Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag nach Art 1 § 1 Abs 1 BeschFG 1985
Orientierungssatz
Befristeter Arbeitsvertrag für die Dauer von 18 Monaten mit einer von der Bundesanstalt für Arbeit als "Aushilfsangestellte zur Aushilfe" eingestellten Arbeitnehmerin; Frage, ob es sich bei den Nr 1 Buchst c und Nr 2 Unterabs 3 der Anlage 2a zum MTA um eine gegenüber Art 1 § 1 Abs 1 Nr 1 BeschFG 1985 günstigere tarifrechtliche Regelung handelt; Frage einer etwaigen Vertragsänderung durch einen von der Klägerin zur Kenntnis genommenen Aktenvermerk, in dem die Geltung der Protokollnotiz Nr 1 zu Nr 1 der Anlage 2a zum MTA ausgeschlossen wird (Fortführung von BAG Urteil vom 27.04.1988, 7 AZR 593/87 = ZTR 1988, 388).
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 620, 133; BeschFArbRG § 1; BeschFG 1985 Art. 1 § 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 27.07.1987; Aktenzeichen 9 Sa 53/87) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.03.1987; Aktenzeichen 22 Ca 143/86) |
Tatbestand
Die 1958 geborene Klägerin, die seit Dezember 1985 Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr ist, bewarb sich mit Schreiben vom 5. Juni 1985 bei der Beklagten als Aushilfsangestellte. Am 21. Juni 1985 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem es unter anderem heißt:
"§ 1
Frau S wird am 21.6.1985 als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach der Anlage 2a (SR 2a) zum Manteltarifvertrag für die Angestellten der BA (MTA) als Aushilfsangestellte zur Aushilfe für die Zeit bis zum 20.12.1986 beim Arbeitsamt Berlin (West) eingestellt.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der BA vom 21. April 1961 (MTA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für die BA jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
§ 6
Änderungen des Arbeitsvertrages und der Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden."
Gemäß einem vom Personalrat gefertigten Protokoll vom 26. Juni 1985 wurde über folgendes Einigkeit mit der Beklagten erzielt:
"Mit Herrn St wurde nochmals die Personalratsvorlage vom 11. Juni 1985 aus verschiedenen Gründen erörtert.
.....
Im Rahmen dieser Erörterung wurde die Geschäftsleitung darauf hingewiesen, daß eine Beschäftigung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz lediglich für 18 Monate möglich ist und aufgrund der Vorlage die Beschäftigung der Frau S über 18 Monate dauern würde. Die Vorlage wurde dahingehend abgeändert, daß die Tätigkeit ab Einstellungstermin lediglich auf 18 Monate befristet werden wird."
In der zum Zwecke der Beteiligung des Personalrats zur Einstellung der Klägerin gefertigten Vorlage vom 11. Juni 1985, die hinsichtlich der Zeitdauer der Beschäftigung entsprechend geändert wurde, hatte die Beklagte gegenüber dem Personalrat darauf hingewiesen, daß die Beschäftigung der Klägerin im Rahmen der Möglichkeiten, die das Beschäftigungsförderungsgesetz bietet, erfolge und der Entlastung des im "Alg/Alhi-Bereich" eingesetzten Personals dienen solle.
Am 1. August 1985 wurde der Klägerin folgender Text zur Unterschrift vorgelegt:
"Frau S wird für die Zeit vom 21.6.1985 bis 20.12.1986 gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 vom 26.4.1985 (BGBl I S. 710) als Zeitangestellte beim Arbeitsamt Berlin (West) beschäftigt.
Die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA gilt nicht."
Am selben Tage bestätigte die Klägerin unterschriftlich, vom Inhalt des vorstehenden Vermerks Kenntnis genommen zu haben.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 1986 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie für sie keine Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung sehe.
