Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. “Störfall”. Blockmodell. Bestätigung von Senat 14. Oktober 2003 – 9 AZR 146/03 zur Veröffentlichung vorgesehen. Gleichheitssatz

 

Orientierungssatz

  • Altersteilzeit kann nach § 3 TVBA ATZ im Blockmodell oder im Teilzeitmodell geleistet werden. Typisches Kennzeichen für das Blockmodell ist der Wechsel zwischen Arbeits- und Freistellungsphase: Der Arbeitnehmer arbeitet trotz Verringerung der bisherigen Arbeitszeit während der ersten Hälfte der Altersteilzeit weiter in vollem Umfang. Dafür wird er im Gegenzug während der zweiten Hälfte der Alterszeit von weiterer Arbeitsleistung freigestellt. Er erhält ein verstetigtes Entgelt, das sich aus dem Entgelt für die Teilzeittätigkeit (§ 4 TVBA ATZ) und Aufstockungsleistungen (§ 5 TVBA ATZ) zusammensetzt.
  • Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit (Störfall), ist zu regeln, wie die vom Arbeitnehmer erbrachte Vorleistung auszugleichen ist. Nach § 9 Abs. 3 TVBA ATZ bedarf es einer Vergleichsberechnung. Zu ermitteln ist der Betrag, den der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase ohne die Altersteilzeit verdient hätte (“Hätte-Vergütung”). Dem ist die Summe der während der gesamten Laufzeit erhaltenen Bezüge (§ 4 TVBA ATZ) und Aufstockungsleistungen (§ 5 TVBA ATZ) gegenüberzustellen. Ein etwaiger Differenzbetrag ist an den Arbeitnehmer auszuzahlen.
  • Die Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

    • Sie verstößt nicht gegen das AltTZG. Das Gesetz enthält keine Regelungen der arbeitsrechtlichen Folgen einer vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell.
    • Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Die Tarifvertragsparteien behandeln die Altersteilzeitarbeitnehmer nicht “ungleich”. Alle erhalten während des rechtlichen Bestandes des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses dieselben Leistungen. Sie dienen der Existenzsicherung des Arbeitnehmers und werden nach der gesetzlichen und tariflichen Konzeption durch die ebenfalls existenzsichernde Rente abgelöst. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die fehlgeschlagene Erwartung des Altersteilzeitarbeitnehmers, seine Arbeit werde durch eine gleichlange bezahlte Freistellung kompensiert, auszugleichen. Gleichheitswidrig wäre lediglich eine Regelung, die ihm nicht die “Hätte-Vergütung” sichert.
 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; ATG §§ 3, 12; TVBA ATZ § 9 Abs. 3 Fassung: 1998-05-05

 

Verfahrensgang

LAG Nürnberg (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 3 Sa 274/02)

ArbG Weiden (Urteil vom 06.03.2002; Aktenzeichen 5 Ca 1403/01 S)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26. März 2003 – 3 Sa 274/02 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger noch Restgehalt beanspruchen kann.

Der Kläger war seit Februar 1974 bei der beklagten Bundesagentur als Angestellter beschäftigt. Im Januar 1999 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag. Rückwirkend zum 1. Juli 1998 vereinbarten sie, auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23. Juli 1996 und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TVBA ATZ) vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell fortzuführen. Die Arbeitsphase war für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 vereinbart. Anschließend sollte der Kläger bis zum 30. Juni 2000 freigestellt werden. Nach § 9 Abs. 2 TVBA ATZ iVm. § 59 Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ua. mit Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Nachdem dem Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt worden war, vereinbarten die Parteien die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1999.

In § 9 Abs. 3 TVBA ATZ heißt es:

“Endet bei einem Arbeitnehmer, der im Rahmen der Altersteil\zeit nach dem Blockmodell (§ 3 Abs. 2) beschäftigt wird, das Arbeitsverhältnis vorzeitig, hat er Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen den nach den §§ 4 und 5 erhaltenen Bezügen und Aufstockungsleistungen und den Bezügen für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung, die er ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte. Bei Tod des Arbeitnehmers steht dieser Anspruch seinen Erben zu.”

Nach § 4 TVBA ATZ hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die seiner Teilzeittätigkeit entsprechende tarifliche Vergütung (Bezüge). In § 5 TVBA ATZ sind die Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers geregelt. Der Aufstockungsbetrag muss

“so hoch sein, daß der Arbeitnehmer 83 v.H. des Nettobetrages bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag) …”

Der Kläger erhielt die ihm danach zustehenden Leistungen.

