Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des Arbeitsvertrages einer amerikanischen Lehrkraft an einer deutsch-amerikanischen Gemeinschaftsschule

 

Leitsatz (amtlich)

Beschäftigt der Arbeitgeber für die Erledigung einer Daueraufgabe sowohl befristet als auch unbefristet eingestellte Arbeitnehmer, bedarf es zur Rechtfertigung der jeweiligen Befristung auch einer am Sachgrund der Befristung orientierten Konzeption, wonach die Zuordnung der Vertragsverhältnisse vorgenommen wird. Die selbst gewählte Konzeption muß von dem Arbeitgeber bei der Stellenbesetzung befolgt werden.

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 12.12.1995; Aktenzeichen 12 Sa 99/95)

ArbG Berlin (Urteil vom 23.06.1995; Aktenzeichen 19 Ca 7948/95)

 

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 12. Dezember 1995 – 12 Sa 99/95 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

VonRechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin ist amerikanische Staatsangehörige. Sie wurde von dem beklagten Land in den USA für eine Tätigkeit als Kunstlehrerin an der John-F.-Kennedy-Schule angeworben. Die Parteien hatten zunächst für die Zeit vom 1. August 1990 bis zum 31. Juli 1992 einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen und anschließend am 30. März 1992 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. August 1992 bis zum 31. Juli 1995 vereinbart.

Die John-F.-Kennedy-Schule ist eine deutsch-amerikanische Gemeinschaftsschule mit besonderer pädagogischer Prägung. Sie verbindet Elemente des deutschen und amerikanischen Schulwesens miteinander. In ihr werden Schüler verschiedener Nationalitäten soweit möglich gemeinsam unterrichtet und erzogen. Die Ausbildung kann mit dem „High-School-Diploma” bzw. der allgemeinen deutschen Hochschulreife abgeschlossen werden. An der John-F.-Kennedy-Schule unterrichten sowohl deutsche als auch amerikanische Lehrkräfte. Mit den aus den USA angeworbenen amerikanischen Lehrern vereinbart das beklagte Land zunächst einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag. Daran schließt sich regelmäßig ein weiterer bis zu drei Jahren befristeter Arbeitsvertrag an. Aus Gründen der Unterrichtskontinuität verfolgt das beklagte Land das Ziel, 50 % der amerikanischen Lehrkräfte unbefristet zu beschäftigen. Diese werden in einem besonderen Evaluierungsverfahren aus dem Kreis derjenigen ausgewählt, mit denen das beklagte Land bereits den zweiten Fristvertrag geschlossen hat.

Die Klägerin bewarb sich 1993 ebenso wie zwei weitere amerikanische Lehrer um eine unbefristete Anstellung. Sie wurde am 16. November 1993 in Anwesenheit des zuständigen Schulaufsichtsbeamten sowie des amerikanischen und des deutschen Schulleiters einer Evaluierung unterzogen, die mit einer Empfehlung für eine unbefristete Beschäftigung endete. In einer danach geführten Unterredung wurde der Klägerin von dem Schulaufsichtsbeamten die Entfristung ihres Arbeitsvertrages angeboten. Entgegen den Erwartungen der Klägerin kam es nicht zum Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages, weil aus dem Kontingent der unbefristeten Stellen lediglich eine neu zu besetzen war und dabei ein anderer amerikanischer Lehrer den Vorzug vor der Klägerin erhielt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das sog. Fluktuationsprinzip sei nicht geeignet, die Befristung ihres Arbeitsvertrages zu rechtfertigen, u.a. weil der von ihr zu erteilende Kunstunterricht keine Aktualisierung verlange. In jedem Falle müsse die Fluktuation der amerikanischen Lehrer auf einem schlüssigen Konzept beruhen, an dem es vorliegend fehle. Das beklagte Land differenziere bei der Zuordnung von befristet und unbefristet beschäftigten Lehrern nicht nach Fächern oder nach Schulbereichen und überlasse es letztlich dem Zufall, welcher Lehrer befristet oder auf Dauer beschäftigt werde. Ungeachtet dessen sei nach den von dem zuständigen Schulaufsichtsbeamten anläßlich der Evaluierung abgegebenen Erklärungen ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung der Arbeitsverträge sei zur Sicherung einer engen Bindung der amerikanischen Lehrer an Sprache und Kultur ihres Heimatlandes und der Aktualität bei der Anwendung amerikanischer Pädagogik unumgänglich. Die Befristung sei auch aus haushaltsrechtlichen Erwägungen sachlich gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Befristung des Arbeitsverhältnisses nur nach den Sachgründen „haushaltsrechtliche Erwägungen” und „Erprobung” überprüft. Infolgedessen hat es unterlassen, Tatsachen für andere Sachgründe festzustellen. So bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts, um abschließend darüber entscheiden zu können, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien infolge rechtswirksamer Befristung mit Ablauf des 31. Juli 1995 geendet hat.

