Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwiderruf einer Unterstützungskassenversorgung. betriebliche Mitbestimmung bei Verschlechterung von Versorgungswerken. zwingende, triftige und sachlich-proportionale Eingriffsgründe. Begriff der erdienten Dynamik – Zeitpunkt der Feststellung eines Eingriffs. Eingriffsmöglichkeiten zum Abbau von Überversorgungen. Betriebliche Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine endgehaltsbezogene Versorgungsordnung durch eine beitragsorientierte Versorgungsordnung abgelöst, auf Grund deren sich die Anwartschaften der Arbeitnehmer mit erdientem – entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 BetrAVG berechnetem – Besitzstand weiter erhöhen, so kann regelmäßig erst bei Ausscheiden des Arbeitnehmers festgestellt werden, ob ein Eingriff in die erdiente Dynamik vorliegt. Daran fehlt es, wenn der begünstigte Arbeitnehmer im Versorgungsfall zumindest das erhält, was er zum Ablösungsstichtag bei Aufrechterhaltung der Dynamik des Berechnungsfaktors “Gehalt” erreicht hatte.

 

Orientierungssatz

  • Der Umstand, daß der Berechnungsfaktor Endgehalt im Rahmen einer verschlechternden Neuordnung eines betrieblichen Versorgungswerks zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb des fortlaufenden Arbeitsverhältnisses festgeschrieben wird, rechtfertigt noch nicht ohne weiteres die Annahme, die Neuregelung greife in die vom Arbeitnehmer bis dahin erdiente Dynamik ein.
  • Wenn mit der Festschreibung des Endgehalts die Möglichkeit verbunden ist, in der Folgezeit weitere Zuwächse, zB in jährlichen Festbeträgen, zu erdienen, kann erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der Ablösung in die vom begünstigten Arbeitnehmer erdiente Dynamik eingegriffen worden ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Versorgungsfall auf der Grundlage der Neuregelung weniger erhält, als er bis zum Ablösungsstichtag bei Aufrechterhaltung der Dynamik der Bemessungsfaktoren bis zum Ausscheiden erdient hatte.
  • Eine solche ergebnisbezogene Betrachtung ist praktikabel und nicht gleichheitswidrig:

    • Falls die ablösende Neuregelung den Besitzstand der erdienten Dynamik nicht ausdrücklich sichert und eine Unterschreitung auf Grund der Neuregelung ernsthaft in Betracht kommt, kann ein betroffener Arbeitnehmer bereits im laufenden Arbeitsverhältnis die gerichtliche Feststellung beantragen, daß ihm zumindest das Produkt aus dem bis zum Ablösungsstichtag erdienten dienstzeitabhängigen Faktor und dem tatsächlichen Festgehalt beim Ausscheiden zusteht.
    • Besitzstandswahrung bedeutet nur, daß ein begünstigter Arbeitnehmer mit seinem Versorgungsanspruch nicht hinter den höchsten Anwartschaftswert zurückfallen darf, auf den er während seines Arbeitsverhältnisses einmal vertraut hat. Einen Anspruch darauf, daß der im Ablösungszeitraum erdiente Besitzstand und die Steigerungsbeträge aus der neuen Versorgungsordnung addiert werden, hat er nicht.
 

Normenkette

BetrAVG § 1 Ablösung, § 2 Abs. 1, 5, § 16; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; GG Art. 9 Abs. 3; BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 30.11.2000; Aktenzeichen 1 Sa 20/00)

ArbG Hamburg (Urteil vom 14.03.2000; Aktenzeichen 4 Ca 146/99)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2000 – 1 Sa 20/00 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Teilwiderrufs einer Versorgungszusage.

Der am 24. Februar 1945 geborene Kläger war vom 1. Juni 1973 bis zum 31. März 1998 für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Rechtssekretär tätig. Am 3. Februar 1998 hatte der Bundesvorstand des DGB beschlossen, seine Rechtsschutzorganisation gemäß § 613a BGB zum 1. April 1998 auf die zu diesem Zweck gegründete Beklagte zu überführen. Die Beklagte übernahm zum 1. April 1998 etwa 1000 im Bereich Rechtsschutz des DGB tätige Arbeitnehmer, darunter den Kläger, und trat in die bestehenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ein. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Dezember 1998.

Dem Kläger war ebenso wie den übrigen Mitarbeitern des DGB betriebliche Altersversorgung unter Einschaltung der Unterstützungskasse des DGB eV (im folgenden: Unterstützungskasse) zugesagt worden. Der DGB ist eines der Mitglieder dieser Gruppenunterstützungskasse. Für begünstigte Mitarbeiter wie den Kläger, die am 31. Dezember 1982 bei der Unterstützungskasse angemeldet waren, galten die am 1. April 1988 in Kraft getretenen Unterstützungsrichtlinien 1988 (UR 88) in der Fassung vom 20. Mai 1994. Sie sehen endgehaltsbezogene Versorgungsleistungen und eine Gesamtversorgungsobergrenze von 70 % vor und werden durch eine den Besitzstand aus vorangegangenen Versorgungsregelungen wahrende sog. Altlastregelung ergänzt. Die Finanzierung der Unterstützungskasse erfolgt im Umlageverfahren. Der DGB leistete aus seinen Einnahmen jeweils Zahlungen an die Unterstützungskasse, um deren laufende Aufwendungen für die Betriebsrentner zu refinanzieren.

Am 6. Juni 1995 beschloß die Unterstützungskasse eine Neuregelung der Versorgung in Form der Versorgungsordnung 1995 (VO 95). Nach deren § 1 Abs. 2 gilt sie für die Beschäftigten und früheren Beschäftigten der Kassenmitglieder nur dann, wenn ihr Kassenmitglied gegenüber der Unterstützungskasse die schriftliche Erklärung abgegeben hat, daß es dieser Versorgungsordnung beitritt. In der VO 95 ist eine beitragsorientierte Versorgung vorgesehen, bei der die Anwartschaften über eine Rückdeckungsversicherung vorausfinanziert werden. Die Mitglieder der Unterstützungskasse zahlen monatliche Beiträge für die bei ihnen Beschäftigten. Deren spätere monatliche Unterstützung errechnet sich aus der Summe von Rentenbausteinen, die während der Anrechnungszeit in jedem Kalenderjahr erworben werden (§ 6 VO 95). Weiter heißt es in der VO 95 unter der Überschrift “Unterstützungs-Richtlinien 1988 und 1983 – § 26 Ablösung der Gesamtversorgungszusagen”:

  • Ein Kassenmitglied kann durch schriftliche Erklärung gegenüber seinen Begünstigten und gegenüber der Unterstützungskasse bestimmen, daß die Gesamtversorgungszusagen nach § 6 ab einem bestimmten Zeitpunkt durch eine anderweitige Regelung abgelöst werden. …”

Zusammen mit der VO 95 ist die Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung in Kraft getreten, nach der die Begünstigten durch Gehaltsumwandlung zusätzliche Versorgungsanwartschaften erhalten können. Der DGB trat der VO 95 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 bei.

