Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtlicher Status eines Rundfunkreporters

 

Normenkette

BGB § 611; HGB § 84 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Saarland (Urteil vom 22.05.1991; Aktenzeichen 1 Sa 21/91)

ArbG Saarbrücken (Urteil vom 27.11.1990; Aktenzeichen 1 Ca 81/90)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 22. Mai 1991 – 1 Sa 21/91 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 27. November 1990 – 1 Ca 81/90 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger ist seit 1977 beim Beklagten, dem Saarländischen Rundfunk, überwiegend als Reporter im Bereich Zeitfunk tätig. Einmal in der Woche wird der Kläger nach einem festen Zeitplan bei einem Zeitaufwand von ca. fünf Stunden als Moderator eingesetzt.

Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers, der ausschließlich für den Beklagten arbeitet, wird auf der Grundlage des „Tarifvertrages für die beim Saarländischen Rundfunk beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen nach § 12 a TVG” vom 13. April 1978 (TV SR) abgewickelt, der u.a. Ansprüche für den Fall der Arbeitsunfähigkeit (Ziff. 7.1 TV SR), Ansprüche auf bezahlten Urlaub (Ziff. 6 TV SR) und den Erwerb und die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft bei einer Pensionskasse vorsieht, zu der der Beklagte den satzungsgemäß vorgeschriebenen Anteil leistet (Ziff. 8.2 TV SR).

Der Kläger erhält vom Beklagten auf die einzelnen Beiträge bezogene Aufträge, die teils auf Vorschläge des Klägers, teils auf Vorschläge des Beklagten zurückgehen. Als Vergütung bezieht der Kläger ein entsprechendes Honorar je nach Beitrag und Mitwirkung.

Üblicherweise erhält der Kläger die Aufträge wie folgt: Jeden Montag kommen sowohl die sog. festen freien Mitarbeiter als auch die festangestellten Mitarbeiter zur Wochenkonferenz in der Redaktion zusammen. Bei dieser Konferenz werden die absehbaren Wochentermine an Reporter verteilt. Ferner wird bei bereits recherchierten Themen ein Sachstandsbericht des entsprechenden Reporters oder Redakteurs erwartet. Die am Montag bereits vergebenen Beiträge werden terminiert, meist für die nach dem Termin nächst erreichbare Sendung. Im Fall des Klägers sind dies die beiden Sendungen „Treffpunkt Dreiländereck”, die täglich außer Sonntag von 12.08 Uhr bis 14.00 Uhr (Treffpunkt I) und von 16.08 Uhr bis 18.00 Uhr (Treffpunkt II) ausgestrahlt werden. Ob der Kläger verpflichtet ist, an dieser Redaktionskonferenz teilzunehmen, ist zwischen den Parteien ebenso umstritten wie die vom Kläger behauptete Pflicht, täglich an einer ab 9.45 Uhr stattfindenden Kurzsitzung teilzunehmen.

Nach der Auftragserteilung gestaltet sich die Arbeit des Klägers zur Herstellung von Beiträgen im wesentlichen in gleicher Weise: Nach einem vorher durch den Kläger oder den Beklagten hergestellten Kontakt wird – gegebenenfalls nach Recherchen – vom Kläger oder vom Beklagten ein Termin für ein Interview oder eine Reportage vereinbart. Der Kläger fährt entweder vom Sendehaus oder direkt von seinem Wohnort zum Ort der Aufnahme. Die Aufnahme des Interviews oder der Reportage erfolgt entweder durch den Kläger selbst, der ein vom Beklagten gestelltes und gewartetes Tonbandgerät benutzt, oder mit Hilfe eines Reportagewagens, der mit beim Beklagten angestellten Arbeitnehmern besetzt ist. Wenn nicht direkt vom Reportagewagen aus gesendet wird, wird die Tonbandaufnahme in den Studios des Beklagten in Abstimmung mit dem Kläger geschnitten und gegebenenfalls neu zusammengebaut. Der Kläger schreibt gegebenenfalls einen Vorschlag für eine Anmoderation, wofür er eine Redaktionsschreibmaschine benutzen kann. Er hat in der Redaktion einen Schreibtisch und einen Telefonanschluß. Für die Vorbereitung des Regionalreports sichtet der Kläger alle am Tag gesendeten Beiträge und bestimmt die Ausschnitte für die Sendung. Er konzipiert Zwischentexte und erarbeitet Schlagzeilen.