I. Zwischen den Parteien ist nicht bereits aus Anlaß der bei der Evaluierung am 16. November 1993 abgegebenen Erklärung des Schulaufsichtsbeamten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die hierzu notwendige Voraussetzung einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht ist von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Voraussetzung für die Zurechnung des Vertreterhandelns, daß der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der Vertretene dulde und billige das Verhalten seines Vertreters (BAG Urteil vom 20. Juli 1994, BAGE 77, 226, 239 f. = AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B IV 2 c der Gründe, m.w.N.). Ein solcher Vertrauenstatbestand setzt dauernde und wiederkehrende Verhaltensweisen des angeblichen Vertreters voraus, die von der Klägerin nicht vorgetragen sind. Allein aus der Behauptung, der Schulaufsichtsbeamte sei auch anläßlich der Anwerbung in den USA zur Abgabe einer Einstellungszusage berechtigt gewesen, folgt kein Dauerelement. Ferner sind auch die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht nicht schlüssig vorgebracht. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, die zuständige Stelle des beklagten Landes habe es wissentlich hingenommen, daß der zuständige Schulaufsichtsbeamte auf Abschluß eines Arbeitsvertrages gerichtete Willenserklärungen ohne entsprechende Vollmacht abgibt.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß die vereinbarte Befristung des letzten Arbeitsvertrages nicht durch haushaltsrechtliche Erwägungen gerechtfertigt ist. Diese Würdigung, die von der Revision nicht angegriffen wird, ist rechtsfehlerfrei. Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BAG Urteil vom 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP Nr. 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 b aa der Gründe, m.w.N.).

III. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, das vom beklagten Land praktizierte Verfahren, die unbefristet beschäftigten amerikanischen Lehrer aus dem Kreis der befristet Beschäftigten zu rekrutieren, verlagere das Personalauswahlrisiko auf die befristet eingestellten Lehrkräfte. Für sie komme die zweite Befristung einer Verlängerung ihrer Probezeit gleich. Das sei nach einer bereits zweijährigen Beschäftigung sachlich nicht zu rechtfertigen. Die Wirksamkeit der vorliegenden Befristung kann nicht anhand der Grundsätze einer Befristung zu Erprobungszwecken beurteilt werden. Von diesem Befristungsgrund unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung wesentlich dadurch, daß zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses nicht beabsichtigt war, eine bestimmte Funktion mit der Klägerin dauerhaft zu besetzen. Der vom Landesarbeitsgericht angenommene Erprobungszweck setzt aber gerade voraus, daß der Arbeitgeber eine längerfristige, nur im Wege der Kündigung zu beseitigende arbeitsvertragliche Bindung im Falle der Bewährung beabsichtigt (ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 15. März 1966 – 2 AZR 211/65 – AP Nr. 28 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Allein der Gesichtspunkt, daß das beklagte Land im Falle einer Festanstellung seine Beurteilung auf eine längere Beschäftigungsdauer stützen kann, verleiht der befristeten Beschäftigung der Klägerin nicht den Charakter einer Probezeit.

IV. Der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt läßt keine abschließende Beurteilung zu, ob die Befristung des letzten Arbeitsvertrages der Klägerin durch einen anderen vom beklagten Land in Anspruch genommenen Sachgrund gerechtfertigt und damit wirksam ist.

