Entscheidungsstichwort (Thema)

Stationierungsstreitkräfte; Auflösung von Dienststellen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer ist weder die Beschäftigungsdienststelle noch die Truppe als solche, sondern der jeweilige Entsendestaat.

2. Die Frist des Art 56 Abs 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit §§ 79, 72 Abs 2 Satz 1 BPersVG beginnt mit der ordnungsgemäßen Unterrichtung der Betriebsvertretung über die beabsichtigte Kündigung. Eine Erörterung zwischen Arbeitgeber und Betriebsvertretung ist nur dann erforderlich, wenn sich die Betriebsvertretung fristgerecht geäußert hat. Die Äußerung muß sich inhaltlich mit der beabsichtigten Maßnahme auseinandersetzen. Es genügt nicht, daß die Betriebsvertretung vom Arbeitgeber lediglich weitere, für eine ausreichende Unterrichtung nicht erforderliche Informationen oder eine Erörterung der beabsichtigten Kündigung verlangt. Nach Abschluß der Erörterung beginnt die Äußerungsfrist des Art 56 Abs 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs 2 Satz 1 BPersVG nicht erneut zu laufen.

3. Die von der Betriebsvertretung zu beachtende Äußerungsfrist beträgt nach dem Unterzeichnungsprotokoll zu Art 56 Abs 9 ZA-Nato-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl 1961 II S. 1313) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 18. Mai 1981 (BGBl 1982 II S. 530, 838) sieben Arbeitstage.

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 29.06.1992; Aktenzeichen 16 Sa 1208/91)

ArbG Herne (Entscheidung vom 26.06.1991; Aktenzeichen 5 Ca 880/91)

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 9. November 1980 bei den britischen Streitkräften als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt. Im Juli 1990 kündigte das Britische Verteidigungsministerium eine Reduzierung der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte an. Mit Schreiben vom Januar 1991 unterrichtete das Hauptquartier der britischen Rheinarmee die bei ihr gebildete Hauptbetriebsvertretung davon, daß beschlossen worden sei, die Beschäftigungseinheit des Klägers zum 30. September 1991 aufzulösen. Der Kommandeur der Beschäftigungseinheit leitete mit Schreiben vom 27. Februar 1991 wegen der vorgesehenen Schließung der Dienststelle bei der örtlichen Betriebsvertretung das Mitwirkungsverfahren zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ein. Die örtliche Betriebsvertretung erbat mit Schreiben vom 8. und 11. März 1991 zusätzliche Informationen und Unterlagen. In einem weiteren Schreiben vom 11. März 1991 teilte sie dem Dienststellenleiter mit, daß sie beschlossen habe, "die Einzelmaßnahmen der zu kündigenden Personen" mit ihm "gemäß § 72 Abs. 1 BPersVG zu erörtern". Diese Erörterung fand am 14. März 1991 statt. Mit Schreiben vom 18. März 1991 faßte der Kommandeur der Beschäftigungseinheit das Besprechungsergebnis zusammen und wies die Betriebsvertretung auf folgendes hin:

"...

Wie Sie uns mitgeteilt haben, erheben Sie Einwän-

de gegen die Kündigung der Beschäftigten unter

Hinweis auf Artikel 79 (1) 3. Wir sind allerdings

der Meinung, dass dieser Artikel des BPersVG im

Falle der Schliessung des FVD R -

nicht anwendbar ist. Da Sie, ausser diesem

Einwand, bei der Einzelbesprechung... keine

weiteren Einwände vorbrachten oder zusätzliche

Fragen hatten, schliesse ich hiermit das

Mitwirkungsverfahren bezüglich der Kündigung der

Beschäftigten des FVD Wksp REME R

ab. ..."

Daraufhin wandte sich die örtliche Betriebsvertretung mit Schreiben vom 20. März 1991 auf dem Dienstwege an die übergeordnete Dienststelle mit dem Antrag auf Entscheidung der Angelegenheit. Die übergeordnete Dienststelle teilte mit Schreiben vom selben Tag der Betriebsvertretung mit:

"1. Ich bestätige den Eingang Ihres Schrei-

bens ..., kann es jedoch nicht als gültigen An-

trag auf Entscheidung nach dem BPersVG annehmen.

2. Der Antrag ... stellt einen Rechtsmissbrauch

dar, da er beabsichtigt, die Durchführung der

Kündigung des oben genannten Arbeitnehmers aus

Gründen zu verzögern, welche nicht durch die Be-

stimmungen des BPersVG abgedeckt sind. ..."

Die Beschäftigungseinheit hat mit Schreiben vom 20. März 1991 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. September 1991 gekündigt, und zwar wegen der auf militärischen Gründen beruhenden Schließung der Beschäftigungsdienststelle.