Zur Vorbereitung einer Moderation liest sich der Kläger in Manuskripte und Anmoderationen, soweit vorhanden, ein und moderiert danach die Sendung.

Der Kläger hat in den Jahren 1987 bis 1989 287, 298 bzw. 286 sog. Leistungstage erbracht.

Mit seiner Feststellungsklage vom 12. April 1990 hat der Kläger geltend gemacht, er werde vom Beklagten seit Jahren als Reporter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Er erbringe seine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit. Dies folge im wesentlichen daraus, daß der Beklagte über seine, des Klägers, Arbeitskraft hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung verfügen könne. Für ca. 90 % der Beiträge erhalte er den Auftrag am Morgen desjenigen Tages, an dem er den Beitrag abzugeben hätte. Die Zeit zwischen Auftragserteilung und -ablieferung sei so knapp bemessen, daß für ihn praktisch keine Möglichkeit bestehe, diese Zeit frei einzuteilen. Er sei ferner verpflichtet, sowohl an der täglichen Kurzsitzung um 9.45 Uhr als auch an der Wochenbesprechung teilzunehmen. Eine im übrigen variable Arbeitszeit stehe seiner Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen.

Durch die Benutzung des Bandgeräts, welches vom Beklagten gestellt und gewartet wird, des Reportagewagens, der mit Angestellten des Beklagten besetzt sei, und die notwendigen Schneidearbeiten im Studio des Beklagten sei er völlig in den Betrieb des Beklagten eingegliedert.

Soweit es um die vom Kläger zu gestaltenden Beiträge gehe, erhalte er auch inhaltliche Vorgaben. Ihm werde mitgeteilt, ob Originaltöne erwünscht seien, wen er zu interviewen habe und insbesondere, wen er nicht zu interviewen habe.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß er sich in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis zu dem Beklagten befindet.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat im wesentlichen vorgetragen: Bei der Moderatorentätigkeit (Arbeitszeit ca. fünf Stunden) habe der Kläger volle Freiheit. Sie präge aber nicht das Tätigkeitsbild. Dies werde vielmehr bestimmt durch dessen Reportertätigkeit. Bei dieser lege er selbst fest, wie er ein Thema bearbeite, wann, wo und wie er recherchiere, wie er Termine und Interpretationen abstimme. Er sei bei seinen Beiträgen unabhängig hinsichtlich Inhalt, Gestaltung und Auswahl der Themen.

Die Themen würden grundsätzlich montags abgestimmt. Aktuelle Ereignisse würden zusätzlich behandelt. Oft müsse der Bericht am gleichen Tag wie die Nachricht über den Sender gehen. Dennoch hindere diese kurze Zeit der Vorbereitung den Kläger an seiner Gestaltungsfreiheit nicht. Er sei weder verpflichtet, zu den montäglichen Redaktionskonferenzen zu kommen, noch an den täglichen Kurzsitzungen teilzunehmen, noch um 10.00 Uhr morgens zu erscheinen. Seine Teilnahme an der Redaktionskonferenz sei sicherlich hilfreich, aber nicht zwingend. Seine Tätigkeit in den Räumen des Beklagten diene der erleichterten Auftragsabwicklung, sei aber ebenfalls nicht vorgeschrieben. Gerade ein Reporter habe üblicherweise keine festen Dienstzeiten. Vorgaben, wie die der Sendezeiten des Themas, lägen in der Natur der Sache und beschränkten nicht die persönliche Freiheit des Klägers.

Der Kläger entscheide, ob und wann er Aufträge für Reporterbeiträge oder Aufgaben als Moderator annehme. Er lege auch fest, ob und wann er in den Dienstplan eingeteilt werde. Letztlich sei er nur von der Sendezeit und den Themen abhängig. Dementsprechend handele es sich bei ihm also um eine arbeitnehmerähnliche Person.

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der durch den Senatsbeschluß vom 21. August 1991 zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Senders hat Erfolg. Der Kläger ist nicht Arbeitnehmer.

I. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO; vgl. BAGE 41, 247, 250 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu A der Gründe). Der Antrag des Klägers ist entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, daß er das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses begehrt.

II. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist jedoch unbegründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis.

1. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Arbeitnehmer ist, wer seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringen muß. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird besonders dadurch deutlich, daß ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der übernommenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Häufig tritt auch eine fachliche Weisungsgebundenheit hinzu. Diese ist jedoch für Dienste höherer Art nicht immer typisch (vgl. BAGE 30, 163, 168 ff. = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 1 und 2 der Gründe; BAGE 41, 247, 253 = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; zuletzt Senatsurteil vom 26. Juni 1991 – 5 AZR 453/90 –, n.v., zu I der Gründe).

2. Über die danach vorzunehmende Einordnung des Rechtsverhältnisses (Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag) entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge (z.B. Dienstvertrag ohne Kündigungsschutz) oder eine von ihnen gewählte Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt in Wahrheit nicht entspricht. Der jeweilige Vertragstyp kann nur aus dem wirklichen Geschäftsinhalt erkannt werden. Dieser Geschäftsinhalt kann sich aus den getroffenen Vereinbarungen wie auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrages einander, ist letztere maßgebend. Aus der praktischen Handhabung lassen sich Rückschlüsse daraus ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind (vgl. statt vieler: BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe, m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 26. Juni 1991, a.a.O., zu II der Gründe).

III. Das Landesarbeitsgericht ist von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat für die Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters entwickelt hat. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger sei Arbeitnehmer des Beklagten und hat das folgendermaßen begründet:

Zwar sei dem Beklagten einzuräumen, daß es Merkmale gebe, die scheinbar gegen diese Schlußfolgerung sprächen, so etwa die für den Kläger bestehende Freiheit bei der Moderationstätigkeit. Diese nehme aber nur ca. fünf Stunden pro Woche in Anspruch und präge deshalb das Tätigkeitsbild des Klägers nicht. Der Kläger habe sicherlich auch eine persönliche Freiheit bezüglich des Inhalts, der Gestaltung und der Auswahl seiner Themen. Diese fachliche Weisungsfreiheit sei als Kriterium für die Beurteilung des Grades persönlicher Abhängigkeit nicht in besonderem Maße geeignet. Gerade auf geistigem oder künstlerischem Gebiet, wo von den Mitarbeitern in besonderem Maße Eigeninitiative und schöpferische Fähigkeiten erwartet würden, gäbe es viele Beschäftigte, die einer fachlichen Weisungsgebundenheit weitgehend entzogen seien. Schließlich scheine auch die fehlende Pflicht des Klägers, an den Redaktionskonferenzen teilzunehmen oder am Vormittag i.d. R. ab 10.00 Uhr anwesend zu sein, für ein freies Mitarbeiterverhältnis und gegen ein Arbeitsverhältnis zu sprechen.

Gerade letztere Betrachtung werde den Gegebenheiten des Falles jedoch nicht gerecht. Dieser werde dadurch geprägt, daß der Kläger in einem zeitlichen Umfang (während der letzten drei Jahre an jeweils über 280 Leistungstagen) tätig geworden sei, der die Arbeitsleistung eines Vollbeschäftigten sogar übersteige. Ein dergestalt Beschäftigter befinde sich in einer so ausgeprägten persönlichen Abhängigkeit, wie sie für einen Arbeitnehmer typisch sei. Für eine Eingliederung in den Betrieb spreche, daß der Kläger in den Räumen des Beklagten arbeite und dessen persönlichen und sächlichen Apparat dabei fortwährend in Anspruch nehme. Er arbeite jahrein, jahraus mit Apparat und Team des Beklagten und sei deshalb faktisch von diesem auch abhängig.

Entscheidend sei vorliegend, daß von dem Kläger die tatsächlich von ihm geleistete Dienstbereitschaft vom Beklagten auch erwartet werde. Man gehe gerade bei dem Kläger nicht davon aus, daß er seine Arbeitskraft nach selbst gesetzten Zielen und den Bedürfnissen des Marktes in eigener Verantwortung verwerte. Wer dieses erwarte, könne nämlich einen Mitarbeiter nicht fast 300 Tage im Jahr für sich arbeiten lassen. Diese vom Beklagten vorausgesetzte ständige Dienstbereitschaft spreche für eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers. Er sei hinsichtlich seines Arbeitsplatzes verplant und stehe dem Markt nicht mehr zur Verfügung. Die Intensität der zeitlichen Inanspruchnahme des Klägers verstärke seine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Beklagten.

Diese Begründung wird von der Revision zu Recht angegriffen.