Mit der beim Arbeitsgericht am 15. Dezember 1986 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß ihr Arbeitsverhältnis über den 20. Dezember 1986 hinaus unbefristet fortbestehe. Sie hat die Auffassung vertreten, daß sich die Beklagte für die Rechtswirksamkeit der Befristung nicht auf die Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 - BeschFG 1985 - berufen könne, da nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages und der tariflichen Regelungen zumindest die Art des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren sei und der Arbeitgeber die Befristung nicht auf einen anderen Grund stützen könne. Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bestehe überdies kein sachlicher Grund. Es sei unzutreffend, daß sie nur zur Aushilfe beschäftigt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unbefristet über den 20. Dezember 1986 hinaus fortbesteht;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beschäftigung der Klägerin sei im Rahmen der Möglichkeiten erfolgt, die das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 biete. Wie sich aus den Erörterungen im Rahmen der Beteiligung des Personalrates eindeutig ergebe, habe sie seinerzeit von den Möglichkeiten des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 Gebrauch machen wollen. Auch die Klägerin sei darüber informiert worden, daß die Vertragsgestaltung sich nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 richte. Damit sei die Klägerin auch einverstanden gewesen. Wenn in § 1 des Arbeitsvertrages darauf hingewiesen werde, daß die Klägerin auf bestimmte Zeit nach der Anlage 2 a (SR 2a) zum Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit - MTA - als Aushilfsangestellte eingestellt werde, so sei dies nur insoweit gewollt und zutreffend, als die Klägerin sich als Aushilfsangestellte für eine vorübergehende Zeit beworben und von ihr, der Beklagten, auch nur dafür eingestellt worden sei. Nicht gewollt gewesen sei, daß statt des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 allein die SR 2a zum MTA und somit deren Voraussetzungen gelten sollten. Als die sprachliche Divergenz zwischen Gewolltem und Verlautbartem erkannt worden sei, hätten die Parteien schriftlich klargestellt, daß die Klägerin allein auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 eingestellt und beschäftigt werde, was die Parteien in der Vereinbarung vom 1. August 1985 vertraglich festgelegt hätten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und ihr erstinstanzliches Vorbringen im wesentlichen wie folgt ergänzt:
Zwischen den Parteien sei von Anfang an eine Befristung des Arbeitsvertrages nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 zustandegekommen. Im Rahmen des Einstellungsgespräches sei die Klägerin wie andere Bewerber darauf aufmerksam gemacht worden, daß das neue Instrument des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 erprobt werden solle und somit ein normaler Befristungsgrund nicht vorhanden sein müsse. Mit dieser Regelung sei die Klägerin auch einverstanden gewesen. Zwar sei in § 1 des Arbeitsvertrages nicht auf diese Rechtsgrundlage Bezug genommen worden. Dies sei jedoch rechtsunerheblich, weil es bei der Auslegung von Willenserklärungen auf den wirklichen Willen der Vertragsschließenden ankomme. Tatsächlich hätten jedoch die Parteien eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 vereinbart. Soweit im Arbeitsvertrag die Anlage 2 a zum MTA erwähnt werde, handele es sich um eine "falsa demonstratio". Das übereinstimmend Gewollte habe immer den Vorrang vor einer irrtümlichen oder absichtlichen Falschbezeichnung. Selbst bei formbedürftigen Rechtsgeschäften sei eine Falschbezeichnung unschädlich, wenn sie unabsichtlich erfolge. Daß die Parteien einen Arbeitsvertrag nur auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 hatten begründen wollen, ergebe sich auch aus der klarstellenden Vereinbarung vom 1. August 1985.
Die Klägerin hat erwidert, bei dem Einstellungsgespräch sei über den Vertragsinhalt überhaupt nicht gesprochen worden. Zudem sei ihr nicht erklärt worden, weshalb ihr Arbeitsverhältnis ausgerechnet am 20. Dezember 1986 enden solle.
Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1987 (7 AZN 479/87) hat der Senat die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts zugelassen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 20. Dezember 1986 sein Ende gefunden hat.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Ansicht im wesentlichen wie folgt begründet: Die Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 müßten nur objektiv, nicht auch subjektiv vorliegen, denn der Gesetzgeber habe insoweit einen eigenständigen sachlichen Grund für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge geschaffen.
Ob die Parteien von Anfang an einen befristeten Arbeitsvertrag auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 abgeschlossen hätten, erscheine zweifelhaft. Dies müsse aber nicht abschließend entschieden werden. Immerhin heiße es im Arbeitsvertrag, daß die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach der Anlage 2a (SR 2a) zum Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) als Aushilfsangestellte zur Aushilfe eingestellt werde und daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit vom 21. April 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung richte. Bei rein formalrechtlicher Auslegung der maßgeblichen Vertragsbestimmung käme man in der Tat zu dem Ergebnis, daß die Parteien nicht eine Befristung auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985, sondern auf der Grundlage des maßgeblichen Manteltarifvertrages, insbesondere der Anlage 2a abgeschlossen hätten. Indessen sei bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Insoweit gehe der übereinstimmende Wille der Parteien dem Wortlaut einer Erklärung vor. Unter diesem Gesichtspunkt komme dem Inhalt des Einstellungsgespräches insoweit durchaus rechtserhebliche Bedeutung zu, denn die Beklagte behaupte auch in der Rechtsmittelinstanz, daß anläßlich des Einstellungsgespräches der Klägerin sowie den anderen Einstellungsbewerbern unmißverständlich deutlich gemacht worden sei, daß nur eine Einstellung auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 in Betracht komme. Es habe gleichwohl keiner Beweisaufnahme bedurft, weil jedenfalls die Parteien am 1. August 1985 mit rechtsgestaltender Kraft entweder den Inhalt des ursprünglich abgeschlossenen Arbeitsvertrages dahingehend konkretisiert hätten, daß dieser allein auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 abgeschlossen werden solle oder eine entsprechende Vertragsänderung rechtswirksam vorgenommen hätten. In dem fraglichen, der Klägerin zur Unterschrift vorgelegten Vermerk, den sie auch unterzeichnet habe, heiße es ausdrücklich, daß die Klägerin für die Zeit vom 21. Juni 1985 bis zum 20. Dezember 1986 gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 des BeschFG 1985 als Zeitangestellte beim Arbeitsamt Berlin (West) beschäftigt werde und daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2a zum MTA nicht gelte. Daß es sich insoweit um übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien handele, könne entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht in Zweifel gezogen werden. Die Klägerin habe durch ihre Unterschriftsleistung den veränderten Befristungsgrund nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern durch ihre Unterschriftsleistung ausdrücklich ihr Einverständnis im Rechtssinne erklärt. Damit habe sie mindestens einer Vertragsumgestaltung zugestimmt, soweit es um den Befristungsgrund gehe, wenn nicht sogar mit rechtsverbindlicher Kraft und Wirkung den ursprünglichen Befristungsgrund eindeutig klargestellt.
Der einzelvertraglichen Befristungsabrede auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 stehe auch nicht der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) vom 21. April 1961 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 44 vom 12. Dezember 1984 entgegen, insbesondere soweit die Anlage 2a (SR 2a) für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte Sonderregelungen enthielten. Bei den zuletzt genannten tarifvertraglichen Vorschriften handele es sich um "abgeleitete" Normen, nämlich um solche, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus § 620 Abs. 1 BGB abgeleitet worden seien. Die Tarifvertragsparteien hätten nämlich im wesentlichen nichts anderes getan, als den Inhalt des richterrechtlich weiterentwickelten § 620 Abs. 1 BGB mit dem Erfordernis des sachlichen Grundes gegebenenfalls einschließlich des Erfordernisses einer Befristungsbegrenzung in die tarifliche Regelung zu übernehmen. Die partielle Derogation des richterrechtlich "weiterentwickelten" § 620 Abs. 1 BGB durch Art. 1 § 1 BeschFG 1985 erfasse folglich nicht nur den inhaltlich vorausgesetzten Raum des § 620 Abs. 1 BGB allein, sondern alle von dieser derogierten Norm inhaltlich abgeleiteten Normen, also insbesondere die inhaltlich abgeleiteten tariflichen Befristungsregelungen. Der rechtliche Bestand der abgeleiteten tariflichen Befristungsregelungen könne nicht weiter reichen als der Bestand der inhaltlich vorausgesetzten Norm des § 620 Abs. 1 BGB. Insoweit würden die vor dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes abgeschlossenen tariflichen Befristungsregelungen im tatbestandsmäßigen Geltungsbereich des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 durch diese neu in Kraft getretene Vorschrift derogiert und damit - partiell und befristet - außer Kraft gesetzt.
II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist insofern zuzustimmen, als es angenommen hat, es komme entscheidungserheblich nicht auf die Frage an, ob die Parteien - entgegen der in § 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung - sich bei Abschluß des Arbeitsvertrages darüber einig gewesen sind, daß die Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte der Anlage 2 a zum MTA keine Anwendung finden sollen. Der von der Klägerin unterzeichnete "Vermerk" vom 1. August 1985 stellt eine rechtsverbindliche Klarstellung dar, daß sich die Wirksamkeit der mit der Klägerin vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht nach tarifvertraglichen Befristungsregelungen richten soll.
a) Das Landesarbeitsgericht hat den "Vermerk" vom 1. August 1985 dahin ausgelegt, daß "die Klägerin durch ihre Unterschriftsleistung den veränderten Befristungsgrund nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern durch ihre Unterschriftsleistung ausdrücklich ihr Einverständnis im Rechtssinne erklärt habe. Damit habe sie mindestens einer Vertragsgestaltung zugestimmt, soweit es um den Befristungsgrund gehe, wenn nicht sogar mit rechtsverbindlicher Kraft und Wirkung den ursprünglichen Befristungsgrund eindeutig klargestellt".
Die Revision beanstandet als Verletzung des § 133 BGB, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, daß in der Kenntnisnahme eines Vermerkes keine vertragliche Willenserklärung liege. Mit ihrer Unterschrift habe die Klägerin erklärt, daß sie den Vermerk vom 1. August 1985 zur Kenntnis genommen habe. Hierin liege nicht der Geschäftswille der Klägerin, den Arbeitsvertrag vom 21. Juni 1985 aufzuheben oder abzuändern.
b) Der Revision ist zuzugeben, daß das Landesarbeitsgericht nicht im einzelnen begründet hat, weshalb die Klägerin "durch ihre Unterschriftsleistung ausdrücklich ihr Einverständnis im Rechtssinne erklärt habe". Für eine ausdrückliche Einverständniserklärung bietet der Wortlaut des "Vermerks" vom 1. August 1985 keine ausreichenden Anhaltspunkte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG Urteil vom 12. Juni 1975 (- 3 AZR 355/74 - AP Nr. 39 zu § 133 BGB) geht der übereinstimmende Wille der Parteien dem Wortlaut einer Erklärung vor.
Der Senat kann den handschriftlichen "Vermerk" selbst auslegen, denn das Landesarbeitsgericht hat keine besonderen Umstände des Einzelfalles festgestellt, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteile vom 9. März 1972 - 5 AZR 246/71 - AP Nr. 12 zu § 622 BGB und vom 26. März 1986, BAGE 51, 319 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
Sowohl bei der Frage, ob ein vertraglicher Erklärungstatbestand vorliegt, als auch bei der Frage der Ermittlung des Erklärungswerts ist nicht nur auf den Wortlaut abzustellen; es sind vielmehr alle Begleitumstände zu würdigen, die dafür von Bedeutung sind, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung diese verstanden hat oder verstehen mußte (vgl. BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB, unter 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 2. März 1973 - 3 AZR 325/72 - AP Nr. 36 zu § 133 BGB, zu 2 der Gründe; BAG Urteil vom 6. Februar 1974 - 3 AZR 232/73 - AP Nr. 38 zu § 133 BGB, unter II 2 der Gründe).
Der formularmäßige Text "Vom Inhalt des vorstehenden Vermerkes habe ich Kenntnis genommen" bringt zwar nicht eindeutig zum Ausdruck, daß sich die Klägerin mit ihrer Unterschrift mit dem handschriftlich eingefügten Text einverstanden erklären wollte. Es fehlt aber nach der gesamten Sachlage an tatsächlichen Umständen, die den Schluß zulassen, daß die Klägerin mit der von der Beklagten angestrebten schriftlichen Klarstellung, nach der die Klägerin allein auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 eingestellt und beschäftigt werden sollte, nicht einverstanden gewesen ist. Die Klägerin hat weder einen entsprechenden handschriftlichen Zusatz auf dem von ihr unterzeichneten Formular angebracht noch hat sie nach den Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts bei der Unterzeichnung des Formulars zum Ausdruck gebracht, daß sie die von der Beklagten erstrebte rechtsverbindliche Klarstellung nicht wolle. Der Klägerin war erkennbar, daß der von ihr unterzeichnete "Vermerk" dazu dienen sollte, in rechtsverbindlicher Weise klarzustellen, daß sich die Zulässigkeit der mit ihr vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses allein nach staatlichem Recht (Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985) und nicht nach günstigeren tarifvertraglichen Befristungsregelungen bestimmen sollte. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte mußte die Beklagte die Unterschriftsleistung der Klägerin unter dem "Vermerk" vom 1. August 1985 dahin verstehen, daß auch die Klägerin mit der von der Beklagten aus Gründen der Rechtssicherheit angestrebten rechtsverbindlichen Klarstellung hinsichtlich der Nichtgeltung etwa entgegenstehender tarifvertraglicher Befristungsregelungen einverstanden gewesen ist.
Der Regelungsgehalt des handschriftlich eingefügten Textes besteht darin, daß die Klägerin als Zeitangestellte für die Zeit vom 21. Juni 1985 bis 20. Dezember 1986 gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 beim Arbeitsamt Berlin (West) beschäftigt wird, wobei die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2a zum MTA nicht gelten soll. Da die zuletzt genannte Protokollnotiz "sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe" für die Befristung des Arbeitsverhältnisses fordert, sollte durch den Ausschluß dieser Protokollnotiz klargestellt werden, daß die Zulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht von diesen tarifvertraglichen Erfordernissen abhängig sein sollte.
c) Maßgeblich für die Frage, ob die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam ist, ist somit die im "Vermerk" vom 1. August 1985 vereinbarte Nichtgeltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA. Da die Klägerin zum Zeitpunkt der rechtsverbindlichen Klarstellung (1. August 1985) unstreitig noch nicht Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft gewesen ist, konnte mangels Tarifbindung die Anwendung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA ausgeschlossen werden. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, daß die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA eine eigenständige Regelung mit Tarifnormcharakter darstellt. Auch bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten Tarifnormqualität konnte die Geltung der betreffenden Protokollnotiz in dem "Vermerk" vom 1. August 1985 wirksam ausgeschlossen werden, denn dann würde es sich bei der entsprechenden Protokollnotiz weder um eine Betriebs- noch um eine Beendigungs-, sondern um eine tarifliche Abschlußnorm handeln.
2. Der auf die Dauer von achtzehn Monaten befristete Arbeitsvertrag ist wirksam befristet, denn es liegt im Streitfall eine Neueinstellung i.S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeschFG 1985 vor. Aus Gründen des staatlichen Rechts bedurfte es daher keiner Prüfung, ob die Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin im Sinne der Befristungsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: BAGE GS 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt war. Denn die Vorschrift des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 will aus beschäftigungspolitischen Gründen den Abschluß befristeter Arbeitsverträge in dem dort festgelegten Umfang von den Schranken des staatlichen Rechts und der daraus abgeleiteten Rechtsprechung befreien (vgl. BAG Urteil vom 25. September 1987 - 7 AZR 315/86 -, zu C I 3 a cc der Gründe, NZA 1988, 358, 360, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).
3. Das Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin ergibt sich auch nicht aus tarifrechtlichen Gründen.
Wie der Senat im Urteil vom 25. September 1987 (aaO) entschieden hat, wird die (mit der hier streitigen Protokollnotiz inhaltsgleiche) Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT als für den Arbeitnehmer günstigere Tarifnorm zwar nicht durch Art. 1 § 1 BeschFG 1985 verdrängt. Die Parteien haben die Geltung der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA jedoch in dem Vermerk vom 1. August 1985 wirksam ausgeschlossen. Das war möglich, weil es sich bei dieser Protokollnotiz weder um eine Betriebs- noch um eine Beendigungs-, sondern um eine - bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten Tarifnormqualität - tarifliche Abschlußnorm handeln würde und die Klägerin bei Unterzeichnung des Vermerkes vom 1. August 1985 noch nicht Gewerkschaftsmitglied war.
a) Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 25. September 1987 (aaO, unter C I 3 a cc der Gründe) klargestellt, daß die mit der hier streitigen Protokollnotiz inhaltsgleiche Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT, nach der "Zeitangestellte nur eingestellt werden dürfen, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen", mangels Allgemeinverbindlichkeit des BAT unmittelbar und zwingend nur für tarifgebundene Arbeitnehmer gilt. Für nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer wird die Vertragsfreiheit nur durch die Schranken zwingenden staatlichen Rechts begrenzt. Der Senat ist damit im Urteil vom 25. September 1987 (aaO) davon ausgegangen, daß es sich bei der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT jedenfalls nicht um eine tarifliche Norm über betriebliche Fragen i.S. des § 3 Abs. 2 TVG handelt. Diese Rechtsauffassung hat der Senat im Urteil vom 27. April 1988 (- 7 AZR 593/87 - ZTR 1988, 388, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt) bestätigt und zugleich klargestellt, daß es sich bei der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT um eine tarifliche Abschlußnorm i.S. des § 4 Abs. 1 TVG handelt. Für die inhaltsgleiche Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA - ihr Tarifnormcharakter unterstellt - kann nichts anderes gelten.
b) Die Anwendbarkeit der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA ergibt sich auch nicht daraus, daß die Klägerin nach Unterzeichnung des "Vermerkes" vom 1. August 1985 im Dezember 1985 der tarifvertragschließenden Gewerkschaft beigetreten ist, denn es würde sich bei der im Vermerk vom 1. August 1985 von der Geltung ausgenommenen Protokollnotiz - bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten Tarifnormqualität - nicht um eine Beendigungs-, sondern um eine Abschlußnorm i.S. des § 4 Abs. 1 TVG handeln.
Die Frage, ob eine Tarifvorschrift, die sich mit Fragen des befristeten Arbeitsverhältnisses befaßt, eine Beendigungs- oder Abschlußnorm darstellt, kann nicht allgemein beantwortet werden. Es ist vielmehr durch Auslegung der betreffenden Tarifnorm zu ermitteln, ob sie Abschlußmodalitäten oder Beendigungsfragen im Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen regelt. Je nach dem Regelungsgehalt können daher tarifliche Befristungsregelungen als Abschluß- oder als Beendigungsnormen qualifiziert werden. Soweit in der Literatur (vgl. etwa Däubler/Hege, Tarifvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Anm. 403, 404; Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, TVG, § 1 Rz 31; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 227) die Auffassung vertreten wird, bei tariflichen Befristungsregeln handele es sich stets um Beendigungsnormen, kann dem nicht gefolgt werden. Diese - auch vom Landesarbeitsgericht vertretene - Auffassung verkennt, daß die Rechtsnatur von Tarifnormen nicht pauschal, sondern nur durch Auslegung unter Berücksichtigung des jeweiligen Regelungsgehalts der betreffenden Tarifvorschrift sowie des tariflichen Gesamtzusammenhangs bestimmt werden kann.
Die hiernach erforderliche Auslegung ergibt, daß die mit der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT inhaltsgleiche Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA - bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten Tarifnormqualität - eine tarifliche Abschlußnorm i.S. des § 4 Abs. 1 TVG darstellen würde.
Der Senat hat im Urteil vom 27. April 1988 (aaO, unter I 3 c aa der Gründe) ausführlich dargelegt, daß es sich bei der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT um eine tarifliche Abschlußnorm handelt. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat nach erneuter Prüfung fest. Die inhaltsgleiche Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA wäre daher - bei einer Qualifikation i.S. einer eigenständigen tariflichen Regelung - ebenfalls als tarifliche Abschlußnorm zu qualifizieren. Dies hat zur Folge, daß diese Protokollnotiz nur dann unmittelbar und zwingend zur Anwendung gelangt wäre, wenn beide Arbeitsvertragsparteien bei der Unterzeichnung des - den Inhalt des Arbeitsvertrages klarstellenden - Vermerks vom 1. August 1985 tarifgebunden gewesen wären. An diesem Erfordernis fehlt es, denn die Klägerin ist unstreitig erst im Dezember 1985 der tarifvertragschließenden Gewerkschaft (ÖTV) beigetreten. Der nachträgliche Gewerkschaftsbeitritt hätte nur dann die Unwirksamkeit der im Vermerk vom 1. August 1985 vereinbarten Ausschlußklausel zur Folge, wenn es sich bei der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Anlage 2 a zum MTA um eine tarifliche Beendigungsnorm handeln würde. Da dies - bei einer zugunsten der Klägerin unterstellten Tarifnormqualität - nicht der Fall ist, konnten die Parteien die Geltung der betreffenden Protokollnotiz in dem klarstellenden Vermerk vom 1. August 1985 wirksam ausschließen, so daß es im Streitfall auch aus tarifrechtlichen Gründen keines sachlichen Grundes für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bedurfte. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 20. Dezember 1986 sein Ende gefunden.
III. Die Revision der Klägerin ist auch hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs unbegründet.
Die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) gelten entsprechend auch dann, wenn - wie hier - um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses gestritten wird (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Da der Weiterbeschäftigungsanspruch seine Grundlage in einem über den vereinbarten Befristungszeitpunkt hinaus fortbestehenden Arbeitsverhältnis hat, stand der Klägerin wegen der wirksamen Befristung des Arbeitsvertrages für die Zeit nach dem 20. Dezember 1986 kein Weiterbeschäftigungsanspruch zu.
Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Becker
KleeschulteKordus
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