Entscheidungsstichwort (Thema)

Feiertagsvergütung. Arbeitszeitkonto

 

Orientierungssatz

  • Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Der Arbeitnehmer ist so zu stellen, als hätte er an dem Feiertag die schichtplanmäßige Arbeitszeit gearbeitet (vgl. Senat 24. Oktober 2001 – 5 AZR 245/00 – AP EntgeltFG § 2 Nr. 8).
  • Der Arbeitgeber darf bei feiertagsbedingtem Arbeitsausfall auf einem für den Arbeitnehmer geführten Zeitkonto keine Negativbuchungen vornehmen und damit das vorhandene Zeitguthaben kürzen, wenn das Zeitkonto nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrückt (Senat 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – zVv.)
 

Normenkette

EFZG § 2; ZPO § 253 Abs. 2; Manteltarifvertrag Nr. 14 für die Mitarbeiter des Bodenpersonals der Deutschen Lufthansa AG

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 10.05.2001; Aktenzeichen 5 Sa 69/01)

ArbG Köln (Urteil vom 20.09.2000; Aktenzeichen 15 Ca 3868/00)

 

Tenor

  • Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. Mai 2001 – 5 Sa 69/01 – wird zurückgewiesen.
  • Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Freizeitausgleich für Feiertage im Freischichtenmodell.

Der Kläger ist bei der beklagten Luftfahrtgesellschaft als Flightmanager beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet – nach den nicht näher begründeten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts – der Manteltarifvertrag Nr. 14 für die Mitarbeiter des Bodenpersonals der Deutschen Lufthansa AG (MTV) Anwendung. Nach § 5 Abs. 1 des MTV beträgt die tarifliche Grundarbeitszeit 37,5 Stunden. Eine Verlängerung der Grundarbeitszeit ist nach § 5 Abs. 2 Satz 2 MTV zulässig, wenn der Ausgleich auf durchschnittlich 37,5 Stunden je Woche im Rahmen einer Schichtperiode erfolgt. Der Kläger arbeitet in einer Schichtperiode, die sich über neun Wochen erstreckt. An den schichtplanmäßigen Arbeitstagen leistet er täglich 8 bzw. 8,25 Arbeitsstunden. Der Kläger erhält ein monatliches Festgehalt.

Zu Abwesenheitstagen ist in der von den Tarifvertragsparteien unterzeichneten Protokollnotiz X zum MTV bestimmt:

  • “Fehlzeitenberechnungen/Zeitkonto
  • Mitarbeiter, die planmäßig im Durchschnitt an fünf Arbeitstagen und weniger pro Woche arbeiten, erhalten für jeden Abwesenheitstag unter Fortzahlung der Vergütung – ausgenommen Abwesenheitszeiten gem. § 27 (Krankheit) – eine Zeitgutschrift in Höhe der Stunden, die der durchschnittlichen täglichen Grundarbeitszeit in der Fünf-Tage-Woche entspricht.
  • In Höhe der Zeitdifferenz soll zu den an den jeweiligen Abwesenheitstagen im Sinne des Abs. 1 planmäßig vorgesehenen Arbeitszeiten eine Verrechnung (Zeitkonto) mit folgenden be- bzw. entstehenden Freizeitguthaben vorgenommen werden: Plusstunden aus Gleitzeit im Schichtbetrieb, Reisestunden, Rufbereitschaft, Überarbeit (§ 19), schichtfreie Wochenfeiertage (§ 11 Abs. 4), Arbeit an Vorfesttagen (§ 11 Abs. 2), Arbeit an Feiertagen (§ 11 Abs. 3), Zusatzurlaub (§ 33).

    Eine Rangfolge kann durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden.

    Satz 1 gilt entsprechend für die Verrechnung von Freizeitguthaben mit be- bzw. entstehenden Zeitdifferenzen iSd. Abs. 1 während des Zeitraumes, in dem der jeweilige Freizeitausgleich zu gewährleisten ist (§§ 9 und 11).

  • Soweit von einer Verrechnung gemäß Abs. 2 abgesehen wird, erfolgt in Absprache mit den betroffenen Mitarbeitern in Höhe der Zeitdifferenz zu den an den jeweiligen Abwesenheitstagen im Sinne des Abs. 1 planmäßig vorgesehenen Arbeitszeiten eine Kürzung/Erhöhung zusätzlicher schichtplan- bzw. schichtplanmäßig vorgesehener freier Tage.

    Das gleiche gilt für die Verrechnung von Fehlzeiten/Freizeitguthaben aus sonstigen Gründen.

  • …”

Fällt ein schichtplanmäßiger Arbeitstag auf einen Wochenfeiertag, erhält der Kläger eine Zeitgutschrift in Höhe von 7,5 Stunden. In Höhe der Zeitdifferenz zu der schichtplanmäßigen Arbeitszeit werden dem Zeitkonto Minusstunden zugeführt. Für die feiertagsbedingte Abwesenheit des Klägers am Ostermontag, dem 24. April 2000, nahm die Beklagte eine Negativbuchung auf dem Zeitkonto des Klägers im Umfang der Differenz zwischen der schichtplanmäßigen Arbeitszeit von acht Stunden und der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden, dh. in Höhe von 0,5 Stunden vor.

Der Kläger hat mit seiner am 3. Mai 2000 eingereichten Klage die Auffassung vertreten, die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung verstoße gegen § 2 EFZG.

Der Kläger hat beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den 24. April 2000 (Ostermontag) 0,5 Stunden auf seinem Zeitkonto gutzuschreiben;
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Falle des Arbeitsausfalls aus Anlaß von gesetzlichen Feiertagen die Anzahl von Stunden gutzuschreiben, die der Kläger schichtplanmäßig an den jeweiligen Tagen ohne den Ausfall gearbeitet hätte.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Verrechnung von Zeitgutschriften verstoße nicht gegen die Pflicht zur Entgeltfortzahlung an Feiertagen, weil der Kläger ein monatliches Festgehalt erhalte und durch die Fehlzeitenberechnung keine Vermögenseinbuße erleide.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben.