IV. Bei der Frage, ob und in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, muß vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit berücksichtigt werden; denn abstrakte, für alle Arbeitnehmer geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen (vgl. BAGE 30, 163, 169 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 2 der Gründe). Es gibt eine Anzahl von Tätigkeiten, die sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wie auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden können. So können etwa Musikredakteure und -moderatoren (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 – 5 AZR 435/84 –, n.v., zu B II 4 der Gründe) ebenso wie Fernsehreporter (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 –, n.v., zu III der Gründe) ihre Aufgaben in der rechtlichen Gestalt eines Arbeitsverhältnisses öder eines freien Mitarbeiterverhältnisses erfüllen. Maßgeblich für ein Arbeitsverhältnis ist, daß der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann. Eine derartige Bindung liegt im Streitfall jedoch nicht vor.

1. Die Tätigkeit eines Zeitfunkreporters kann ihrer Art nach in einem Arbeitsverhältnis wie in einem freien Mitarbeiterverhältnis erbracht werden. Die Parteien haben über viele Jahre hinweg in dem rechtlichen Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses zusammen gewirkt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Bei den Arbeiten des Klägers ist zu unterscheiden zwischen einem vorbereitenden Teil, einem journalistisch-schöpferischen Teil und dem technischen Teil der Ausführung. Die Herstellung von Rundfunkbeiträgen für eine Zeitfunksendung ist ihrem Wesen nach ebenso wie die Herstellung von Fernsehbeiträgen für eine Abendsendung (vgl. dazu das Senatsurteil vom 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 –, n.v., zu III 1 der Gründe) insgesamt eine schöpferische Tätigkeit journalistischer Art. Ihr dient unmittelbar alles, was zur Vorbereitung an Kontaktaufnahmen mit Interviewpartnern und Recherchen, aber weiter auch alles, was zur Auftragsdurchführung erforderlich ist. Dabei muß die rein technische Seite der Beitragserstellung an Bedeutung zurücktreten, auch wenn sie wegen der hierfür zu fordernden Präzision in zeitlicher Hinsicht einen erheblichen Anteil an der Gesamttätigkeit des Klägers ausmacht. Dies gilt ohnehin für die allerdings zeitlich nicht überwiegende Tätigkeit des Klägers als Moderator, wie dies das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

2. Selbst wenn der Kläger bestimmte, klar umrissene Beitragsaufträge bekommen haben sollte, spricht dies nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis. Vielmehr handelt es sich bei den Aufträgen um eine genaue Abgrenzung des Leistungsgegenstandes, wie sie bei dem Bestimmungsrecht des Bestellers i. S. eines Werkvertrags (§ 631 BGB) üblich ist. Die zugunsten des Klägers unterstellten inhaltlichen Vorgaben des Beklagten, wen er und insbesondere wen er nicht zu interviewen habe, ob Originaltöne erwünscht sind oder nicht, entsprechen nicht dem persönlichen Weisungsrecht eines Arbeitgebers, sondern ergeben sich aus sachlichen Erfordernissen. Jedenfalls war der Kläger hinsichtlich seiner Beitragsthemen keinen weitergehenden Anweisungen unterworfen als beispielsweise ein Bauunternehmer, der an die regelmäßig bis an die letzten Details gehenden Pläne des Architekten oder an die Vorstellungen und Wünsche des Bauherrn gebunden ist.

Die Tätigkeit des Klägers hat Ähnlichkeit mit der eines freischaffenden Journalisten oder Künstlers, dessen Aufgabe es ist, ein bestimmtes Werk eigenverantwortlich herzustellen und abzuliefern. Daß der Kläger dabei einer gewissen Kontrolle des verantwortlichen Redakteurs unterworfen ist, bedeutet noch nicht, daß er inhaltlichen Weisungen des Beklagten unterliegt. Der Status eines freien Mitarbeiters setzt nämlich nicht voraus, daß der Mitarbeiter in jeder Beziehung den Gegenstand seiner Tätigkeit frei bestimmen kann. Er muß vielmehr immer damit rechnen, daß der Dienstberechtigte seine Arbeit einer ständigen Qualitätskontrolle unterzieht und auch Korrekturen verlangt.

3. Zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, sind kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von den Dienstberechtigten oder dem Besteller Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne daß daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist.

