Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit eines Musikschullehrers. Ferienüberhang

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Musikschullehrern darf innerhalb des Ausgleichszeitraums nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT der sog. Ferienüberhang als Arbeitszeit berücksichtigt werden (Fortsetzung der ständigen Rechtsprechung des Senats aus den Urteilen vom 23. Februar 1995 – 6 AZR 586/94 – AP Nr. 38 zu § 15 BAT und vom 13. Februar 1992 – BAGE 69, 348 = AP Nr. 21 zu § 15 BAT).

 

Normenkette

BAT §§ 15, 2; BAT SR 2 1 II Nr. 2; BAT SR 2 1 II Nr. 3; BAT SR 2 1 I Nr. 3

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 25.01.1996; Aktenzeichen 13 (3) Sa 1330/95)

ArbG Krefeld (Urteil vom 06.09.1995; Aktenzeichen 1 Ca 3121/94)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 1996 – 13 (3) Sa 1330/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob bei der Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT geregelten Zeitraums unterrichtsfreie Zeiten während der Schulferien berücksichtigt werden dürfen.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1973 bei der Beklagten als Musikschullehrer beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 5. Januar 1973 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden bzw. ändernden Tarifverträgen. In einer Anweisung über die Tätigkeit und den Arbeitsbereich für die Lehrer der Musikschule der Beklagten vom 14. Februar 1973 heißt es:

„…

§ 2

Tätigkeit der Lehrer

Die Lehrer haben die ihnen übertragenen Lehrstunden nach dem Stunden- und Lehrplan gewissenhaft zu erteilen und alles zu tun, was dieser Aufgabe dient. Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden beträgt 30.

§ 4

Urlaub, Ferien, Behinderung durch Krankheit und sonstige unvorhergesehene Umstände

Die Lehrer dürfen sich außerhalb der Ferien nur mit Urlaub oder auf höhere Anordnung von ihrem Wohnort entfernen; den Urlaub haben sie beim Leiter der Schule nachzusuchen. Verreisen die Lehrer während der Ferien, so haben sie dem Leiter ihre Anschrift zu hinterlassen. Nötigenfalls können die Lehrer auch während der Ferien zu Dienstgeschäften herangezogen werden. Ist ein Lehrer durch Krankheit oder andere unvorhergesehene Umstände an der Erteilung des Unterrichts verhindert, so hat er dies sobald wie möglich dem Schulleiter anzuzeigen.

…”

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 teilte das Personalamt der Beklagten dem Kläger mit:

„…

Hiermit wird im Wege des Direktionsrechts mit Wirkung vom 1.1.1995 Ihre wöchentliche Unterrichtsverpflichtung um einen Ferienüberhang für die über den tariflichen Urlaub hinaus gewährten Ferientage in der unterrichtsfreien Zeit in Höhe von 13 % erhöht, wobei sich die Vergütung nicht ändert. Bei der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung um 13 % werden aus organisatorischen Gründen zur Zeit nur solche Stundenanteile berücksichtigt, die bei der Stundenplangestaltung verwertet werden können. In Ihrem Fall beträgt die Unterrichtsverpflichtung ab dem 1.1.1995 33,70 Unterrichtsstunden.

…”

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Direktionsrecht berechtige nicht zu der von der Beklagten angestrebten Umverteilung seiner Arbeitsverpflichtung. Musikschullehrer hätten sich in der den Anspruch auf Erholungsurlaub übersteigenden unterrichtsfreien Zeit während der Schulferien arbeitsbereit zu halten. Die Schulferien seien nicht Freizeit, weil während der Schulferienzeit sog. Zusammenhangsarbeiten auszuführen seien und sich die Beklagte vorbehalten habe, auch in den Zeiten, die nicht Urlaub sind, die Musikschullehrer zu Dienstgeschäften heranzuziehen. Einen Ferienüberhang gebe es deshalb nicht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß er aufgrund der Dienstanweisung der Beklagten vom 24. Oktober 1994 nicht verpflichtet ist, ab 1. Januar 1995 über die bisher bezahlten wöchentlichen 30 Unterrichtsstunden weitere 3,7 unbezahlte Unterrichtsstunden zu leisten.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt, die auf die Schließungszeiten der Musikschule entfallende Zeit, die nicht durch Urlaub, Feiertage usw. in Anspruch genommen werde, als Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen und auf die Zeiträume zu verteilen, in denen der Kläger zur Arbeitsleistung im Unterricht verpflichtet sei. Daß Musikschullehrer nötigenfalls auch während der Ferien zu Dienstgeschäften herangezogen werden könnten, rechtfertige nicht die Annahme, es sei während der Ferien Bereitschaftsdienst angeordnet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision bittet der Kläger um Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Zwar hat es im Urteilsausspruch Aktenzeichen und Verkündungstermin des Urteils des Arbeitsgerichts fehlerhaft bezeichnet. Dies ist jedoch unschädlich. Es besteht nach dem Inhalt des Berufungsurteils kein Zweifel daran, daß das Landesarbeitsgericht über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 6. September 1995 – 1 Ca 3121/94 – entschieden hat.

