Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 17.02.1992; Aktenzeichen 4 Sa 7/92)

ArbG Hamburg (Urteil vom 25.07.1991; Aktenzeichen 2 Ca 11/91)

 

Nachgehend

LAG Hamburg (Urteil vom 17.02.1992; Aktenzeichen 4 Sa 7/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 17. Februar 1992 – 4 Sa 7/92 – aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten zu 1) gegen die Verurteilung von 3.409,05 DM zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 25. Juli 1991 – 2 Ca 11/91 – im selben Umfang abgeändert.

Die Klage gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 3.409,05 DM brutto wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 1/4, die Beklagte zu 1) 3/4 zu tragen. Von den Kosten I. Instanz hat die Klägerin 7/12 und die Beklagte zu 1) 5/12 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten jetzt nur noch über Urlaubsabgeltung.

Die Klägerin war bei der Beklagten zu 1) seit 1982 als kaufmännische Angestellte zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 5.000,00 DM beschäftigt. Sie war auch für den verstorbenen ehemaligen Beklagten zu 2) in dessen Einzelfirma Paul B. tätig.

Die Beklagte zu 1) kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 1988 und vorsorglich ein weiteres Mal zum 30. Juni 1989. Dagegen wandte sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage. Durch Urteil vom 27. Juni 1990 stellte das Landesarbeitsgericht fest, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Zugleich löste es das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1989 auf. Mit Anwaltsschreiben vom 8. November 1990 verlangte die Klägerin von der Beklagten erstmals Urlaubsabgeltung für 15 Urlaubstage des Jahres 1989. Die Beklagte lehnte die Erfüllung des Anspruchs mit der Begründung ab, der Anspruch sei spätestens mit Ablauf des 31. März 1990 verfallen. Daraufhin hat die Klägerin, die zusätzlich von beiden Beklagten Schadenersatz wegen der eigenmächtigen Wegnahme eines Dienstfahrzeuges verlangt hat, hinsichtlich des Urlaubs zuletzt beantragt,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 3.409,05 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Beklagte zu 1) antragsgemäß verurteilt, der Klägerin für 15 Tage Urlaubsabgeltung zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1) mit der Revision, mit der sie weiter ihr Ziel der Klageabweisung verfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Klageabweisung hinsichtlich der geltend gemachten Urlaubsabgeltung. Die Klägerin hatte im November 1990, als sie erstmals von der Beklagten zu 1) Urlaubsabgeltung verlangte, keinen Anspruch mehr. Dieser war am Jahresende 1989 erloschen.

I.1. Der im Jahr 1989 entstandene Urlaubsanspruch der Klägerin hat sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juli 1989 in einen Abgeltungsanspruch gewandelt. § 7 Abs. 4 BUrlG. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zuletzt die Senatsurteile vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 522/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, vom 7. Dezember 1993 – 9 AZR 683/92 – AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, und vom 19. Januar 1993 – 9 AZR 8/92 – AP Nr. 63 zu § 7 BUrlG Abgeltung, jeweils m.w.N.) nicht als Abfindungsanspruch, für den es auf die urlaubsrechtlichen Merkmale wie Bestand und Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs nicht ankommt, sondern als Ersatz für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht, der daher – abgesehen von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – an die gleichen Voraussetzungen gebunden ist wie der Urlaubsanspruch. Er setzt also voraus, daß der Urlaubsanspruch noch erfüllt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestünde. Da der Urlaubsanspruch auf das Kalenderjahr befristet ist, muß auch der Abgeltungsanspruch bis zum Ende des Kalenderjahres verlangt und erfüllt werden. Andernfalls erlischt er wie der Urlaubsanspruch, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Übertragung nach § 7 Abs. 3 BUrlG vor. Dann erlöschen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch am 31. März des Folgejahres.

2. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Vorinstanzen haben keinerlei Gesichtspunkte vorgebracht, die die Urlaubssenate des Bundesarbeitsgerichts in der Vergangenheit nicht bereits gewürdigt haben. Das gilt auch für den Fall, daß die Parteien für einen Teil des Urlaubsjahres und den Übertragungszeitraum über den Bestand des Arbeitsverhältnisses gestritten haben. Dem Arbeitnehmer, der mit seiner Kündigungsschutzklage zu verstehen gibt, daß er davon ausgeht, daß sein Arbeitsverhältnis fortbesteht, ist es unbenommen, während des Kündigungsschutzprozesses im Urlaubsjahr Urlaub zu fordern. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist ein Gläubiger nicht gehindert, seinen vermeintlichen Anspruch geltend zu machen, wenn Bestand und Inhalt eines Schuldverhältnisses ungewiß sind.

Lehnt der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung und die Zahlung einer Urlaubsabgeltung ab, so entsteht am Ende des Urlaubsjahres zugunsten des Arbeitnehmers ein Ersatzanspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung, weil sich der Arbeitgeber im Verzug befindet, §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 Satz 1 BGB.

II. Die Klägerin hat es versäumt, während des Urlaubsjahres ihren Anspruch geltend zu machen. Dieser ist daher am Ende des Kalenderjahres ersatzlos untergegangen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und § 100 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Leinemann, Düwell, Dörner, Dr. Weiss, Volpp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1080776

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