Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug – arbeitnehmerähnliche Person – Rundfunkanstalt

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle kann die Rundfunkanstalt den Umfang der Tätigkeit auch der Mitarbeiter wesentlich einschränken, deren Tätigkeit sie aufgrund des Tarifvertrages (hier: Ziff. 5.9 TV) nur aus wichtigem Grund benden kann. Der Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf vollen Ausgleich der ihm deshalb entgehenden Vergütung. Die Rundfunkanstalt ist aber verpflichtet, nach den Vorschriften über den Annahmeverzug (§§ 611, 615 BGB) die Zahlungen zu leisten, die nach dem Tarifvertrag erforderlich sind, damit die arbeitnehmerähnliche Person im persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages verbleibt und Ansprüche auf die in seinen Durchführungs-Tarifverträgen bestimmten Leistungen behält.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 615; Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle vom 1. Januar 1978 Ziff. 5

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 15.01.1998; Aktenzeichen 6 (4) Sa 1016/97)

ArbG Köln (Urteil vom 25.06.1997; Aktenzeichen 3 Ca 1748/97)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 1998 - 6 (4) Sa 1016/97 - wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Honoraransprüche für Zeiten der Nichtbeschäftigung des Klägers als freier Mitarbeiter.

Der 1944 geborene Kläger war seit Dezember 1976 als Sprecher und Übersetzer – nach seinen Angaben auch als Moderator – im arabischen Dienst der Nah- und Mittelost-Redaktion der Beklagten tätig. Er ist Mitglied der IG Medien. Er wurde als freier Mitarbeiter behandelt; seine Vergütung bestimmte sich nach den Vorschriften des Honorartarifvertrags für freie Mitarbeiter.

1982 erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht erfolgreich Klage auf Feststellung, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Den ihm von der Beklagten nach Rechtskraft des Urteils rückwirkend ab Klageerhebung angebotenen Arbeitsvertrag über eine Teilzeitbeschäftigung von 20 Wochenstunden als Übersetzer/Sprecher nahm der Kläger aus finanziellen Gründen nicht an. Auf seinen „Antrag” vereinbarten die Parteien, „das gerichtlich festgestellte Arbeitsverhältnis einvernehmlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum 5. Mai 1982 (Klageeinreichung)” aufzuheben. Sie stellten sich gegenseitig von allen durch das Arbeitsverhältnis begründeten Rechte und Pflichten frei und hielten außerdem fest, die Zusammenarbeit könne auf der Basis freier Mitarbeit fortgesetzt werden. Der Kläger war dementsprechend weiterhin für die Beklagte tätig. Die Beklagte erbrachte dem Kläger die nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle und den hierzu geschlossenen Durchführungs-Tarifverträgen vorgesehenen Leistungen wie Urlaub nach dem Urlaubstarifvertrag und Krankenleistungen nach dem Tarifvertrag über Zahlungen im Krankheitsfall. Am 15. Juli 1993 teilte sie dem Kläger mit, nach dem 31. Juli 1994 sei sie aus redaktionellen Gründen nicht mehr in der Lage, ihn als freien Mitarbeiter im bisherigen Umfang zu beschäftigen; seine Mitarbeit werde wesentlich eingeschränkt.

Bis einschließlich September 1993 vergütete die Beklagte die Mitwirkung des Klägers an Wochenendsendungen nach dem Honorarrahmen-Tarifvertrag als „Moderator am Mikrofon”. Seit Oktober 1993 legte sie das deutlich niedrigere Honorar für „Sprecher und Übersetzer” zugrunde, weil die für Moderatoren geltenden tariflichen Tätigkeitsmerkmale nicht vorlägen. Der Kläger erkrankte daraufhin Mitte November 1993 arbeitsunfähig. Bis zum 26. Dezember 1993 leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung nach der vom Kläger bis dahin bezogenen durchschnittlichen Vergütung.

Während seiner Arbeitsunfähigkeit nahm der Kläger vom 18. bis 20. Mai 1994 an einer Informationsveranstaltung in Brüssel teil. Deshalb kündigte die Beklagte am 1. Juni 1994 das „arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis” zunächst fristlos und im August 1994 hilfsweise fristgerecht. Hiergegen erhob der Kläger Klage und beantragte festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei. Mit Urteil vom 21. Februar 1995 stellte das Arbeitsgericht Köln fest, das Rechtsverhältnis der Parteien sei nicht aufgelöst. Auf ein Arbeitsverhältnis könne sich der Kläger nicht berufen. Die hiergegen gerichteten Berufungen der Parteien wurden mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. August 1995 (2 Sa 578/95) zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision begehrte der Kläger daraufhin die Feststellung, zwischen den Parteien habe seit Abschluß des Aufhebungsvertrags ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision des Klägers mit Urteil vom 11. Dezember 1996 (- 5 AZR 855/95 - BAGE 85, 11) zurück. Der Kläger könne sich wegen Rechtsmißbrauchs gegenüber der Beklagten nicht darauf berufen, zu ihr in einem Arbeitsverhältnis gestanden zu haben.

Im April 1995 teilte der Kläger der Beklagten schriftlich mit, er könne nur noch begrenzt Krankengeld in Anspruch nehmen. Er nahm weiter auf das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21. Februar 1995 Bezug mit dem Hinweis, daß nicht geklärt worden sei, ob er Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person sei. Da das Beschäftigungsverhältnis fortbestehe, sei das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis ein Minus gegenüber einem Arbeitsverhältnis. Solange letzteres nicht feststehe, sei die Beklagte aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts verpflichtet, ihn bis zur Rechtskraft des Urteils zumindest als arbeitnehmerähnliche Person zu beschäftigen. Er forderte die Beklagte auf, ihn „ab dem 01.05.1995 in einem Honorarumfang von ca. DM 80.000,– p.a. zu beschäftigen” und bat um Mitteilung, ob er am 2. Mai 1995 seine Arbeit aufnehmen könne.