Im August 2000 rechnete die Beklagte die sich aus der vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ergebenden möglichen Ansprüche des Klägers ab. Sie ermittelte die dem Kläger für Juli 1998 bis einschließlich Juni 1999 bei Vollzeitarbeit zustehenden Bezüge für das Jahr 1998 mit 34.316,85 DM und für das Jahr 1999 mit 30.068,04 DM. Hiervon setzte sie die für die Teilzeittätigkeit gezahlten Bezüge (17.158,46 DM sowie 32.645,89 DM) und die dem Kläger während der gesamten Laufzeit erbrachten Aufstockungsleistungen (5.625,56 DM und 10.316,61 DM) ab. Wegen des sich rechnerisch zu ihren Gunsten ergebenden Unterschiedsbetrags von 1.361,63 DM lehnte die Beklagte eine Nachzahlung von Restgehalt ab.

Das hält der Kläger nicht für rechtens. Er meint, die Anrechnung der Aufstockungsleistungen auf das ihm für seine Vollzeittätigkeit zustehende Entgelt verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte sei verpflichtet, die von ihm vorgearbeitete und nicht durch Freistellung ausgeglichene Arbeitszeit zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.580,54 DM (= 7.454,91 Euro) brutto zu zahlen nebst Zinsen hieraus iHv. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 1. Januar 2000.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat erstmals im Revisionsverfahren einen Verfall möglicher Ansprüche des Klägers wegen Versäumnisses der in “§ 70 MTA” bestimmten Ausschlussfrist geltend gemacht. Im Übrigen sei die tariflich bestimmte Anrechnung der Aufstockungsleistung wirksam.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Restgehalt erworben. Auf einen möglichen Verfall wegen Versäumnisses von Ausschlussfristen kommt es daher nicht an.

  • Ein Anspruch des Klägers besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

    1. Die Berechnung der Beklagten entspricht § 9 Abs. 3 TVBA ATZ. Bei einer vorzeitigen Beendigung des im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist eine Vergleichsberechnung durchzuführen. Zu vergleichen ist der Betrag, den der Arbeitnehmer für seine während der Arbeitsphase tatsächlich geleistete Arbeitszeit als Entgelt beanspruchen könnte (“Hätte-Vergütung”) – und dem Gesamtbetrag, den er während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhalten hat. Das schließt die vom Arbeitgeber gezahlten Aufstockungsleistungen ein (BAG 14. Oktober 2003 – 9 AZR 146/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen [zVv.]). Der Kläger versteht die tarifliche Regelung nicht anders.

    2. Ein Anspruch lässt sich nicht aus einem Verstoß der tariflichen Regelung gegen höherrangiges Recht herleiten. Das hat der Senat bereits entschieden (Senat 14. Oktober 2003 – 9 AZR 146/03 – zVv.). Hieran ist festzuhalten.

    a) Auf das Altersteilzeitgesetz kann der Kläger nicht zurückgreifen. Seine Bestimmungen sind für das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im wesentlichen nur mittelbar von Bedeutung. Die Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer werden nur dann subventioniert, wenn der Altersteilzeitarbeitsvertrag die im Gesetz näher bestimmten Mindestbedingungen enthält. Hierzu gehört die Verpflichtung, das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers um 20 % des (Teilzeit-) Arbeitsverdienstes aufzustocken, mindestens auf 70 % des bisherigen Nettoentgelts iSd. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG.

    § 8 Abs. 2 AltTZG ist entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes zu entnehmen. In dieser Vorschrift ist nur geregelt, dass der Arbeitgeber dem Altersteilzeitarbeitnehmer die gesetzlichen Leistungen nicht deshalb vorenthalten darf, weil er den Arbeitsplatz nicht wieder besetzt hat oder weil er das Verfahren nach § 12 AltTZG nicht eingehalten hat. Eine – auch nur mittelbare – Regelung, wie ein vorzeitig beendetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis abzuwickeln ist – enthält sie nicht.

    b) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dabei kann dahin stehen, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG oder ob sie an dessen Grundsätze nur mittelbar gebunden sind (vgl. dazu BAG 4. April 2000 – 3 AZR 729/98 – AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 19; 30. August 2000 – 4 AZR 563/99 – BAGE 95, 277). Ein Gleichheitsverstoß liegt nicht vor.

