Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulhausmeister. tarifliche Überstundenpauschale. Schulhausmeister – Arbeitszeit. tarifliche Pauschale bei überschrittener regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit in jeder Unterrichtswoche. Bezahlung für die Tätigkeit außerhalb der Arbeitszeit auf Grund der Beanspruchung von Schulräumen zu nichtschulischen Zwecken. Überstundenpauschale

 

Orientierungssatz

  • § 3 Abs. 2 BZTV, wonach die vom Schulhausmeister in jeder Unterrichtswoche über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus zu leistende Arbeit nach der Anzahl der in der Schule unterrichteten Klassen gestaffelt und in der tariflich festgelegten Höhe vergütet wird, ist gegenüber § 17 Abs. 5 Satz 1 BAT, wonach Überstunden grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen sind, die speziellere Vorschrift.
  • Die Bildung einer Gesamtpauschale aus der in § 3 Abs. 2 BZTV dem Grunde und der Höhe nach geregelte Überstundenpauschale und der gemäß § 8 BZTV örtlich oder betrieblich zu regelnden Pauschale für die Tätigkeit, die sich aus der Beanspruchung der Räume zu nichtschulischen Zwecken außerhalb der Arbeitszeit nach § 2 BZTV ergibt, ist tarifwidrig. Beide Pauschalen sind gesondert auszuweisen.
  • Arbeitsbereitschaft kann ein Schulhausmeister auch in seiner Dienstwohnung auf dem Schulgelände leisten.
 

Normenkette

Sonderregelung für Angestellte als Hausmeister (SR 2r BAT) Nr. 1; Bezirklicher Zusatztarifvertrag zu Nr. 1 SR 2r BAT vom 19. Februar 1969 i.d.F. des 5. Änderungstarifvertrags vom 7. November 1971 (BZTV) § 2; Bezirklicher Zusatztarifvertrag zu Nr. 1 SR 2r BAT vom 19. Februar 1969 i.d.F. des 5. Änderungstarifvertrags vom 7. November 1971 (BZTV) § 3; Bezirklicher Zusatztarifvertrag zu Nr. 1 SR 2r BAT vom 19. Februar 1969 i.d.F. des 5. Änderungstarifvertrags vom 7. November 1971 (BZTV) § 8; Bezirklicher Zusatztarifvertrag zu Nr. 1 SR 2r BAT vom 19. Februar 1969 i.d.F. des 5. Änderungstarifvertrags vom 7. November 1971 (BZTV) § 9; BAT § 15 Abs. 1-2, § 17 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 5 S. 1, § 35; BGB § 315; TVG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 14.03.2002; Aktenzeichen 4 Sa 966/01)

ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 29.05.2001; Aktenzeichen 2 Ca 1034/00)

 

Tenor

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Vergütung des Klägers für Tätigkeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit.

Der Kläger ist seit Januar 1983 bei der Beklagten als Schulhausmeister an der K…-Schule beschäftigt, an der im Anspruchszeitraum 15 Klassen unterrichtet wurden. Er hat eine Dienstwohnung auf dem Schulgelände. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 4. Januar 1983 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen und den für die Beklagte jeweils geltenden sonstigen Tarifverträgen. In den Sonderregelungen für Angestellte als Hausmeister (SR 2r BAT) heißt es:

“Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich ,–,

Diese Sonderregelungen gelten nur für die beim Bund und im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder beschäftigten Hausmeister. Im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände können Sonderregelungen für Hausmeister bezirklich vereinbart werden.

…”

Im bezirklichen Zusatztarifvertrag zu Nr. 1 SR 2r BAT vom 19. Februar 1969 idF des 5. Änderungstarifvertrags vom 7. November 1991 (BZTV), abgeschlossen zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Niedersachsen und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), ist geregelt:

“§ 2

Die regelmäßige Arbeitszeit nach § 15 Abs. 2 BAT beträgt im Durchschnitt wöchentlich 50 1/2 Stunden einschließlich der Pausen. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden in der Dienstanweisung geregelt.

§ 3

(1) Durch die tarifliche monatliche Vergütung ist die während der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 2) geleistete Arbeit abgegolten.

