Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung, Schadenersatz, Aufrechnung

 

Orientierungssatz

1. Der Urlaubsanspruch setzt nur den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 4 BUrlG voraus, nicht aber die Erbringung von Arbeitsleistungen im Urlaubsjahr.

2. Auslegung des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin vom 12.6.1978 in der geänderten Fassung vom 3.5.1983.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 287; BUrlG §§ 3, 7; BGB §§ 249, 280, 286; ZPO § 308

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 17.07.1984; Aktenzeichen 13 Sa 52/84)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.02.1984; Aktenzeichen 2 Ca 664/83)

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 17. September 1981 bei der Beklagten als Buchhalter beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 24. August 1981 (AV) haben die Parteien u.a. vereinbart:

"§ 11

Urlaub

Der Jahresurlaub beträgt 23 Arbeitstage.

Urlaub wird erstmals nach einer Beschäftigungsdauer

von sechs Monaten, im Eintritts und

Austrittsjahr anteilig für jeden vollen

Tätigkeitsmonat gewährt.

.....

§ 23

Schlußbestimmungen

.....

Soweit der vorstehende Vertrag keine Regelung

enthält, gelten die tariflichen Bestimmungen

des Bauhauptgewerbes in ihrer jeweils gültigen

Form."

In dem nicht allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin vom 12. Juni 1978 in der geänderten Fassung vom 3. Mai 1983 (RTV) ist geregelt:

"§ 10

Urlaub

1. Urlaubsanspruch

1.1 Jeder Angestellte hat in jedem Jahr Anspruch

auf einen bezahlten Erholungsurlaub.

Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

1.2 Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig

nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses

erworben, jedoch bei

Jugendlichen erstmalig nach einer ununterbrochenen

Beschäftigung von mehr als

drei Monaten.

1.3 Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs

für jeden vollen Monat des Bestehens

des Arbeitsverhältnisses hat der

Angestellte

.....

1.33 wenn er nach erfüllter Wartezeit in der

ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus

dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

1.4 Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens

einen halben Tag ergeben, sind auf

volle Urlaubstage aufzurunden.

.....

3.3 Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr

gewährt und genommen werden. Eine Übertragung

des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr

ist nur statthaft, wenn dringende

betriebliche oder in der Person des

Angestellten liegende Gründe dies rechtfertigen.

Im Falle der Übertragung muß

der Urlaub in den ersten drei Monaten des

folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen

werden. ...

.....

5.2 Der Urlaub darf nur insoweit abgegolten

werden, als infolge Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

die Freizeit

nicht mehr gewährt werden kann.

.....

§ 13

Ausschlußfristen

1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis

in Verbindung stehen, verfallen,

wenn sie nicht innerhalb von zwei

Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der

anderen Vertragspartei schriftlich erhoben

werden.

.....

2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder

erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei

Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs,

so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb

von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem

Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

Am 19. Dezember 1982 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Mit Ablauf des 30. Juni 1983 endete das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung der Beklagten. Der Kläger blieb bis 30. September 1983 arbeitsunfähig. Am 1. Oktober 1983 trat er eine neue Stelle bei einem anderen Arbeitgeber an.

Mit der am 12. Dezember 1983 erhobenen Klage begehrt der Kläger - soweit dies in der Revisionsinstanz erheblich ist - die Abgeltung seines anteiligen Jahresurlaubs von 11,5 Arbeitstagen für das Jahr 1983 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.259,11 DM. Der Klage war folgender Schriftwechsel vorausgegangen:

In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 25. August 1983 hatte der Kläger u.a. erklärt:

"Ich nehme an, daß Sie die Abrechnung meiner

Urlaubstage und die Tariferhöhung gerechnet

an den Bezügen einer 'Schlüsselposition' vergessen

haben.

Ich fordere Sie hiermit auf, innerhalb der

nächsten fünf Tage mir meine gesamten Unterlagen

zuzusenden. Ebenfalls erwarte ich Ihre

Zahlung für meinen Resturlaub unter Berücksichtigung

der Tariferhöhung. Sollte der Termin

nicht eingehalten werden, muß ich leider

gerichtliche Schritte gegen Sie einleiten."