Seit Oktober 1995 wird der Kläger mit Tätigkeiten in geringerem Umfang eingesetzt, für die er 1995 insgesamt 7.654,40 DM erhalten hat. 1996 bezog er von der Beklagten Honorare von 17.157,95 DM.

Der Kläger nimmt die Beklagte mit der am 26. Februar 1997 erhobenen Klage nunmehr auf Zahlung von Honorar für die Zeit vom 23. Mai 1995 bis 28. Februar 1997 in Anspruch. Hierfür beruft er sich auf die tariflichen Bestimmungen für arbeitnehmerähnliche Personen der Beklagten.

Diese lauten in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung auszugsweise:

„1. Geltungsbereich

1.1 Dieser Tarifvertrag findet Anwendung auf Rechtsverhältnisse, die zwischen arbeitnehmerähnlichen Personen im Sinne von § 12a Tarifvertragsgesetz und der Deutschen Welle durch Dienst- oder Werkverträge begründet werden. Rechte nach diesem Vertrag sind nicht aus Arbeitsverhältnissen, auch nicht aus Teilzeitarbeitsverhältnissen herzuleiten.

Protokollnotiz zu Ziff. 1.1

Die Tarifpartner sind darin einig, daß unter den in 1.1 Satz 2 genannten Arbeits- und Teilzeitarbeitsverhältnissen nur die zu verstehen sind, die aufgrund schriftlicher Arbeitsverträge oder rechtskräftiger Urteile zustande gekommen sind.

2. Wirtschaftliche Abhängigkeit

2.1 Die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Mitarbeiters ist gegeben, wenn er entweder bei der Deutschen Welle oder bei ihr und anderen Rundfunkanstalten, die zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gehören, mehr als die Hälfte seiner erwerbsmäßigen Gesamtentgelte (Brutto ohne gesonderte Unkostenerstattung) in den letzten sechs Monaten vor der Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungs-Tarifverträgen bezogen hat. Sofern ein Mitarbeiter künstlerische, schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringt oder an der Erbringung, insbesondere der technischen Gestaltung solcher Leistungen unmittelbar mitwirkt, genügt statt der Hälfte ein Drittel der genannten Entgelte.

3. Soziale Schutzbedürftigkeit

3.1 Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er in dem Erwerbszeitraum von 6 Monaten mindestens an 21 Tagen (ohne Urlaubstage einschließlich der Tage, an denen der Mitarbeiter arbeitsunfähig war und gemäß Ziffer 1 des Durchführungstarifvertrages Nr. 2 dem Grunde nach Anspruch auf Zuschüsse der Deutschen Welle hatte) für die Deutsche Welle oder auch für andere ARD-Anstalten aufgrund vertraglicher Verpflichtungen tätig war und seine Vergütungen in diesem Zeitraum aus diesen Verpflichtungen nicht mehr als DM 70.000,– betragen haben.

5. Beginn und Dauer der Arbeitnehmerähnlichkeit

5.1 Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis mit der Deutschen Welle beginnt mit dem Eintritt der Voraussetzungen nach den Ziffern 2 und 3, ohne daß es im Einzelfall einer ausdrücklichen Erklärung oder Feststellung bedarf.

5.2 Beabsichtigt die Deutsche Welle die Beendigung oder wesentliche Einschränkung der Tätigkeit des Mitarbeiters, so muß die Deutsche Welle ihm dies vorher schriftlich mitteilen, wenn der Mitarbeiter mindestens ein Kalenderjahr für die Deutsche Welle wiederkehrend tätig war und im laufenden oder vorausgegangenen Kalenderjahr einen vollen Jahresurlaubsanspruch (keinen Ergänzungsanspruch) gegen die Deutsche Welle berechtigt geltend gemacht hatte oder hätte geltend machen können. Eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit liegt dann vor, wenn hierdurch die Gesamtvergütung bei der Deutschen Welle in einem Kalenderjahr gegenüber dem vorausgehenden Kalenderjahr um mehr als 20 % gemindert wird. Bei der Errechnung findet Ziffer 5.5 Anwendung.

Protokollnotiz zu Ziffer 5.2

Unter wiederkehrend ist eine Tätigkeit von mindestens 72 Tagen einschließlich Urlaubstage im Kalenderjahr bei einer Beschäftigung von in der Regel mindestens 1 Tag in jedem Kalendermonat zu verstehen.

5.3 Die Mitteilungsfrist beträgt einen Monat, sie verlängert sich auf zwei Monate nach einem weiteren Kalenderjahr, in dem der Mitarbeiter für die Deutsche Welle wiederkehrend tätig war, auf 3 Monate nach 3 Kalenderjahren, auf 6 Monate nach 6 Kalenderjahren, auf 12 Monate nach 10 Kalenderjahren.

5.4 Innerhalb der Fristen nach Ziffer 5.3 hat der Mitarbeiter im Falle der Beendigung der Tätigkeit Anspruch auf die tariflichen Leistungen, hinsichtlich des Entgeltes auf das monatliche Durchschnittsentgelt des Kalendervorjahres, mit der Verpflichtung zur Ausübung entsprechender ihm zeitlich und fachlich zumutbarer Tätigkeit. Auf dieses Entgelt muß sich der Mitarbeiter anrechnen lassen, was er in dieser Zeit zur Verwertung des bei der Deutschen Welle nicht in Anspruch genommenen Teils seiner Arbeitskraft bei den ARD-Anstalten und beim ZDF zusätzlich verdient. Angerechnet werden auch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit der Versicherungsfall während des Laufes der Fristen nach Ziffer 5.3 eintritt.