(2) Wird jedoch die regelmäßige Arbeitszeit nach Abs. 1 in jeder Unterrichtswoche überschritten, wird die darüber hinaus zu leistende Arbeit nach der Anzahl der in der Schule unterrichteten Klassen gestaffelt und wie folgt pauschal vergütet:

ab 15 Unterrichtsklassen = 21 Stunden

Für die Berechnung der Pauschale ist die entsprechende Überstundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT) zugrunde zu legen.

(3) Durch die Zahlung der Pauschale sind sämtliche Ansprüche auf die Bezahlung von Überstunden sowie von Zeitzuschlägen nach § 35 BAT abgegolten.

Die Pauschale ist eine in Monatsbeträgen festgelegte Zulage im Sinne der §§ 37 und 47 BAT. Sie ist auch während der Ferien zu zahlen.

§ 8

Für die Tätigkeit, die sich aus der Beanspruchung der Räume zu nichtschulischen Zwecken außerhalb der Arbeitszeit nach § 2 ergibt, ist die Bezahlung örtlich oder betrieblich zu regeln.

§ 9

(1) Die Aufgaben des Schulhausmeisters sind im einzelnen in einer Dienstanweisung festzulegen.

…”

In der Dienstanweisung der Beklagten vom 21. April 1997 (Dienstanweisung) heißt es:

“1 Dienstliche Stellung

1.2 Der Schulhausmeister untersteht der Dienstaufsicht des Schulträgers. Diesem obliegen alle dienstrechtlichen Entscheidungen – auch im Einzelfall –, wie u. a. über Aufgabenbereich, Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Urlaubsgewährung.

2 Aufgaben

2.3 Reinigung und Pflege

2.3.2 Dem Schulhausmeister obliegt die Einteilung und Aufsicht über die in der Schule vom Schulträger eingesetzten Reinigungskräfte sowie die Verwaltung, Bereitstellung, Anforderung und Ausgabe der Reinigungsmittel.

Der Schulhausmeister meldet Arbeitsausfälle und -unfälle unverzüglich der Schulleitung und dem Schulträger. Unfälle sind darüber hinaus dem Sicherheitsbeauftragten anzuzeigen.

2.3.3 Er hat sich von der vertragsgemäßen Ausführung der Reinigungsarbeiten zu überzeugen, wenn Reinigungsunternehmen mit der Reinigung der Schulgebäude beauftragt sind.

3 Arbeitszeit

3.1 Für die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Schulhausmeisters gelten die tariflichen Regelungen im bezirklichen Zusatztarifvertrag. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit wird von der Schulleitung im Benehmen mit dem Schulträger festgelegt.

Der Schulhausmeister hat sich während der Unterrichtszeit in der Schulanlage aufzuhalten, es sei denn, daß eine andere Anordnung getroffen wird. Er hat zu hinterlassen, wo er ggf. erreichbar ist.

3.2 Außerhalb der betrieblich festgelegten Arbeitszeit ist dienstfrei, es sei denn, die Schulanlage wird für schulische oder außerschulische Veranstaltungen genutzt; dieses gilt insbesondere für Sonn- und Feiertage.

5 Außerschulische Benutzung der Schulanlage

5.1.2 Über die Dienstzeit hinausgehende Veranstaltungen werden durch die Zahlung einer Überstundenvergütung abgegolten, soweit dies nicht bereits durch die tarifliche Überstundenpauschale geschehen ist.

5.1.3 Der Schulträger kann Benutzern für eine außerschulische Nutzung die Schlüsselgewalt übertragen. Diese übernehmen damit die sich aus dieser Benutzung ergebenden Aufgaben des Schulhausmeisters. Dadurch notwendige Abweichungen von dieser Dienstanweisung werden gegenüber dem Schulhausmeister durch Einzelanordnung getroffen.”

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis zum 31. Dezember 1999 die tarifliche Überstundenpauschale nach § 3 Abs. 2 BZTV in Höhe von monatlich 488,80 DM (249,92 Euro) brutto. Für seine Tätigkeit außerhalb seiner Arbeitszeit auf Grund der Beanspruchung von Räumen zu nichtschulischen Zwecken erhielt er eine monatliche Pauschale nach § 8 BZTV von weiteren 140,00 DM (71,58 Euro) brutto. Im Schreiben vom 8. Dezember 1999 wurde ihm von der Beklagten ua. mitgeteilt:

“Festlegung der Überstundenpauschale und Festlegung der Arbeitszeit

Sehr geehrter Herr M…,

ab 1. Januar 2000 wird Ihre Überstundenpauschale für schulische und außerschulische Nutzungen auf DM 383,25 festgesetzt. Diese Pauschale nimmt zukünftig zu 100 % an den Tariferhöhungen teil und wird jährlich unter Zugrundelegung der am jeweiligen Schuljahresanfang gebildeten Klassenverbände (wie bisher) und der tariflichen Stundenvergütung einschließlich eines Überstundenzuschlags von 25 % neu berechnet.

Ihre derzeitige Überstundenpauschale in Höhe von DM 628,80 wird ab 1. Januar 2000 wie folgt bis zum Erreichen der neu festgesetzten Pauschale abgebaut:

2000

2001

2002

2003

85 %

70 %

55 %

40 %

Bisher

534,48 DM

440,16 DM

345,84 DM

neu

383,25 DM

383,25 DM

383,25 DM

383,25 DM

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich durchschnittlich 50,5 Stunden einschließlich der Pausen und wird wie folgt grundsätzlich festgelegt:

Gesamtarbeitszeitrahmen:

Montag – Freitag

von

6.00 – 18.00 Uhr

Kernzeit (grundsätzliche Anwesenheitspflicht)

Montag – Freitag

von

7.30 – 13.30 Uhr

Abweichungen von dieser Regelung sind in eigener Verantwortung von Ihnen vorzunehmen, wenn dienstliche Notwendigkeiten es erfordern. Dies gilt insbesondere für das Winterhalbjahr und die Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht.

In der nicht durch Erholungsurlaub und sonstige Freistellung abgedeckten Schulferienzeit ist nur eine wöchentliche Arbeitsleistung von 38,5 Stunden zu erbringen. Mit dieser Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit wird ein zusätzlicher Ausgleich von Überstunden vorgenommen, die nicht von der o. g. Überstundenpauschale abgedeckt sind.”

Der Kläger hat gemeint, die Kürzung der tariflichen Überstundenpauschale nach § 3 Abs. 2 BZTV und die Minderung der Pauschale nach § 8 BZTV ab Januar 2000 seien unwirksam. Seine Arbeitszeit habe im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2001 in allen Unterrichtswochen 50 1/2 Stunden überschritten. Der Umfang seiner Tätigkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit auf Grund der Beanspruchung der Räume zu nichtschulischen Zwecken habe sich nicht geändert.

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

  • festzustellen, daß die von der Beklagten mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 vorgenommene Kürzung der Überstundenpauschale in Höhe von brutto 628,80 DM ab 1. Januar 2000 auf 534,48 DM, ab 1. Januar 2001 auf 440,16 DM und ab 1. Januar 2002 auf 383,25 DM unwirksam ist,
  • die Beklagte zu verurteilen, den für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 30. September 2001 einbehaltenen Kürzungsbetrag in Höhe von brutto 2.879,60 DM an den Kläger zzgl. 4 % Zinsen auf den sich aus je 94,32 DM brutto ergebenden Nettobetrag ab dem 16. Januar, 16. Februar, 16. März, 16. April, 16. Mai, 16. Juni, 16. Juli, 16. August, 16. September, 16. Oktober, 16. November und 16. Dezember 2000 sowie auf den sich aus je 188,64 DM brutto ergebenden Nettobetrag ab dem 16. Januar, 16. Februar, 16. März, 16. April, 16. Mai, 16. Juni, 16. Juli, 16. August und 16. September 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe außerhalb der Kernzeit von 07.30 bis 13.30 Uhr im Rahmen seiner eigenverantwortlichen Tätigkeit Freizeit nehmen können. Sie habe Überstunden weder angeordnet noch geduldet. Die in einzelnen Unterrichtswochen angefallenen Überstunden seien durch die bezahlte Pauschale und den Freizeitausgleich während der Schulferien ausgeglichen worden.

Das Arbeitsgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben und die Berufung des Klägers im übrigen zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte war zu einer Minderung der in § 3 Abs. 2 BZTV und § 8 BZTV geregelten Pauschalen nicht befugt. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche zu.

  • Die Beklagte war nicht zur Änderung der Pauschale iSd. § 8 BZTV berechtigt. Der Kläger hat nach § 8 BZTV iVm. der alten Vergütungsregelung Anspruch auf Zahlung von monatlich 71,58 Euro (140,00 DM).

    1. Eine Vereinbarung der Parteien über die Bezahlung der in § 8 BZTV genannten Tätigkeit des Klägers hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Eine vertraglich verabredete Vergütung könnte die Beklagte auch nicht einseitig, sondern nur mit Zustimmung des Klägers kürzen.

    2. Mangels eines anderweitigen Vorbringens hat die Beklagte die Bezahlung für die in § 8 BZTV genannte Tätigkeit des Klägers auf Grund einseitiger Leistungsbestimmung auf monatlich 71,58 Euro (140,00 DM) festgesetzt. An diese einseitige Leistungsbestimmung nach § 315 BGB war sie im Anspruchszeitraum gebunden.

    a) Eine einseitige Leistungsbestimmung gemäß § 315 BGB zur Festsetzung der Höhe des Entgelts für geleistete Dienste kann der Arbeitgeber nicht frei widerrufen (BAG 8. Mai 2003 – 6 AZR 43/02 – zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫, zu II 3a der Gründe; 11. März 1981 – 4 AZR 1070/79 – BAGE 35, 141, 148 mwN). Ändern sich allerdings die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen der ursprünglich der Billigkeit entsprechenden Leistungsbestimmung des Arbeitgebers, kann diese nachträglich untauglich oder unbillig werden. Eine Änderung der Leistungsbestimmung oder Neubestimmung der Leistung kann daher aus Gründen der Billigkeit wegen Veränderung der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen gestattet oder sogar geboten sein (BAG 8. Mai 2003 – 6 AZR 43/02 – zVv., zu II 3a der Gründe; 11. März 1981 – 4 AZR 1070/79 – BAGE 35, 141, 149 mwN).

    b) Eine Veränderung der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmung lag bei der Neubestimmung der Pauschale ab dem 1. Januar 2000 nicht vor. Der Umfang der Tätigkeit des Klägers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit auf Grund der Beanspruchung der Räume zu nichtschulischen Zwecken hatte sich nicht verringert. Die Beklagte ist dem Vortrag des Klägers nicht entgegengetreten, wonach die Schulräume und die Turnhalle im Anspruchszeitraum wie in den Jahren davor außerschulisch genutzt wurden. Auf den Umfang der außerschulischen Nutzung hat die von der Beklagten angegebene Einführung der Fünf-Tage-Woche an Niedersächsischen Schulen keinen Einfluß.

    3. Ohne Bedeutung ist der Einwand der Beklagten, mit der zum 1. Januar 2000 eingeführten Gesamtpauschale seien auch die im Zusammenhang mit außerschulischen Nutzungen anfallenden Tätigkeiten abgegolten. Die Bildung einer Gesamtpauschale losgelöst von den tariflichen Anforderungen des § 3 Abs. 2 und § 8 BZTV widerspricht zwingenden tariflichen Vorgaben und ist unwirksam. § 8 BZTV bestimmt, daß die Bezahlung örtlich oder betrieblich zu regeln ist. Die Tarifvorschrift begründet damit einen Zahlungsanspruch, legt jedoch nicht selbst dessen Höhe fest. Demgegenüber regelt § 3 Abs. 2 BZTV die tarifliche Überstundenpauschale dem Grunde und der Höhe nach. Abweichende Abmachungen gestattet der BZTV nicht (§ 4 Abs. 3 TVG). Dies zwingt zu der Annahme, daß die nach § 8 BZTV betrieblich oder örtlich zu regelnde Bezahlung und die gemäß § 3 Abs. 2 BZTV nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach festgelegte tarifliche Pauschale nicht durch einen vom Arbeitgeber einseitig festgesetzten Gesamtbetrag abgegolten werden dürfen. Sie sind gesondert auszuweisen. Nur so kann festgestellt werden, ob und in welchem Umfang die tariflichen Ansprüche erfüllt werden.

  • Dem Kläger kann nach § 3 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 BZTV die Zahlung der tariflichen Pauschale in Höhe von monatlich 249,92 Euro (488,80 DM) im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2001 verlangen. Die regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 50 1/2 Stunden wurde im Anspruchszeitraum in jeder Unterrichtswoche überschritten. Ein Kürzungsrecht steht der Beklagten nicht zu.

    1. § 2 Satz 1 BZTV legt fest, daß die regelmäßige Arbeitszeit des Schulhausmeisters nach § 15 Abs. 2 BAT im Durchschnitt wöchentlich 50 1/2 Stunden einschließlich der Pausen beträgt. Die in diesem Umfang geleistete Arbeit ist gemäß § 3 Abs. 1 BZTV durch die tarifliche monatliche Vergütung abgegolten. Wird die regelmäßige Arbeitszeit in jeder Unterrichtswoche überschritten, wird nach § 3 Abs. 2 Unterabs. 1 BZTV die darüber hinaus zu leistende Arbeit nach der Anzahl der in der Schule unterrichteten Klassen gestaffelt und gemäß § 3 Abs. 2 Unterabs. 2 BZTV ab 15 Unterrichtsklassen mit der Überstundenvergütung für 21 Stunden pauschal vergütet.

    2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß im Anspruchszeitraum die regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 50 1/2 Stunden in jeder Unterrichtswoche tatsächlich überschritten wurde und der Kläger damit die Voraussetzung für die Zahlung der beanspruchten tariflichen Pauschale erfüllt hat, hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

    a) Die Beklagte hat Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit des Klägers und ihre Verteilung auf die Wochentage im Schreiben vom 8. Dezember 1999 geregelt. Sie hat für die Wochentage Montag bis Freitag als Kernzeit mit grundsätzlicher Anwesenheitspflicht die Zeit von 07.30 Uhr bis 13.30 Uhr festgelegt. Als Gesamtarbeitszeitrahmen hat sie den Zeitraum von 06.00 Uhr bis 18.00 Uhr bestimmt. Dieser Gesamtarbeitszeitrahmen führt allein noch nicht dazu, daß die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 50 1/2 Stunden in jeder Unterrichtswoche überschritten wird. Außerhalb der Kernzeit kann der Kläger auch während der Unterrichtswochen Lage und Dauer der täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen, soweit dem die Dienstanweisung der Beklagten nicht entgegensteht. Er hat allerdings außerhalb der Kernzeit nach Nr. 3.2 der Dienstanweisung nicht dienstfrei, wenn die Schulanlage für schulische oder außerschulische Veranstaltungen genutzt wird.

    b) Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der Kläger nach der Anordnung der Beklagten im Schreiben vom 8. Dezember 1999 in den Unterrichtswochen innerhalb des Gesamtarbeitszeitrahmens von 06.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter Einbeziehung der Arbeitsbereitschaft und der Pausen jeweils 50 1/2 Stunden zu arbeiten hatte und diese regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Anspruchszeitraum in jeder Unterrichtswoche um jedenfalls zwei Stunden überschritten wurde.

    aa) Rechtsfehlerhaft hat es allerdings angenommen, daß der Kläger während der Kernzeit von 07.30 Uhr bis 13.30 Uhr Arbeitsleistungen erbracht hat. Auch in die Kernzeit kann – ungeachtet der nach § 2 Satz 1 BZTV zur Arbeitszeit zählenden Pausen – Arbeitsbereitschaft fallen. Die bezirklichen Tarifvertragsparteien haben in § 2 Satz 1 BZTV unabhängig vom Umfang der im Einzelfall tatsächlich anfallenden Arbeitsbereitschaft und unter Einbeziehung der Ruhepausen in die Arbeitszeit 50 1/2 Stunden als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit iSv. § 15 Abs. 2 BAT bestimmt. Sie haben damit eine gegenüber § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BAT eigenständige und abschließende Arbeitszeitregelung getroffen (BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 134/00 – EzBAT SR 2r BAT Sonderregelungen für Schulhausmeister VKA Nr. 8, zu 7 der Gründe). Die tarifliche Regelung bestimmt nicht, daß der Schulhausmeister während der Unterrichtszeit oder anderer Zeiträume Arbeitsleistungen zu erbringen hat. Der Kläger hat auch nach Nr. 3.1 Unterabs. 2 Satz 1 der Dienstanweisung während der Unterrichtszeit nicht ständig zu arbeiten. Er muß während dieser Zeit lediglich in der Schulanlage sein, darf sich aber auch während der Kernzeit, ohne Arbeit zu leisten, in seiner Dienstwohnung auf dem Schulgelände aufhalten, um bei Bedarf tätig zu werden. Die Arbeitsbereitschaft kann auch in der Wohnung erfolgen (BAG 19. Dezember 1991 – 6 AZR 592/89 – AP BMT-G II § 67 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1, zu II 1 der Gründe).

    bb) Dennoch liegt der Annahme des Landesarbeitsgerichts die zutreffende Erwägung zugrunde, daß die Zeit von 07.30 Uhr bis 13.30 Uhr als Arbeitszeit zu werten ist. Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers nicht bestritten, wonach er sich im Anspruchszeitraum in jeder Unterrichtswoche von Montag bis Freitag während der Kernzeit in der Schulanlage aufgehalten hat, um Arbeiten zu verrichten oder bei Bedarf aufnehmen zu können. Sie hat lediglich die Feststellung des Landesarbeitsgerichts angegriffen, wonach der Kläger während dieser Zeit ständig Arbeitsleistungen erbracht hat. Wegen der Einbeziehung der Arbeitsbereitschaft und Ruhepausen in die Arbeitszeit ist dieser Einwand unerheblich.

    cc) Die Beklagte ist auch dem Vortrag des Klägers nicht entgegengetreten, wonach er nach dem Ende der Unterrichtszeit bis 15.30 Uhr gemäß Nr. 2.3 der Dienstanweisung die Reinigungskräfte eingeteilt und beaufsichtigt und sich von der vertragsgemäßen Ausführung der Reinigungsarbeiten überzeugt hat. Ungeachtet der vom Kläger unwidersprochen vorgetragenen weiteren schulischen Veranstaltungen nach dem Ende der Unterrichtszeit, wie Elternabenden, Elternsprechtagen, Dienst- und Personalversammlungen sowie Lehrerkonferenzen, und der von ihm unstreitig zu leistenden Winterdienste führt bereits die schulische Nutzung der Schulanlage von Montag bis Freitag in der Zeit von 07.30 Uhr bis 15.30 Uhr während der Unterrichtswochen zu einer wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers von 40 Stunden.

    dd) Hinzu kommen in jeder Unterrichtswoche mindestens weitere 12 1/2 Arbeitsstunden. Wegen außerschulischer Nutzungen der Räume und der Turnhalle hatte sich der Kläger von Montag bis Freitag auch in der Zeit von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr in der Schulanlage aufzuhalten, um zu arbeiten oder bei Bedarf anfallende Arbeiten aufnehmen zu können. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte der Kläger deshalb an diesen Wochentagen in der Zeit von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr nicht Freizeit nehmen. Nach Nr. 3.2 Satz 1 der Dienstanweisung hat der Kläger außerhalb seiner Arbeitszeit dienstfrei, es sei denn, die Schulanlage wird durch schulische oder außerschulische Veranstaltungen genutzt. Daraus wird deutlich, daß der Kläger bei jeder Nutzung der Schulanlage für schulische oder außerschulische Zwecke innerhalb des von 06.00 Uhr bis 18.00 Uhr festgelegten Gesamtarbeitszeitrahmens nicht Freizeit nehmen konnte. Ihm war es deshalb von Montag bis Freitag wegen der unstreitigen außerschulischen Nutzung der Räume in der Zeit von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr ohne Verletzung seiner in der Dienstanweisung festgelegten Pflichten nicht möglich, durch eine entsprechende Einteilung und Verteilung seiner Arbeitszeit das Überschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 1/2 Stunden zu vermeiden. Montags bis donnerstags war von 13.30 Uhr bis 17.30 Uhr in Schulräumen die Hausaufgabenhilfe untergebracht. Ab 17.00 Uhr begannen in der Schule Kurse der Volkshochschule. Die Turnhalle war montags von 13.15 Uhr bis 21.30 Uhr, dienstags von 14.00 Uhr bis 21.30 Uhr, mittwochs von 13.15 Uhr bis 22.00 Uhr und am Donnerstag und Freitag jeweils von 14.30 Uhr bis 22.00 Uhr durch Sportvereine belegt.

    Die während der außerschulischen Nutzung der Räume von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr geleistete Arbeit oder Arbeitsbereitschaft wird nicht durch die Pauschale nach § 8 BZTV abgegolten. Diese Tarifvorschrift regelt die Bezahlung für die Tätigkeit, die sich aus der Beanspruchung der Räume zu nichtschulischen Zwecken außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 2 BZTV ergibt. Die innerhalb des von der Beklagten festgelegten Gesamtarbeitszeitrahmens von 06.00 Uhr bis 18.00 Uhr geleistete Arbeit oder Arbeitsbereitschaft erfaßt diese Tarifbestimmung nicht. Davon geht auch die Beklagte in Nr. 5.1.2 der Dienstanweisung aus, wonach bei außerschulischer Benutzung der Schulanlage über die Dienstzeit hinausgehende Veranstaltungen durch die Zahlung einer Überstundenvergütung abgegolten werden, soweit dies nicht bereits durch die tarifliche Überstundenpauschale geschehen ist.

    c) Ob die Beklagte unter Berücksichtigung des sogn. Ferienüberhangs zu einer anderen Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in arbeitszeitrechtlich zulässiger Weise berechtigt gewesen wäre und welcher Ausgleichszeitraum hierfür zur Verfügung gestanden hätte, bedarf keiner Entscheidung. Eine damit einhergehende Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit während der Unterrichtswochen ist unterblieben.

    3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ohne Bedeutung, daß diese keine Überstunden angeordnet hat. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung erfordert zwar grundsätzlich die Darlegung, daß Arbeitsstunden über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, diese angeordnet oder betriebsnotwendig waren und billigend entgegengenommen worden sind (BAG 4. Mai 1994 – 4 AZR 445/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 1 = EzA BGB § 611 Mehrarbeit Nr. 5). Der Anspruch auf die tarifliche Pauschale setzt jedoch nach § 3 Abs. 2 BZTV nur das Überschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 1/2 Stunden in jeder Unterrichtswoche voraus. Einer Anordnung von Überstunden nach § 17 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT bedarf es dafür nicht. Wird die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in jeder Unterrichtswoche überschritten, ist § 3 Abs. 2 BZTV die speziellere Tarifvorschrift und geht der allgemeinen Regelung in § 17 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT vor. § 3 Abs. 2 BZTV berücksichtigt, daß Schulhausmeister ihre Arbeit unter besonderen tatsächlichen Bedingungen zu verrichten haben (BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 134/00 – EzBAT SR 2r Sonderregelungen für Schulhausmeister VKA Nr. 8, zu 7 der Gründe) und bei dieser Tätigkeit erfahrungsgemäß Arbeitsbereitschaft anfällt. Wird die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nur auf Grund von Arbeitsbereitschaft überschritten, ist die Darlegung, daß Arbeitsleistungen über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus tatsächlich erbracht worden sind, nicht möglich.

    4. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Beklagte nicht berechtigt war, die vom Kläger in jeder Unterrichtswoche über das Stundenmaß von 50 1/2 Stunden hinaus geleistete Arbeit durch eine im Vergleich zu der in § 3 Abs. 2 BZTV geregelten Pauschale geringere Zahlung und Freizeit in den Schulferien auszugleichen. § 3 Abs. 2 BZTV bestimmt eigenständig und abschließend, daß bei Überschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit die tarifliche Pauschale in der festgelegten Höhe zu zahlen ist. Abweichende Abmachungen gestattet die tarifliche Regelung nicht (§ 4 Abs. 3 TVG). § 17 Abs. 5 Satz 1 BAT, wonach Überstunden grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen sind, findet wegen der in § 3 Abs. 2 BZTV getroffenen spezielleren Regelung keine Anwendung. Dafür spricht außer dem eindeutigen Wortlaut der Tarifvorschrift auch der tarifliche Gesamtzusammenhang. § 3 Abs. 3 Unterabs. 1 BZTV ordnet an, daß – unabhängig vom Umfang des Überschreitens der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit – durch die Zahlung der Pauschale sämtliche Ansprüche auf die Bezahlung von Überstunden sowie von Zeitzuschlägen nach § 35 BAT abgegolten sind. Die Pauschale ist nach § 3 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 2 BZTV auch während der Ferien zu zahlen. Dies schließt eine Abgeltung durch Freizeitausgleich aus.

 

Unterschriften

Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, D. Knauß, Beus

 

Fundstellen

Haufe-Index 1004557

NZA 2004, 623

ZTR 2004, 84

PersR 2004, 365

PersV 2004, 190

NJOZ 2004, 2033

Tarif aktuell 2004, 12

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