1. Das beklagte Land kann sich zur Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsvertrages auf das sog. Fluktuationsprinzip berufen. Das folgt aus dem besonderen gesetzlichen Bildungsauftrag der John-F.-Kennedy-Schule und einem daraus resultierenden berechtigten Interesse des beklagten Landes, den notwendigen Einfluß aktueller amerikanischer Pädagogik auf den Bildungsauftrag dieser Schule zu gewährleisten.

a) Die John-F.-Kennedy-Schule unterscheidet sich von einer sonstigen bilingualen Schule durch ihren gesetzlichen Bildungsauftrag (§ 1 des Gesetzes über die John-F.-Kennedy-Schule (Kennedy SchulG) vom 3. November 1987, GVBl. Berlin S. 2547). In ihr werden Schüler aufgenommen, die etwa zu gleichen Teilen deutsche oder US-amerikanische Staatsangehörige sind. Sie werden, soweit möglich, gemeinsam unterrichtet und erzogen, wobei sowohl Elemente des deutschen als auch des amerikanischen Schulwesens in den Unterricht und die Erziehung einfließen. Amerikaner und Deutsche können den jeweiligen nationalen Schulabschluß erreichen. Über den Inhalt der Unterrichts- und Erziehungsarbeit und der jeweiligen pädagogischen Grundsätze befindet ein Erziehungsdirektorium, das paritätisch mit amerikanischen und deutschen Mitgliedern besetzt ist (§ 5 KennedySchulG). Der über eine reine Sprach- und Wissensvermittlung hinausgehende gesetzlich geregelte Erziehungsauftrag verlangt, daß Elemente des amerikanischen Schul- und Erziehungswesens in gleicher Weise wie die deutschen Schul- und Erziehungsinhalte in die Unterrichtskonzeptionen und die pädagogische Arbeit einfließen.

b) Der besondere Bildungs- und Erziehungsauftrag der John-F.-Kennedy-Schule begründet die Notwendigkeit, Unterrichtsinhalte und Unterrichtsgestaltung auch an den jeweils aktuellen Erkenntnissen des amerikanischen Schul- und Erziehungswesens auszurichten. Das gilt vor allem deswegen, weil den amerikanischen Schülern bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein möglichst nahtloser Übergang in das amerikanische Schulsystem ermöglicht werden soll und die vorbehaltlose Anerkennung des amerikanischen Schulabschlusses der John-F.-Kennedy-Schule in den USA ohne Zwischenschaltung besonderer staatlicher Anerkennungsstellen ansonsten in Frage gestellt ist.

c) Infolge des besonderen Bildungs- und Erziehungsauftrags darf das beklagte Land mit amerikanischen Lehrkräften befristete Arbeitsverhältnisse abschließen.

aa) Das Bundesarbeitsgericht hat in bestimmten Fällen das Fehlen eines aktuellen Bezuges eines im Ausland lebenden Arbeitnehmers zu den Verhältnissen seines Heimatlandes als Befristungsgrund anerkannt, soweit solche Kenntnisse für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich waren (vgl. BAG Urteile vom 25. Januar 1973 – 2 AZR 158/72 – AP Nr. 37 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 1 c der Gründe; 13. Mai 1982, BAGE 39, 38, 51 = AP Nr. 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C III 1 der Gründe, m.w.N.). Dieser Sachgrund beruht auf der Annahme, daß nach einer bestimmten Abwesenheitsdauer das aktuelle Sprach- und Kulturwissen verloren geht und der Arbeitnehmer nicht wie bisher in der Lage ist, die geschuldete Leistung zu erbringen.

bb) Diesen Erfahrungssatz hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 15. März 1995 (AP Nr. 10 zu § 2 BAT SR 2y, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) und vom 20. September 1995 (AP Nr. 4 zu § 57 b HRG) für Fremdsprachenlektoren aus den Mitgliedstaaten der EG relativiert und ergänzend ausgeführt, es gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse für die These, daß der Aktualitätsbezug des Unterrichts eines Fremdsprachenlektors bei einem längeren Aufenthalt in Deutschland nicht mehr gewährleistet sei, weil der Kontakt mit dem Heimatland und der jeweils originären Sprache durch aktuelle Kommunikationsmittel und Medien aufrechterhalten werden könne.