Am 23. Januar 1998 schloß der DGB mit dem Gesamtbetriebsrat im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens eine Vereinbarung über die Verteilung des vom Beklagten vorgegebenen Dotierungsrahmens gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Zum Abschluß einer ablösenden Betriebsvereinbarung kam es nicht. In der Vereinbarung vom 23. Januar 1998 heißt es ua.:

  • Der DGB und der GBR einigen sich über die Verteilung des vom DGB vorgegebenen Dotierungsrahmens wie folgt:

    • Der DGB tritt der Versorgungsordnung (VO) 95 ab dem 01.01.1998 bei und ersetzt damit die Unterstützungsrichtlinien (UR) 83 und Unterstützungsrichtlinien (UR) 88. Es gilt die VO 95 in der jeweils gültigen Fassung. Die bis zum 31.12.1997 erdienten Teilbeträge, auch wenn sie noch nicht unverfallbar sind, bleiben erhalten (§ 2 Abs. 1 BetrAVG); eine Rückdeckung (Nachversicherung) bei der Hamburger Pensionsrückdeckungskasse erfolgt nicht. Die Beitragssätze zur VO 95 werden mit 62,5 % der Beitragssätze zur VO 95 festgesetzt.
    • Die UR 83 und UR 88 gelten für Beschäftigte, die vor dem Jahr 1941 geboren sind, weiter; für Beschäftigte mit weniger als 20 Jahren Gesamtbeschäftigungszeit zum Stichtag 31.12.1997 jedoch mit der Maßgabe, daß das Bemessungsentgelt zum Stichtag 31.12.1997 festgestellt, nach folgender Staffel reduziert und nicht weiter dynamisiert wird:

      Die Altlastregelung entfällt ab dem 01.01.1998.

    • Der GBR nimmt zur Kenntnis, daß die Beschäftigten, die ab dem 01.01.1996 eingetreten sind bzw. künftig eintreten, keine Versorgungszusage erhalten.
  • Zur Gehaltsumwandlung vereinbaren der DGB und GBR folgende Regelung:

    • Der DGB tritt der Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung vom 06.06.1995 bei. Danach können Beschäftigte durch Gehaltsumwandlung Rentenbausteine erwerben. Diese Richtlinie soll dahingehend geändert werden, daß der Prozentsatz der Gehaltsumwandlung unabhängig von der Zahlung des Arbeitgebers ist. Die Gehaltsumwandlung soll auf maximal 8 % des Bruttogehaltes im Rahmen der steuerlichen Möglichkeiten begrenzt werden.
    • Die ab 01.01.1996 neu eingetretenen und zukünftig eintretenden Beschäftigten können durch Gehaltsumwandlung Rentenbausteine erwerben. Satz 1 gilt vorbehaltlich einer entsprechenden Änderung der Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung der UK des DGB eV.
    • Der DGB setzt sich für eine Änderung der Richtlinie zur Versorgung durch Gehaltsumwandlung dahingehend ein, daß die ab 01.01.1996 eingetretenen und zukünftig eintretenden Beschäftigten Rentenbausteine durch Gehaltsumwandlung erwerben können und eine Gehaltsumwandlung unabhängig von der Zahlung des Arbeitgebers möglich ist.
  • Der DGB verpflichtet sich, in 3 Jahren in Verhandlungen über die Anmeldung der unter I. Ziff. 3 genannten Beschäftigten zur Unterstützungskasse einzutreten und nach billigem Ermessen zu entscheiden. …”

Mit Schreiben vom 9. Februar 1998 widerrief der DGB die Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung gegenüber dem Kläger und den weiteren Begünstigten mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 und erteilte gleichzeitig mit Wirkung zum 1. Januar 1998 eine den Ziffern I.1. und 2. der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23. Januar 1998 entsprechende Zusage.

Nach der ihm vom DGB übermittelten Auskunft der Unterstützungskasse vom 26. Mai 1998 hatte der Kläger zum Stichtag 31. Dezember 1997 auf der Grundlage der UR 88 eine unverfallbare Teilanwartschaft in Höhe von 1.427,51 DM erworben. Bei Betriebstreue bis zum Versorgungsfall mit Vollendung des 65. Lebensjahres wäre die Anwartschaft nach den UR 88 auf 2.141,48 DM angewachsen. Für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ergäbe sich demgegenüber aus der Summe der Rentenbausteine nach der VO 95 ein Zuwachs von lediglich 328,27 DM, für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten ergibt sich ein Zuwachs von 26,98 DM.

Der DGB, dessen Vermögenswerte, Finanzanlagen und Unternehmensbeteiligungen durch die Vermögensverwaltung und Treuhandgesellschaft des DGB mbH (VTG) treuhänderisch verwaltet werden, finanziert sich als Dachverband der bei ihm organisierten Einzelgewerkschaften durch eine Umlage in Höhe von 12 % der an die Einzelgewerkschaften von ihren Mitgliedern entrichteten Beiträge. Die Mitgliederzahlen der Einzelgewerkschaften sind zwischen 1950 bis 1986 stetig angestiegen. Dementsprechend stieg auch das Beitragsaufkommen des DGB. Nach einem kurzfristigen Rückgang im Jahr 1987 stiegen die Mitglieder- und Beitragszahlen, ua. infolge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, wieder an. Schon im Jahr nach der Wiedervereinigung verminderte sich die Mitgliederzahl wieder, während das Beitragsaufkommen zunächst noch bis 1993 weiter stieg. Seither sinkt es aber kontinuierlich. Ende 1995 war die Hälfte des vereinigungsbedingten Mitgliederzuwachses wieder aufgezehrt; die Mitgliederzahlen lagen bei 9.385.000, 1996 bei 8.973.000, 1997 bei 8.623.000 und für 1998 geschätzt bei 8.331.439. Das Beitragsaufkommen belief sich 1993 auf 329,3 Mio. DM, 1994 auf 320,96 Mio. DM, 1995 auf 316,7 Mio. DM, 1996 auf 311,88 Mio. DM und 1997 auf 304,2 Mio. DM. Demgegenüber erhöhten sich die Beitragslasten des DGB für seine Rentner stetig von 4,54 Mio. DM im Jahr 1975 auf 23,99 Mio. DM im Jahr 1997. Im Zeitraum von 1975 bis 1996 stieg der Anteil der Aufwendungen für Rentenzahlungen an den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen von 4,1 % auf 7,2 %. Während sich in diesem Zeitraum die Beiträge um 281,4 % erhöhten, stiegen die Aufwendungen für die Rentenzahlungen um rund 500 %. Der Wert der sogenannten ungedeckten Verpflichtungen, also der zeitanteilig berechnete Barwert aller Pensionsverpflichtungen abzüglich des dem Beklagten zustehenden anteiligen Unterstützungskassenvermögens (“ungedeckte Pensionsverpflichtungen”) erhöhte sich von 66,4 Mio. DM im Jahr 1974 auf 388,7 Mio. DM im Jahr 1997. Das Vermögen des DGB stieg im gleichen Zeitraum von 166,2 Mio. DM auf 285,8 Mio. DM.