Im Krankheitsfall besteht nur ein Anspruch nach Ziffer 7. Erfolgt eine Beendigungsmitteilung nicht, beginnt der Zeitraum für die Fortzahlung mit Beendigung der letzten Tätigkeit. Im Falle der Beendigung kann der Betroffene innerhalb der Fristen nach 5.3 eine Anhörung durch den zuständigen Abteilungsleiter und den zuständigen Direktor verlangen. Dabei muß dem Mitarbeiter insbesondere der Grund der beabsichtigten Beendigung genannt werden. Der Betroffene kann eine Person seines Vertrauens aus dem Kreis der Mitarbeiter der Deutschen Welle hinzuziehen.

5.5 Im Falle der wesentlichen Einschränkung der Tätigkeit erhält der Mitarbeiter für die Dauer der in Ziffer 5.3 genannten Fristen einen anteiligen Ausgleich, der berechnet wird nach der Differenz der um 20 % verminderten Gesamtvergütung bei der Deutschen Welle im vorausgegangenen Kalenderjahr zur Gesamtvergütung des letzten Kalenderjahres. Bei der tariflichen Honorarerhöhung im letzten Kalenderjahr errechnet sich die Gesamtvergütung des letzten Kalenderjahres aus den erzielten Honoraren abzüglich der erfolgten prozentualen Tariferhöhung. Der Abzug ergibt sich aus der Prozentualerhöhung (des Gesamthonorarvolumens), der Laufzeit des Tarifvertrages und der Anzahl der Monate, die von der Erhöhung erfaßt wurden. Sofern die Deutsche Welle die wesentliche Einschränkung der Tätigkeit nicht mitgeteilt hat, wird dies auf Antrag des Mitarbeiters am Ende eines Kalenderjahres festgestellt. Im Krankheitsfall besteht nur ein Anspruch nach Ziffer 7.

5.9 Ist ein Mitarbeiter zusammenhängend mindestens 15 Kalenderjahre für die Deutsche Welle tätig gewesen oder hat er das 50. Lebensjahr vollendet und ist zusammenhängend mindestens 10 Kalenderjahre für die Deutsche Welle tätig gewesen, so kann seine Tätigkeit nur aus wichtigem Grund von der Deutschen Welle beendet werden.

9. Geltendmachung von Ansprüchen

9.1 Bei der Geltendmachung eines Anspruches nach diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungsverträgen ist der Mitarbeiter verpflichtet, die tatsächlichen Voraussetzungen nachzuweisen. Hierzu gehören die erforderlichen Bescheinigungen in Verbindung mit seiner Versicherung, daß er kein die in Ziffer 2.1 genannten Sätze übersteigendes Einkommen aus anderweitiger Erwerbstätigkeit in dem für seinen Anspruch maßgeblichen Zeitraum gehabt hat.

9.2 Ein Anspruch muß, soweit Durchführungstarifverträge nichts anderes vorsehen, spätestens 6 Monate, nachdem er entstanden ist, gegenüber der Deutschen Welle (Honorar- und Lizenzabteilung) zumindest dem Grunde nach (ohne Bezifferung der Honorarhöhe oder Nennung des Urlaubszeitraumes) schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls er verfällt. Diese Frist ist für die Dauer einer unverschuldeten Verhinderung des Mitarbeiters gehemmt.”

Bis zum 31. Dezember 1995 lautete 3.1:

„Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er in dem Erwerbszeitraum von 6 Monaten mindestens an 42 Tagen (einschließlich der nach dem Durchführungstarifvertrag pro Halbjahr anteilmäßig zustehenden Urlaubstage sowie der Tage, an denen der Mitarbeiter arbeitsunfähig war und gem. Ziffer 1 des Durchführungstarifvertrages Nr. 2 dem Grunde nach Ansprüche auf Zuschüsse der DW hatte) für die DW oder auch für andere ARD-Anstalten aufgrund vertraglicher Verpflichtungen tätig war und seine Vergütungen in diesem Zeitraum aus diesen Verpflichtungen nicht mehr als 55.000,00 DM betragen haben.”

Der Kläger trägt vor, er sei nach Ziff. 5.9 TV unkündbar, da er im Juli 1993 seit mehr als 15 Kalenderjahren zusammenhängend für die Beklagte tätig gewesen sei. Die Beklagte habe deshalb seine Tätigkeit nur noch aus wichtigem Grund beenden können. Damit entfalle auch die Möglichkeit, seine Tätigkeit nach Ziff. 5.2 TV wesentlich einzuschränken. Der Beendigungsschutz wäre sinnlos, wenn die Beklagte die Tätigkeit eines geschützten Mitarbeiters und damit auch dessen Vergütungsanspruch beliebig reduzieren könne. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, das Entgelt auf der Grundlage seiner zuletzt bezogenen Einkünfte fortzuzahlen. Seiner Berechnung legt der Kläger die Einkünfte des Kalenderjahres 1992 von 92.128,18 DM, monatlich 7.600,– DM, zugrunde, hilfsweise die Einkünfte des Kalenderjahres 1993 von rd. 80.000,– DM, monatlich rund 6.600,– DM. Von den sich jeweils ergebenden Beträgen hat er die 1995 und 1996 von der Beklagten erhaltenen Honorare abgezogen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 136.994,10 DM nebst 9,75 % Zinsen seit dem 1. April 1996 zu zahlen,
  2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 117.832,81 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 89.303,77 DM nebst Zinsen stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den zuerkannten Betrag auf 69.710,23 DM herabgesetzt. Beide Parteien haben die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision eingelegt. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten in Höhe seines ursprünglichen Zahlungsantrags, während die Beklagte insgesamt Abweisung der Klage begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, weil der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen über die dem Kläger aus Annahmeverzug zustehenden Ansprüche nicht abschließend entscheiden kann (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Die Beklagte schuldet dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die Zeit vom 23. Mai 1995 bis 28. Februar 1997 einen über 69.710,23 DM hinausgehenden Betrag. Das gilt auch dann, wenn zu seinen Gunsten davon ausgegangen wird, daß die Beklagte seine Tätigkeit nach Ziff. 5.9 TV nur aus wichtigem Grund beenden konnte.

1. Ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich der durch die Minderung des Umfangs seiner Tätigkeit entgangenen Vergütung ergibt sich nicht unmittelbar aus dem jedenfalls als Vertragsrecht zwischen den Parteien anzuwendenden Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen der Beklagten.

a) Auf Ziff. 5.4 TV läßt sich der Anspruch des Klägers nicht stützen. Danach hat die Beklagte dem Mitarbeiter im Fall der Beendigung seiner Tätigkeit innerhalb der von ihr nach Ziff. 5.3 TV einzuhaltenden Mitteilungsfrist das monatliche Durchschnittsentgelt des Kalendervorjahres nach den in der Norm näher bestimmten Voraussetzungen auch dann zu leisten, wenn sie seine Dienste nicht in Anspruch nimmt. Die Vorschrift betrifft somit allein die fristgebundene zulässige Beendigung der Tätigkeit eines Mitarbeiters durch die Beklagte. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift läßt keine Auslegung zu, der „unkündbare” Mitarbeiter könne die Zahlung bis zur Beendigung seiner Tätigkeit als arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. Tarifvertrags beanspruchen, mithin bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Ziff. 8 TV).

b) Ziff. 5.5 TV scheidet ebenfalls als Grundlage des erhobenen Anspruchs aus.

Der von der Beklagten bei einer wesentlichen Einschränkung der Tätigkeit (Ziff. 5.2 Satz 2 TV) geschuldete Ausgleich ist ein an der Zahl der wiederkehrenden Tätigkeitsjahre (Ziff. 5.3 TV) orientierter anteiliger Einmalbetrag. Soweit der Mitarbeiter im Krankheitsfall nicht auf Krankenleistungen (Ziff. 5.5 Satz 5 TV) beschränkt ist, errechnet sich der Anspruch nach dem Unterschiedsbetrag zwischen der um 20 % verminderten Gesamtvergütung im vorausgegangenen Kalenderjahr und der Gesamtvergütung im letzten Kalenderjahr. Eine zwischenzeitliche Tariferhöhung ist abzuziehen (Ziff. 5.5 Satz 3 TV).

Der dem Mitarbeiter wegen einer wesentlichen Einschränkung seiner Tätigkeit entstehende Verdienstausfall ist damit zwar teilweise von der Beklagten auszugleichen. Dieser Ausgleich ist aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kein auf Dauer angelegter Tarifanspruch, der ohne weitere Voraussetzungen jährlich neu entsteht. Auch diese Regelung ist nach ihrem Wortlaut einer weitergehenden Auslegung nicht zugänglich.

2. Ein Zahlungsanspruch des Klägers läßt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung dieser Tarifvorschriften herleiten.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können als lückenhaft erkannte Regelungen in einem Tarifvertrag allenfalls dann durch die Gerichte für Arbeitssachen geschlossen werden, wenn es sich um eine sog. unbewußte Lücke handelt und zudem gesichert ist, daß die Tarifvertragsparteien diesen ungeregelten Sachverhalt in einer bestimmten Weise normiert hätten (vgl. BAG Urteil vom 24. Februar 1988 - 4 AZR 614/87 - BAGE 57, 334).

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Im Tarifvertrag ist zwar nicht ausdrücklich bestimmt, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Beklagte einen Mitarbeiter, dessen Tätigkeit sie nach Ziff. 5.9 TV nur aus wichtigem Grund beenden darf, nach Eintritt der „Unkündbarkeit” nur noch in geringem Umfang beschäftigt. Diese Regelungslücke ist aber auch dann nicht durch einen Rückgriff auf die in Ziff. 5.4 TV und Ziff. 5.5 TV bestimmten Tarifansprüche zu schließen, wenn den Tarifvertragsparteien das Fehlen einer tariflichen Regelung nicht bewußt gewesen sein sollte.

aa) Erkennbar dienen die von den Tarifvertragsparteien in Ziff. 5.2 ff. TV begründeten Pflichten der Beklagten dem Schutz des Mitarbeiters. Die ihr in Ziff. 5.3 TV vorgegebenen Mitteilungsfristen sollen es ihm ermöglichen, sich auf die geänderte berufliche Situation einzustellen. Der bloße Fortbestand des (unveränderten) Rechtsverhältnisses sichert dem Mitarbeiter indessen noch keine Ansprüche. Da regelmäßig keine festen Dienstzeiten oder ein bestimmtes Tätigkeitskontingent vereinbart sind, die den gesetzlichen Anspruch aus Annahmeverzug begründen könnten, erwirbt der Mitarbeiter einen Honoraranspruch gegen die Beklagte nach § 611 BGB nur, wenn er tatsächlich seinen Dienst erbringt. Zur finanziellen Absicherung des von einer Beendigung oder von einer wesentlichen Einschränkung seiner Tätigkeit betroffenen Mitarbeiters bedurfte es deshalb einer weiteren tariflichen Regelung. Es lag somit nahe, im Interesse des Mitarbeiters an die Mitteilungsfrist gebundene Zahlungsansprüche ausdrücklich im Tarifvertrag zu regeln.

bb) Voraussetzungen und Umfang dieses tariflichen Entgeltschutzes konnten die Tarifvertragsparteien (§ 12 a TVG) beliebig (Art. 9 Abs. 3 GG) ohne Bindung an gesetzlich zwingende Vorgaben festlegen. Das gilt sowohl für die Höhe und die Dauer der Verdienstsicherung nach Ziff. 5.4 TV wie auch die für die Festlegung der Marge von „mindestens 20 %” in Ziff. 5.2 Satz 2 TV und den sich daran anknüpfenden Zahlungsanspruch nach Ziff. 5.5 TV.

Den von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen läßt sich deshalb nur entnehmen, daß sie die dort bestimmten Ansprüche für die konkret geregelten Sachverhalte als angemessen und die Interessen der Mitarbeiter und der Beklagten als hinreichend berücksichtigt beurteilt haben; diese Regelungen waren jedenfalls konsensfähig.

cc) Anhaltspunkte dafür, die Tarifvertragsparteien hätten, wenn sie für die nach Ziff. 5.9 TV geschützten Mitarbeiter einen Regelungsbedarf erkannt hätten, diese Mitarbeiter in gleicher Weise vor finanziellen Einbußen geschützt und Zahlungsansprüche in Höhe von 100 % oder 80 % des früheren Entgelts unbefristet bis zur Beendigung des Rechtsverhältnisses vereinbart, also bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres, sind nicht ersichtlich. Auch diesen Bereich konnten die Tarifvertragsparteien nach ihren Vorstellungen frei regeln und Zahlungsansprüche dieser Mitarbeiter im Tarifvertrag in unterschiedlicher Höhe begründen.

Dem steht die Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. September 1992 (- 4 AZR 566/91 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 21) nicht entgegen. Der Entscheidung lag der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen des NDR zugrunde. Für diesen Tarifvertrag hat der Vierte Senat in analoger Anwendung der dortigen Ziff. 5.3 TV (wortgleich mit Ziff. 5.4 TV Deutsche Welle) einen tariflichen Ausgleichsanspruch des Mitarbeiters von bis zu 50 % bejaht. Die Entscheidung ist indessen auf den Tarifvertrag Deutsche Welle nicht übertragbar; die Tarifverträge sind zwar ähnlich, aber nicht deckungsgleich. Nach dem NDR-Tarifvertrag liegt eine „wesentliche Einschränkung” erst vor, wenn die Gesamtvergütung des Mitarbeiters um „mindestens 50 %” gegenüber dem Vorjahr gemindert wird. Im NDR-Tarifvertrag fehlt es überdies an einer gesonderten Regelung des finanziellen Ausgleichs einer wesentlichen Einschränkung. Dieser Umstand, nämlich der „Gleichlauf” der finanziellen Absicherung der Mitarbeiter bei Beendigung und wesentlicher Einschränkung war indessen für die Entscheidung des Vierten Senats bestimmend.

3. Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt zwar einen Anspruch gegen die Beklagte nach den Vorschriften über den Annahmeverzug (§§ 611, 615 Satz 1 BGB), weil er nach seiner Behauptung zur Zeit der Einschränkungsmitteilung der Beklagten im Juli 1993 die in Ziff. 5.9 TV bestimmten Voraussetzungen erfüllt hatte. Daraus ergibt sich aber kein höherer Anspruch, als vom Landesarbeitsgericht zuerkannt ist.

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger sei nach Ziff. 5.9 TV vor einer Beendigung seiner Tätigkeit geschützt. Die Beklagte müsse deshalb seinen Status als arbeitnehmerähnliche Person i.S. des Tarifvertrags unberührt lassen. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht auf die jeweils in Ziff. 3.1 TV bestimmten Daten für den Beginn des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses zurückgegriffen. Für 1995 ist es deshalb von einem durch einen Vergütungsanspruch des Klägers unterlegten Anspruch auf Tätigkeit von 42 Tagen im Halbjahr (= 84 Tage im Kalenderjahr) und für 1996 und 1997 von 72 Tagen im Kalenderjahr ausgegangen. Das Tageshonorar hat das Landesarbeitsgericht einer Abrechnung von Juli 1993 entnommen, die ein „Moderatorenhonorar” von 700,00 DM ausweist.

b) Gegen diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts wendet sich der Kläger ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dem Anspruch des Klägers die Vorschriften über den Annahmeverzug zugrunde gelegt. Die §§ 611, 615 BGB gelten nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Dienstnehmer, die aufgrund eines andauernden Dienstvertrages für den Dienstgeber tätig werden. Der Kläger ist für die Beklagte als Sprecher/Übersetzer ggf. auch als Moderator in einem ständigen Rechtsverhältnis tätig geworden und hat damit Dienstleistungen i.S.v. § 611 BGB erbracht. Dieses Rechtsverhältnis war im streitbefangenen Zeitraum nicht beendet, wie das Landesarbeitsgericht im Vorprozeß rechtskräftig festgestellt hat. Der Kläger hat der Beklagten seine Dienste ordnungsgemäß angeboten, indem er ihr im April 1995 seine Arbeitsfähigkeit mitgeteilt und um Zuweisung von Arbeit gebeten hat. Dieses wörtliche Angebot genügte, die Beklagte in Annahmeverzug zu setzen (§§ 293, 295 BGB). Der Kläger war zur Erbringung seiner Dienste auf die Mitwirkung der Beklagten angewiesen. Es war zumindest vorab abzustimmen, wann er seine an die Einrichtungen der Beklagten, deren Zeitvorstellungen und Sendungen gebundenen Dienste erbringen sollte. Diese Mitwirkung hat die Beklagte unterlassen; sie ist damit in Annahmeverzug geraten.