Mit Schreiben vom 30. August 1983 hatte die Beklagte darauf geantwortet:

".....

Wie Sie aus Ihrer Abrechnung ersehen, enthält

diese den anteilmäßigen Betrag für ein dreizehntes

Gehalt, das Ihnen tarifrechtlich zusteht.

Wegen des Urlaubsgeldes haben wir Ihnen

bereits telefonisch gesagt, daß wir uns rechtlich

beraten ließen und den Bescheid bekamen,

daß ein Urlaubs-Anspruch nicht berechtigt ist,

nachdem Sie in diesem Jahr überhaupt nicht gearbeitet

haben.

Eine großzügige Handhabung ist hier nicht angebracht,

nachdem Sie sich auch in keiner Weise

in dieser Richtung befleißigt haben."

In einem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers an die Beklagte vom 9. September 1983 hieß es:

".....

Meinem Mandanten steht lt. Tarifvertrag für

das 1. Halbjahr 1983 ein Urlaubsanspruch von

11,5 Tagen zu, der nunmehr abzugelten ist. Vorsorglich

wird darauf hingewiesen, daß die Urlaubsabgeltung

auf dem um die Tariferhöhung

1983 erhöhten Gehalt meines Mandanten vorzunehmen

ist.

.....

Innerhalb vorbezeichneter Frist (16. September

1983) erwartet mein Mandant auch die Abrechnung

und Zahlung der Urlaubsabgeltung und

des Weihnachtsgeldes."

In einem Schreiben vom 2. November 1983, in dem es hauptsächlich um den Inhalt des Zeugnisses des Klägers ging, forderte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Beklagte u.a. auf:

"... mir nunmehr Ihre Stellungnahme bis spätestens

Montag, den 7. 11. 1983 bei mir eingehend

zukommen zu lassen."

Die Beklagte richtete daraufhin folgendes Schreiben vom 18. November 1983 an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 2. November

83 und wunschgemäß überlassen wir Ihnen

ein neues Zeugnis mit den von Ihnen gewünschten

Ergänzungen.

Zu den übrigen Punkten werden wir getrennt

Stellung nehmen und wir verweisen auf unser

separates Schreiben, das Ihnen noch zugehen

wird."

In einem weiteren Schreiben der Beklagten an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 29. November 1983 hieß es:

".....

Herr K verlangt durch Sie eine monitäre

Abgeltung des Urlaubsanspruches für 1983

im Gegenwert von 11,5 Tagen. Dazu ist zu sagen,

daß nach Auskunft unseres Fachverbandes

ergibt sich kein Urlaubsanspruch bei einer

über lange Zeit währende Abwesenheit, auch

infolge Erkrankung.

Herr K hat in diesem Jahr überhaupt

nicht gearbeitet, abgesehen von wenigen Vormittagen,

wo er stundenweise anwesend war.

Dies fiel in den Zeitraum der Lohnfortzahlung.

Sonst hätten wir keine Veranlassung

sehr großzügig gegenüber Herrn K zu

sein. Von den wenigen Stunden die er hier

war oder den wenigen Anrufen die wir mit ihm

getätigt haben, hat er nichts getan um die

Firma zu unterstützen. Durch die Erkrankung

von Herrn K kamen wir in erhebliche

Schwierigkeiten, da ja kein zweiter Buchhalter

in einer kleineren Firma vorhanden ist.

Wir hätten hier doch etwas mehr Engagement

erwarten können.

Durch den Ausfall von Herrn K entstand

der Firma ein erheblicher Schaden. Der den

Gegenwert eines Urlaubsanspruches um das mehrfache

übersteigt.

Die Verletzung von Herrn K erfolgte

nicht in Ausübung seines Berufes sondern

während seiner Freizeit.

In Abwägung dieser Tatsachen sehen wir keine

Möglichkeit Herrn K weiter entgegen zu

kommen ....."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Urlaubsanspruch für 1983 sei in Höhe von 11,5 Tagen entstanden und nach seinem Ausscheiden abzugelten. Verfallen sei der Anspruch nicht, denn nach dem ablehnenden Schreiben der Beklagten vom 30. August 1983 habe sein Prozeßbevollmächtigter am 24. Oktober und am 14. November 1983 mit der Beklagten telefonisch verhandelt. Bei dem ersten Gespräch habe der kaufmännische Leiter der Beklagten erklärt, er lasse es nicht auf den Ablauf der Ausschlußfrist ankommen. Im Schreiben vom 18. November 1983 habe dieser sodann eine Stellungnahme zu den "übrigen Punkten" angekündigt. Diese sei im Schreiben der Beklagten vom 29. November 1983 erfolgt, so daß erst dieses Schreiben als endgültige Ablehnung anzusehen sei. Im übrigen habe der kaufmännische Leiter bereits in einem Gespräch im Juli 1983 ihm - dem Kläger - gegenüber den Urlaubsabgeltungsanspruch anerkannt. Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

2.259,11 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch sei erloschen, weil der Kläger im Anschluß an ihr ablehnendes Schreiben vom 30. August 1983 nicht bis 30. Oktober 1983 Klage erhoben habe. Im übrigen werde die Aufrechnung mit einer Forderung auf Schadenersatz in Höhe von 3.745,-- DM erklärt. In dieser Höhe habe sie einen Säumniszuschlag an das Finanzamt leisten müssen, weil der Kläger unter Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten im Jahr 1982 fällige Anmeldungen zur Umsatzsteuer unterlassen und dadurch eine Steuernachzahlung der Beklagten verursacht habe.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

Die Klage ist begründet. Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts ist der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des anteiligen Jahresurlaubs für 1983 entstanden. Er ist auch nicht verfallen, wie das Arbeitsgericht meint. Seit 1. Januar 1984 besteht er als Schadenersatzanspruch fort.

I. Dem Kläger stand für das Urlaubsjahr 1983 Erholungsurlaub in Höhe von 11,5 Tagen zu. Nach § 11 Abs. 1 AV hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von jährlich 23 Arbeitstagen. Der Urlaub stand ihm nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten erstmals zu (§ 11 Abs. 2 AV). Da der Kläger bereits seit 17. September 1981 beschäftigt war, war diese Voraussetzung am 1. Januar 1983 erfüllt. Nach der gleichen Vertragsbestimmung war der Urlaub im Austrittsjahr 1983 für jeden vollen Kalendermonat anteilig, also in Höhe von 6/12, zu gewähren. Bei einem Gesamturlaub von 23 Arbeitstagen standen dem Kläger somit unter Beachtung der nach § 23 Abs. 2 AV ergänzend heranzuziehenden Aufrundungsbestimmung des § 10 Nr. 1.4 RTV zwölf Tage Urlaub zu, von denen der Kläger - für den Senat bindend (§ 308 Abs. 1 ZPO) - 11,5 Tage dem Klageanspruch zugrunde gelegt hat.

II. Der Urlaubsanspruch entfiel nicht deshalb, weil der Kläger im Jahr 1983 keine Arbeitsleistung erbracht hatte.

1. Der Senat hat sich bereits im Urteil vom 14. Mai 1986 - 8 AZR 604/84 - AP Nr. 26 zu § 7 BUrlG Abgeltung, zu II 2 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, der Rechtsprechung des Sechsten Senats angeschlossen, nach der der Urlaubsanspruch nur den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 4 BUrlG, nicht aber die Erbringung von Arbeitsleistungen im Urlaubsjahr voraussetzt. Der Anspruch ist somit nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger im Jahr 1983 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt arbeitsunfähig war.

2. Dies gilt auch für den Teil des Urlaubs, der dem Kläger über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus zustand.

Der gesetzliche Mindesturlaub des Klägers betrug nach § 3 Abs. 1 BUrlG für das ganze Urlaubsjahr 1983 18 Werktage, also 15 Arbeitstage (BAGE 45, 199, 202 = AP Nr. 15 zu § 13 BUrlG, zu 1 b der Gründe). Da der Kläger am 30. Juni 1983 ausgeschieden ist, betrug sein anteiliger gesetzlicher Mindesturlaub acht Arbeitstage (§ 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 2 BUrlG).

