Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischenfeststellungsklage des Pensions-Sicherungs-Vereins

 

Leitsatz (redaktionell)

Tritt der Pensions-Sicherungs-Verein einem Arbeitnehmer im Rechtsstreit gegen dessen Arbeitgeber als Streithelfer bei, so kann er in diesem Rechtsstreit nicht im Wege der Zwischenfeststellungsklage klären lassen, daß ihn keine Einstandspflicht für die Klageforderung trifft.

 

Normenkette

ZPO §§ 66-67, 69; VglO §§ 25-26; BetrAVG § 7; ZPO § 256 Abs. 2; KO § 61 Abs. 1 Nr. 1, § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 29.11.1983; Aktenzeichen 1 Sa 27/83)

ArbG Ulm (Entscheidung vom 31.05.1983; Aktenzeichen 2 Ca 674/82)

 

Tatbestand

Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) begehrt als Nebenintervenient im Wege der Zwischenfeststellungsklage zu erkennen, daß er als Träger der Insolvenzsicherung nicht für die Klageforderung einzutreten habe.

Der am 8. Juli 1925 geborene Kläger war seit 1949 bei den Unternehmen T, A und der Beklagten beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag vom 10. Dezember 1980 wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30. Dezember 1981 beendet. Der Kläger erhielt eine Nettoabfindung von 25.000,-- DM für die Aufgabe des Arbeitsplatzes sowie ab 1. Januar 1982 eine sogenannte vorgezogene Betriebsrente von 950,-- DM monatlich. Grundlage hierfür war der Sozialplan der A vom 3. Februar 1980. Darin ist vorgesehen, daß Belegschaftsmitglieder, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres und des 25. Dienstjahres im gegenseitigen Einvernehmen ausscheiden, bis zum Bezug einer Sozialversicherungsrente neben der Kapitalabfindung eine zusätzliche monatliche Abfindung in Höhe des betrieblichen Ruhegeldes erhalten. Die Regelung nimmt Bezug auf § 5 Abs. 3 der Ruhegeldordnung der A (Stand Dezember 1981), nach der eine Betriebsrente auch dann gewährt werden kann, wenn ein Mitarbeiter nach Vollendung des 55. Lebensjahres und nachdem er sein 25-jähriges Dienstjubiläum begangen hat, aus Gründen entlassen wird, die nicht in seiner Person liegen.

Am 4. Januar 1982 wurde über das Vermögen der Beklagten das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, daß die Zahlung der Betriebsrente eingestellt werde. Für die Zeit bis zur Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Sozialversicherungsrente werde der Vergleichsverwalter seine Ansprüche prüfen. Für die anschließende Zeit werde der PSV Versorgungsleistungen erbringen. Der Vergleichsverwalter hat die Ansprüche des Klägers auf die vorgezogene Rente kapitalisiert und davon 20.425,-- DM als Vergleichsquote (50 %) ausgezahlt. Am 3. August 1982 wurde das Vergleichsverfahren aufgehoben.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, die kapitalisierte Betriebsrente in voller Höhe zu zahlen. Es handele sich um eine bevorrechtigte Forderung, die am Vergleichsverfahren nicht teilnehme. Er hat einen entsprechenden Zahlungsantrag gestellt und hilfsweise die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm für September 1983 475,-- DM und ab 1. Oktober 1983 950,-- DM monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der umstrittene Versorgungsanspruch sei nicht bevorrechtigt. Der Kläger sei Vergleichsgläubiger und daher durch Auszahlung der Vergleichsquote befriedigt.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger dem PSV den Streit verkündet. Dieser ist im Rechtsstreit auf der Seite des Klägers beigetreten. Er hat vorgetragen, die Forderung des Klägers sei nicht insolvenzgesichert. Bei der vorgezogenen Betriebsrente handele es sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sondern um ein Übergangsgeld bis zum Eintritt des Versorgungsfalles. Dieser trete für Altersrenten erst dann ein, wenn der Arbeitnehmer das 63. Lebensjahr vollendet habe.

Der PSV hat beantragt,

im Wege der Zwischenfeststellungsklage zu er-

kennen, daß er für die Klageforderung nicht

eintrittspflichtig sei.

Die Beklagte hat beantragt, die Zwischenfeststellungsklage zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat dem Begehren des Klägers nach dem Hauptantrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage sowie die Zwischenfeststellungsklage des Streitverkündeten abgewiesen. Dagegen hat nur der PSV Revision eingelegt, mit der er lediglich seinen Feststellungsantrag weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Der Streithelfer kann nicht im Rechtsstreit zwischen Versorgungsgläubiger und Versorgungsschuldner im Wege der Zwischenfeststellungsklage eine Entscheidung über seine Eintrittspflicht herbeiführen.

1. Die Revision ist zulässig.

Der Streithelfer war befugt, das Rechtsmittel einzulegen, obwohl der Kläger selbst das ihm ungünstige Berufungsurteil nicht anfechten wollte. Der PSV kann im Rechtsstreit zwischen Versorgungsgläubiger und Versorgungsschuldner über die Einstellung oder Kürzung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf Seiten des Arbeitnehmers beitreten. Er erwirbt dann die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten nach § 69 ZPO (BAG 34, 146, 150 = AP Nr. 9 zu § 7 BetrAVG, zu A I 2 der Gründe). Daraus ergibt sich die Befugnis Rechtsmittel auch gegen den Willen der von ihm unterstützten Hauptpartei einzulegen (BAG, aaO; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., § 47 V 2 b S. 234; Thomas/Putzo, ZPO, 11. Aufl., § 69 Anm. 3 b).

