Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsübertragung

 

Orientierungssatz

Nach § 12 Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte in der chemischen Industrie, Stand 1.9.1983, setzt die wirksame Geltendmachung des Urlaubsanspruchs voraus, daß der Urlaub vor dem Eintritt der Befristung noch erfüllt werden kann.

 

Normenkette

TVG § 1; BUrlG §§ 7, 13 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.02.1985; Aktenzeichen 13 Sa 1530/84)

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 05.09.1984; Aktenzeichen 3 Ca 1276/84)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 1978 im Betrieb der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte in der chemischen Industrie, Stand 1. September 1983 (MTV), Anwendung. Dort heißt es:

"§ 12

Urlaub

I.

Urlaubsanspruch

.....

2. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

.....

4. Der Anspruch auf vollen Jahresurlaub entsteht

erstmals für das auf das Eintrittsjahr

folgende Urlaubsjahr, sobald das Arbeitsverhältnis

sechs Monate bestanden

hat. .....

.....

10. Der Urlaub ist spätestens bis 31. März des

folgenden Kalenderjahres zu gewähren.

Der Urlaubsanspruch erlischt, wenn er

nicht bis dahin geltend gemacht worden ist."

Vom 23. Januar bis 2. April 1984 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 26. März 1984 forderte sie von der Beklagten ihren Resturlaub aus dem Jahre 1983 in Höhe von acht Tagen. Die Beklagte berief sich darauf, dieser Urlaubsanspruch sei erloschen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr acht Tage Resturlaub aus dem Jahr 1983 zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Der Urlaubsanspruch der Klägerin für 1983 ist erloschen.

I. Der der Höhe nach unstreitige Anspruch der Klägerin auf restlichen Urlaub für 1983 war nach der mit §§ 1, 4 BUrlG übereinstimmenden Tarifregelung (§ 12 I Nr. 2 und 4 MTV) Anfang des Jahres 1983 entstanden. Nachdem die Klägerin den Urlaub bis zum 31. Dezember 1983 nicht genommen hatte, war er in das Urlaubsjahr 1984 übergegangen. Dies folgt aus § 12 I Nr. 10 Satz 1 MTV. Danach wird nicht genommener Urlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen, ohne daß die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG vorzuliegen brauchen (vgl. Urteil des Senats vom 31. Oktober 1986 - 8 AZR 244/84 -, zu II 2 der Gründe, mit weiteren Nachweisen, zur Veröffentlichung bestimmt).

II. Der Urlaubsanspruch der Klägerin ist jedoch mit Ablauf des 31. März 1984 erloschen.

1. Nach § 12 I Nr. 10 Satz 1 MTV ist übertragener Urlaub spätestens bis 31. März des folgenden Kalenderjahres zu gewähren. Diese Bestimmung regelt keine weitere Übertragung für den Fall, daß ein entstandener Urlaub wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. März des Folgejahres nicht verwirklicht werden kann. Insoweit unterscheidet § 12 I Nr. 10 Satz 1 MTV sich nicht von § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. Dies hat der Senat in dem vorbezeichneten Urteil entschieden. Er ist damit der Auffassung des Sechsten Senats im Urteil vom 13. Mai 1982 - 6 AZR 12/80 - gefolgt. Daran ist festzuhalten.

Soweit die Revision demgegenüber darauf abstellt, daß nach § 12 I Nr. 10 Satz 1 MTV der Urlaub bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres "zu gewähren" ist, während der Urlaub nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zu diesem Zeitpunkt "gewährt und genommen" werden muß, ist ihr nicht zu folgen. Die Tarifnorm befristet nicht nur das Recht des Arbeitgebers, den Urlaub zu erteilen, sondern auch das des Arbeitnehmers, ihn zu nehmen. Dies folgt daraus, daß § 12 I Nr. 10 Satz 2 MTV vom Arbeitnehmer die Geltendmachung vor Ablauf des Übertragungszeitraums verlangt, wenn er vermeiden will, daß der Urlaub erlischt.

2. An diesem Ergebnis ändert sich nichts dadurch, daß die Klägerin am 26. März 1984 wegen des Resturlaubs bei der Beklagten vorstellig geworden ist. Dadurch hat sie den Urlaub nicht im Sinne des § 12 I Nr. 10 Satz 2 MTV geltend gemacht.

Im Urteil vom 13. November 1986 - 8 AZR 212/84 - (zu I 2 der Gründe, zur Veröffentlichung bestimmt) hat der Senat im Anschluß an die Entscheidung des Sechsten Senats vom 7. November 1985 (- 6 AZR 62/84 - AP Nr. 8 zu § 7 BUrlG Übertragung) angenommen, die wirksame Geltendmachung des Urlaubsanspruchs im Sinne einer solchen Tarifbestimmung setze voraus, daß der Urlaub vor dem Eintritt der Befristung noch erfüllt werden könne. Daran ist festzuhalten. Der Urlaubsanspruch der Klägerin konnte vor dem 31. März 1984 nicht, auch nicht teilweise, erfüllt werden. Die Klägerin war arbeitsunfähig erkrankt, als sie den Urlaub von der Beklagten forderte. Dies änderte sich bis 31. März 1984 nicht. Der Beklagten war es somit bis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, die Klägerin von der Arbeitspflicht zu befreien.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer

Rheinberger Sperl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441534

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