Eine vom DGB in Auftrag gegebene “Gutachterliche Stellungnahme über das Bestehen triftiger Gründe zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung der Mitarbeiter des Deutschen Gewerkschaftsbundes Düsseldorf” der ATH Allgemeine Treuhandgesellschaft mbH (ATH) vom 29. August 1997 prognostiziert auf der Grundlage der bisherigen Unterstützungsrichtlinien unter Bezugnahme auf ein vom 12. November 1996 datierendes versicherungsmathematisches Gutachten den Anstieg der Rentensumme von 22.340 TDM im Jahr 1996 auf 43.940 TDM im Jahr 2016, den Anstieg der ungedeckten Pensionsverpflichtungen auf 564.080 TDM im Jahr 2016 und den Anstieg des prozentualen Anteils der Aufwendungen für Rentenzahlungen im Verhältnis zu den Beitragseinnahmen auf 15 %. Das Gutachten beruht auf der vom DGB vorgegebenen Annahme, daß seine Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen von 311,8 Mio. DM in 1996 bis in das Jahr 2001 um jährlich 9 Mio. DM auf dann 275,8 Mio. DM sinken und mit diesem Betrag bis in das Jahr 2016 konstant bleiben. Die Entwicklung der Beschäftigtenzahl wurde für 1996 mit 2.100, für 1997 mit 2.000 und ab 1998 mit konstant 1.900 zugrunde gelegt. Weiter wird im Gutachten angenommen, daß die Altersrente nach dem Gesetz für Wachstums- und Beschäftigungsförderung zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt wird, die Gehaltserhöhungen für 1997 und 1998 jeweils 1,0 %, für 1999 und 2000 jeweils 2,5 % und ab 2001 jeweils 3,5 % (inkl. 0,5 % für karrierebedingte außerordentliche Erhöhungen) betragen, die künftigen Unterstützungszahlungen mit einem Rechnungszinsfuß von 7 % zu bewerten sind und die laufenden Unterstützungen im Drei-Jahres-Rhythmus erstmals im Jahr 2001 um jeweils 4,5 % angepaßt werden. Die Bestandsentwicklung erfolgte nach dem sog. Monte-Carlo-Verfahren, einer stochastischen Zufallssimulation.

Ein weiteres, vom 24. Oktober 1997 datierendes versicherungsmathematisches Gutachten legt bei ansonsten gleichbleibenden Prämissen eine Beschäftigtenzahl von 2.000 in 1997, 1.900 in 1998, 1.800 in 1999 und 1.700 ab dem Jahr 2002 zugrunde, eine Erhöhung der Arbeitsentgelte von 1997 bis 2000 um 1 % pa., ab 2001 um 2 % pa., die Bewertung der künftigen Unterstützungszahlungen mit einem Rechnungszinsfuß von 6,5 % sowie eine Anpassung der laufenden Unterstützungen im Drei-Jahres-Rhythmus erstmals im Jahr 2004 um jeweils 3 %. Auf der Grundlage der 1997 geltenden Unterstützungsrichtlinien steigt danach die Beitragslast von 23.990 TDM im Jahr 1997 auf 38.530 TDM im Jahr 2014, das Verhältnis der Beitragslast zu den Personalkosten für die aktiven Arbeitnehmer von 16,4 % im Jahr 1997 auf 26,9 % im Jahr 2014 und die ungedeckte Verpflichtung von 379.690 TDM im Jahr 1997 auf 464.610 TDM im Jahr 2014, während bei Einführung der VO 95 mit halben Beitragssätzen die Beitragslast im Jahr 2014 mit 27.930 TDM, das Verhältnis der Beitragslast zu den Aufwendungen für Gehälter mit 19,5 % und die ungedeckte Verpflichtung im Jahr 2014 mit 237.790 TDM prognostiziert wird. Unter Berücksichtigung der mit Wirkung vom 1. Januar 1998 erfolgten Einführung der VO 95 mit 62,5 % der Beitragssätze und der vorgenannten Prämissen errechnete die ATH unter dem 4. September 1998 schließlich für das Jahr 2014 eine voraussichtliche Beitragslast von 27.730 TDM, ein Verhältnis der Beitragslast zu den Gehaltsaufwendungen von 19,3 %, eine ungedeckte Verpflichtung von 225.100 TDM und ein Verhältnis zwischen Beitragslast und den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen von 10,05 %.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei unwirksam. Die Beklagte könne sich nicht auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen. Die wirtschaftliche Lage des DGB rechtfertige den Widerruf ebenfalls nicht. Es sei nicht erkennbar, daß die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben des DGB ohne Änderung der Versorgungsregelung nicht gewährleistet werden könne. Dem DGB verbleibe nach seiner Prognose für das Jahr 2014 nach Abzug der Zahlungen an die Unterstützungskasse sowie den Aufwendungen für Gehälter noch ein Betrag von ca. 93,78 Mio. DM. Weshalb dieser Betrag zur Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben nicht ausreiche, sei nicht ersichtlich. Der Umfang dieser Aufgaben sei ebenso unbestimmt wie der damit verbundene finanzielle Bedarf. Der DGB könne den Umfang seiner Tätigkeiten reduzieren, ohne seine Existenzberechtigung als Dachverband der Einzelgewerkschaften in Frage zu stellen und seine Substanz zu gefährden, da er wie jeder Verband auch Aufgaben wahrnehme, die zwar wünschenswert, nicht aber zwingend erforderlich seien. Der in der Vergangenheit erfolgte Personalabbau sei nicht wegen rückgängiger Beitragseinnahmen erfolgt. Er habe seine Ursache in der auf einer Einführung moderner Technologien beruhenden Rationalisierung. Es könne jedenfalls nicht angenommen werden, bei Aufrechterhaltung der bisherigen Versorgungszusagen wäre ein weiterer Personalabbau erforderlich gewesen. Aus der rückläufigen Mitgliederentwicklung und den entsprechend rückläufigen Beitragseinnahmen, der Verschiebung des Verhältnisses zwischen der Zahl der aktiven Beschäftigten zu derjenigen der Betriebsrentner sowie der Erhöhung des Anteils der Beitragslast im Verhältnis zum Mitgliederbeitragsaufkommen könne ebenfalls nicht auf eine Substanzgefährdung des DGB durch die Versorgungslast geschlossen werden. Die Prognose der künftigen Entwicklung der Mitgliederzahlen und der Beitragseinnahmen sei nicht schlüssig. Die vorgelegten Gutachten seien nicht aussagekräftig.

Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des DGB sei auch nicht allein die Entwicklung der Beitragseinnahmen zu berücksichtigen. Es müßten auch die sonstigen Einnahmen und die Vermögenssituation des DGB insgesamt berücksichtigt werden. Diese habe die Beklagte nicht umfassend dargelegt. Jedenfalls sei die Rückwirkung des Widerrufs unzulässig, da mit ihm in erdiente Besitzstände eingegriffen werde.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Ruhegeldansprüche des Klägers auf Grund der Unterstützungs-Richtlinien 1988 in der Fassung vom 20. Mai 1994 (UR 88) in Verbindung mit der Altlastregelung vom 20. Mai 1994 durch den Widerruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 9. Februar 1998 nicht berührt werden.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Widerruf vom 9. Februar 1998 sei wirksam. Die Geschäftsgrundlage für die bisherige Altersversorgung sei weggefallen. Es liege eine planwidrige Überversorgung vor.