Es fehlt auch nicht die für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels erforderliche Beschwer. Insoweit ist auf die prozessuale Lage der Hauptpartei abzustellen. Nur soweit dieser ein Rechtsmittel zustünde, kann auch der Nebenintervenient ein solches einlegen (BAG Urteil vom 5. August 1959 - 2 AZR 7/59 -, AP Nr. 1 zu § 511 ZPO; BGH NJW 1981, 2062; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 67 Anm. 3 A, jeweils m.w.N.). Da im vorliegenden Rechtsstreit der Kläger beim Landesarbeitsgericht unterlegen ist, war auch der PSV befugt, Revision einzulegen.

2. Die Zwischenfeststellungsklage ist jedoch unzulässig. Der gegenteiligen Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht folgen.

a) Gemäß § 256 Abs. 2 ZPO können die Parteien bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung beantragen, daß ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis festgestellt wird, wenn von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt.

Ob ein Nebenintervenient - auch ein streitgenössischer - Zwischenfeststellungsklage überhaupt erheben darf, erscheint zweifelhaft (verneinend Rosenberg/Schwab, aaO, § 47 Anm. V 2 a S. 234; Wieczorek, ZPO, § 69 Rz A I a, B II; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, Bd. 1, 20. Aufl., § 69 Rz 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 256 Anm. 7 B b; Thomas/Putzo, aaO, § 69 Anm. 3 b). Diese Frage kann aber offenbleiben.

b) Im Streitfall fehlt es bereits an der in § 256 Abs. 2 ZPO vorausgesetzten Vorgreiflichkeit des streitigen Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits. Ob der Kläger von der Beklagten den eingeklagten Kapitalisierungsbetrag der vorgezogenen Betriebsrente verlangen kann, entscheidet sich ausschließlich nach den Vorschriften des Konkurs- und Vergleichsrechts. War der Kläger Vergleichsgläubiger nach § 25 Abs. 1 VglO, so konnte er nur die Vergleichsquote beanspruchen. War seine Forderung hingegen bevorrechtigt, etwa nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO oder nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 d KO, so hatte er Anspruch auf volle Befriedigung gemäß § 26 VglO. Die mit der Zwischenfeststellungsklage berührte Frage, ob der Nebenintervenient eintrittspflichtig ist, stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Sie kann daher nicht vorgreiflich sein.

c) Dem Nebenintervenienten ist einzuräumen, daß ein Unterliegen des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit für ihn als Träger der Insolvenzsicherung rechtliche Folgen haben kann und jedenfalls die Frage der Einstandspflicht nach § 7 BetrAVG aufwirft. Sein rechtliches Interesse an der Beteiligung am Rechtsstreit zwischen Versorgungsgläubiger und Versorgungsschuldner ist nicht zu verkennen. Zutreffend weist der Streithelfer darauf hin, daß es den Versorgungsberechtigten weitgehend gleichgültig sein kann, ob der Arbeitgeber oder der PSV die geschuldeten Leistungen zu erbringen hat. Deshalb wird es in vielen Fällen sinnvoll sein, wenn sich der PSV aufgrund einer Streitverkündung als Nebenintervenient am Rechtsstreit beteiligt. Für den Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG) hat der Senat sogar wiederholt ausgesprochen, daß bei einem Streit über den Widerruf oder die Kürzung von Versorgungsleistungen der Träger der Insolvenzsicherung einzuschalten ist (vgl. BAG 34, 146, 150 = AP Nr. 9 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 der Gründe m.w.N.). Bei den übrigen Sicherungsfällen des § 7 Abs. 1 BetrAVG ist die Interessenlage nicht grundlegend anders zu beurteilen. Dies kann aber nicht dazu führen, dem PSV im Prozeß der Hauptparteien Rechte einzuräumen, die über die prozessuale Stellung des Nebenintervenienten hinausgehen.

Der PSV will mit der Zwischenfeststellungsklage bereits im Rechtsstreit des Versorgungsgläubigers gegen dessen Arbeitgeber eine in Rechtskraft erwachsende zusätzliche Entscheidung über Anschlußprobleme herbeiführen, die sich überhaupt erst bei einer Abweisung der Hauptklage ergeben, also nur dann, wenn das eigentliche Ziel der Streithilfe verfehlt wird. Das ist eine unzulässige Verquickung unterschiedlicher Prozeßziele. Im Prozeß des Arbeitnehmers muß der PSV seine rechtlichen Interessen in anderer Weise wahrnehmen. Er kann nur geltend machen, die Leistungsverweigerung des Arbeitgebers sei unberechtigt. Er kann etwa den Vortrag unterstützen, eine wirtschaftliche Notlage des Arbeitgebers und damit ein Sicherungsfall nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG sei nicht gegeben. Unter Umständen genügt es, wie im vorliegenden Rechtsstreit geltend zu machen, es handele sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Gegebenenfalls muß dann in einem weiteren Rechtsstreit die Frage der Eintrittspflicht des PSV entschieden werden.

Dr. Dieterich Griebeling Dr. Peifer

Engel Zilius

 

Fundstellen

Haufe-Index 438559

DB 1985, 1537-1538 (LT1)

AP § 67 ZPO (LT1), Nr 3

EzA § 256 ZPO, Nr 23

VersR 1986, 176-176 (LT1)

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