Der Kläger hält die Kündigung schon deshalb für unwirksam, weil die Betriebsvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das zwischen den Parteien ab-

geschlossene Arbeitsverhältnis ab dem 9. November

1980 durch die Kündigung vom 20. März 1991, zuge-

gangen am 22. März 1991, nicht zum 30. September

1991 beendet ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, daß das Mitwirkungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Im übrigen sei, unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der planmäßigen Schließung der Beschäftigungsdienststelle am 30. September 1991 erloschen. Arbeitgeber des Klägers sei seine Beschäftigungsdienststelle gewesen. Sie sei ersatzlos weggefallen. Einen Rechtsnachfolger gebe es nicht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die von der Beklagten eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits (§ 565 ZPO), weil der Senat nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die entscheidungserhebliche Frage, ob die Betriebsvertretung vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden ist, nicht abschließend beantworten kann.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei zulässig und begründet. Die Kündigung vom 20. März 1991 sei nach Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (im folgenden ZA-Nato-Truppenstatut) in Verbindung mit § 70 Soldatengesetz, § 79 Abs. 4 BPersVG rechtsunwirksam, denn die Betriebsvertretung sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Nach dem Parteivortrag könne zwar davon ausgegangen werden, daß die Unterrichtung der Betriebsvertretung als solche hinreichend ausführlich und umfassend gewesen sei und damit den Anforderungen der §§ 72 Abs. 1, 68 Abs. 2 BPersVG genügt habe. Die Betriebsvertretung habe sich jedoch rechtzeitig im Sinne des § 72 Abs. 2 BPersVG geäußert, unabhängig davon, ob Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut eine statische Verweisung auf das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 enthalte und die Äußerungsfrist deshalb nicht zehn, sondern nach wie vor sieben Arbeitstage betrage. Es könne unterstellt werden, daß das Schreiben der Dienststelle vom 27. Februar 1991 und das Schreiben der Betriebsvertretung vom 8. März 1991 jeweils am selben Tag dem Adressaten zugegangen seien. Zwischen dem 27. Februar 1991 und dem 8. März 1991 lägen exakt sieben Arbeitstage, wenn Samstag und Sonntag nicht zu den Arbeitstagen gezählt würden. Da dies ganz offensichtlich der Praxis der Betriebspartner entsprochen habe, könne sich die Dienststelle nicht auf die Fiktion der Zustimmung der Betriebsvertretung zur Kündigung bereits vor Abschluß der am 14. März 1991 durchgeführten Erörterung berufen. An welches Ereignis die Frist des § 72 Abs. 2 BPersVG anknüpfe (erste Mitteilung von der Maßnahmeabsicht oder Abschluß der Erörterung), könne offenbleiben. Diese Frist habe nach Beendigung der Erörterung der beabsichtigten Maßnahme, also am 14. März 1991, zumindest erneut begonnen. Der Kommandeur der Beschäftigungseinheit des Klägers habe aber bereits mit Schreiben vom 18. März 1991 das Mitwirkungsverfahren auf der Dienststellenebene für abgeschlossen erklärt, obwohl die Mitteilung nach § 72 Abs. 3 BPersVG erst nach Ablauf der Äußerungsfrist des § 72 Abs. 2 BPersVG erfolgen dürfe. Außerdem sei das Mitwirkungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 72 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 79 BPersVG fehlerhaft. Die Betriebsvertretung habe die Angelegenheit rechtzeitig der übergeordneten Dienststelle vorgelegt, die ohne Einschaltung der Stufenvertretung noch am selben Tag den Antrag der Betriebsvertretung als rechtsmißbräuchlich zurückgewiesen habe. Die Einwendungen der Betriebsvertretung hätten sich jedoch zwanglos dem § 79 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BPersVG zuordnen lassen. Abgesehen davon sei die Betriebsvertretung nicht auf den Katalog des § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG beschränkt gewesen, sondern habe gegen die ordentliche Kündigung Einwände jeglicher Art erheben können. Die übergeordnete Dienststelle habe nur im gesetzlich vorgesehenen Verfahren, d. h. nach Verhandlung mit der Stufenvertretung darüber entscheiden können, ob die Einwendungen der örtlichen Betriebsvertretung sachlich unbegründet seien. Im vorliegenden Fall habe die Betriebsvertretung lediglich die ihr gesetzlich eröffneten Möglichkeiten in Anspruch genommen. Die durch das Mitwirkungsverfahren eintretende Verzögerung des Kündigungsausspruchs, die der Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen habe, rechtfertige es nicht, von einem Rechtsmißbrauch auszugehen. Da die Kündigung vom 20. März 1991 wegen fehlerhafter Beteiligung der Betriebsvertretung unwirksam sei, bestehe das Arbeitsverhältnis fort. Es sei auch nicht durch die Auflösung der Beschäftigungseinheit beendet worden. Der Arbeitgeber des Klägers sei nicht fortgefallen, weil nicht die einzelne Beschäftigungseinheit der alliierten Streitkräfte, sondern der Entsendestaat Arbeitgeber der zivilen Bediensteten sei.

