntagsarbeit hinsichtlich des Freizeitausgleichs gleichbehandelt.

Dies kommt insbesondere auch in § 2 Abs. 5a DDV zum Ausdruck. Danach vermindert sich für jeden Wochenfeiertag, der auf die Tage Montag bis Freitag fällt, die regelmäßige Arbeitszeit um 8 Stunden; falls ein Wochenfeiertag auf einen Samstag fällt, bleibt die regelmäßige Arbeitszeit unverändert.

Arbeitet der Schichtdienstleistende also an einem Wochenfeiertag, der auf einen Samstag fällt, so verändert sich dadurch seine regelmäßige Arbeitszeit ebensowenig wie sich die regelmäßige Arbeitszeit eines nicht Schichtdienstleistenden verändert, wenn ein Wochenfeiertag auf einen Samstag fällt. Der Schichtdienstleistende erhält für diesen Tag über den Freizeitausgleich für Sonntagsarbeit hinaus einen im Schichtplan von vornherein vorgesehenen zweiten freien Tag. Die Freizeit wird von Samstag nur auf einen anderen Tag verlagert. Dies führt ebenso wie bei der Sonntagsarbeit zu einer Gleichbehandlung der schichtdienstleistenden mit den nicht schichtdienstleistenden Angestellten, die insoweit für die gleiche regelmäßige Arbeitszeit die entsprechende monatliche Vergütung erhalten.

Arbeitet der Schichtdienstleistende allerdings an einem Wochenfeiertag, der auf die Tage von Montag bis Freitag fällt, so vermindert sich seine regelmäßige Arbeitszeit. Er kann deshalb einen zusätzlichen freien Tag oder einen Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. beanspruchen. Dadurch wird er im Ergebnis mit einem nicht Schichtdienstleistenden gleichgestellt, für den sich die regelmäßige Arbeitszeit um die auf den Wochenfeiertag entfallende Arbeitszeit vermindert (§ 2 Abs. 5a letzter Satz DDV).

Da die Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die dienstplanmäßige Arbeit am Samstag, dem 1. Mai 1993, den dienstplanmäßigen Freizeitausgleich erhalten hat, stand ihr auch nur ein Anspruch auf einen Zeitzuschlag in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung zu, den die Beklagte erfüllt hat.

cc) Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung auch aus, daß sich ein Anspruch auf den Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung nicht daraus herleiten läßt, daß die Klägerin keinen Antrag auf Freizeitausgleich für die am 1. Mai 1993 dienstplanmäßig geleisteten Arbeitsstunden gestellt hat. Bei der bestehenden Schichtplangestaltung, die einen Freizeitausgleich auch für Samstagsarbeit vorsieht, hätte sie ihr Antragsrecht nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 AnTV-DR dahingehend ausüben müssen, daß ihr für Arbeiten an Wochenfeiertagen, die auf einen Samstag fallen, anders als bei sonstigen Samstagen, kein Freizeitausgleich gewährt werden solle, sondern sie statt dessen den erhöhten Zeitzuschlag beanspruche. Eine derartige Änderung des bestehenden Schichtplans hat die Klägerin aber nicht beantragt.

2. Die tarifliche Regelung über den Freizeitausgleich für dienstplanmäßige Arbeit an Sonntagen und dienstplanmäßige Arbeit an Wochenfeiertagen führt in Verbindung mit der Dienstplangestaltung zwar zu einer anderen Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit bei Schichtdienstleistenden als bei nicht Schichtdienstleistenden. Sie gewährleistet aber, daß beide Arbeitnehmergruppen für dieselbe regelmäßige Arbeitszeit die entsprechende monatliche Vergütung erhalten.

Insoweit steht der Auslegung der tariflichen Bestimmungen des AnTV-DR nicht das Urteil des Dritten Senats vom 22. August 1995 (– 3 AZR 42/95 – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: DRK) zur Auslegung der die Zeitzuschläge an Wochenfeiertagen regelnden tariflichen Bestimmungen des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes entgegen. In Abgrenzung zu den tariflichen Bestimmungen des BAT, die denen des AnTV-DR entsprechen, folgert der Dritte Senat aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, daß ein Zeitzuschlag für Arbeit an Wochenfeiertagen in Höhe von 35 v.H. der Stundenvergütung nur dann zu zahlen ist, wenn der Arbeitnehmer zum Ausgleich für die Arbeit an Feiertagen zusätzliche, “bezahlte” Freizeit erhält. Dabei geht der Dritte Senat von einer Entlohnung im Stundenlohn aus.

Bei einer monatlichen Vergütung, wie sie die Angestellten der Deutschen Reichsbahn erhalten, kommt es hingegen darauf an, ob dieser die regelmäßige Arbeitszeit gegenübersteht. Nur wenn die regelmäßige Arbeitszeit durch die Feiertagsarbeit, wie bei der Arbeit an Wochenfeiertagen, die auf die Tage zwischen Montag und Freitag fallen, überschritten wird und dafür keine zusätzliche Freizeit gewährt wird, besteht ein Anspruch auf den Zeitzuschlag in Höhe von 135 v.H. der Stundenvergütung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Schmidt, Bengs, Stahlheber

 

Fundstellen

Haufe-Index 872489

BB 1996, 1724

NZA 1996, 1222

[1] Bei der Deutschen Reichsbahn kraft tarifvertraglicher Vereinbarung seit 01.07.1991: 40 Stunden
[2] Bei der Deutschen Reichsbahn: 8,00 Stunden.

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