Die weiteren 3,5 Urlaubstage, deren Abgeltung der Kläger begehrt, setzen ebenfalls keine Arbeitsleistung im Urlaubsjahr 1983 voraus. Zwar macht § 11 Abs. 2 AV den im Austrittsjahr entstehenden Teilurlaub von der Zahl der "Tätigkeitsmonate" abhängig. Aus §§ 1 und 2 AV, in denen unter den Überschriften "Beginn der Tätigkeit" und "Tätigkeit" der Beginn der Arbeitsleistung und die inhaltliche Ausgestaltung der Aufgaben des Klägers geregelt sind, ergibt sich jedoch, daß die Arbeitsvertragsparteien unter dem Begriff "Tätigkeit" nicht nur tatsächlich geleistete Arbeit verstanden haben. Als Tätigkeitsmonate im Sinne des § 11 Abs. 2 AV sind somit die Monate der Dauer des Arbeitsverhältnisses im Ein- und Austrittsjahr zu verstehen, ohne daß es darauf ankommt, ob der Kläger in dieser Zeit tatsächlich gearbeitet hat.

III. Mit dem Ausscheiden des Klägers ist auch der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs entstanden.

Dies folgt aus § 23 Abs. 2 AV in Verb. mit § 10 Nr. 5.2 RTV. Nach dieser mit § 7 Abs. 4 BUrlG übereinstimmenden Regelung tritt mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis an die Stelle des Anspruchs auf Urlaubsgewährung der Abgeltungsanspruch. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt die Entstehung dieses Anspruchs nicht voraus, daß der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig ist. Dies entspricht seit dem Urteil vom 28. Juni 1984 - 6 AZR 521/81 - (BAGE 46, 224 = AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung) der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 10. Februar 1987 - 8 AZR 529/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt).

IV. Der Anspruch ist nicht verfallen. Der Kläger hat die Ausschlußfristen des § 13 RTV gewahrt.

Der Fall nötigt nicht zu einer Entscheidung der Fragen, ob tarifliche Ausschlußfristen den ohnehin gesetzlich oder tarifvertraglich befristeten Urlaubsabgeltungsanspruch überhaupt erfassen (bejahend: BAG Urteil vom 3. Februar 1971 - 5 AZR 282/70 - BAGE 23, 184 = AP Nr. 9 zu § 7 BUrlG Abgeltung) und ob durch Einzelarbeitsvertrag der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch an eine Ausschlußfrist geknüpft werden kann (bejahend: Urteil des Fünften Senats vom 5. November 1963 - 5 AZR 136/63 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; verneinend: Urteil des Sechsten Senats vom 5. April 1984 - 6 AZR 443/81 - BAGE 45, 314 = AP Nr. 16 zu § 13 BUrlG). Auch wenn die im vorliegenden Fall einzelvertraglich vereinbarte Ausschlußfrist den gesetzlichen Urlaubsabgeltungsanspruch erfassen würde, würde dies am Ergebnis nichts ändern.

Nach § 13 Nr. 1 RTV war der Anspruch innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen. Diese Frist hat der Kläger eingehalten. Der Urlaubsabgeltungsanspruch war nach dem Ausscheiden des Klägers (30. Juni 1983) bis zum 30. September 1983 nicht erfüllbar, weil der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt war (vgl. BAGE 48, 186 = AP Nr. 21 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Da der Kläger die Abgeltung bis zu diesem Zeitpunkt nicht verlangen konnte, war sie nicht fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Im Schreiben des Klägers vom 25. August 1983 lag somit keine wirksame schriftliche Anspruchserhebung im Sinne des § 13 Nr. 1 RTV. Die schriftliche Antwort der Beklagten vom 30. August 1983 enthielt keine Ablehnung im Sinne des § 13 Nr. 2 RTV, die die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung in Lauf setzte (vgl. BAGE 44, 337 = AP Nr. 84 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Auch die briefliche Aufforderung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 9. September 1983 stellte mangels Fälligkeit keine wirksame Anspruchserhebung im Sinne des § 13 Nr. 1 Abs. 1 RTV dar. Erst vom 1. Oktober 1983 an war der Kläger wieder arbeitsfähig und somit der Urlaubsabgeltungsanspruch erfüllbar und daher fällig. Dadurch, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers im Schreiben vom 2. November 1983 auf das unstreitige Telefongespräch vom 24. Oktober 1983 Bezug genommen und um eine Stellungnahme bis 7. November 1983 gebeten hat, hat er den Anspruch des Klägers rechtzeitig geltend gemacht. Dem Antwortschreiben vom 18. November 1983 und dem Schreiben vom 29. November 1983 der Beklagten ist zu entnehmen, daß es in dem Schreiben vom 2. November 1983 um den Urlaubsabgeltungsanspruch ging, denn die Beklagte erklärte im Schreiben vom 18. November 1983, sie werde zu den "übrigen Punkten" getrennt Stellung nehmen. Zu den "übrigen Punkten" gehörte, wie das Schreiben der Beklagten vom 29. November 1983 eindeutig ergibt, auch die Urlaubsabgeltung. Der Kläger hatte somit den Urlaubsabgeltungsanspruch am 2. November 1983, also innerhalb der Zweimonatsfrist nach § 13 Nr. 1 Abs. 1 RTV, erhoben. Da die Beklagte sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach diesem Zeitpunkt erklärte, begann nach Ablauf dieser Frist die zweimonatige Frist für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs (§ 13 Nr. 2 RTV). Sie war am 12. Dezember 1983, dem Zeitpunkt der Zustellung der Klage, noch nicht verstrichen.

V. Dem Kläger stand somit der Anspruch auf Abgeltung des ihm für das Jahr 1983 zustehenden Teilurlaubs in unstreitiger Höhe von 2.259,11 DM zu. Als Surrogat des Urlaubsanspruchs ist dieser Abgeltungsanspruch mit Ablauf des Urlaubsjahrs, also am 31. Dezember 1983 (vgl. § 10 Nr. 1.1 Satz 2 RTV), nach § 23 Abs. 2 AV in Verb. mit § 10 Nr. 3.3 RTV erloschen (vgl. BAGE 46, 224 = AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Für den dem Kläger dadurch entstandenen Schaden hat die Beklagte, die sich im Schuldnerverzug befand, dem Kläger gemäß §§ 286, 280, 287 Satz 2 BGB einzustehen (Urteil des Senats vom 30. Juli 1986 - 8 AZR 475/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Höhe des Schadenersatzes beläuft sich auf den mit der Klage geforderten Betrag (§ 249 BGB).

VI. Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten erloschen.

Die Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 13. Januar 1984, in der sie die Aufrechnung erklärt hat, behauptet, der Kläger habe als einziger Buchhalter in ihrem Betrieb die Aufgabe gehabt, die monatlichen Umsätze zusammenzustellen und an das Finanzamt zu melden. In den Monaten August und September 1982 habe er dies unterlassen. Dadurch seien ca. 150.000,-- DM zu wenig gemeldet worden. Bei der am 10. Januar 1984 vom Finanzamt geforderten Nachzahlung in dieser Höhe sei zugleich ein Säumniszuschlag in Höhe von 3.745,-- DM zu entrichten gewesen. Dafür müsse der Kläger einstehen.

Allein mit diesem Vortrag kann die Beklagte eine Schadenersatzverpflichtung des Klägers nicht begründen. Die Beklagte ist Kaufmann. Mangels gegenteiligen Vortrags ist davon auszugehen, daß sie die 150.000,-- DM zwischen dem Zeitpunkt, in dem diese als Steuervorauszahlung fällig wurden, und dem Nachzahlungszeitpunkt entweder zur Erzielung von Anlagezinsen oder zur Vermeidung von Kreditzinsen genutzt hat. Die ihr auf diese Weise zugeflossenen Vermögensvorteile hätte sie vom geforderten Schadensbetrag abziehen müssen. Der Schaden ist somit der Höhe nach nicht dargetan.

Dr. Leinemann Dr. Peifer Dr. Freitag

Schömburg Kümpel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441688

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