Dieser Begründung kann nur teilweise gefolgt werden. B. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Klage für zulässig erachtet. 1. Aus Art. 56 Abs. 8 Satz 1 und 2 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl 1961 II S. 1218) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 21. Oktober 1971 (BGBl 1973 II S. 1022) ergibt sich, daß die Rechtsstreitigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit unterliegt und die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten ist, die in Prozeßstandschaft für den Entsendestaat auftritt. Diese Regelungen beziehen sich auf die zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge im Sinne von Art. IX Nato-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 (BGBl 1961 II S. 1190) und Art. 56 Abs. 1 ZA-Nato-Truppenstatut. Unstreitig gehört der Kläger zu diesem Personenkreis.

Die Herstellung der Einheit Deutschlands hat diese Rechtslage nicht verändert (BAG Urteil vom 15. Mai 1991 - 5 AZR 115/90 - AP Nr. 23 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu I der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Nach dem Notenwechsel vom 25. September 1990 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 und zu dem Zusatzabkommen zu diesem Abkommen vom 3. August 1959 nebst zugehörigen Übereinkünften, der mit der hierzu erlassenen Verordnung vom 28. September 1990 (BGBl 1990 II S. 1250) veröffentlicht und in Kraft gesetzt worden ist, bleiben das Abkommen vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen sowie das Zusatzabkommen vom 3. August 1959 hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen ausdrücklich bestehen.

2. Entgegen der Auffassung der Revision besteht ein Feststellungsinteresse des Arbeitnehmers (§ 256 Abs. 1 ZPO) auch dann, wenn er im Laufe des Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist; denn § 12 KSchG räumt dem Arbeitnehmer das Recht ein, nach Rechtskraft eines der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils zu wählen, ob er das Arbeitsverhältnis beim bisherigen oder beim neuen Arbeitgeber fortsetzen will. Selbst wenn der Arbeitnehmer fest entschlossen ist, nicht mehr zum bisherigen Arbeitgeber zurückzukehren, entfällt das Feststellungsinteresse nicht (Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 4 Rz 30; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 4 Rz 15; KR-Friedrich, 3. Aufl., § 4 KSchG Rz 27). Dem Arbeitnehmer steht nach § 12 Satz 4 KSchG ein Lohnanspruch für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu, und dieser Anspruch setzt voraus, daß nicht schon die Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Die Heilung der Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung (§ 7 KSchG) kann der Arbeitnehmer aber nur durch eine Feststellungsklage nach § 4 KSchG verhindern.

C. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Begründetheit der Klage halten der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nur teilweise stand. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht angenommen, daß bei Unwirksamkeit der angegriffenen Kündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers trotz Auflösung seiner Beschäftigungseinheit fortbesteht. Den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich jedoch nicht entnehmen, ob die Betriebsvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden ist oder die Kündigung wegen eines fehlerhaften Mitwirkungsverfahrens nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam ist.

I. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Auflösung der Beschäftigungseinheit des Klägers nicht dazu geführt, daß der Arbeitgeber des Klägers wegfiel und bereits deswegen das Arbeitsverhältnis unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung endete. Dem Landesarbeitsgericht ist vielmehr darin zu folgen, daß nicht die Beschäftigungseinheit, sondern der Entsendestaat Arbeitgeber des Klägers ist.

1. In den Urteilen vom 20. Dezember 1957 (- 1 AZR 87/57 - BAGE 5, 130 = AP Nr. 11 zu Art. 44 Truppenvertrag) und vom 27. August 1980 (- 4 AZR 693/78 - n. v.) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, die Bundesrepublik Deutschland sei nicht Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, weil die Arbeitgeberfunktionen bei den Behörden der Stationierungsstreitkräfte liegen. In diesen Verfahren ist es nicht darauf angekommen, ob die Behörden der Stationierungsstreitkräfte selbst Arbeitgeber sind oder lediglich für die Entsendestaaten handeln. In späteren Entscheidungen haben dann aber sowohl der Vierte Senat als auch der Siebte Senat klargestellt, daß Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer der jeweilige Entsendestaat ist (BAG Urteil vom 30. November 1984 - 7 AZR 499/83 - AP Nr. 6 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu II 3 der Gründe; Urteil vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 479/84 - BAGE 51, 104, 111 = AP Nr. 2 zu § 48 TVAL II). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.

2. Die Beklagte kann ihre Ansicht, jede Dienststelle sei als selbständiger Arbeitgeber anzusehen, nicht auf das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut stützen. Im Gegenteil: Das Zusatzabkommen unterscheidet zwischen den Behörden einer Truppe und eines zivilen Gefolges (vgl. Art. 56 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. b, Abs. 5, 6, 7 Buchst. a und b ZA) und dem Arbeitgeber (vgl. Art. 56 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 8 ZA). Das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut bestimmt nicht, daß die Dienststellen (Behörden) einer Truppe als Arbeitgeber anzusehen sind. Art. 56 Abs. 2 Buchst. a und b ZA geht vielmehr davon aus, daß die Beschäftigungsdienststellen in eine Behördenhierarchie des Arbeitgebers eingegliedert, also nicht selbst der Arbeitgeber sind.

3. Das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut bezeichnet auch nicht die jeweilige Truppe als Arbeitgeber. Art. 56 Abs. 1 Buchst. a ZA spricht lediglich von "Beschäftigungsverhältnissen ziviler Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge". Ebenso spricht Art. 56 Abs. 9 ZA von "zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr". Dem Wortlaut des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut läßt sich nicht entnehmen, daß die Truppeneinheiten des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland im Gegensatz zur Bundeswehr rechtlich verselbständigt sein sollen. Vielmehr sprechen auch die Regelungen in Art. 4 und Art. 41 Abs. 4, 5 und 10 ZA dafür, daß Träger der Rechte und Pflichten, die sich aus dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut ergeben, weder die einzelne Dienststelle noch die Truppe selbst, sondern die Entsendestaaten sind.

4. Nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. a ZA gelten die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgeblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften, mit Ausnahme der Dienstordnungen und Dienstvereinbarungen und der tariflichen Bestimmungen, auch für die Beschäftigungsverhältnisse der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge, soweit nicht in diesem Abkommen etwas anderes bestimmt ist. Zutreffend hat bereits das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß nach deutschem Arbeitsrecht nur natürliche und juristische Personen Arbeitgeber sein können. Eine hiervon abweichende Bestimmung enthält das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut nicht. Die Dienststellen einer Truppe sind ebensowenig rechtsfähig wie ein Betrieb. Die Truppeneinheiten können allenfalls einem Verwaltungszweig gleichstehen. Rechtsträger der Dienststellen und Truppeneinheiten ist der jeweilige Entsendestaat. Die Dienststellen handeln für ihn und nehmen für ihn die Arbeitgeberfunktionen wahr, ohne dadurch selbst Arbeitgeber zu werden. Welche Dienststelle für den Entsendestaat tätig zu werden hat, ist eine zum Teil im Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut geregelte Zuständigkeitsfrage. An dieser Rechtslage ändert die von der Beklagten zitierte mißverständliche Formulierung im Bulletin der Bundesregierung Nr. 155 vom 13. Oktober 1971 S. 1672 nichts.

II. Demnach hängt der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses davon ab, ob die angegriffene Kündigung wirksam ist. Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, nach den von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen sei die Betriebsvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden und die Kündigung daher unwirksam, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr bedarf es insoweit noch einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts.

1. Die Mitwirkung der Betriebsvertretung bei einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 72 BPersVG gliedert sich ebenso wie die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG in zwei aufeinanderfolgende Verfahrensabschnitte, die nach ihrem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat bzw. der Betriebsvertretung voneinander abzugrenzen sind. Die Einleitung des Mitwirkungsverfahrens ist Aufgabe des Arbeitgebers, wobei die Betriebsvertretung nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut, § 72 BPersVG ebenso umfassend zu unterrichten ist wie der Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 BetrVG (vgl. BAG Urteil vom 3. November 1977 - 2 AZR 277/76 - AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG, zu II 2 b der Gründe; BAGE 35, 118, 123 ff. = AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Baden-Württemberg, zu I 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 257/84 - AP Nr. 42 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 c der Gründe; BAGE 51, 246, 251 = AP Nr. 23 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu I 2 a der Gründe).

a) Der Arbeitgeber mußte die für die Kündigung maßgeblichen Umstände so genau und umfassend darlegen, daß die Betriebsvertretung ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage war, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über die Stellungnahme schlüssig zu werden (vgl. BAGE 30, 386, 391 = AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 2 a der Gründe; BAGE 31, 83, 89 f. = AP Nr. 19 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 3 a der Gründe; BAGE 35, 118, 124 = AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Baden-Württemberg, zu I 2 a der Gründe; BAGE 49, 136, 142 = AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 1 a der Gründe). Zu den für die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung maßgeblichen Tatsachen zählen auch die unter § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG fallenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Von einer näheren Begründung kann der Arbeitgeber nur insoweit absehen, als die Betriebsvertretung bereits über den erforderlichen Kenntnisstand verfügt (BAGE 26, 102, 105 = AP Nr. 3 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 b bb der Gründe; BAGE 31, 83, 90 = AP Nr. 19 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 3 b der Gründe; BAGE 44, 249, 260 = AP Nr. 30 zu § 102 BetrVG 1972, zu B I 2 b der Gründe; BAGE 49, 136, 143 = AP Nr. 37 zu § 102 BetrVG 1972, zu II 1 b der Gründe).

b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne weitere Begründung die Auffassung vertreten, nach dem gesamten Parteivorbringen sei davon auszugehen, daß die Unterrichtung der Betriebsvertretung als solche inhaltlich hinreichend ausführlich und umfassend gewesen sei. Dabei handelt es sich um keine tatsächliche Feststellung, die nach § 561 Abs. 2 ZPO für das Revisionsgericht bindend wäre. Die Beantwortung der Frage, ob die Unterrichtung der Betriebsvertretung den Anforderungen des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 72 BPersVG genügt, ist das Ergebnis einer Anwendung materiellen Rechts. Das Landesarbeitsgericht hat nicht ausgeführt, welchen konkreten Sachverhalt die Beschäftigungsdienststelle zur Begründung ihrer Kündigungsabsicht der Betriebsvertretung mitteilte und welche Tatsachen der Betriebsvertretung bereits bekannt waren. Dem Berufungsurteil ist insbesondere nicht zu entnehmen, daß die Betriebsvertretung bei der Einleitung des Mitwirkungsverfahrens oder schon vorher davon unterrichtet wurde, welche anderen Arbeitsplätze es bei anderen Beschäftigungsdienststellen der Stationierungsstreitkräfte des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland am selben Ort oder im Einzugsbereich gab oder daß derartige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten fehlten. Nach der Protokollnotiz zu Ziff. I 3 des Anhangs 0 zum TV AL II umfaßt der Einzugsbereich alle Beschäftigungsorte, die der Arbeitnehmer von seiner Wohnung in einer Zeit von 2 1/2 Stunden für Hin- und Rückfahrt mit üblicherweise benutzten öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln erreichen kann.

2. Falls die Betriebsvertretung ausreichend über die beabsichtigte Kündigung unterrichtet worden war, hatte sie die Äußerungsfrist nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG zu beachten. Bei Versäumung dieser Frist gilt die Kündigung als gebilligt.

a) Die Frist des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG beginnt mit der ordnungsgemäßen Mitteilung über die beabsichtigte Kündigung zu laufen. Eine Erörterung ist nur dann erforderlich, wenn sich die Betriebsvertretung fristgerecht geäußert hat (BAGE 37, 387, 392 f. = AP Nr. 1 zu § 72 BPersVG, zu I 3 b der Gründe; BAGE 54, 212, 225 = AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu I 3 d der Gründe). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Betriebsvertretung könne sich darauf beschränken, innerhalb der Äußerungsfrist eine Erörterung oder weitere Informationen zu verlangen. Die Frist für die endgültige Stellungnahme beginne dann mit dem Tag nach Abschluß der Erörterung (vgl. auch Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 72 Rz 14; Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl., § 72 Rz 8; differenzierend Lorenzen in Lorenzen/Eckstein, BPersVG, 4. Aufl., § 72 Rz 13). Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Die Betriebsvertretung muß innerhalb der Äußerungsfrist zur beabsichtigten Maßnahme Stellung nehmen. Nach Abschluß der Erörterung beginnt die Äußerungsfrist des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nicht erneut zu laufen (ebenso Scholz, PersV 1979, 218, 222; Fischer/Goeres, GK Öffentliches Dienstrecht, § 72 BPersVG Rz 7; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 72 Rz 11).

aa) Der in § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG verwandte Begriff "sich äußern" kann zwar bei isolierter Betrachtung und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch weit ausgelegt werden. Wie sich aber aus der Gesetzessystematik sowie aus dem Sinn und Zweck der Äußerungsfrist ergibt, muß sich die Äußerung des Personalrats inhaltlich (sachlich) mit der beabsichtigten Maßnahme auseinandersetzen.

Die zweite Alternative des § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG stellt darauf ab, daß der Personalrat "bei Erörterung seine Einwendungen oder Vorschläge nicht aufrecht erhält". Damit geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Einwendungen oder Vorschläge bei der Erörterung bereits vorliegen. Dieser Verfahrensablauf entspricht auch dem in § 72 Abs. 1 BPersVG ausdrücklich genannten Ziel der Erörterung, eine Verständigung zu erreichen. Im öffentlichen Dienst mit seinen besonderen Zuständigkeits- und Entscheidungsstrukturen ist es für erfolgversprechende Einigungsbemühungen wichtig, daß die Arbeitgeberseite bereits vor Erörterung der beabsichtigten Maßnahme die Haltung des Personalrats bzw. der Betriebsvertretung kennt. Ebensowenig wie der Personalrat kann die Betriebsvertretung dadurch, daß sie vom Arbeitgeber lediglich weitere, für eine ausreichende Unterrichtung nicht erforderliche Informationen oder eine Erörterung der beabsichtigten Maßnahme verlangt, eine Verlängerung der Frist für die inhaltliche Stellungnahme erreichen. Für einen entsprechenden Unterbrechungs- oder Hemmungstatbestand, der in der Hand des Personalrats bzw. der Betriebsvertretung läge, läßt sich dem § 72 BPersVG nichts entnehmen.

bb) Die Tätigkeit der Betriebsvertretung wird durch das Erfordernis, innerhalb der Äußerungsfrist eine inhaltliche Stellungnahme zur beabsichtigten Maßnahme abzugeben, nicht beeinträchtigt. Da der Arbeitgeber die Betriebsvertretung nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 BPersVG ebenso umfassend wie nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten hat, ist sichergestellt, daß die Betriebsvertretung über eine ausreichende Entscheidungsgrundlage verfügt. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat innerhalb einer Woche nach Unterrichtung seine gegen eine ordentliche Kündigung bestehenden Bedenken geltend zu machen. Die Betriebsvertretung wird nicht überfordert, wenn von ihr dasselbe verlangt wird. Ihre Rechtsstellung ist immer noch stärker als die des Betriebsrats, weil der Arbeitgeber die Betriebsvertretung nicht nur anhören muß, sondern sich bei einer frist- und formgerechten Stellungnahme im Rahmen der dann erforderlichen Erörterung mit ihren Einwendungen und Vorschlägen auseinanderzusetzen und eine Verständigung anzustreben hat.

cc) Die im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben vom 8. und 11. März 1991 enthalten sachlich keine Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung, sondern nur die Bitte um weitere Informationen und Erörterung der Angelegenheit. Das zweite Schreiben vom 8. März 1991 befindet sich nicht in der Akte. Den Inhalt dieses Schreibens haben die Parteien auch nicht näher dargelegt. Ihnen ist Gelegenheit zu geben, insoweit ihren Sachvortrag zu ergänzen.

3. Ist dem zweiten Schreiben vom 8. März 1991 eine Äußerung im Sinne des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG zu entnehmen, so ist die Betriebsvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden und die Kündigung nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam.

a) Die Betriebsvertretung hat bei dieser Fallgestaltung die Äußerungsfrist gewahrt.

aa) Die Äußerungsfrist beträgt im vorliegenden Fall sieben Arbeitstage; denn § 72 BPersVG in der Neufassung vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693) ist ohne dessen spätere Änderungen anzuwenden. Im Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl 1961 II S. 1313), geändert durch die Änderungsabkommen vom 21. Oktober 1971 (BGBl 1973 II S. 1022) und vom 18. Mai 1981 (BGBl 1982 II S. 530, 838) ist geregelt, welche Vorschriften für die Beteiligung der Betriebsvertretung gelten. Im Beschluß vom 21. August 1979 (- 6 ABR 77/77 - AP Nr. 4 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu III 2 a der Gründe) hat das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß Absatz 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Artikel 56 Absatz 9 ZA-Nato-Truppenstatut in der Fassung des Änderungsabkommens vom 21. Oktober 1971 nicht auf das jeweils geltende Personalvertretungsgesetz, sondern auf das Personalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 (BGBl I S. 477) Bezug genommen habe und daß deshalb die Regelungen des inzwischen in Kraft getretenen Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974 nicht anwendbar gewesen seien. Das neue Bundespersonalvertretungsgesetz hätte nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn eine förmliche Änderung der Abkommen zwischen den Parteien des Nato-Truppenstatus und deren Ratifizierung vorgenommen worden wäre. In Kenntnis und als Reaktion auf diese Rechtsprechung sind im Änderungsabkommen vom 18. Mai 1981 (BGBl 1982 II S. 530, 838) die Worte "des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1955 (BGBl I S. 477)" nicht durch die Worte "das jeweils geltende Bundespersonalvertretungsgesetz", sondern durch die Worte "des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693)" ersetzt worden. Aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte ergibt sich damit eindeutig, daß es sich um keine dynamische, sondern um eine statische Verweisung handelt. Nach § 72 Abs. 2 BPersVG in der Fassung vom 15. März 1974 (BGBl I S. 693) beträgt die Äußerungsfrist sieben Arbeitstage. Die Verlängerung auf zehn Arbeitstage durch das Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 10. Juli 1989 (BGBl I S. 1380) gilt für das Betriebsvertretungsrecht bei den alliierten Streitkräften nicht.

bb) Die Parteien haben unstreitig gestellt, daß die Schreiben der Betriebsvertretung vom 8. März 1991 noch am selben Tag der Beschäftigungsdienststelle zugingen und daß in der Beschäftigungsdienststelle des Klägers grundsätzlich nur von Montag bis einschließlich Freitag, in der Regel aber nicht an Samstagen und Sonntagen gearbeitet wurde. Ob das Schreiben der Beschäftigungsdienststelle vom 27. Februar 1991 noch am selben Tag der Betriebsvertretung zuging, ist unerheblich. Denn zwischen dem 27. Februar und dem 8. März 1991 liegen im vorliegenden Fall sieben Arbeitstage.

b) Wenn sich die Betriebsvertretung rechtzeitig äußert, ist mit ihr die beabsichtigte Maßnahme zu erörtern. Dies geschah vorliegend am 14. März 1991. Die Beschäftigungsdienststelle teilte mit Schreiben vom 18. März 1991 gemäß Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 3 BPersVG der Betriebsvertretung mit, daß sie deren Einwendungen nicht entspreche. Daraufhin machte die Betriebsvertretung mit Schreiben vom 20. März 1991 von dem ihr nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 4 BPersVG zustehenden Recht Gebrauch, die Angelegenheit binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Mitteilung auf dem Dienstweg der übergeordneten Dienststelle mit dem Antrag auf Entscheidung vorzulegen. Die übergeordnete Dienststelle hat jedoch das in Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 4 BPersVG vorgeschriebene Verfahren nicht durchgeführt, sondern den Antrag zu Unrecht als rechtsmißbräuchlich zurückgewiesen.

aa) Nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BPersVG arbeiten die Dienststelle und die Betriebsvertretung unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge vertrauensvoll zum Wohle der Beschäftigten und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben zusammen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht lediglich um einen Programmsatz, sondern um ein unmittelbar geltendes Verhaltensgebot, das den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben im Personal- und Betriebsvertretungsrecht konkretisiert und auch im Mitwirkungsverfahren zu beachten ist (vgl. BAGE 40, 95, 99 ff. = AP Nr. 25 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 b cc der Gründe; BAGE 44, 201, 208 = AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972, zu I 2 c der Gründe). Insbesondere dürfen die Dienststelle und die Betriebsvertretung die ihnen eingeräumten Rechte nicht mutwillig oder rechtsmißbräuchlich ausüben (BAGE 31, 93, 102 = AP Nr. 14 zu § 40 BetrVG 1972, zu III 4 der Gründe).

bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht ein rechtsmißbräuchliches Verhalten der Betriebsvertretung verneint. Eine Rechtsausübung ist unzulässig, wenn der Berechtigte keine schutzwürdigen Interessen verfolgt oder überwiegende Interessen des anderen Teils entgegenstehen. Dabei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, an dessen Vorliegen sehr strenge Anforderungen zu stellen sind. Ein Sachverhalt, bei dem die Durchführung des Stufenverfahrens nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 4 BPersVG für den Arbeitgeber zu einer groben, unerträglichen Unbilligkeit führen würde, liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Die Betriebsvertretung erhob Einwendungen gegen die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, weil die Dienststelle nicht aufgezeigt habe, ob eine Umsetzung des Klägers in eine andere Dienststelle möglich sei. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes führen aber zur Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG) und sind ein in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BPersVG ausdrücklich genannter Einwendungstatbestand. Abgesehen davon kann die Betriebsvertretung im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit §§ 72, 79 Abs. 1 BPersVG Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung nicht nur auf die in § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG aufgeführten Tatbestände stützen, sondern auch andere Gründe vortragen und bei Ablehnung dieser Einwendungen durch die Beschäftigungsdienststelle auch insoweit nach § 72 Abs. 4 BPersVG Entscheidung der übergeordneten Dienststelle beantragen (BAG Urteil vom 29. September 1983 - 2 AZR 179/82 - AP Nr. 1 zu § 79 BPersVG, zu A IV der Gründe, mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest, gegen die von der Beklagten keine neuen Argumente vorgebracht worden sind.

cc) Die Betriebsvertretung hat in ihrer Stellungnahme die Interessen des von der beabsichtigten Kündigung betroffenen Arbeitnehmers wahrgenommen und Bedenken vorgebracht, die nicht sachfremd sind, sondern für die Kündigungsentscheidung von Bedeutung sein können. Der Gesetzgeber hat ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben, in dem überprüft werden soll, ob die Einwendungen der Betriebsvertretung begründet sind. Der Dienststelle steht kein Vorprüfungsrecht zu. Die durch das vorgeschriebene Verfahren eintretenden Verzögerungen hat der Gesetzgeber in Kauf genommen. Im übrigen war die Auflösung der Dienststelle schon seit längerem geplant. Es lag beim Arbeitgeber, die Betriebsvertretung so rechtzeitig zu beteiligen, daß bei Einwendungen der Betriebsvertretung genügend Zeit für die Durchführung des Stufenverfahrens nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 4 BPersVG blieb.

dd) Demnach hätte die vorgesetzte Dienststelle den ihr vorgelegten Antrag der Betriebsvertretung nicht als rechtsmißbräuchlich zurückweisen dürfen, sondern nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG mit der bei ihr bestehenden Stufenvertretung verhandeln müssen. Dieser im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegende Fehler im Mitwirkungsverfahren führt nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 79 Abs. 4 BPersVG zur Unwirksamkeit der Kündigung. § 79 Abs. 4 BPersVG gilt nicht nur bei fehlender, sondern auch bei fehlerhafter Beteiligung der Betriebsvertretung (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. u. a. Urteil vom 3. November 1977 - 2 AZR 277/76 - AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG, zu II 2 b der Gründe; Urteil vom 3. Februar 1982 - 7 AZR 791/79 - AP Nr. 1 zu Art. 77 LPVG Bayern, zu I 2 a der Gründe; Urteil vom 29. September 1983 - 2 AZR 179/82 - AP Nr. 1 zu § 79 BPersVG, zu A V der Gründe, jeweils m. w. N.).

4. War auch dem zweiten Schreiben der Betriebsvertretung vom 8. März 1991 keine inhaltliche Äußerung im Sinne des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG zu entnehmen, so galt die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers schon vor der Erörterung zwischen Arbeitgeber und Betriebsvertretung, die am 14. März 1991 stattfand, als gebilligt.

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, der Arbeitgeber und die Betriebsvertretung hätten eine Verlängerung der Äußerungsfrist vereinbart. Eine derartige Vereinbarung ist zwar zulässig (vgl. BAGE 52, 346, 363 f. = AP Nr. 43 zu § 102 BetrVG 1972, zu B II 2 c bb der Gründe, zur Frist des § 102 Abs. 1 BetrVG; wegen der gleichen Interessenlage gilt für die Frist des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nichts anderes). Eine Verlängerung der Äußerungsfrist hätte aber vorausgesetzt, daß nach dem übereinstimmenden Willen der Betriebspartner der Betriebsvertretung eine längere Äußerungsfrist eingeräumt werden sollte, als in den anzuwendenden Vorschriften vorgesehen ist. Derartige Willenserklärungen lassen sich dem Parteivorbringen nicht entnehmen.

b) Erörtert der Arbeitgeber mit der Betriebsvertretung die beabsichtigte Maßnahme, obwohl die Äußerungsfrist des Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG bereits abgelaufen ist und daher die Maßnahme als gebilligt gilt, so führt dieser freiwillige Verständigungsversuch nicht dazu, daß die Mitwirkungsrechte der Betriebsvertretung wieder aufleben. Der Arbeitgeber kann Einigungsbemühungen, zu denen er nicht verpflichtet ist, jederzeit abbrechen.

c) Hatten die Betriebspartner es jedoch nach der in der Beschäftigungsdienststelle des Klägers üblichen, bisherigen Praxis als ausreichend angesehen, wenn die Betriebsvertretung innerhalb der Äußerungsfrist zunächst nur weitere Informationen oder eine Erörterung erbittet, so durfte die Betriebsvertretung erwarten, daß auch in Zukunft so verfahren wird. Wenn der Arbeitgeber den gemeinsamen Rechtsirrtum erkennt und an der bisherigen Praxis nicht mehr festhalten will, so ist er auf Grund des Gebotes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BPersVG) verpflichtet, die Betriebsvertretung hiervon zu unterrichten. Die Hinweispflicht ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß der Arbeitgeber in diesem Fall durch sein bisheriges Verhalten die Betriebsvertretung in ihrem Rechtsirrtum bestärkt hat. Der Arbeitgeber kann seine Praxis nicht rückwirkend ändern. Der die gesamte Rechtsordnung beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben, der widersprüchliches Verhalten und Rechtsmißbrauch verbietet, führt dazu, daß der Arbeitgeber so zu stellen ist, als habe er seine Hinweispflicht erfüllt. Wäre die Betriebsvertretung entsprechend informiert worden, so hätte sie ihre Einwendungen rechtzeitig erheben können. Insoweit gilt die beabsichtigte Kündigung trotz der Versäumung der Äußerungsfrist nicht als gebilligt. Das Landesarbeitsgericht hat erforderlichenfalls zu prüfen, ob diese Fallgestaltung vorliegt.

Hillebrecht Bitter Kremhelmer

Dr. Roeckl Dr. Wolter

 

Fundstellen

NZA 1993, 981

NZA 1993, 981-985 (LT1-3)

AP, Nr 15 zu Art 56 ZA-Nato-Truppenstatut (LT1-3)

PersR 1993, 406-411 (LT1-3)

PersV 1995, 525-526 (L)

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