Die wirtschaftliche Lage des DGB habe jedenfalls den Widerruf der bisherigen Versorgungszusagen aus triftigen Gründen gerechtfertigt. Hierzu gehörten die rückläufige Mitglieder- und die damit einhergehende Beitragsentwicklung, die Verschiebung des Verhältnisses zwischen der Zahl der aktiven Beschäftigten und der Rentner und die Erhöhung des Anteils der Beitragslast zur Unterstützungskasse im Verhältnis zum Aufkommen aus Mitgliederbeiträgen. Auf Grund der rückläufigen Beitragseinnahmen sei zur Anpassung der Kosten ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen erfolgt. Für den DGB als nichtwirtschaftliche Organisation bedeute Substanzerhaltung, daß die Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen, vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben gewährleistet sein müsse. Dazu müsse ihm ausreichend Personal zur Verfügung stehen. Die bereits beschlossene Reduzierung des Personalbestandes ab dem Jahr 2001 auf 1700 Mitarbeiter reiche nicht aus, um einen Eingriff in die Altersversorgung zu vermeiden. Auch die Vermögenszuwächse reichten nicht aus, um einen Substanzverzehr aufzufangen. Bei Fortbestand des bisherigen Versorgungswerks hätten die satzungsgemäßen Aufgaben jedenfalls zum Teil nicht mehr erfüllt werden können.

Die Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung des DGB sei auf die Beitragseinnahmen zu beschränken, die zwischen 94 und 99 % der frei verfügbaren Einnahmen ausmachten. Andere Einnahmen stünden entweder nicht zur freien Verfügung oder könnten auf Grund ihrer Höhe den Rückgang der Beitragseinnahmen nicht kompensieren. Das von der VTG verwaltete Vermögen des DGB – gewerkschaftlichen Zwecken dienende Gewerkschaftshäuser und Bildungszentren – sei zur Wahrung seiner satzungsgemäßen Aufgaben notwendig und könne daher nicht angegriffen werden. Die von der VTG gehaltenen Beteiligungen seien ertragslos.

Die Beklagte hat zur Unterstützung ihres Rechtsstandpunktes ein Rechtsgutachten der Professoren Dr. Hanau und Dr. Rolfs vorgelegt.

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Vor einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits bedarf es weiterer Sachaufklärung. Dies führt zur Zurückverweisung (§ 565 Abs. 1 ZPO).

  • Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von den Grundsätzen ausgegangen, nach denen die Wirksamkeit eines Eingriffs in eine Versorgungszusage unter Einschaltung einer Unterstützungskasse nach der ständigen Senatsrechtsprechung zu überprüfen ist. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht jedoch noch nicht fest, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch ihren Widerruf vom 9. Februar 1998 beim Kläger überhaupt in die zweite Besitzstandsstufe, die sogenannte erdiente Dynamik, eingegriffen hat. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an einen solchen Eingriff überspannt.

    • Unterstützungskassen schließen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf die in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen aus. Gleichwohl nimmt der Senat in ständiger vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandeter Rechtsprechung an, daß aus einer Versorgungszusage unter Einschaltung einer Unterstützungskasse ein Rechtsanspruch erwächst, dieser aber ganz oder teilweise aus sachlichem Grund widerruflich ist (seit BAG 17. Mai 1973 – 3 AZR 381/72 – BAGE 25, 194, 199 ff.; BVerfG 19. Oktober 1983 – 2 BvR 298/81 – BVerfGE 65, 196, zu C II 1a der Gründe). Zur Konkretisierung der Anforderungen an einen wirksamen Eingriff in eine Versorgungszusage nach Maßgabe von Leistungsrichtlinien einer Unterstützungskasse hat das Bundesarbeitsgericht ein dreistufiges Schema entwickelt(8. Dezember 1981 – 3 ABR 53/80 – BAGE 36, 327, 337 f.; 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – BAGE 49, 57, 65 ff.; 17. März 1987 – 3 AZR 64/84 – BAGE 54, 261, 270 ff.; 22. Mai 1990 – 3 AZR 128/89 – BAGE 65, 157, 161; 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/89 – BAGE 91, 310, 318 f.). Es geht vom Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsgebot aus, wonach Eingriffe in Versorgungsordnungen um so gewichtigerer Eingriffsgründe bedürfen, je schützenswerter das Vertrauen auf die erreichte Rechtsposition ist: Der während der Geltung der bisherigen Ordnung und im Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann allenfalls aus zwingenden Gründen, zB wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Versorgungszusage entzogen werden. Eingriffe in die sogenannte erdiente Dynamik, die insbesondere bei endgehaltsbezogenen Zusagen in Betracht kommen und durch die das Vertrauen des Arbeitnehmers enttäuscht wird, das von ihm Erdiente werde nach Maßgabe seines bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erreichten Endgehaltes dynamisiert, sind nur aus triftigem Grund möglich. Solche Gründe liegen insbesondere vor, wenn ein Fortbestand der bisherigen Versorgungsregelung den Bestand des Versorgungsschuldners gefährdet, insbesondere wenn unveränderte Versorgungsverbindlichkeiten voraussichtlich nicht aus den Erträgen des Unternehmens finanziert werden können und für deren Ausgleich auch keine hinreichenden Wertzuwächse des Unternehmens zur Verfügung stehen. Auf der dritten Eingriffsstufe, bei Eingriffen in noch nicht erdiente Zuwachsraten durch Änderungen von Unterstützungskassen-Richtlinien reichen demgegenüber schon sachlich-proportionale Gründe. Solche Eingriffe dürfen nur nicht willkürlich sein. Sie müssen nachvollziehbar erkennen lassen, welche Umstände und Erwägungen zur Änderung der Versorgungszusage Anlaß gegeben haben. Das Vertrauen der Arbeitnehmer in den Fortbestand der bisherigen Regelung darf nicht über Gebühr beeinträchtigt werden.
    • Das Landesarbeitsgericht, das von diesen Grundsätzen ausgegangen ist, hat ohne ausreichende Sachverhaltsfeststellungen angenommen, mit dem Teilwiderruf vom 9. Februar 1998 sei in die vom Kläger erdiente Dynamik eingegriffen worden; dies ergebe sich bereits daraus, daß das für die Berechnung des Versorgungsanspruchs maßgebliche Endgehalt auf den Stand vom 31. Dezember 1997 festgeschrieben worden sei.