c) Gleichwohl ergibt sich daraus unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch des Klägers in Höhe der mit dem „Hauptantrag” verfolgten Summe, die er auf der Grundlage der Gesamtvergütung 1992 von rund 92.000,00 DM errechnet. Der Kläger hat übersehen, daß er im April 1995 und erneut im Dezember 1996 der Beklagten eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnliche Person mit einem Jahreshonorar von 80.000,00 DM angeboten hat. Nur insoweit konnte die Beklagte daher in Annahmeverzug geraten. Die erstmals im Februar 1997 an die Beklagte gerichtete Aufforderung, Zahlungen ab Mai 1995 auf der Grundlage eines Honorars von 92.000,00 DM zu leisten, hat sein Angebot und damit den Annahmeverzug der Beklagten nicht rückwirkend erweitern können.

d) Die Beklagte war indessen auch nicht verpflichtet, die Dienste des Klägers im angebotenen Umfang von 80.000,00 DM jährlich anzunehmen. Damit ist sie auch nicht verpflichtet, den hierauf beruhenden Verdienstausfall des Klägers zu entgelten.

aa) Eine derartige Verpflichtung ergibt sich nicht aus dem vereinbarten Dienstvertrag. Nachdem der Kläger für ein freies Mitarbeiterverhältnis und nicht für ein Arbeitsverhältnis „optiert” hat, wie er formuliert, fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung zwischen ihm und der Beklagten über feste Tätigkeitszeiten oder ein bestimmtes Zeitkontingent für seine Inanspruchnahme.

bb) Dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen läßt sich ein Bestands- und Entgeltschutz in dem vom Kläger begehrten Umfang nicht entnehmen. Der Tarifvertrag enthält keine Vorschrift, nach der die Beklagte den Umfang der Tätigkeit/Vergütung nur mindern kann, wenn sie hierfür einen wichtigen Grund hat.

(1) Der Schutz der arbeitnehmerähnlichen Person vor einer inhaltlichen Änderung des Rechtsverhältnisses wird nach dem Tarifvertrag über die Bestimmungen zur wesentlichen Einschränkung der Tätigkeit verwirklicht. Die vor einer Beendigung der Tätigkeit geschützten arbeitnehmerähnlichen Personen werden in diesen Vorschriften nicht gesondert erwähnt. Sie sind von der Regelung mithin nicht ausgenommen; auch ihre Gesamtvergütung und damit der Umfang der Tätigkeit kann wesentlich eingeschränkt werden.

(2) Der Kläger übersieht außerdem, daß, wie sich im Umkehrschluß aus den Tarifvorschriften zur wesentlichen Einschränkung ergibt, die Tarifvertragsparteien keinen Mitarbeiter vor einer „unwesentlichen” Einschränkung schützen. Nach dem verlautbarten Willen der Tarifvertragsparteien muß vielmehr jeder Mitarbeiter ohne weiteres hinnehmen, daß seine Gesamtvergütung um bis zu 20 % einschließlich im Kalenderjahr gegenüber dem Vorjahr gemindert wird. Hierzu bedarf es weder einer Mitteilung der Beklagten, noch erwerben die Mitarbeiter einen der Herabsetzung der Tätigkeit/Vergütung entsprechenden Ausgleichsanspruch.

(3) Etwas anderes läßt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht der „Unkündbarkeitsregel” in Ziff. 5.9 TV entnehmen. Es ist zwar richtig, daß die Tarifvertragsparteien diese Mitarbeiter vor einer Beendigung ihrer Tätigkeit für die Beklagte besonders geschützt haben. Der Wortlaut der Vorschrift trägt aber keine Auslegung, dem Mitarbeiter werde zugleich auf Dauer eine Tätigkeit und eine Vergütung gewährleistet, wie er sie im letzten Jahr seiner „Vollbeschäftigung” erzielt hat. Das gebietet auch nicht der von den Tarifvertragsparteien mit der Vorschrift erkennbar verfolgte Zweck. Danach darf zwar die Tätigkeit der bestandsgeschützten Mitarbeiter nicht ohne wichtigen Grund auf „Null” reduziert werden. Das bedeutet aber nicht, daß der bisherige Ist-Stand auf Dauer fortzuschreiben ist.

Richtig ist, daß ein Mitarbeiter, dessen Tätigkeit nur aus wichtigem Grund beendet werden kann, auch hinsichtlich des Inhalts des Rechtsverhältnisses geschützt ist. Eine „Beendigung” im Sinne von Ziff. 5.9 TV liegt nicht nur vor, wenn sich die Beklagte vom freien Mitarbeiter aufgrund einer ausdrücklichen Beendigungsmitteilung trennen will. Gleichgestellt ist auch die tatsächlich unterlassene Inanspruchnahme seiner Dienstleistung. Anderenfalls könnte die Beklagte den Bestandsschutz ohne weiteres unterlaufen. Die Tarifvertragsparteien machen auch im übrigen Zahlungsansprüche der Mitarbeiter im Fall der Beendigung oder wesentlichen Einschränkung ihrer Tätigkeit nicht von ausdrücklichen Erklärungen der Beklagten abhängig. Diese Ansprüche bestehen auch dann, wenn derartige Mitteilungen der Beklagten nicht erfolgen (Ziff. 5.4 Unterabs. 2 Satz 2 und Ziff. 5.5 Satz 4 TV). Maßstab des Inhaltsschutzes kann aber unter Berücksichtigung des Beendigungsschutzes nur sein, daß der „Status” als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des Tarifvertrags aufrecht erhalten bleibt und der Mitarbeiter die tariflichen Rechte einschließlich der Ansprüche aus den Durchführungs-Tarifverträgen behält.

Gesichtspunkte, die für einen höheren Anspruch des Klägers als dem vom Landesarbeitsgericht angenommenen Maßstab sprechen könnten, hat der Kläger demgegenüber nicht vorgebracht. Sie sind auch nicht ersichtlich.

II. Die Revision der Beklagten ist begründet, weil die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht den Schluß rechtfertigen, der Kläger sei nach Ziff. 5.9 TV vor einer Beendigung seiner Tätigkeit ohne wichtigen Grund geschützt.