    aa) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht lassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt werden müssen (BAG 26. April 2000 – 4 AZR 177/99 – BAGE 94, 273). Soweit es dabei um die Beurteilung tatsächlicher Umstände und möglicher Regelungsfolgen geht, steht den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zu. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung haben sie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum (BAG 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – BAGE 99, 31). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (ständige Rspr. vgl. BAG 2. April 1992 – 2 AZR 516/91 – AP BGB § 622 Nr. 38 = EzA BGB § 622 n.F. Nr. 43; 6. November 2002 – 5 AZR 487/01 – AP GG Art. 3 Nr. 300).

    bb) Gemessen daran haben die Tarifvertragsparteien den ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

    (1) Nach den Bestimmungen des TVBA ATZ werden alle Arbeitnehmer in Altersteilzeit grundsätzlich gleich behandelt (vgl. Senat 24. Juni 2003 – 9 AZR 353/02 – AP ATG § 4 Nr. 1). Sie erhalten während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses trotz der um die Hälfte verringerten Arbeitszeit monatlich ein verstetigtes Gesamtentgelt in Höhe von 83 % ihres bisherigen Nettoentgelts. Mit dieser Vergünstigung gegenüber einem Arbeitnehmer in “normaler” Teilzeit soll entsprechend der Zielsetzung des Altersteilzeitgesetzes ein Anreiz geschaffen werden, den Arbeitsplatz vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze mit dem 65. Lebensjahr frei zu machen und dadurch Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitssuchende und Auszubildende zu eröffnen (vgl. Senat 20. August 2002 – 9 AZR 710/00 – AP BGB § 611 Teilzeit Nr. 39 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 12). Den Arbeitnehmern in Altersteilzeit wird ein gleitender Übergang in den Ruhestand ermöglicht. Attraktiv ist das Angebot von Altersteilzeit allerdings nur, wenn dem Arbeitnehmer ein Einkommen garantiert wird, das seine Existenz sichert. Deshalb liegen die tariflich vereinbarten Aufstockungsbeträge – wie auch hier – regelmäßig über dem gesetzlichen Mindestsatz von 70 % des bisherigen Nettoarbeitsentgelts.

    Nach der gesetzlichen und der tariflichen Konzeption von Altersteilzeit schließt sich an das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nahtlos der Ruhestand an, regelmäßig mit einer Rente nach Altersteilzeit iSv. § 237 SGB VI. Die vom Arbeitgeber während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geschuldeten Leistungen werden durch die ebenfalls existenzsichernde Rente abgelöst. Hierfür ist unerheblich, wann das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet und in welchem Modell es geführt wurde. Selbstverständliche Folge seiner Beendigung ist das Erlöschen der vertraglichen Ansprüche.

    (2) Eine “Ungleichbehandlung” ergibt sich erst, wenn man mit dem Kläger den garantierten Mindestnettobetrag in die beiden Bestandteile “Entgelt für geleistete Arbeit” und “Aufstockungsleistungen” splittet und ausschließlich das “Entgelt für geleistete Arbeit” mit der tatsächlich erbrachten Arbeit vergleicht. Die Anrechnung der Aufstockungsleistungen auf die “Hätte-Vergütung” führt dann dazu, dass er im Verhältnis zum Arbeitnehmer im Teilzeitmodell ein Mehr an Arbeit gegen eine geringere Vergütung erbracht hat. Dessen auf die Hälfte verringerte Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 TVBA ATZ ist gleichmäßig verteilt; er erbringt daher keine Vorleistung und kommt stets in den Genuss des Gesamtentgelts. Gleiches gilt im Verhältnis zu dem Arbeitnehmer im Blockmodell, dessen Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Zeitpunkt endet. Der monatliche Aufstockungsbetrag bleibt auch ihm neben dem “Entgelt für geleistete Arbeit” ungeschmälert erhalten. Im Schrifttum wird deshalb geltend gemacht, die Regelung in § 9 Abs. 3 TVBA ATZ sei dann nicht “sachgerecht”, wenn das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach Beginn der Freistellungsphase ende (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Teil VI Stand März 2002 Altersteilzeit-TV § 9 Erl. 20.2). Das überzeugt nicht.

    (3) Die Aufstockungsleistungen sind zwar keine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung. Sie dienen aber der Existenzsicherung und sind Entgelt iSd. §§ 611 und 612 BGB (BAG 20. August 2002 – 9 AZR 710/00 – AP BGB § 611 Teilzeit Nr. 39 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 12). Wie der Arbeitslohn soll der Aufstockungsbetrag die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers sichern. Angesichts dieses Zweckes ist seine Einbeziehung in die Vergleichsrechnung nicht zu beanstanden. Bedenklich wäre allein eine Regelung, die zu einer Verkürzung des Entgeltanspruchs des Arbeitnehmers für tatsächlich geleistete oder geschuldete und deshalb zu bezahlende Vollzeitarbeit führt (vgl. BVerwG 30. Oktober 2002 – 2 A 2/01 – ZTR 2003, 206) oder die den Altersteilzeitarbeitnehmer zur Rückzahlung eines Negativsaldos verpflichtete. Diesen Bedenken trägt die tarifliche Regelung Rechnung.