      • Dem tritt die Beklagte zu Recht entgegen. Bei der Prüfung, ob in die erdiente Dynamik eingegriffen worden ist, darf nicht maßgeblich auf die gewählte Regelungstechnik abgestellt werden. Der Umstand, daß der Berechnungsfaktor Endgehalt verändert, insbesondere ab einem bestimmten Zeitpunkt während des fortlaufenden Arbeitsverhältnisses festgeschrieben wurde, rechtfertigt noch nicht die Annahme, daß auch in die erdiente Dynamik eingegriffen wurde. Dies ist nur dann ohne Weiteres richtig, wenn eine endgehaltsbezogene Versorgungszusage durch Widerruf oder Richtlinienänderung für die Zukunft gänzlich aufgehoben worden ist und nur der sich aus § 2 Abs. 1 BetrAVG ergebende und entsprechend § 2 Abs. 5 BetrAVG errechnete Versorgungsbesitzstand aufrechterhalten worden ist. Anders verhält es sich aber, wenn zwar zum Ablösungsstichtag in den Faktor “Endgehalt” verschlechternd eingegriffen, zugleich aber die Möglichkeit eröffnet wurde, nach anderen Berechnungsmaßstäben, etwa über eine Festbetrags- oder beitragsorientierte Zusage, Zuwächse zu erwerben. In einem solchen Fall kann erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in die vom begünstigten Arbeitnehmer erdiente Dynamik eingegriffen worden ist. Besitzstandswahrung bedeutet nicht, daß der Arbeitnehmer Anspruch auf beides hat, den dynamisch bis zum Ausscheiden fortgeschriebenen Besitzstand im Ablösungszeitpunkt und die Zuwächse nach der neuen Versorgungsordnung. Der Besitzstand aus einer erdienten Dynamik ist bereits dann aufrechterhalten, wenn der begünstigte Arbeitnehmer im Versorgungsfall zumindest den Betrag oder Rentenwert erhält, den er zu einem bestimmten Stichtag bei Aufrechterhaltung der Dynamik der betreffenden Bemessungsfaktoren erreicht hatte. Besitzstandswahrung bedeutet bei arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusagen in erster Linie Vertrauensschutz. Verbleibt dem Arbeitnehmer in jedem Falle das, worauf er zum Ablösungsstichtag vertrauen durfte, verletzt eine verschlechternde Neuordnung schützenswertes Vertrauen nicht.
      • Die Richtigkeit einer solchen ergebnisbezogenen Betrachtungsweise wird dann besonders deutlich, wenn man sich Regelungsalternativen vor Augen führt, die zwar zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führen, deren Eingriff aber nach unterschiedlichen Maßstäben zu prüfen wäre, beurteilte man die Eingriffsintensität allein danach, wo die Neuregelung ansetzt: Eine Versorgungsordnung kann alle Zuwächse widerrufen oder sie auf einen ganz geringen Prozentsatz zurückführen, an dem Berechnungsfaktor “Endgehalt” aber uneingeschränkt festhalten. Sie kann aber auch diesen Berechnungsfaktor auf den Ablösungszeitpunkt festschreiben, an Stelle dessen aber feste Steigerungsbeträge pro Beschäftigungsjahr vorsehen, die im Ergebnis zu einer höheren Betriebsrente als die erstgenannte Regelung führen. Es wäre sinnwidrig, die letztgenannte Regelung nach strengeren Maßstäben zu überprüfen als die erste, bei der sachlich-proportionale Eingriffsgründe ausreichen.
      • Der mit dem Grundgedanken der Besitzstandswahrung übereinstimmenden ergebnisbezogenen Ermittlung, auf welcher Stufe eine verschlechternde Neuregelung in ein betriebliches Versorgungswerk eingegriffen hat, stehen weder durchgreifende Praktikabilitätserwägungen noch Bedenken aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen.

        • Zwar wird regelmäßig zum Zeitpunkt der verschlechternden Neuregelung eines endgehaltsbezogenen Versorgungswerks noch nicht sicher feststehen, ob hierdurch überhaupt in die erdiente Dynamik aller oder der meisten Begünstigten eingegriffen worden ist, wenn die Neuregelung nur den Erwerb von weiteren Anwartschaftswerten bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorsieht. Vielfach wird es aber einem Arbeitnehmer oder – bei einer Neuregelung durch Betriebsvereinbarung oder Einigungsstellenspruch – dem Betriebsrat auch schon zum Ablösungsstichtag möglich sein, plausibel darzulegen, daß ein Eingriff in die erdiente Dynamik ernsthaft in Betracht kommt. Jedenfalls dann kann eine sofortige gerichtliche Klärung herbeigeführt werden, daß den Begünstigten im Ergebnis als Betriebsrente zumindest das Produkt aus dem bis zum Ablösungsstichtag erdienten Prozentsatz und dem tatsächlichen Endgehalt beim Ausscheiden zusteht.
        • Der ergebnisbezogenen Betrachtungsweise bei der Ermittlung der Eingriffsintensität steht auch nicht der Umstand entgegen, daß die weitere Betriebszugehörigkeit nach dem Ablösungsstichtag für bestimmte Arbeitnehmer mit hohem Besitzstand im wirtschaftlichen Ergebnis möglicherweise nicht mehr zu einer Steigerung des Anwartschaftswertes führt. Hierin liegt kein Verstoß gegen Gleichbehandlungspflichten im Verhältnis zu denen, bei denen sich dieselben Beschäftigungsjahre wegen eines geringen oder fehlenden Versorgungsbesitzstandes aus der ursprünglichen Versorgungsregelung anwartschaftssteigernd auswirken. Auch dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Besitzstandswahrung bei einer arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusage. Ein Arbeitnehmer, der zunächst unter der Geltung einer günstigeren Versorgungsordnung gearbeitet hat und dann unter der Geltung einer anderen ungünstigeren Versorgungsordnung weiterarbeitet, welche die ursprünglich endgehaltsbezogene Zusage für die Zukunft ablöst, hat auf Grund der ersten Zusage bis zum Ablösungsstichtag unter dem Gesichtspunkt der erdienten Dynamik nur das schützenswerte Vertrauen darauf erworben, daß er im Versorgungsfall den bis dahin erdienten Steigerungssatz multipliziert mit seinem tatsächlichen Endgehalt erhalten wird. Für die Folgezeit ist auf Grund der Zusage des Arbeitgebers sein Vertrauen darauf zu schützen, daß er den bis zum Ablösungsstichtag erdienten – nicht dynamisierten – Besitzstand und die künftigen Steigerungsbeträge nach der neuen Ordnung als Betriebsrente beziehen wird. Ein Vertrauen darauf, den dynamisierten Besitzstand und zusätzlich die Steigerungsbeträge zu erhalten, hat der Versorgungsschuldner nie begründet. Demgemäß bedeutet Besitzstandswahrung nur, daß der Arbeitnehmer mit seinem Versorgungsanspruch insgesamt nicht hinter den höchsten Anwartschaftswert zurückfallen darf, auf den er während seines Arbeitsverhältnisses einmal vertrauen durfte.
      • Da der Kläger bereits ein Jahr nach der Ablösung der UR 88 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, kann das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Fall feststellen, ob durch den Widerruf vom 9. Februar 1998 in die von ihm bis zum 31. Dezember 1997 erdiente Dynamik eingegriffen worden ist. Sein tatsächliches Endgehalt steht ebenso fest, wie der auf Grund der Neuregelung erworbene Steigerungsbetrag.
    • Selbst wenn ein Eingriff in die erdiente Dynamik vorliegen sollte, wäre die Annahme des Landesarbeitsgerichts, für einen solchen Eingriff lägen keine ausreichenden triftigen Gründe vor, mit der von ihm gewählten Begründung nicht zu rechtfertigen. Das Landesarbeitsgericht hat zu hohe Substantiierungsanforderungen an die Beklagte gestellt.

      • Es hat insoweit ausgeführt, eine Substanzgefährdung des Rechtsvorgängers der Beklagten lasse sich nicht feststellen, auch wenn die prognostizierte Mitglieder- und Beitragsentwicklung sowie die Entwicklung der Rentenbeiträge an die Unterstützungskasse als richtig unterstellt würden. Unter Abzug der Renten und Gehälter verblieben nach den getroffenen Prognosen Beträge für sonstige Aufwendungen des DGB, von denen die Beklagte nicht dargelegt habe, weshalb sie zur Erfüllung der Aufgaben des DGB nicht ausreichten. Es habe der Beklagten oblegen, sowohl die Mittelverwendung als auch deren Erforderlichkeit für die Substanzerhaltung des DGB im einzelnen darzulegen. Eine Substanzgefährdung ergebe sich auch nicht aus der Höhe der ungedeckten Verpflichtungen. Bei dem Durchführungsweg über eine Unterstützungskasse entstünden diese zwangsläufig, ohne daß erkennbar sei, ob und inwieweit die bloße Existenz der ungedeckten Anwartschaften den DGB in der Wahrnehmung seiner satzungsgemäßen Aufgaben behindern könnten. Gleiches gelte für die behauptete Verschiebung des Verhältnisses zwischen der Zahl der aktiven Beschäftigten und der Betriebsrentner. Auch aus dem Personalabbau in der Vergangenheit könne nicht auf eine Substanzgefährdung geschlossen werden.
      • Der Senat folgt mehreren entscheidungserheblichen Wertungen des Landesarbeitsgerichts nicht.

        • Ein triftiger Grund, der einen Eingriff in die erdiente Dynamik rechtfertigen kann, liegt vor, wenn ein unveränderter Fortbestand des Versorgungswerks langfristig zu einer Substanzgefährdung des Versorgungsschuldners führen würde. Dies ist dann der Fall, wenn die Kosten des bisherigen Versorgungswerks nicht mehr aus den Unternehmenserträgen und etwaigen Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens erwirtschaftet werden können, so daß eine die Entwicklung des Unternehmens beeinträchtigende Substanzaufzehrung droht. Dabei können die zu § 16 BetrAVG vom Senat entwickelten Regeln, bei deren Erfüllung eine Anpassung der laufenden Betriebsrenten auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers verweigert werden kann, als Orientierungsmaßstab dienen (BAG 18. April 1989 – 3 AZR 299/87 – BAGE 61, 273, 280; 17. November 1992 – 3 AZR 76/92 – BAGE 71, 372, 381; 26. August 1997 – 3 AZR 235/96 – BAGE 86, 216, 222). Es geht bei der Prüfung, ob ein triftiger Grund für einen Eingriff vorlag, also um die Frage, ob dem Versorgungsschuldner im Interesse einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung seines Unternehmens eine Entlastung im Bereich der Versorgungsverbindlichkeiten verwehrt werden darf (BAG 18. April 1989 – 3 AZR 299/87 – BAGE 61, 273, 281). Bei dem DGB als steuerbefreitem Berufsverband in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins, der nicht am Markt zur Gewinnerzielung tätig ist, gelten allerdings insoweit Besonderheiten, als ihm im wesentlichen nur Beiträge der Mitgliedsgewerkschaften als Einkünfte zur Verfügung stehen. Darüberhinaus genießt der DGB den verfassungsrechtlichen Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, der es den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich untersagt, die Verwendung seiner Einkünfte im einzelnen zu überprüfen oder gar zu bewerten. Andererseits muß der Beklagte aber auch wie jeder andere Arbeitgeber die Verbindlichkeiten erfüllen, die er gegenüber seinen Arbeitnehmern übernommen hat und darf in versorgungsrechtliche Erwerbschancen nur nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes eingreifen.

          Für die Feststellung triftiger Gründe bedarf es sachkundig erstellter Prognosen auf der Grundlage der Entwicklung bis zum Ablösungsstichtag. Dabei sind sichere Voraussagen über die künftige Entwicklung von Beitragsaufkommen und Versorgungsverbindlichkeiten grundsätzlich nicht möglich. Es reicht aus, wenn die Prognose auf der Grundlage der bisherigen Entwicklung und unter vertretbaren und nachvollziehbaren Annahmen für die Zukunft erstellt worden ist. Der Rückgriff auf eine derart erstellte Prognose wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die tatsächliche Entwicklung in der Folgezeit teilweise anders verläuft.

        • Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts reicht die von der Beklagten substantiiert behauptete, aber nicht festgestellte, sondern nur als richtig unterstellte künftige Entwicklung des Beitragsaufkommens einerseits und der Versorgungsverbindlichkeiten andererseits als Rechtfertigung für einen Eingriff in die erdiente Dynamik aus. Aus den von der Beklagten vorgetragenen Zahlen ergibt sich, daß der Anteil der Belastungen aus den Rentenverbindlichkeiten bei unverändert fortbestehendem Versorgungswerk an dem weitgehend konstanten Beitragsaufkommen des DGB bis zum Jahr 2016 wesentlich angestiegen wäre. Die Umschichtung der auf Grund der Beitragseinnahmen zur Verfügung stehenden Mittel, die hiernach erforderlich geworden wären, hätte notwendigerweise zu weiteren Kürzungen, in erster Linie bei den laufenden Personalausgaben, in eingeschränktem Umfang auch bei den Sachausgaben führen müssen, und damit zu einer Beeinträchtigung der bisher wahrgenommenen Aktivitäten. Daraus würde eine langfristige Gefährdung des DGB durch Substanzauszehrung folgen, die dieser nicht hinnehmen mußte. Sollte das Landesarbeitsgericht zu entsprechenden Feststellungen kommen, durfte der DGB auf diese Situation durch einen Eingriff in das Versorgungswerk, auch in die erdiente Dynamik, reagieren.

          Die Beklagte war nicht gehalten, im einzelnen darzulegen, wie sich die ansonsten eingetretene weitere Verringerung der für die tägliche Arbeit des DGB zur Verfügung stehenden Mittel auf dessen Aufgabenerfüllung ausgewirkt hätte. Der DGB darf die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nur zu den satzungsmäßig vorgegebenen koalitionspolitischen Zwecken verwenden. Er hat die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Freiheit, seine koalitionspolitischen Aufgaben und die Form, die Art und Weise sowie die Intensität der Aufgabenerfüllung festzulegen. Eine Überprüfung und Bewertung dieser Entscheidung steht den Gerichten für Arbeitssachen jedenfalls dann nicht zu, wenn es nur um die Aufrechterhaltung der bisherigen Aktivitäten geht. Ebensowenig wie ein Unternehmer von der Verfolgung wirtschaftlicher Ziele absehen, etwa seine Produktion einschränken muß, um Versorgungswerke unverändert fortführen zu können, hatte der DGB die Pflicht, seine koalitionspolitischen Aufgaben wegen künftig anwachsender Versorgungsverbindlichkeiten zu reduzieren oder die Intensität seiner Aufgabenwahrnehmung einzuschränken. Einer Darlegung im einzelnen, warum der DGB in einzelnen Bereichen keine Einsparungen zum Ausgleich steigender Rentenbelastungen vornehmen wollte oder konnte, bedarf es angesichts der grundsätzlichen Bindung aller Mittel an den Einsatz für koalitionspolitische Ziele nicht.

        • Auch gegen weitere Annahmen des Landesarbeitsgerichts bestehen durchgreifende Bedenken.

          Entgegen seiner Auffassung ist bei einer Arbeitnehmerorganisation, die keinen Gewinn anstrebt, ein erheblicher Personalabbau auch dann ein starkes Indiz für deren wirtschaftliche Schwierigkeiten und damit für die Erforderlichkeit von Einsparungen, wenn dieser Personalabbau vordergründig auf Rationalisierungsmaßnahmen zurückgeht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie behauptet wird – der Personalabbau im Zusammenhang mit einer Verringerung der Zahl der DGB-Kreise und -Bezirke steht.