1. Das Landesarbeitsgericht hat als „unzweifelhaft” angenommen, der Kläger sei zur Zeit des Zugangs der Einschränkungsmitteilung im Juli 1993 zusammenhängend 15 Kalenderjahre wirtschaftlich abhängig und sozial schutzbedürftig nach Ziff. 2.1 TV und Ziff. 3.1 TV für die Beklagte tätig gewesen. Die Beklagte habe ihn stets als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des Tarifvertrags behandelt und die tariflichen Leistungen gewährt. Sie könne dem Anspruch des Klägers nicht entgegenhalten, bis 1982 habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden, das erst durch den „Aufhebungsvertrag” von Juli 1983 rückwirkend zum Mai 1982 aufgehoben worden sei.

2. Die Beklagte rügt zu Recht (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO), das Landesarbeitsgericht habe nicht ohne weitere Aufklärung die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers nach Ziff. 2.1 TV bejahen dürfen.

a) Das Landesarbeitsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, daß für den Erwerb des Bestandsschutzes nicht die Tatsache genügt, daß ein Mitarbeiter zusammenhängend 15 Kalenderjahre für die Beklagte tätig gewesen ist. Tätigkeitsjahre sind nur zu berücksichtigen, wenn der Mitarbeiter „wiederkehrend” im Sinne der Ziff. 5.2 TV tätig war. Voraussetzung hierfür ist, daß der Mitarbeiter in jedem Kalenderjahr, indem er für die Beklagte tätig wird, aus keiner anderweiten Erwerbstätigkeit höhere Einkünfte als von der Beklagten bezogen hat (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1998 - 9 AZR 726/97 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht die gesamte Tätigkeitszeit des Klägers seit Inkrafttreten des Tarifvertrags zum 1. Januar 1978 bis Juli 1993 berücksichtigt. Der Beklagten ist es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ebenso wie dem Kläger verwehrt, sich für die Vergangenheit auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu berufen. Sie hätte sich auf den Vorschlag des Klägers, anstelle des rechtskräftig festgestellten Arbeitsverhältnisses die Zusammenarbeit auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages fortzusetzen, nicht einzulassen brauchen. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Beklagte auch nicht.

b) Das Landesarbeitsgericht konnte indessen nicht unberücksichtigt lassen, daß die Beklagte bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung die vom Kläger erstmals vor dem Landesarbeitsgericht aufgestellte Behauptung, er habe durchgehend mehr als die Hälfte seines Erwerbseinkommens aus der Tätigkeit für die Beklagte erzielt, bestritten hat. An diesem Bestreiten ist die Beklagte aus Rechtsgründen nicht gehindert. Im Streit sind nicht die Rechtsfolgen, die sich aus einem Arbeitsverhältnis einerseits und einem freien Dienstverhältnis andererseits ergeben. In Frage steht allein, ob der Kläger nachzuweisen hat, daß er die tatsächlichen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Abhängigkeit erfüllt. Es besteht kein rechtlicher Grund, ihn von diesem Nachweis zu befreien, den auch andere Mitarbeiter führen müssen, wenn sie sich auf den tariflichen Bestands- und Entgeltschutz nach Ziff. 5.9 TV berufen. Ein solcher Grund ergibt sich auch nicht aus der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. August 1995 über den Fortbestand des Rechtsverhältnisses des Klägers als arbeitnehmerähnliche Person. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die 1994 erklärte Beendigung sei nach Ziff. 5.9 TV unzulässig, enthält keine bindende Vorentscheidung für die hier geltend gemachten Ansprüche aus Annahmeverzug.

3. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Das Landesarbeitsgericht wird daher unter Ausschöpfung der vom Kläger angebotenen Beweismittel nach § 286 ZPO zu beurteilen haben, ob es die Behauptung des Klägers als wahr oder als unwahr erachtet. Dem Kläger stehen alle nach dem Prozeßrecht zulässigen Beweismittel zur Verfügung. Die Vorgaben in Ziff. 9.1 TV zum Nachweis der Berechtigung bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Tarifvertrag sind keine Beweisregeln.

III. Kommt das Landesarbeitsgericht zur Überzeugung, der Kläger habe i.S.v. Ziff. 5.9 TV zusammenhängend 15 Jahre mehr als die Hälfte seines Erwerbseinkommens von der Beklagten bezogen, wird für das weitere Verfahren auf folgendes hingewiesen:

1. Der Umfang des Entgeltschutzes ist nicht Ziff. 3.1 TV zu entnehmen, sondern der Protokollnotiz zu Ziff. 5.2 TV.

In Ziff. 3.1 TV sind nur die Mindestbedingungen bestimmt, die ein freier Mitarbeiter erfüllen muß, damit ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis beginnen kann (Ziff. 5.1 TV). Der für die tariflichen Rechte bestimmende Tätigkeitsumfang ergibt sich demgegenüber aus der Protokollnotiz zu Ziff. 5.2 TV, in der die Tarifvertragsparteien den Begriff der „wiederkehrenden Tätigkeit” definiert haben. An dieses Merkmal knüpfen die Tarifvertragsparteien die Regelungen über die Dauer der von der Beklagten einzuhaltenden Mitteilungsfristen nach Ziff. 5.2 und Ziff. 5.3 TV. Von der Zahl der Kalenderjahre „wiederkehrender Tätigkeit” hängt auch die Dauer des dem Mitarbeiter nach Ziff. 1 Durchführungs-Tarifvertrag Nr. 2 zu zahlenden Zuschusses zum Krankengeld ab. Auf diese Vorgabe in der Protokollnotiz Ziff. 5.2 TV ist deshalb abzustellen, wenn es um den Inhaltsschutz des Rechtsverhältnisses der langjährig tätigen freien Mitarbeiter geht. Daß der Bezug auf Ziff. 3.1 TV nicht sachgerecht ist, wird auch aus dem Ergebnis des Landesarbeitsgerichts deutlich. Danach soll der Kläger für 1996 einen geringeren Anspruch als für 1995 haben, und zwar deshalb, weil die Eingangsvoraussetzungen der sozialen Schutzbedürftigkeit nach Ziff. 3.1 TV zum 1. Januar 1996 abgesenkt worden sind.