  • Die Klage ist zulässig.

    • Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1 hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Beklagte führt für den Kläger ein Zeitkonto, auf dem Plusstunden aus Gleitzeit im Schichtbetrieb, Reisestunden, Rufbereitschaft, Überarbeit, schichtfreie Wochenfeiertage, Arbeit an Vorfesttagen, Arbeit an Feiertagen und Zusatzurlaub gutgeschrieben sowie Negativbuchungen vorgenommen werden, die sich aus der Zeitdifferenz zwischen der planmäßig vorgesehenen Arbeitszeit und der durchschnittlichen täglichen Grundarbeitszeit in der Fünf-Tage-Woche bei Abwesenheit an einem Feiertag ergeben. Die vom Kläger begehrte Gutschrift soll auf diesem Konto erfolgen. Die Beklagte hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die der nachträglichen Zuführung der beantragten 0,5 Stunden auf das Zeitkonto entgegenstehen könnten.
    • Der Antrag zu 2 ist gleichfalls zulässig. Er bedarf allerdings der Auslegung. Dem Prozeßvortrag des Klägers ist zu entnehmen, daß er die von der Beklagten vorgenommene Negativbuchung bei einem Arbeitsausfall an Feiertagen für rechtswidrig hält und dies gerichtlich festgestellt wissen will. Der Antrag zu 2 geht damit insoweit über den Antrag zu 1 hinaus, als er sich nicht auf eine konkrete Buchung auf dem Zeitkonto bezieht, sondern zukunftsgerichtet Negativbuchungen wegen Abwesenheit an gesetzlichen Feiertagen verhindern will. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Für den Antrag besteht auch ein Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, denn zwischen den Parteien besteht Streit über die Wirksamkeit dieser Buchungen auf dem Zeitkonto.
  • Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist gemäß § 2 Abs. 1 EFZG verpflichtet, dem Kläger für den 24. April 2000 (Ostermontag) 0,5 Stunden auf seinem Zeitkonto wieder gutzuschreiben und zukünftig solche Negativbuchungen zu unterlassen.

    • Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Der Arbeitnehmer ist so zu stellen, als hätte er an dem Feiertag die schichtplanmäßige Arbeitszeit gearbeitet (vgl. Senat 24. Oktober 2001 – 5 AZR 245/00 – AP EntgeltFG § 2 Nr. 8). Der Arbeitnehmer ist nicht zur unentgeltlichen Vor- oder Nacharbeit der durch den Feiertag ausgefallenen Arbeitszeit verpflichtet (vgl. Senat 10. Juli 1996 – 5 AZR 113/95 – BAGE 83, 283).
    • Die Beklagte hat dem Kläger nach Abs. 1 der Protokollnotiz X für die am 24. April 2000 (Ostermontag) ausgefallene Arbeitszeit zwar das vereinbarte monatliche Festgehalt unverändert weitergezahlt. Sie hat damit den Kläger im Hinblick auf die ausbezahlte Arbeitsvergütung so gestellt, als hätte er am Ostermontag acht Stunden gearbeitet. Durch die erfolgte Negativbuchung von 0,5 Stunden auf dem Zeitkonto hat die Beklagte jedoch § 2 Abs. 1 EFZG verletzt.

      • Das von der Beklagten geführte Zeitkonto drückt nur in anderer Form den Arbeitsentgeltanspruch des Klägers aus. Dieser Vergütungsanspruch resultiert aus der Erbringung von Arbeitsleistungen, nämlich durch Reisestunden, Rufbereitschaft und Überarbeit, die auf dem Zeitkonto verbucht werden. Die Zahlung eines verstetigten Arbeitsentgelts widerspricht dem nicht (vgl. zuletzt Senat 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – zVv.), denn die Buchungen auf dem Zeitkonto betreffen die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden.
      • Die Beklagte hat in Höhe der Zeitdifferenz zwischen der am Ostermontag planmäßig vorgesehenen Arbeitszeit von acht Stunden und der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden, dh. in Höhe von 0,5 Stunden eine Verrechnung mit Freizeitguthaben auf dem Zeitkonto des Klägers vorgenommen. Durch diese Negativbuchung hat sich der Vergütungsanspruch des Klägers verringert, auch wenn sich diese Verringerung der Vergütung wegen der auf dem Zeitkonto erfolgten Buchung und der verstetigten Arbeitsentgeltzahlung noch nicht unmittelbar auswirkt. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses könnte der Kläger jedoch nicht die Auszahlung aller erarbeiteten Plusstunden verlangen, sondern nur die Vergütung des um die erfolgten Verrechnungen gekürzten Zeitguthabens. Möglicherweise hätte der Kläger sogar Minusstunden. Dies ist mit § 2 Abs. 1 EFZG nicht zu vereinbaren. Die Beklagte ist daher verpflichtet, dem Kläger die am 24. April 2000 (Ostermontag) von seinem Zeitkonto abgezogenen 0,5 Stunden wieder gutzuschreiben und zukünftig solche Negativbuchungen zu unterlassen.
  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Hann, R. Rehwald

 

Fundstellen

Haufe-Index 846021

DB 2003, 155

ARST 2003, 129

FA 2003, 88

NZA 2003, 232

SAE 2003, 231

ZTR 2003, 248

AP, 0

AuA 2002, 565

EzA-SD 2002, 5

EzA

PERSONAL 2003, 56

ZfPR 2003, 82

BAGReport 2003, 169

NJOZ 2003, 2113

SPA 2003, 7

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