Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. gestaffelte Vertretung

 

Orientierungssatz

Ein vorübergehender Personalmehrbedarf, zB wegen zeitweiliger Abordnung von Arbeitnehmer ins Ausland, kann einen sachlichen Grund für eine zeitlich befristete Einstellung darstellen. Unerheblich ist, welche internen Vertretungsregeln der Arbeitgeber für die Dauer der Abordnung getroffen hat. Eine aus Zweckmäßigkeitserwägungen gestaffelte oder mehrschichtige Vertretungsregelung ist zulässig.

 

Normenkette

BAT Anlage SR; BGB § 620 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 01.12.1983; Aktenzeichen 7 Sa 61/83)

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 03.11.1982; Aktenzeichen 9 Ca 326/82)

 

Tatbestand

Der Beklagte, der in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins betrieben wird, widmet sich insbesondere der Pflege der deutschen Sprache im Ausland. Dazu unterhält er 117 Auslands- und 16 Inlandsinstitute. Die Klägerin war bei ihm aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15. Februar 1980 seit dem 1. März 1980 im Inland als Sprachlehrerin beschäftigt. Der Vertrag war bis zum 30. Juni 1982 befristet. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen nach Maßgabe des Übernahmevertrags zwischen dem Goethe-Institut und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 1. März 1972 in der jeweils geltenden Fassung. § 5 des Arbeitsvertrages enthält folgende Regelung:

"Die Beschäftigung erfolgt wegen zeitlich be-

grenzten Personalbedarfs aufgrund der Abord-

nung von Dozenten/Sprachlehrern des Goethe-

Instituts zu Sprachkursmaßnahmen in China,

die bis zum 30. Juni 1982 befristet sind. Ge-

mäß SR 2 y BAT wird der Arbeitsvertrag daher

bis zum 30. Juni 1982 befristet abgeschlos-

sen."

Die Klägerin hat mit ihrer am 12. Juli 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, ein sachlicher Grund zur Befristung des Arbeitsverhältnisses sei nicht gegeben. Ihre Einstellung stehe nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Abordnung von Dozenten nach China. Außerdem sei das "China-Projekt" gar nicht befristet gewesen, sondern werde fortgesetzt. Sie hat vorgetragen, es habe nicht nur anschließend, sondern auch schon vorher entsprechende Kurse gegeben. Der Beklagte habe daher davon ausgehen können, daß deutsche Sprachkurse in China eine Daueraufgabe seien. Allein die Ungewißheit, ob und wie lange ein Bedarf an zusätzlichen Sprachlehrern in China bestehe, sei kein zulässiger Befristungsgrund.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, daß das seit dem 1. März

1980 bestehende Arbeitsverhältnis zwi-

schen den Parteien über den 30. Juni

1982 hinaus unbefristet fortbesteht,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klä-

gerin bei Meidung eines für jeden Fall

der Zuwiderhandlung festzusetzenden

Zwangsgeldes, dessen Höhe in das Ermes-

sen des Gerichts gestellt wird, zu den

bisherigen Arbeitsbedingungen weiter-

zubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, er habe 1979 im Rahmen eines Kulturabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China vom Auswärtigen Amt in Bonn zunächst den Auftrag erhalten, in Shanghai 120 chinesische Studenten sprachlich auf ein naturwissenschaftliches Studium an Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland vorzubereiten. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1979 habe das Auswärtige Amt mitgeteilt, daß das Vorbereitungskolleg an der Universität in Shanghai 1980/81 wiederholt werde. Demgemäß habe bei Abschluß des Vertrages am 15. Februar 1980 nur die einmalige Wiederholung der Sprachkurse bis zum 30. Mai 1981 festgestanden. Gleichwohl habe er zugunsten der Klägerin ein drittes Studienkolleg (März 1981 bis Mai 1982) einbezogen. Ein dritter Sprachkurs sei damals von einem verständigen und verantwortungsbewußten Arbeitgeber trotz Fehlens jeglichen Signals seitens des Auswärtigen Amtes noch zu erwarten gewesen, weil die chinesische Seite insgesamt 400 Studenten in die Bundesrepublik Deutschland habe schicken wollen, bis zum zweiten Studienkolleg jedoch nur ca. 260 Studenten habe vorbereiten lassen. Darüber hinausgehende Sprachkurse seien nicht prognostizierbar gewesen. Das Postgraduiertenseminar, das dann tatsächlich eingeführt worden sei, stelle keine Wiederholung oder Fortsetzung der früheren Maßnahmen dar und sei außerdem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nicht vorhersehbar gewesen. Es handele sich um eine Maßnahme anderer Art; eine Entscheidung hierüber sei erst im Frühjahr 1982 gefallen.