2. Wiederkehrend ist nach der Protokollnotiz zu Ziff. 5.2 TV eine Tätigkeit von mindestens 72 Tagen einschließlich Urlaubstage bei einer Beschäftigung von in der Regel mindestens einem Tag in jedem Kalendermonat. Für den gesicherten Tätigkeitsumfang des Klägers und die sich daraus ergebende Vergütungspflicht der Beklagten ergibt sich rechtlich daraus weiter folgendes:

a) Das Tageshonorar ist auf der Grundlage der früheren „Vollbeschäftigung” zu ermitteln. Zugrundezulegen ist das Gesamthonorar des letzten Kalenderjahres vor der Einschränkungsmitteilung. Das Gesamthonorar ist nicht um Zeit- oder Nachtzuschläge, Urlaubsentgelt, Krankenzuschuß u. ä. zu kürzen, wie die Beklagte meint. Nach §§ 615, 611 BGB sind sämtliche Entgeltbestandteile zu zahlen. Der Dienstberechtigte ist so zu stellen, als habe er seine Dienste erbracht. Ausgenommen sind nur Aufwendungsersatzleistungen.

b) Korrekturen des Gesamthonorars können sich aber aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben. Diese macht geltend, der Kläger sei irrtümlich stets als Moderator behandelt worden, obwohl er nur als Sprecher und Übersetzer tätig geworden sei. Dieser Umstand ist zu berücksichtigen, weil der Inhaltsschutz des „unkündbaren” Mitarbeiters nur so weit reicht, wie er Anspruch auf ein Mindesthonorar hat. Die Höhe der hierfür zu zahlenden Vergütung bemißt sich nach § 611 BGB und damit nach der „richtigen” Anwendung des Honorarrahmen-Tarifvertrags. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. wegen der Darlegungs- und Beweislast der Parteien auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur korrigierenden Rückgruppierung zurückgreifen können. Von weiteren Vorgaben an das Landesarbeitsgericht sieht der Senat insoweit ab, zumal das Landesarbeitsgericht den voraussichtlichen Verdienstausfall des Klägers nach Maßgabe von § 287 Abs. 2 ZPO schätzen kann.

c) Das Gesamthonorar ist durch die Zahl der Tage zu dividieren, an denen der Mitarbeiter im Bezugszeitraum tätig war, Urlaub oder Krankenzuschuß erhalten hat. Der sich daraus ergebende Tagessatz ist sodann mit 72 zu multiplizieren und nicht, wie die Beklagte meint, mit 42. Der Urlaubsanspruch von 30 Tagen ist nicht zu berücksichtigen. Soweit das Urlaubsentgelt geringer ist als das durchschnittliche Tageshonorar, wird dieser Umstand bereits bei der Ermittlung der Gesamtvergütung und der zu berücksichtigenden „Arbeitstage” erfaßt.

d) Die arbeitnehmerähnliche Person hat sodann Anspruch auf monatliche Auszahlung von einem Zwölftel des Betrags nach c), mithin für jeweils sechs Tage. Diese monatliche Bemessung entspricht der Protokollnotiz zu Ziff. 5.2 TV, die eine regelmäßige Beschäftigung in jedem Kalendermonat voraussetzt. Wenn die Beklagte demgegenüber einwendet, der freie Mitarbeiter könne beliebig eingesetzt werden, die Höhe seiner Ansprüche aus Annahmeverzug stehe erst am Jahresende fest, so läßt sie außer acht, daß sie aufgrund §§ 615, 611 BGB die Vergütung so schuldet, wie sie voraussichtlich angefallen wäre.

Der Kläger hat deshalb, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, auch Anspruch auf je ein Zwölftel für die Monate Januar und Februar 1997. Zu Recht macht die Beklagte dagegen geltend, daß der Monat Mai 1995 nicht zu berücksichtigen ist. Insoweit hat der Kläger auch Ersatzleistungen der Krankenkasse erhalten.

e) Von dem sich dann ergebenden Gesamtbetrag sind die für tatsächliche Dienste gezahlten Beträge abzuziehen.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch des Klägers nicht nach Ziff. 9.2 TV verfallen. Die Verfallklausel beschränkt sich auf die Geltendmachung eines Anspruchs nach dem Tarifvertrag oder seinen Durchführungs-Tarifverträgen, wie aus Ziff. 9.1 TV deutlich wird. Dazu gehört der vom Kläger erhobene Anspruch aus Annahmeverzug nicht. Die tariflichen Bestimmungen sind nur insoweit von Bedeutung, als sie einen Mindestanspruch des Klägers sichern.

4. Das Landesarbeitsgericht wird weiter zu beachten haben, daß der Kläger Zinsen geltend macht, die über den gesetzlichen Zinssatz von 4 % hinausgehen. Die Höhe dieses Zinsschadens bemißt sich nicht nach der Bruttovergütung des Klägers, sondern nach dem ihm tatsächlich „netto” auszuzahlenden Betrag (§ 288 Abs. 2 BGB).

5. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

 

Unterschriften

Leinemann, Düwell, Reinecke, H. Unger, Benz

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 16.03.1999 durch Brüne, Reg.-Obersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

BB 1999, 2198

DB 1999, 2270

FA 1999, 414

NZA 1999, 1281

SAE 2000, 80

ZTR 2000, 32

AP, 0

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