          Das Landesarbeitsgericht geht auch zu Unrecht davon aus, daß dem DGB zur Rechtfertigung des von ihm ausgesprochenen Widerrufs die Berufung auf eine bilanzielle Überschuldung untersagt ist, weil er als nicht rechtsfähiger Idealverein nicht bilanzieren muß und dies in der Vergangenheit auch nicht getan hat. Bei der – gegenüber der Einschätzung der künftigen Einnahmen-/Ausgabensituation nachrangigen – Prüfung, inwieweit die vorhersehbare Vermögensentwicklung eines Versorgungsschuldners geeignet ist, Steigerungen künftiger Versorgungsverbindlichkeiten aufzufangen, ohne daß dessen Substanz beeinträchtigt wird, geht es um ein realistisches Bild von dessen Vermögenslage. Hierfür ist eine nach den einschlägigen handelsrechtlichen Bestimmungen erstellte Bilanz grundsätzlich unabhängig davon am besten in der Lage, ob es hierfür eine handels- oder steuerrechtliche Pflicht gibt. Eine zutreffende Abbildung der wirtschaftlichen Lage nach bilanzrechtlichen Regeln kann dem Versorgungsschuldner nicht deshalb versagt werden, weil dieser hierauf in der Vergangenheit unter Außerachtlassung wirtschaftlicher Vernunft verzichtet und so die wahre Vermögenslage objektiv falsch dargestellt hat. An einer solchen Verhaltensweise, die Gläubiger und Arbeitsplätze gefährdet, kann niemand von Rechts wegen festgehalten werden.

  • Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig. Es gibt weder sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit des vom Kläger angegriffenen Widerrufs vom 9. Februar 1998, noch ist das Vorbringen der Beklagten zur Rechtfertigung dieses Widerrufs unerheblich.

    • Der Eingriff des DGB in die Versorgungsanwartschaft des Klägers nach Maßgabe der UR 88 durch den Widerruf vom 9. Februar 1998, der die Vereinbarung des DGB mit dem Gesamtbetriebsrat vom 23. Januar 1998 und die VO 95 zum Gegenstand des derzeitigen Versorgungsanspruchs des Klägers macht, ist arbeitsvertraglich zulässig.

      Die einzelvertragliche Zusage des DGB, der Kläger werde nach Maßgabe der Richtlinien der Unterstützungskasse versorgt werden, bedeutet zunächst nur, daß die Richtlinien selbst in ihrer jeweiligen Fassung den künftigen Versorgungsanspruch des Klägers gestalten. Im Zuge der VO 95 ist jedoch auch eine neue Bestimmung in die UR 88 eingefügt worden. Dieser neue § 26 UR 88/VO 95 ermächtigte den DGB als Mitglied der Gruppenunterstützungskasse, durch schriftliche Erklärung gegenüber den von ihm begünstigten Arbeitnehmern und gegenüber der Unterstützungskasse zu bestimmen, daß die Gesamtversorgungszusage nach § 6 UR 88 von einem bestimmten Zeitpunkt an durch eine anderweitige Regelung auf der Grundlage der VO 95 abgelöst wird. Diese Ermächtigung ist als Teil der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Unterstützungskassen-Richtlinien zugleich auch Teil des arbeitsvertraglichen Versorgungsanspruchs des Klägers geworden. Dadurch wurde der DGB einzelvertraglich ermächtigt, die von ihm versprochene Versorgung in dem von der VO 95 vorgezeichneten Rahmen neu zu gestalten.

      Eine solche Ermächtigung durch die Richtlinie einer Unterstützungskasse ist durch die stillschweigende einzelvertragliche Jeweiligkeitsklausel gedeckt. Bei einer Unterstützungskassen-Versorgung muß ein Arbeitnehmer auf Grund des Ausschlusses eines Rechtsanspruchs stets mit einer Abänderung rechnen. Eine Delegation der Abänderungsbefugnis durch den Richtliniengeber auf das Kassenmitglied beeinträchtigt auch nicht eine schützenswerte Erwartungshaltung eines Arbeitnehmers, dem Altersversorgung unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse versprochen worden ist. Mit der Ermächtigung in § 26 UR 88/VO 95 wird zwar die Einheitlichkeit der Regelung der Gruppenunterstützungskasse im Ergebnis aufgegeben; eine Neuregelung nach Maßgabe der individuellen Leistungsfähigkeit des einzelnen Arbeitgebers, der Mitglied der Gruppenunterstützungskasse ist, wird möglich. Eine Versorgungszusage unter Einschaltung einer Gruppenunterstützungskasse enthält aber keine Garantie, daß eine solche Individualisierung unterbleibt. Es gibt anders als bei den Konditionen-Kartellen des Essener und Bochumer Verbandes keine wettbewerblich veranlaßten Vereinheitlichungsgesichtspunkte, auf deren Aufrechterhaltung der Begünstigte zumindest tendenziell vertrauen könnte.

    • Der Widerruf vom 9. Februar 1998 begegnet auch keinen betriebsverfassungsrechtlichen Bedenken. Nachdem die VO 95 das einzelne Kassenmitglied zu einer Änderung der Versorgungszusage ermächtigt und hierzu Wahlmöglichkeiten eröffnet hatte, war es zunächst Sache des DGB, darüber zu entscheiden, welche Mittel er in Zukunft für die bei ihm zu versorgenden Mitarbeiter zur Verfügung stellen wollte. Dies ist geschehen. Darüber hinaus hat der DGB für die Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel bestimmte Regeln vorgeschlagen, über die er sich am 23. Januar 1998 vor der Einigungsstelle mit dem hierfür zuständigen Gesamtbetriebsrat geeinigt hat. Damit wurde das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gewahrt. Der DGB war danach betriebsverfassungsrechtlich befugt, die seinen Mitarbeitern erteilte Versorgungszusage entsprechend der Einigung mit dem Gesamtbetriebsrat zu ändern. Es ist unschädlich, daß der Gesamtbetriebsrat der Verschlechterung des Versorgungswerks selbst nicht zugestimmt hat. Die Verringerung des Dotierungsrahmens unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (BAG 12. Juni 1975 – 3 ABR 13/74 – BAGE 27, 194 = AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 1 mit Anm. Richardi; 12. Juni 1975 – 3 ABR 137/73 –, – 3 ABR 66/74 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 2, 3 mit Anm. Steinsdorff, Blomeyer = EzA BetrVG 1972 § 87 Lohn- und Arbeitsentgelt Nr. 2, 3).
    • Wie bereits dargelegt, ist das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen eines rechtfertigenden triftigen Grundes für den Eingriff ihres Rechtsvorgängers auch in eine vom Kläger etwa erdiente Dynamik schlüssig. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger – von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent – noch nicht aufgegeben, zu allen streitentscheidenden Punkten im einzelnen Stellung zu nehmen, und noch keine eigenen Feststellungen hierzu getroffen.