    (4) Die Vereinbarung von Altersteilzeit im Blockmodell birgt von vornherein das Risiko, dass sich das Verhältnis zwischen Arbeitsphase und Freistellungsphase wegen einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verkürzt und die von den Vertragsparteien vorgesehene Kompensation der tatsächlich geleisteten Vollzeitarbeit nicht zu realisieren ist. Nach der tariflichen Konzeption liegen die Gründe, die zu einer vorzeitigen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses führen, allein in der Sphäre des Arbeitnehmers (§ 9 Abs. 2 TVBA ATZ). Der Arbeitgeber hat weder Einfluss auf die “Richtigkeit” der vom Arbeitnehmer eingeholten Auskunft über den Rentenbeginn noch kann er für den Arbeitnehmer Rente wegen Erwerbsminderung beantragen oder die Feststellung einer rentenberechtigenden Schwerbehinderung bewirken. Es ist daher nicht sachwidrig, wenn dem Arbeitnehmer und nicht dem Arbeitgeber das Risiko einer vorzeitigen Beendigung auferlegt wird, zumal der Arbeitnehmer effektiv keine finanziellen Nachteile erleidet. Er muss sich sein Entgelt nicht nachträglich “erarbeiten”, wie der Kläger meint. Fehl schlägt lediglich seine Erwartung, die vorgeleistete Arbeit durch eine gleich lange Freistellungszeit kompensieren zu können. Dagegen würde die Nichtanrechnung der Aufstockungsleistungen den Arbeitgeber mit Zahlungspflichten belasten, die er ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses so nicht hätte.

    (5) In der Tarifpraxis gibt es Regelungen, nach denen nicht durch Freistellung verbrauchte Arbeitszeiten ohne Rücksicht auf erhaltene Aufstockungsbeträge in Geld abzugelten sind. Sie behandeln diese Zeit wie nicht ausgeglichene Plus-Stunden auf einem Arbeitszeitkonto (hierzu BAG 13. März 2002 – 5 AZR 43/01 – EzA ZPO § 253 Nr. 22; zu solchen Tarifverträgen Debler NZA 2001, 1285). Ebenso bestehen Tarifverträge, die – wie hier und allgemein im öffentlichen Dienst – die Aufstockungsleistungen anrechnen (zB § 6 Abs. 4 des Tarifvertrags zur Altersteilzeit in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 1997). Ob eine Regelung, die keine Anrechnung vorsieht, im Verhältnis zu Arbeitnehmern in einem normalen “Teilzeitarbeitsverhältnis”, die ausschließlich ihren Lohn und keine Aufstockung erhalten, Bedenken unterliegt, wie die Vorinstanzen angenommen haben, ist hier nicht zu entscheiden. Der Gleichheitssatz gebietet nicht, für Arbeitnehmer in Altersteilzeit über die mit einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis verbundenen Vergünstigungen hinaus Ansprüche zu begründen, die einfachgesetzlich nicht vorgesehen sind.

    (6) Auch der Gesetzgeber geht von der Zulässigkeit einer Anrechnung auf die vom Altersteilzeitarbeitnehmer insgesamt erhaltenen Leistungen aus. Das zeigt § 12 Abs. 3 Satz 2 AltTZG. Danach hat der Arbeitgeber bei vorzeitiger Beendigung eines im Blockmodell geführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht bereits dann Anspruch auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit, wenn er den nach Beginn der Freistellungsphase frei gewordenen Arbeitsplatz wieder besetzt. Der Anspruch setzt vielmehr auch voraus, dass ihm aus dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis Aufwendungen verbleiben, er also die bereits gezahlten Aufstockungsbeträge nicht mit fälligen Entgeltansprüchen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers verrechnen kann (vgl. BT-Drucks. 14/1831 S. 9).

  • Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
 

Unterschriften

Düwell, Zwanziger, Reinecke, Furche, Otto

 

Fundstellen

NWB 2004, 2781

NZA 2005, 784

AP, 0

ArbRB 2004, 241

BAGReport 2004, 278

NJOZ 2005, 2579

Tarif aktuell 2004, 8

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