Für die begehrte Feststellung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers bestimmt sich nach § 15 Abs. 1 BAT, wobei ein Musikschullehrer vollbeschäftigt ist, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten beträgt (Nr. 2 Abs. 1 SR 2 1 II BAT). Für die Berechnung des Durchschnitts darf die Beklagte den in § 15 Abs. 1 Satz 2 BAT geregelten Ausgleichszeitraum zugrunde legen und dabei auch die unterrichtsfreie Zeit während der Schulferien, für die kein Urlaub erteilt ist, den sogenannten Ferienüberhang, mitberücksichtigen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Urteil vom 15. Oktober 1987 – 6 AZR 530/85 – EzBAT § 15 Nr. 12 = ZTR 1988, 300; BAG Urteil vom 13. Februar 1992 – 6 AZR 149/90 – BAGE 69, 348 = AP Nr. 21 zu § 15 BAT; BAG Urteil vom 23. Februar 1995 – 6 AZR 586/94 – AP Nr. 38 zu § 15 BAT; BAG Urteil vom 26. Januar 1995 – 2 AZR 371/94 – BAGE 79, 159 = AP Nr. 36 zu § 2 KSchG 1969), zu deren Änderung der vorliegende Fall keinen Anlaß gibt.

1. Der vom Kläger beanstandeten Umverteilung der Arbeitszeit standen keine vertraglichen Vereinbarungen entgegen.

a) Der Arbeitsvertrag beschränkt die geschuldete Arbeitsleistung nicht auf die Zeit außerhalb der Schulferien. Ebenso wie in Nr. 3 SR 1 II BAT ist in der von dem Kläger gegengezeichneten Dienstanweisung vom 14. Februar 1973 festgelegt, daß der Kläger während der Ferien zu Dienstgeschäften herangezogen werden kann. Das von der Revision bezeichnete Urteil des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Februar 1996 (– 9 AZR 75/95 – NZA 1996, 1103) ist kein Beleg für die Auffassung des Klägers. Dort ist vielmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats entschieden, daß es sich bei den Schulferien nicht um arbeitsfreie Zeit handelt. Auch um Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft handelt es sich nicht. Weder die Regelung in Nr. 3 SR 2 b II BAT noch die Vereinbarung in § 4 der Dienstanweisung erfüllen die Voraussetzungen dieser Tarifbegriffe (vgl. § 15 Abs. 6 a und 6 b BAT).

b) Auch ist eine Konkretisierung des Umfangs der abzuleistenden Unterrichtsstunden sowie der für die Nebenaufgaben verbleibenden Arbeitszeit auf die vor dem 1. Januar 1995 geübte Praxis nicht eingetreten. Dafür ist in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen. Eine betriebliche Übung, auf die der Kläger sich berufen könnte, hat das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt.

2. Der Kläger verkennt, daß er nicht als Lehrkraft an einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schule oder an einer der in Nr. 1 SR 2 1 I BAT genannten Einrichtungen tätig ist. Für ihn ist nicht wie für diese Lehrkräfte (vgl. Nr. 3 SR 2 1 I BAT) die Anwendung des § 15 BAT ausgeschlossen und statt dessen auf die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten verwiesen. Auf sein Arbeitsverhältnis finden nach den für ihn geltenden Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VkA (SR 2 1 II BAT) hinsichtlich der Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit keine von § 15 BAT abweichenden Regelungen Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 1992 – 6 AZR 149/90 – BAGE 69, 348 = AP Nr. 21 zu § 15 BAT).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, H. Schmidt, Bruse

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087104

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