cc) Im Hinblick darauf kann sich das beklagte Land auch nicht darauf berufen, daß ein Lehrer durch einen längeren Deutschlandaufenthalt den Kontakt zu seiner Muttersprache und seinem Heimatland verliere und deswegen ein ständiger Wechsel des amerikanischen Lehrpersonals unumgänglich sei. Diese Annahme ist angesichts des Verbreitungsgrades des amerikanischen Englisch und des ohnehin prägenden Einflusses der amerikanischen Sprache und Kultur auf Westeuropa gerade wegen einer zeitnahen Verbreitung durch Medien und sonstige Kommunikationsmittel nicht zu rechtfertigen. Das gilt jedoch nicht hinsichtlich des von dem beklagten Land befürchteten Verlustes eines aktualitätsbezogenen Wissens amerikanischer Pädagogik. Im Gegensatz zu Sprach- und Kulturwissen können allgemeine Kommunikationsmittel und regelmäßige Besuche des Heimatlandes die Aufrechterhaltung aktualitätsbezogenen Pädagogikwissens nicht gewährleisten. Hinzu kommt, daß Pädagogik auf praktischen, im jeweiligen Schulalltag vermittelten Erfahrungen angewiesen ist und ein entsprechendes Erfahrungsdefizit weder durch den Bezug von Fachliteratur noch durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen in den USA ausgeglichen werden kann. Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, der von ihr erteilte Kunstunterricht verlange keinen Aktualitätsbezug. Dieser Einwand verkennt, daß sich das Erfordernis eines aktuellen Kenntnisstandes des amerikanischen Pädagogik- und Schulwesens auf die Art und Weise der Wissensvermittlung und Unterrichtserteilung und weniger auf den jeweiligen Unterrichtsinhalt bezieht.

2. Der danach vorliegende Sachgrund wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß ein Teil der amerikanischen Lehrer der John-F.-Kennedy-Schule unbefristet beschäftigt wird. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beträgt der Anteil der unbefristet und befristet beschäftigten Lehrer aufgrund eines Senatsbeschlusses aus dem Jahre 1984 jeweils etwa 50 %, wobei die Auswahl im einzelnen nach einem durch Geschäftsanweisung des zuständigen Bezirksamts geregelten Verfahren erfolgt. Die Festlegung des Anteils der befristet und unbefristet beschäftigten Lehrer ist eine schulpolitische Entscheidung des beklagten Landes, die entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nur daraufhin überprüfbar ist, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Das ist nicht der Fall. Die unbefristete Beschäftigung von amerikanischen Lehrern erfolgt zur Wahrung einer kontinuierlichen Erziehungsarbeit. Da die Schüler der John-F.-Kennedy-Schule in der Regel über einen längeren Zeitraum die Schule besuchen, ist der Gesichtspunkt der Kontinuität nachvollziehbar und stellt eine Weitergabe gewonnener Erfahrungen und die auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete Weiterentwicklung der Schule sicher. Dem steht nicht entgegen, daß der Aufteilung von fest und befristet beschäftigten Lehrern kein weitergehendes Konzept zur Verteilung der beiden Beschäftigungsarten auf Fächer, Klassen oder Schulstufen zugrunde liegt. Die Verbindung der Elemente von Kontinuität und Aktualität vollzieht sich nicht nur im konkreten Unterricht, sondern wesentlich auch im Erfahrungsaustausch innerhalb des Lehrerkollegiums.

3. Der vorstehende Sachgrund könnte die Befristung des Arbeitsvertrages aber deshalb nicht rechtfertigen, weil das beklagte Land das von ihm entwickelte Konzept nicht einhält.

a) Werden Lehrer sowohl in befristeten als auch in unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt, bedarf es hierzu einheitlicher Kriterien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13. Mai 1982, BAGE 39, 38, 45 = AP Nr. 68 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II der Gründe, m.w.N.) darf es in solchen Fällen nicht dem Zufall oder der alleinigen Beurteilung des Arbeitgebers überlassen bleiben, welchen Lehrer er auf Zeit und welchen er auf Dauer beschäftigt. Nur durch eine dem Arbeitnehmer durchschaubare Konzeption, die der Arbeitgeber auch tatsächlich befolgt, kann ausgeschlossen werden, daß die jeweilige Befristung auf sachwidrigen Gründen beruht und der Arbeitnehmer dadurch dem Schutz zwingender Kündigungsschutzbestimmungen entzogen wird.