Schließlich habe trotz der Abordnung von Inlandsdozenten kein weiterer Bedarf an der Einstellung von Ersatzkräften bestanden. Dies sei auf eine geänderte Personalpolitik, den sogenannten "Drei-Phasen-Plan", zurückzuführen. Mit "Drei-Phasen- Plan" bezeichnet der Beklagte eine Personalpolitik, die das Ziel hat, sogenannte "Sprachlehrer" systematisch durch sogenannte "Dozenten" zu ersetzen. Dozenten bilden den höheren Dienst des Beklagten. Bei ihnen wird - anders als bei den Sprachlehrern - in der Regel die Abschlußprüfung für das höhere Lehramt vorausgesetzt. Dozenten erfahren eine einjährige interne Spezialausbildung und sind von der Vertragsgestaltung her beliebig im Inland und Ausland versetzbar. Die Sprachlehrer werden demgegenüber nur vier Monate lang intern ausgebildet, sind entsprechend der vertraglichen Regelung nicht versetzbar und werden nur im Inland eingesetzt.

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Der Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision konnte keinen Erfolg haben. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der sachliche Grund für die Befristung liege in dem auch im Vertragstext bezeichneten vorübergehenden Bedarf. Ein vorübergehend erhöhter Personalbedarf stehe auch in tatsächlicher Hinsicht fest.

Die Klägerin selbst behaupte nicht, daß der Beklagte regelmäßig in Ländern, in denen Auslandsinstitute nicht eingerichtet sind, Sprachkurse abhalte, die den hier streitigen vergleichbar seien und deswegen eine flexible Personalreserve benötige.

Es lasse sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung über die Berufung auch nicht vernünftig bezweifeln, daß der erhöhte Personalbedarf aus der Sicht des Beklagten zur Zeit des Vertragsabschlusses vorübergehender Natur gewesen sei. Die fraglichen Kurse seien nicht über ein regulär eingerichtetes Auslandsinstitut abgewickelt worden. Sie seien über besondere und auf dieses Projekt beschränkte zusätzliche Mittel finanziert worden. Ob solche Sprachkurse eingerichtet würden, hänge nicht von der Initiative und der Geschicklichkeit des Beklagten ab. Es handele sich vielmehr um Maßnahmen, die im außenpolitischen Bereich über die diplomatischen Vertretungen ausgehandelt würden. Die Entscheidung liege bei den Regierungen bzw. den gesetzgebenden Körperschaften der beteiligten Staaten. Der Beklagte erhalte Aufträge vom Außenministerium, auf deren Inhalt und Zustandekommen er nur begrenzt einwirken könne. Darüber hinaus könne der Beklagte für zukünftige ähnliche oder vergleichbare Maßnahmen nicht damit rechnen, daß er mit deren Durchführung betraut werde, weil, wie er ohne Widerspruch durch die Klägerin ausgeführt habe, im Auswärtigen Amt verschiedene Einrichtungen zur Durchführung solcher kultureller Maßnahmen zur Verfügung stünden; u.a. neben dem Beklagten der Deutsche Akademische Austauschdienst. Aus all diesen Umständen ergebe sich, daß nicht darauf geschlossen werden könne, auch zukünftig würden in China derartige Sprachkurse regelmäßig in vergleichbarer Form stattfinden.

Darauf, daß später weitere sprachliche Vorbereitungsmaßnahmen, wenn auch anders strukturiert, zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbart worden seien, komme es nicht an. Unerheblich sei auch der Einwand der Klägerin, sie sei nicht unmittelbar zur Vertretung für eine nach China abgeordnete Lehrkraft tätig geworden. Es könne nicht gefordert werden, daß eine wirksame Befristung wegen der Vertretung eines abgeordneten Mitarbeiters immer voraussetze, daß der befristet eingestellte Arbeitnehmer den Abgeordneten unmittelbar ersetze.

Die Befristung könne auch nicht wegen ihrer Dauer beanstandet werden. Es gebe keinen Rechtssatz des Inhalts, daß jemand, der mehr bekomme, als ihm an sich zustehe, daraus ableiten dürfte, daß ihm dann noch mehr zustehe. Abgesehen davon habe der Beklagte hier aufgrund greifbarer Tatsachen annehmen können, daß er mit einiger Sicherheit einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf allenfalls bis Mitte 1982, aber nicht darüber hinaus habe erwarten dürfen. Ohne Widerspruch der Klägerin habe er vorgetragen, daß von chinesischer Seite insgesamt 400 Studenten für die Sprachkurse vorgesehen gewesen seien, von denen bis zum Ende des zweiten Sprachkurses, also bis Mitte 1981, etwa erst zwei Drittel ausgebildet gewesen seien.

II. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend in der Begründung zu folgen. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Das Landesarbeitsgericht hat im Ausgangspunkt die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG GS 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu C der Gründe; BAG 31, 40, 32, 85 und 32, 274 = AP Nr. 46, 50 und 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteile vom 16. Juni 1976 - 2 AZR 630/74 -, 25. Januar 1980 - 7 AZR 69/78 - und 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 40, 52 und 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) zugrunde gelegt. Danach ist die Vereinbarung befristeter Arbeitsverhältnisse nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und gemäß § 620 BGB an sich zulässig. Ein schutzwertes Interesse für eine solche Vertragsgestaltung entfällt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann, wenn die Befristung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Die Befristung ist unzulässig, wenn sie als rechtliche Gestaltungsmöglichkeit objektiv funktionswidrig verwendet wird. Dies ist dann anzunehmen, wenn der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vereitelt wird und dafür kein sachlicher Grund vorliegt. Die befristeten Verträge müssen also ihre sachliche Rechtfertigung so in sich tragen, daß sie die Kündigungsschutzvorschriften nicht beeinträchtigen.

Die sachliche Berechtigung der Befristung muß auch hinsichtlich der Dauer gegeben sein (vgl. BAG, aaO, AP Nr. 40, 50, 52, 54 und 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Die von den Parteien vereinbarte Dauer eines Arbeitsverhältnisses ist dabei an den Sachgründen für die Befristung zu orientieren. Sie muß mit dem Sachgrund der Befristung im Einklang stehen. Das muß im konkreten Einzelfall bereits bei Abschluß des jeweiligen Vertrages ersichtlich sein. Liegen die entscheidenden Umstände in der Zukunft, so ist die Frage, welche Zeitdauer bei einem derartigen Arbeitsvertrag zu wählen ist, von der Prognose des Arbeitgebers abhängig. Diese gründet sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und Bewertungen, wobei es sich aber stets um ein prognostisches Urteil über die Dauer handelt. Die Ungewißheit jeder prognostischen Bewertung kann als solche nicht ausreichen, einen der gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglichen Spielraum zu eröffnen. Prognosen enthalten stets ein Wahrscheinlichkeitsurteil, dessen Grundlagen ausgewiesen werden müssen. Der Tatsachenrichter muß sich daher an einer sachgerechten, vertretbaren Beurteilung des von den Parteien vorgetragenen Prozeßstoffes orientieren. Er muß die ihm vorgetragenen Erkenntnisquellen ausschöpfen und die voraussichtlichen Auswirkungen so zuverlässig wie möglich abschätzen (vgl. BAG, aaO, AP Nr. 50 und 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

Damit wird klargestellt, daß die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur dann zulässig ist, wenn nach den obwaltenden Umständen aus der Sicht verständiger Vertragspartner ein arbeitsrechtlich beachtlicher Sachverhalt als sachlicher Grund für eine derartige Vereinbarung besteht. Als sachlicher Grund kommen dabei solche arbeitsrechtlich relevanten Gründe in Betracht, die im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages vorliegen (vgl. BAG, aaO, AP Nr. 50, 52, 54 und 56 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG 36, 229 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

2. In der Revisionsinstanz ist die Anwendung des Begriffs der sachlichen Rechtfertigung nur beschränkt nachprüfbar, da es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Eine nachprüfbare Rechtsverletzung liegt nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (vgl. BAG 36, 235, 237 f. = AP Nr. 62 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter 2 der Gründe m.w.N.). Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das angefochtene Urteil stand.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen anerkannt, daß ein vorübergehender Personalmehrbedarf ein sachlicher Grund für eine zeitlich befristete Einstellung sein kann. Voraussetzung für die Anerkennung eines solchen Grundes für die Befristung wegen eines vorübergehenden Bedarfs ist, daß im Zeitpunkt der Befristung aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs nach dem Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zu erwarten ist (vgl. BAG 41, 391, 401 = AP Nr. 14 zu § 15 KSchG 1969, unter 3 a der Gründe m.w.N.).

b) Der Beklagte hat die Grundlage seiner diesbezüglichen Prognose im einzelnen dargelegt. Der vorübergehende Mehrbedarf entstand insoweit aufgrund der (vorübergehenden) Abordnung von Dozenten des Beklagten zu Sprachkursen in China. Der Beklagte unterhält in China kein Auslandsinstitut, sondern er wurde lediglich zur Durchführung von Sprachkursen eingesetzt, die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China vereinbart worden waren. Für diese Sprachkurse bestand nur ein vorübergehender Bedarf, denn das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß in China insgesamt etwa 400 Chinesen durch Sprachunterricht für ein Studium in Deutschland vorbereitet werden sollten und daß bis zum Ende des zweiten Kurses, also bis etwa Mitte 1981, erst zwei Drittel ausgebildet waren. Es erscheint daher nicht sachfremd, wenn der Beklagte - wie sich später sogar als richtig herausgestellt hat - angenommen hat, je Sprachkurs würden, wie auch im ersten Kurs, etwa 130 Chinesen auf ihr Studium in Deutschland vorbereitet werden. Dann waren drei Kurse voraussichtlich nötig und ausreichend. Es erscheint deshalb durchaus sachgerecht, wenn der Beklagte die Klägerin auch noch für die Vertretung einer Lehrkraft eingestellt hat, die einschließlich eines dritten Kurses in China dort bis Ende Juni 1982 beschäftigt werden würde. Das Landesarbeitsgericht hat ferner ausgeführt, der Beklagte habe aufgrund greifbarer Tatsachen annehmen können, daß er mit einiger Sicherheit einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf allenfalls bis Mitte 1982, aber nicht darüber hinaus habe erwarten dürfen. Die Tatsachenfeststellungen, die dieser Prognose zugrunde liegen, sind für den Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO bindend, denn sie sind nicht mit begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden.

Die Revision rügt zwar eine Verletzung des § 139 ZPO. Sie führt aus, das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, zu welchem Zeitpunkt für den Beklagten absehbar gewesen sei, daß zum Ende des zweiten Sprachkurses erst zwei Drittel der Studenten ausgebildet sein würden; daraus hätte sich die Feststellung ergeben, daß dies für den Beklagten keineswegs schon bei Vertragsabschluß, sondern erst weit später absehbar gewesen wäre.

Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht seine richterliche Fragepflicht (§ 139 ZPO) jedoch nicht verletzt. Denn es ist aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich, daß das Berufungsgericht nach dem Verhandlungsergebnis hätte erkennen müssen, daß die Klägerin Beweismittel und etwaige noch notwendige nähere Behauptungen hätte beibringen können und wollen und daß sie dies lediglich versehentlich unterlassen habe. Das Landesarbeitsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der Dauer der Vertragsbefristung bis zum 30. Juni 1982 und der dazu im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses anzustellenden Prognose über das Ende des vorübergehenden zusätzlichen Lehrkräftebedarfs des Beklagten ausgeführt, der Beklagte habe ohne Widerspruch durch die Klägerin vorgetragen, von chinesischer Seite seien insgesamt etwa 400 Studenten für die Sprachkurse vorgesehen gewesen, von denen aber bis zum Ende des zweiten Sprachkurses, also bis Mitte 1981, erst etwa zwei Drittel ausgebildet gewesen seien. Nach dem Gesamtzusammenhang läßt sich dieser im Berufungsurteil wiedergegebene Vortrag des Beklagten vernünftigerweise nur dahin verstehen, daß dem Beklagten die vorgesehene Gesamtzahl der Studenten schon bei Vertragsabschluß am 15. Februar 1980 bekannt gewesen ist. Da die Klägerin nicht widersprach, hatte das Landesarbeitsgericht keine Veranlassung, dieser Frage weiter nachzugehen.

Ist hiernach mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß insgesamt 400 Studenten für die Sprachkurse vorgesehen waren, daß bis zum Ende des zweiten Sprachkurses erst mit einer Ausbildung von zwei Dritteln der Studenten zu rechnen war, daß die Durchführung von zwei Sprachkursen bei Abschluß des Vertrages am 15. Februar 1980 feststand und daß wahrscheinlich erschien, es werde auch noch ein dritter Sprachkurs durchgeführt werden, um alle 400 Studenten zu unterrichten, so war es sachgerecht, die Klägerin für den vorübergehenden, voraussichtlich bis zum 30. Juni 1982 bestehenden Bedarf befristet einzustellen.

Unter diesen Umständen bedarf es keiner Stellungnahme zu der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es gebe keinen Rechtssatz des Inhalts, daß jemand, der mehr bekomme als ihm an sich zustehe, daraus ableiten dürfte, daß ihm dann noch mehr zustehe. Hierauf kommt es nach dem oben Gesagten für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

c) Die Rüge der Revision, es fehlten jegliche Feststellungen, auf welcher Ebene ein - wenn auch nur mittelbares - Vertretungsverhältnis vorliege, greift ebenfalls nicht durch.

Der Beklagte hat im einzelnen vorgetragen, daß infolge von zwei besonderen Sprachkursen (in Braunschweig und in Shanghai) insgesamt ein vorübergehender personeller Mehrbedarf von elf Mitarbeitern entstanden sei. Der besondere Grund für den Mehrbedarf ist in den Arbeitsverträgen jeweils bezeichnet worden. Die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die zur Abdeckung des Mehrbedarfs eingestellt worden sind, der durch die Abordnung von Dozenten nach China entstand, waren bis zum 30. Juni 1982 befristet; die anderen Arbeitsverhältnisse endeten am 31. Dezember 1982. Nach Ablauf der jeweiligen Befristung wurde keiner der betreffenden Mitarbeiter weiterbeschäftigt.

Der Beklagte hat auf diese Weise den insgesamt entstandenen vorübergehenden personellen Mehrbedarf sowie die Anzahl der aufgrund des Mehrbedarfs befristet eingestellten Arbeitnehmer substantiiert dargelegt und damit seiner Darlegungslast entsprochen. Unerheblich ist, welche internen Vertretungsregelungen für die Dauer der Abordnung der Dozenten von dem Beklagten getroffen worden waren. Eine aus Zweckmäßigkeitserwägungen gestaffelte oder mehrschichtige Vertretungsregelung ist zulässig (vgl. u.a. Urteil des Senats vom 13. April 1983 - 7 AZR 51/81 - BAG 42, 203).

d) Für den Beklagten kann auch nicht daraus ein Rechtsnachteil hergeleitet werden, daß er es durch eine entsprechende Personalpolitik (sogenannter "Drei-Phasen-Plan") verstanden hat, weitere Einstellungen von Aushilfsangestellten zu vermeiden. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob, wie und in welchem Umfang er bei Eintritt eines Vertretungsfalles für eine Vertretung sorgt (vgl. BAG Urteil vom 24. November 1982 - 7 AZR 547/80 -, zu III 3 der Gründe; BAG Urteil vom 6. Juni 1984 - 7 AZR 458/82 -, zu II 2 a der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Der Arbeitgeber ist zudem nicht verpflichtet, zusätzlich so viele Arbeitnehmer in unbefristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen, wie erfahrungsgemäß durch Ausfall von Arbeitnehmern durch zeitweilige Verhinderungen oder Abordnungen entsteht (BAG 44, 107, 112). Das Bundesarbeitsgericht räumt dem Arbeitgeber die Befugnis ein, bei vorübergehendem Mehrbedarf ein befristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen.

e) Gegen die Zulässigkeit der Befristung bestehen auch keine formellen Bedenken. Die Regelung des § 5 des Arbeitsvertrages genügt den Erfordernissen der Nr. 2 SR 2 y BAT. Nach Nr. 2 SR 2 y BAT ist zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Welche Ausdrucksweise dabei zu verwenden ist, ist nicht vorgeschrieben.

Die Klägerin wurde "wegen zeitlich begrenzten Personalbedarfs" befristet eingestellt. Sie ist damit keine Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer, da die Aufgabe, die sie wahrzunehmen hatte, ständig anfällt. Sie ist auch keine Zeitangestellte, da die Nr. 1 Buchst. c SR 2 y BAT für diesen Fall der speziellere Tatbestand ist (vgl. Böhm/Spiertz, BAT, 2. Aufl., Stand August 1983, Nr. 1 SR 2 y Rz 26). Sie ist demgemäß "Aushilfsangestellte" im Sinne der Nr. 1 Buchst. c SR 2 y BAT; das Wort "Aushilfsangestellte" ist freilich in die Regelung des § 5 des Arbeitsvertrages nicht aufgenommen worden.

Die Bestimmungen der Nr. 2 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 3 SR 2 y BAT dienen lediglich der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Regelung will einem Streit der Parteien vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich gewesen ist. