Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Werkvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Jahrelange Wartungs- und Servicetätigkeit durch Arbeitnehmer des Werkunternehmers im Betrieb des Bestellers (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 –).

 

Normenkette

AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1; AÜG § 9 Nr. 1, § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 18.01.1991; Aktenzeichen 6 Sa 1291/90)

ArbG Darmstadt (Urteil vom 01.08.1990; Aktenzeichen 5 Ca 29/90)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 1991 – 6 Sa 1291/90 – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 1. August 1990 – 5 Ca 29/90 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt.

Die Beklagte ist eine, privatrechtlich organisierte Forschungseinrichtung und befaßt sich mit Schwerionenforschung. Sie hatte von der E.I.S. GmbH (im folgenden EIS) mehrere elektronische Geräte, sogenannte Strahldiagnose-Einheiten, erworben. Diese Geräte hatte die Firma EIS in ihrer eigenen Elektronik-Abteilung, die vier bis fünf Mitarbeiter umfaßte, hergestellt. In dem Zeitraum von 1979 bis 1909 schlossen die Beklagte und die Firma EIS mehrere Verträge über Service- und Wartungsarbeiten an den Strahldiagnose-Elektronik-Einheiten. Der erste Wartungsvertrag vom 20. Dezember 1979 enthielt folgende Vereinbarungen:

„Durchführung von Service- und Wartungsarbeiten an den Strahldiagnose Elektronik Einheiten bis zu einem Höchstwert von DM …

Der vorstehende Betrag darf ohne unsere schriftliche Genehmigung nicht überschritten werden.

Die Abrechnung erfolgt monatlich aufgrund von uns abgezeichneten Stundenzetteln nach dem tatsächlichen Zeitaufwand zu einem Stundensatz von DM …

Mit dem vorstehenden Stundensatz sind alle für uns anfallenden Aufwendungen und evtl. Ansprüche insbesondere sozialer und steuerlicher Art abgegolten.

Die Versteuerung des Einkommens wird von Ihnen übernommen.

Die Einzelarbeiten werden von unseren Mitarbeitern mündlich festgelegt.

Erforderliches Material und Werkzeug wird von uns zur Verfügung gestellt.

An den im Rahmen dieses Auftrages von Ihnen zu erstellenden Geräten, Unterlagen, Muster u.ä. erwerben wir uneingeschränktes Eigentum.

Sie verpflichten sich, alle Ihnen in Verbindung mit diesem Auftrag bekannt werdenden Unterlagen, Zahlen und sonstige Informationen sowie Angelegenheiten dienstlicher oder persönlicher Art vertraulich zu behandeln.

Diese Verpflichtung gilt auch nach Beendigung dieses Auftrages.

Wir erwarten von Ihnen, daß die Ihnen übertragenen Arbeiten unverzüglich und sorgfältig ausgeführt werden.

Dieser Auftrag läuft vom 01.01.1980 bis 30.06.80 und kann mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

…”

Der Vertrag vom 15. Juli 1981 enthielt eine nähere Beschreibung der zu erbringenden Leistungen und u.a. Vereinbarungen, nach denen die ständige Anwesenheit eines Mitarbeiters der Firma EIS während der normalen Arbeitszeit der Beklagten erforderlich war und die Firma EIS für die durchgeführten Reparaturarbeiten eine Gewährleistung, welche sich auf die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten erstreckt, übernahm.

Der Vertrag vom 20. Februar 1989 enthält entsprechende Regelungen. Gemäß Ziffer 4 dieses Vertrages übernahm die Firma EIS die Gewährleistung für die von ihr durchgeführten Wartungs- und Reparaturarbeiten. Ziffer 5 dieses Vertrages beinhaltete unter der Überschrift „Unfallverhütung” folgende Regelung:

„Ihre Mitarbeiter sind verpflichtet, die gesetzlichen Sicherheits- und Unfallverhütungs-Vorschriften sowie die bei GSI geltenden Regelungen zu beachten. Weisungsbefugte Ansprechpartner bei GSI, mit dem Beginn und Ausführung des Auftrages abzustimmen sind, ist Herr P.. Seine Weisungen entbinden Sie jedoch nicht von ihrer Verantwortung (insbesondere Aufsichtspflicht) gegenüber Ihren Mitarbeitern.”

Eine Erlaubnis zur gewerblichen Überlassung von Arbeitnehmern hatte die Firma EIS nicht. Die Beklagte kündigte den Wartungsvertrag vom 20. Februar 1989 zum 31. Dezember 1989.

Der Kläger wurde im August 1979 als vollzeitbeschäftigter Wartungs- und Servicetechniker von der Firma EIS gegen eine Vergütung von zuletzt etwa 4.000,– DM brutto monatlich eingestellt. Seit dem 5. September 1979 war der Kläger ausschließlich im Hause der Beklagten mit entsprechenden Service- und Wartungsarbeiten beschäftigt. Nach der Kündigung des Wartungsvertrages durch die Beklagte kündigte die Firma EIS das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 1989.

Die Gehaltsabrechnungen, die Abführung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge, die Auszahlung des Gehalts, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie – nach Anzeige an den Gruppenleiter der Beklagten – die Urlaubsbewilligungen für den Kläger nahm die Firma EIS vor. In der Einteilung der von ihm durchzuführenden Tätigkeiten war der Kläger frei. Die Beklagte überwachte seine Arbeitszeit nicht, soweit sie die nach dem letzten Service-Vertrag für die vereinbarte Pauschalvergütung vereinbarten 125 Mann-Stunden pro Monat nicht überstieg. Anders als deren hauseigene Wartungstechniker nahm der Kläger an technischen Besprechungen bei der Beklagten nicht teil. Die Beklagte beanstandete die erbrachten Wartungs- und Reparaturarbeiten des Klägers gegenüber der Firma EIS nur in der Einarbeitungsphase und infolge gehäuft auftretender Mängel gegen Ende der Zusammenarbeit mit der Firma EIS.

Mit der am 6. Dezember 1989 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht. Er hat die Ansicht vertreten, er sei von der Firma EIS langfristig an die Beklagte verliehen worden. Er habe bei der Beklagten ausschließlich an seinem Arbeitsplatz in deren Labor gearbeitet, an deren Gleitzeit teilgenommen, Arbeitsmaterial und Werkzeug ausschließlich von der Beklagten erhalten und sei ausschließlich von ihr eingesetzt worden. Sämtliche fachlichen Weisungen im Hinblick auf die von ihm zu erbringenden Elektronik-Arbeiten habe er von einem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn Peldzinski, erhalten. Mit der Firma EIS habe er während der gesamten Zeit insoweit nichts zu tun gehabt. Anweisungen habe er von ihr in keiner Weise erhalten. Er sei vielmehr voll in die bei der Beklagten bestehende Betriebsgruppe „Beschleuniger” eingegliedert gewesen und habe unmittelbar am Betriebszweck des Betriebes der Beklagten mitgewirkt. Abgegrenzte Tätigkeiten im Rahmen eines Werkvertrages habe er in keiner Weise erbracht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 5. September 1979 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nur als Erfüllungsgehilfe der Firma EIS im Rahmen von Wartungs- und Service-Verträgen bei ihr tätig geworden. Art und Zweck der Tätigkeit seien in den Verträgen durch die Umschreibung des Leistungsinhalts hinreichend bestimmt. Die anfallenden Reparaturarbeiten könnten im einzelnen nicht vorherbestimmt werden, es könne daher aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung eines geschuldeten Vertragserfolges nicht auf das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung geschlossen werden. Auch die Vereinbarung einer Stundenverrechnung sei hierfür kein Indiz. Anweisungen durch die Beklagte seien nur im Rahmen der werkvertraglichen Anweisungsbefugnis des Bestellers erfolgt. Die arbeitsvertragliche Weisungsbefugnis habe ausschließlich bei der Firma EIS gelegen. Von dieser seien auch sämtliche Personalangelegenheiten des Klägers geregelt worden. Der Kläger sei auch nicht in die Aufgabenstellung der Betriebsgruppe „Beschleuniger” eingebunden, sondern auf einem eigenen abgegrenzten Arbeitsgebiet tätig gewesen. Er sei von ihr nie mit anderen als den vertraglichen Wartungsarbeiten beschäftigt worden. Fachliche Einzelweisungen seien nicht erforderlich gewesen, da der Kläger selbst am besten gewußt habe, was im einzelnen an den zu wartenden bzw. defekten Geräten seiner Firma zu tun gewesen sei. Seine Arbeitszeit habe er weitgehend nach eigenen Wünschen gestaltet, eine An- oder Abmeldung sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe nicht am Schichtbetrieb oder an der Gleitzeit bei der Beklagten teilgenommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die Klage abzuweisen. Zwischen den Parteien des Rechtsstreits besteht kein Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist der Beklagten nicht von der Firma EIS im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zur Arbeitsleistung überlassen worden, sondern war für die Firma EIS als deren Arbeitnehmer zur Erfüllung der zwischen der Firma EIS und der Beklagten abgeschlossenen Verträge über die Erbringung von Service- und Wartungsarbeiten tätig.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, nach der tatsächlichen Handhabung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Firma EIS sei deren Rechtsbeziehung als Arbeitnehmerüberlassung zu bewerten.

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst von den in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen ausgegangen, die für die Anwendung des Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG maßgebend sind und nach denen die Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung gegenüber einem Einsatz von Arbeitnehmern auf werk- oder dienstvertraglicher Basis vorzunehmen ist.

Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG knüpft an die Unwirksamkeitsregelung des Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG an und bestimmt deren Rechtsfolgen. Nach Art. 1 S. 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die für eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung nach Art. 1 § 1 AÜG erforderliche behördliche Erlaubnis besitzt. Für diesen Fall der Unwirksamkeit eines Arbeitsvertrages zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer gilt nach Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer als zustande gekommen. Der Eintritt dieser gesetzlichen Fiktion setzt mithin voraus, daß nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, die die beteiligten Vertragspartner getroffen haben, der Tatbestand der gewerbsmäßigen und damit erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, daß es sich also bei dem Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten, in dessen Betrieb der Arbeitnehmer eingesetzt werden soll, seiner rechtlichen Qualifikation nach um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und nicht etwa um einen Werk- oder Dienstvertrag handelt, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer lediglich als Erfüllungsgehilfe seines Arbeitgebers in dem Betrieb des Dritten tätig wird. Im letzteren Falle greifen die Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht ein.

Über die rechtliche Einordnung eines Vertrages entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die tatsächlich dem Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des AÜG nicht dadurch vermeiden, daß sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen.

Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Schlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAGE 43, 102, 105 = AP Nr. 5 zu § 10 AÜG, zu I 1 b der Gründe; BAGE 61, 7, 22 = AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972, zu E II 3 c bb der Gründe; BAG Beschluß vom 28. November 1989 – 1 ABR 90/88 – AP Nr. 5 zu § 14 AÜG, zu B 1 c der Gründe; BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu II 2 der Gründe).

2. Die Abgrenzung der verschiedenen Erscheinungsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes richtet sich nach folgenden Kriterien: Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und er ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Er haftet nur für Verschulden bei der Auswahl der verliehenen Arbeitnehmer. Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Unternehmers aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen der Weisung des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, wiederum dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom AÜG nicht erfaßt (vgl. BAGE 31, 135, 141 f. = AP Nr. 2 zu § 1 AÜG, zu II 1 c der Gründe; BAGE 61, 7, 21 = AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972, zu B II 3 c bb der Gründe; BAG Beschluß vom 28. November 1989 – 1 ABR 90/88 – AP Nr. 5 zu § 14 AÜG, zu B 1 c der Gründe; BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu III 1 der Gründe, jeweils m.w.N.).

3. Das Landesarbeitsgericht hat zunächst die schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Firma EIS gewürdigt und dazu ausgeführt: Nach den vertraglichen Vereinbarungen sei die geschuldete Leistung ihrer Art nach als Wartung, Reparatur oder Service von Strahldiagnose-Elektronik-Einheiten angesprochen und nicht auf die bloße Überlassung einer Arbeitskraft beschränkt. Dies deute auf industrieübliche Wartungsverträge, also gemischte Werk- und Dienstverträge hin. Zwar seien die vertraglich vereinbarten Leistungen nach dem schriftlichen Vertragsbild nicht auf entsprechende Geräte der Firma EIS beschränkt, tatsächlich sei der Kläger aber nur an den Geräten der Firma EIS eingesetzt worden. Dies lege nahe, daß zumindest die Beklagte Wartungsverträge angestrebt habe.

4. Diese Würdigung der schriftlichen, einander ablösenden Vereinbarungen als gemischte Dienst- und Werkverträge begegnet für sich allein keinen rechtlichen Bedenken. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hat sich die Firma EIS gegenüber der Beklagten verpflichtet, die in der jeweiligen Leistungsbeschreibung näher festgelegten Service- und Wartungsarbeiten durchzuführen. Vertragsinhalt war damit die durch Einzelanweisung bzw. Arbeitspläne der Beklagten näher bestimmte Werk- und Dienstleistung, die die Firma EIS mit eigenem Personal zu erbringen hatte. War danach der Firma EIS die Wartung und die Reparatur der von ihr gelieferten Geräte zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen, so beschränkte sich die vertragliche Hauptleistungspflicht nicht auf die bloße Überlassung eines Arbeitnehmers, dessen Arbeitskraft die Beklagte bei Bedarf in Anspruch nahm, sondern umfaßte die Verpflichtung, eine bestimmte Dienstleistung zu erbringen bzw. einen bestimmten Leistungserfolg herbeizuführen. Dem entsprachen auch die in den Verträgen von 1981 und 1989 ausdrücklich enthaltenen Abreden über die von der Firma EIS zu tragende Gewährleistung für die durchgeführten Wartungs- und Reparaturarbeiten.

Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatte die Firma EIS daher die in den Leistungsbeschreibungen festgelegten gegenständlich beschriebenen Leistungen in eigener Verantwortung zu erbringen. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte die Einzelarbeiten durch Weisungen bzw. Arbeitspläne festlegen sollte. Dabei handelt es sich lediglich um die abschließende Konkretisierung des bei Vertragsabschluß nicht im einzelnen detailliert bestimmbaren Leistungsgegenstandes.

5. Auch der weitere Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen deutet nicht auf das Vorliegen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages hin.

a) Aus der Tatsache, daß die Abrechnung für erbrachte Leistungen nicht nach Festpreisen, sondern nach Stundenverrechnungssätzen vereinbart worden ist, läßt sich nicht auf das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung schließen (vgl. BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu III 2 b der Gründe). Denn auch im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen ist eine Berechnung der zu zahlenden Vergütung nach einem solchen Berechnungsmodus möglich und vielfach üblich. Zwar kann diesem Umstand für die Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen Bedeutung zukommen; für die Frage, ob nach den vertraglichen Vereinbarungen eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, ißt jedoch allein maßgebend, ob die vertraglich übernommene Verpflichtung lediglich die Überlassung eines Arbeitnehmers zum Gegenstand hat oder ob, wie vorliegend, eine bestimmte werk- oder dienstvertragliche Leistung geschuldet ist, in deren Rahmen der Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfe eingesetzt wird.

b) Aus der Tatsache, daß die Firma EIS und die Beklagte über mehr als zehn Jahre hinweg in derartigen vertraglichen Rechtsbeziehungen standen, läßt sich weder für noch gegen das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung etwas herleiten. Ständig wiederkehrende Wartungsarbeiten an Einrichtungen und Geräten, die der Erfüllung des Betriebszwecks zu dienen bestimmt sind, können durchaus über Jahre hinweg an denselben Fremdunternehmer vergeben werden, ohne daß allein aus der Dauer solcher Geschäftsbeziehungen zu schließen wäre, es handele sich bei entsprechend langdauernden Einsätzen derselben Arbeitnehmer im Rahmen solcher Verträge um Arbeitnehmerüberlassung (vgl. BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu III 2 b der Gründe).

II. Das Landesarbeitsgericht hat diese sich aus den schriftlichen Vereinbarungen ergebende Bewertung jedoch für nicht ausschlaggebend erachtet, weil die tatsächliche Durchführung des Vertragaverhältnisses als Arbeitnehmerüberlassung zu beurteilen sei. Wegen der vollen Eingliederung der Arbeit des Klägers in den Betriebsablauf der Beklagten sei eine Arbeitnehmerüberlassung zu bejahen. Dieser vollen Eingliederung müsse logisch zwingend eine faktisch „volle Ausgliederung” der Arbeitsleistung des Klägers aus dem Betrieb der Firma EIS entsprechen.

Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen die von ihm gezogene Schlußfolgerung, der Kläger sei voll in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen, nicht.

1. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß die vertragliche Festlegung eines zeitlichen Rahmens für die Erbringung der vereinbarten Leistungen im Betrieb der Beklagten als Vorgabe von äußeren Umständen, wann und wo die geschuldeten Arbeiten durchzuführen sind, nicht ausreicht, um eine Eingliederung der die Leistung erbringenden Personen in den Betrieb der Beklagten und deren Organisation zu begründen. Die Vorschriften über den Dienst- oder Werkvertrag schließen nicht aus, daß die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung vertraglich hinsichtlich aller Einzelheiten bezüglich Ausführung, Umfang, Güte, Zeit und Ort der Erbringung so detailliert und bestimmt vereinbart werden kann, daß dem Dienst- oder Werkunternehmer im Hinblick auf die Durchführung der Leistung kein eigener Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Er ist vertraglich verpflichtet, die Leistung hinsichtlich aller Einzelheiten vereinbarungsgemäß zu erbringen. Damit wird jedoch nur die vertragsgemäße Leistung als solche in die Planung des Arbeitsablaufes des Auftraggebers einbezogen. Eine Eingliederung derjenigen Personen, die als Dienst- oder Werknehmer oder als deren Erfüllungsgehilfen die in einem Dienst- oder Werkvertrag vereinbarte Leistung erbringen, setzt weiter voraus, daß diese Personen selbst in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert werden, so daß dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat, er die Personalhoheit über diese Personen hat (vgl. BAG Beschluß vom 5. März 1991 – 1 ABR 39/90 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 4, 5 der Gründe; BAG Beschluß vom 9. Juli 1991 – 1 ABR 45/90 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu B I 1 c der Gründe; BAG Beschluß vom 1. Oktober 1991 – 1 ABR 77/90 –, n.v., zu B II 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu III 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 14. August 1985 – 5 AZR 225/84 – NZA 1987, 128, 130).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen lassen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts den von ihm gezogenen Schluß, es liege eine volle Eingliederung des Klägers in den Betriebsablauf der Beklagten vor, nicht zu.

a) Der Vertrag aus dem Jahre 1979 enthält keine Regelung über den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen sind. Demgegenüber beinhaltet der Vertrag aus dem Jahr 1981 eine Vereinbarung, wonach die ständige Anwesenheit eines Mitarbeiters der Firma EIS während der normalen Arbeitszeit im Hause der Beklagten erforderlich ist. Die bloße vertragliche Festlegung eines zeitlichen Rahmens für die Durchführung der in der Leistungsbeschreibung festgelegten Arbeiten ist jedoch, wie oben dargelegt wurde, für sich genommen nicht geeignet, eine Eingliederung der die Leistung ausführenden Person in den Betrieb des Auftraggebers zu begründen, weil sie lediglich auf den bei der Beklagten bestehenden technischen Gegebenheiten beruht und den Besonderheiten des Auftrags Rechnung trägt. Auch der Vertrag aus dem Jahr 1989 enthält keine über die Vorgabe eines zeitlichen Rahmens hinausgehende Regelung. Auch darin ist lediglich festgelegt, daß die Wartungsleistungen in der Regel innerhalb der normalen Geschäftszeit der Beklagten zu erbringen sind.

b) Die Annahme einer Eingliederung des Klägers in die betriebliche Organisation der Beklagten setzt deshalb voraus, daß über die Vorgabe eines zeitlichen Rahmens hinaus nach der tatsächlichen Durchführung des Vertrages die vom Kläger zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach allein von der Beklagten organisiert worden ist und sie dementsprechend die Entscheidung über den Arbeitseinsatz des Klägers auch nach Zeit und Ort zu treffen, sie also die Personalhoheit über den Kläger hatte. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergeben keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind. Denn danach konnte der Kläger innerhalb der vereinbarten Mindeststundenzahl seine Arbeitszeit frei einteilen, er unterlag nicht den hausüblichen Zeitkontrollen, und er nahm nicht an den technischen Dienstbesprechungen teil. Eine in zeitlicher Hinsicht bestehende volle Eingliederung des Klägers in den Betriebsablauf der Beklagten ergibt sich aus diesen Umständen gerade nicht.

c) Die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei in den Betriebsablauf der Beklagten voll eingegliedert gewesen, kann auch nicht auf die von ihm zu Unrecht angenommenen volle Ausgliederung des Klägers aus dem Betrieb der Firma EIS gestützt werden. Zum einen fehlen für die Annahme einer vollen Ausgliederung des Klägers aus der Firma EIS die diese Annahme tragenden tatsächlichen Feststellungen. Zum anderen führt die angebliche zeitliche Ausgliederung des Klägers aus dem Betrieb der Firma EIS nicht logisch zwingend zu einer Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten. Hierfür ist nicht entscheidend, ob der Kläger neben seiner Tätigkeit bei der Beklagten auch noch unmittelbar im Betrieb der Firma EIS Arbeiten ausführte, sondern, ob es gerade die Beklagte war, die die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz des Klägers auch nach Zeit und Ort zu treffen hatte und sie die mit dem Arbeitgeber-Weisungsrecht typischerweise verbundenen Befugnisse ausübte und sie demgemäß auch die Durchführung der Tätigkeit im einzelnen nach ihren Vorstellungen organisieren konnte. Dahingehende, zu einer Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten führende Umstände hat das Landesarbeitsgericht jedoch nicht festgestellt.

d) Dem Landesarbeitsgericht kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als es die volle Eingliederung des Klägers in die betriebliche Organisation der Beklagten mit deren dem Kläger gegenüber bestehender fachlicher Weisungsbefugnis begründet hat. Zu dieser Annahme ist es gelangt, obwohl nach seiner Feststellung hinsichtlich der Erteilung von Weisungen keine Tatsachen vorgetragen worden sind. Zudem hat es bei seiner Würdigung nicht hinreichend zwischen der Ausübung einer werkvertraglichen Anweisungsbefugnis des Werkbestellers, wie sie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, und der Erteilung von Weisungen arbeitsvertraglicher Art unterschieden. Aus der Ausübung werkvertraglicher Weisungsbefugnisse einschließlich der damit zusammenhängenden Kontroll- und Überprüfungsrechte kann nicht auf das Vorliegen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages geschlossen werden. Sind die Weisungen des Dritten gegenständlich begrenzt, also auf die zu erbringende Werkleistung bezogen, so deutet dies auf das Vorliegen eines Werkvertrags hin. Dagegen sprechen arbeitsvertragliche Anweisungen für Arbeitnehmerüberlassung. Die Grenze zur arbeitsvertraglichen Anweisung wird insbesondere überschritten, wenn der Dritte erst durch seine Anweisungen den Gegenstand der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistung bestimmt. Dagegen läßt sich aus Weisungen des Dritten, durch die Art, Reihenfolge und Einzelinhalte verschiedener oder gleichartiger Werkleistungen im Rahmen der zuvor vereinbarten Werkgegenstände festgelegt werden, nicht auf Arbeitnehmerüberlassung schließen, soweit sie nur bezogen auf das konkrete Werk erteilt werden. Entsprechendes gilt für Verträge über die Erbringung gegenständlich konkretisierter Dienstleistungen. Weist der Dritte aber den Arbeitnehmer derart persönlich an, daß damit zugleich Einsatz und Arbeit dieses einzelnen Arbeitnehmers unmittelbar für ihn bindend organisiert werden, so spricht dies für das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung (vgl. BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu IV 1 der Gründe; Becker, ZfA 1978, 131, 141; Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 39).

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts enthalten insgesamt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger bei Ausführung seiner Tätigkeit in den Betrieb der Beklagten voll eingegliedert und deren arbeitsvertraglichen Weisungen unterworfen war. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich dieser für die Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und werk- bzw. dienstvertraglichen Rechtsbeziehungen maßgebenden Kriterien ist deshalb rechts fehlerhaft.

III. Dementsprechend war das Berufungsurteil aufzuheben. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts war dem Senat eine Entscheidung in der Sache selbst möglich (vgl. § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Hiernach liegen keine Tatsachen vor, aus denen sich schließen ließe, daß die Firma EIS den Kläger der Beklagten als Arbeitnehmer überlassen habe. Dies hat die Abweisung der Klage zur Folge, da dem Kläger insoweit die Darlegungs- und Beweislast obliegt (vgl. BAG Urteil vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – DB 1991, 2342, zu IV 3 der Gründe).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Kremhelmer, Schliemann, Dr. Sponer, Straub

 

Fundstellen

NZA 1993, 357

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