      Selbst wenn im Ergebnis ein triftiger Grund aus Sicht des Landesarbeitsgerichts fehlen sollte, würde dies – entgegen der vom Landesarbeitsgericht offenbar vertretenen Auffassung – noch nicht dazu führen, daß der Widerruf vom 9. Februar 1998 insgesamt unwirksam wäre. Es wäre weiter zu prüfen, ob nicht zumindest sachlich-proportionale Gründe für einen Eingriff in künftige Zuwächse bestanden haben. Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs des sachlich-proportionalen Eingriffsgrundes ist in erster Linie Sache des Landesarbeitsgerichts. Würde ein solcher Eingriffsgrund festgestellt werden, wofür nach dem bisherigen Parteivorbringen viel spricht, wäre die Klage teilweise begründet: Dem Kläger wäre eine etwa beeinträchtigte erdiente Dynamisierung des bis zum Ablösungszeitpunkt erdienten Besitzstandes zuzuerkennen; im übrigen wäre seine Klage abzuweisen.

  • Die Klage ist auch nicht deshalb ohne weiteres zumindest teilweise begründet, weil mit dem Widerruf vom 9. Februar 1998 der nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG berechnete erdiente Versorgungsbesitzstand nur bis zum 31. Dezember 1997 aufrechterhalten worden ist. Hierin liegt kein Eingriff in einen bis zum Zugang des Widerrufsschreibens erdienten Besitzstand, für dessen Rechtfertigung es zwingender Gründe bedürfte. Das Vertrauen des Klägers, in der Beschäftigungszeit zwischen dem 1. Januar 1998 und dem Zugang des Widerrufsschreibens ungeschmälert Zuwächse nach der bisherigen Versorgungsordnung erwerben zu können, war nicht mehr schutzwürdig. Nach Verabschiedung der VO 95 durch die Organe der Unterstützungskasse hat im Betrieb des DGB unstreitig eine mehrjährige intensive Diskussion über das künftige Versorgungswerk stattgefunden und darum, in welchem Umfang es hier zu Verschlechterungen kommen würde. Diese Diskussion ist auch im Rundschreiben des Gesamtbetriebsrats an die Belegschaft dokumentiert. Sie mündete noch im Jahr 1997 in die Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens zur Neuregelung des betrieblichen Versorgungswerks. Auch hierüber sind die Mitarbeiter des DGB informiert worden. Angesichts dessen mußten sie damit rechnen, daß es zumindest zu einer auf den Zeitpunkt des Beginns des Einigungsstellenverfahrens zurückwirkenden verschlechternden Neuregelung des Versorgungswerks kommen würde. Damit ist bis spätestens Ende 1997 das schützenswerte Vertrauen der von der Versorgungszusage Begünstigten darauf beseitigt worden, daß das betriebliche Versorgungswerk ungeschmälert fortbestehen wird.

    Die verschlechternde Neuregelung zum 31. Dezember 1997 erweist sich unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt auch dann als zulässig, wenn man die aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes auf den einseitigen Eingriff in ein Versorgungswerk sinngemäß anwendet. Mit Beseitigung des schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Versorgungsregelung entfiel für den Arbeitnehmer die Grundlage für sein Vertrauen darauf, auch noch in der Folgezeit besonders schutzwürdige Besitzstände zu erwerben. Beschäftigungszeiten, die während einer derart unsicheren Rechtslage zurückgelegt wurden, sind hinsichtlich der ursprünglich in Aussicht gestellten Gegenleistung nicht so zu behandeln wie die Zeiten zuvor, in denen die Begünstigten ohne Einschränkung auf den Fortbestand des Versorgungswerks vertrauen durften. Eine auf den Zeitpunkt der Beseitigung des schutzwürdigen Vertrauens zurückwirkende verschlechternde Neuregelung wurde zulässig. Sie ist so zu überprüfen, wie wenn der Eingriff zu diesem Zeitpunkt erfolgt wäre.

  • Andererseits kann die Klage auch nicht ohne weiteres abgewiesen werden, weil die Geschäftsgrundlage der ursprünglichen Versorgungszusage weggefallen wäre, so daß sogar in erdiente Besitzstände eingegriffen werden könnte und es auf das Vorliegen triftiger oder sachlich-proportionaler Gründe nicht ankäme. Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf eine planwidrig eingetretene Überversorgung (zu diesem Eingriffsgrund BAG 23. September 1997 – 3 ABR 85/96 – BAGE 86, 312, 318 f.). Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt von einer planwidrig eingetretenen Überversorgung ausgegangen werden kann und ob es für die Feststellung einer Überversorgung auf das bei Schaffung der Versorgungsordnung im Jahr 1957 feststellbare Versorgungsziel ankommt, oder ob auf die spätere Herabsetzung der Gesamtversorgungsobergrenze auf 70 % abzustellen ist. Jedenfalls erlaubt eine Störung der Geschäftsgrundlage nur eine Anpassung an die ursprüngliche Geschäftsgrundlage des Versorgungswerks, nicht dessen grundlegende Umstrukturierung. Durch die Neuregelung des Jahres 1998 verläßt das Versorgungswerk des DGB das bisher geltende Gesamtversorgungssystem, dessen Ziel es war, einen bestimmten Lebensstandard im Alter unabhängig von den Entwicklungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. An seine Stelle ist eine nicht auf dieses Ziel ausgerichtete und deshalb auch nicht lediglich den veränderten Umständen Rechnung tragende beitragsorientierte Leistungszusage getreten.
  • Für sein weiteres Vorgehen bleiben dem Landesarbeitsgericht mehrere Möglichkeiten:

    Es kann ermitteln, ob das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beklagten zur Substanzgefährdung des DGB bei unverändertem Fortbestand des Versorgungswerks nach den UR 88 zutrifft. Ist diese Frage und damit das Vorliegen eines triftigen Grundes zu bejahen, ist die Klage insgesamt unbegründet.

    Das Landesarbeitsgericht kann aber auch zunächst prüfen, ob der Widerruf vom 9. Februar 1998 überhaupt in die vom Kläger erdiente Dynamik eingegriffen hat. Ist dies zu bejahen, ist weiter nach dem Vorliegen eines triftigen Grundes zu fragen. Liegt ein Eingriff in die erdiente Dynamik nicht vor, ist weiter zu prüfen, ob sachlich-proportionale Gründe für den Widerruf vom 9. Februar 1998 bestanden haben. Wird dies festgestellt, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Hat der Widerruf vom 9. Februar 1998 in die erdiente Dynamik eingegriffen, liegen aber nur sachlich-proportionale Gründe für einen Eingriff vor, hat die Klage teilweise Erfolg: Die durch den Widerruf beeinträchtigte erdiente Dynamik ist aufrecht zu erhalten, während die Klage im übrigen unbegründet ist. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß auch sachlich-proportionale Eingriffsgründe für den Widerruf durch den DGB nicht bestanden, ist die Klage insgesamt begründet.

 

Unterschriften

Dr. Reinecke, Bepler, Dr. Kaiser

Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.

Reinecke

Die Amtszeit des ehrenamtlichen Richters Arntzen ist abgelaufen

Reincke

 

Fundstellen

Haufe-Index 857925

BB 2003, 56

DB 2003, 214

ARST 2003, 163

EWiR 2003, 305

NZA 2003, 1407

SAE 2003, 81

ZTR 2003, 97

AP, 0

EzA-SD 2002, 16

EzA

PERSONAL 2003, 57

AUR 2003, 38

ArbRB 2003, 6

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