Der beklagte Sender konnte über die Arbeitsleistung des Klägers nicht verfügen. Das Landesarbeitsgericht hat in den Urteilsgründen für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO) festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet war, an den Redaktionskonferenzen teilzunehmen oder am Vormittag regelmäßig ab 10.00 Uhr anwesend zu sein. Diese Feststellung ist vom Kläger nicht mit einer Gegenrüge (vgl. dazu nur BAGE 17, 236 = AP Nr. 2 zu § 276 BGB Vertragsbruch; BAG Urteil vom 19. Juni 1991 – 2 AZR 14/91 –, n.v., zu II 4 der Gründe, m.w.N.) angegriffen worden.

Der Kläger hat geltend gemacht, er werde stärker in Anspruch genommen als vollbeschäftigte Arbeitnehmer. Das Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme führt aber ebenfalls nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit (Weisungsgebundenheit) im Sinne des Arbeitsrechts (vgl. BAG Urteil vom 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 –, n.v., zu III 3 der Gründe).

Auch die vom Kläger behauptete „Mitteilung”, er habe sich am 2. April 1991 bereitzuhalten, falls kurzfristig ein Termin zu besetzen sei, vermag seine Arbeitnehmereigenschaft nicht zu begründen. Denn es handelte sich dabei offenbar nur um einen einmaligen die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht prägenden Vorfall.

4. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts, welches diesem Umstand besondere Bedeutung beigemessen hat, hat auch die Tatsache, daß die Parteien über lange Zeit in einem Dauerrechtsverhältnis zusammenarbeiten, für sich genommen noch keinen arbeitsrechtlichen Indizwert. Auch beim Bestehen eines Dauerrechtsverhältnisses muß stets geprüft werden, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein freies Mitarbeiterverhältnis handelt. Denn beide Rechts formen sind sowohl mit als auch ohne Dauerverpflichtung denkbar. Das zeigen die als freie Dienstverträge zu qualifizierenden Beraterverträge von Rechtsanwälten. Unternehmensberatern und Ärzten (vgl. zu der grundsätzlichen Frage der Dauer der Zusammenarbeit BAGE 30, 163, 167 f. = AP, a.a.O., zu B I 2 der Gründe; Senatsurteil vom 24. Oktober 1984 – 5 AZR 346/83 –, n.v., zu B II 1 der Gründe; Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 – 5 AZR 435/84 –, n.v., zu B II 5 der Gründe; Senatsurteil vom 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 –, n.v., zu III 5 der Gründe).

5. Entgegen der Auffassung des Klägers und des Landesarbeitsgerichts bedeutet es ebenfalls noch keine Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Beklagten mit der Rechtsfolge der persönlichen Abhängigkeit, daß der Kläger bei der technischen Abwicklung der Herstellung seiner Rundfunkbeiträge auf die entsprechenden Einrichtungen und auch auf bestimmte Mitarbeiter des Beklagten angewiesen ist. Gerade in diesem Bereich seiner Arbeit unterliegt der Kläger nämlich keinerlei Weisung des Beklagten. Auch in einem freien Mitarbeiterverhältnis tätige Reporter müssen sich – aus rein praktischen Erwägungen – des Personals und der Einrichtungen des Beklagten bedienen, um ihre Beiträge sendereif herzustellen. Zwar wäre es denkbar, daß ein freier Reporter eigene Mitarbeiter und den erforderlichen eigenen technischen Apparat unterhielte; in der Praxis dürfte das jedoch kaum vorkommen, weil die dann anfallenden Kosten zu hoch wären. Das Angewiesensein auf Mitarbeiter und Einrichtungen des Beklagten kann vorliegend daher nicht als Umstand gewertet werden, der auf Eingliederung und persönliche Abhängigkeit schließen läßt (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 –, n.v., zu III 6 der Gründe).

6. Auch soweit der Kläger als Moderator eingesetzt war, war er nicht Arbeitnehmer. Die Tätigkeit als Moderator kann wie die des Reporters ihrer Art nach in einem Arbeitsverhältnis wie in einem freien Mitarbeiterverhältnis erbracht werden. Im Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger bei der Tätigkeit als Moderator persönlich abhängig war. Dies ist von ihm auch nicht geltend gemacht worden.

 

Unterschriften

Dr. Olderog, Dr. Reinecke, Dr. Armbrüster, Dr. Kalb, Arntzen

 

Fundstellen

Haufe-Index 1073504

AfP 1992, 398

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