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts werden die amerikanischen Lehrkräfte vor Schuljahresbeginn in den USA angeworben und zunächst auf zwei Jahre befristet eingestellt. Daran schließt sich regelmäßig eine weitere dreijährige Befristung an. Frei werdende Stellen für unbefristet beschäftigte Lehrer werden aus dem Bereich der befristet beschäftigten Lehrkräfte besetzt. Sie wählt das beklagte Land nach Durchführung eines besonderen Evaluierungsverfahrens aus dem Kreis derjenigen Lehrer aus, mit denen es bereits einen zweiten Fristvertrag geschlossen hat. Darüber hinaus werden auf sog. „local-hire-positions” zu Vertretungszwecken bereits in Berlin lebende amerikanische Lehrer befristet beschäftigt. Eine solche Konzeption enthält hinsichtlich der Einstellung und Beschäftigung amerikanischer Lehrkräfte eine durchschaubare Regelung, die Zufälligkeiten vermeidet. Durch die schuljahresbezogene Anwerbung amerikanischer Lehrkräfte aus den USA werden die mit dem Fluktuationsprinzip verfolgten Zwecke gewahrt.

Dem steht nicht entgegen, daß das beklagte Land im Falle der Lehrerin R. abweichend verfahren ist. Insoweit handelt es sich um eine einmalige Abweichung, die für die Beschäftigungspraxis des beklagten Landes nicht kennzeichnend ist.

c) Allerdings hat die Klägerin auch behauptet, es seien über den Einzelfall hinaus auch andere bereits in Berlin lebende amerikanische Lehrkräfte befristet eingestellt worden. Diesem Vorbringen wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen und daraufhin zu würdigen haben, ob tatsächlich ein einheitliches und durchschaubares Verfahren für die Einstellung und Beschäftigung der amerikanischen Lehrkräfte an der John-F.-Kennedy-Schule von dem beklagten Land eingehalten wird und damit Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ist.

Die Befristung des Arbeitsvertrages mit der Klägerin könnte sachlich nicht gerechtfertigt sein, wenn das beklagte Land die von ihm entwickelte Konzeption nicht einhält, indem es amerikanische Lehrkräfte in Berlin anwirbt und dauerhaft für die Bewältigung regelmäßig anfallender Unterrichtsaufgaben einsetzt. Hierzu ist der Sachverhalt zwischen den Parteien auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat streitig geblieben. Das Landesarbeitsgericht wird ihn nach Ergänzung des Parteivorbringens festzustellen und bei der rechtlichen Beurteilung folgendes zu beachten haben: Keine Mißachtung der selbstgewählten Konzeption ist anzunehmen, wenn das beklagte Land amerikanische Lehrkräfte in Berlin für den Fall anwirbt, daß eine Lehrerin oder ein Lehrer kurzfristig in die USA zurückkehrt oder die Arbeit vertragswidrig nicht aufnimmt oder in ähnlichen Fällen, die ein sofortiges Handeln vor Ort erfordern. Zur Abdeckung eines solchen vom beklagten Land nicht beeinflußbaren Vertretungs- oder vorübergehenden Personalbedarfs kann es befristete Einstellungen im Rahmen sogenannter „local-hire-positions” vornehmen. Es stellt jedoch eine Durchbrechung des vom beklagten Land verfolgten Fluktuations- und Kontinuitätsgedankens dar, wenn es auch in diesen Fällen zunächst auf zwei Jahre befristet und wie bei den in den USA angeworbenen Lehrkräften eine dreijährige Befristung anschließt. Stellt das beklagte Land außerhalb solcher Gegebenheiten amerikanische Lehrkräfte befristet ein, kann es sich gegenüber der Klägerin ohnehin nicht auf sein Befristungskonzept berufen.

Dasselbe gilt, wenn das beklagte Land Arbeitsplätze mit in Berlin ansässigen amerikanischen Lehrkräften in unbefristeten Arbeitsverhältnissen besetzt. Der besondere Bildungs- und Erziehungsauftrag der John-F.-Kennedy-Schule erfordert auch bei der Neubesetzung eines unbefristeten Arbeitsplatzes die Beachtung des Fluktuationsprinzips. Dem wird nur entsprochen, wenn frei werdende Stellen im unbefristeten Bereich mit den aus den USA angeworbenen Lehrerinnen oder Lehrern oder mit einer bisher befristet beschäftigten Lehrkraft besetzt werden, für die eine andere aus den Vereinigten Staaten neu angeworbene nachrücken kann. Die Einstellung oder das Nachrücken einer oder eines „local-hire-Beschäftigten” ist mit der Einhaltung des selbst gegebenen Konzepts nicht vereinbar.

 

Unterschriften

Dörner, Steckhan, Schmidt, Straub, Knapp

 

Fundstellen

Haufe-Index 441413

NJW 1997, 1804

NZA 1997, 378

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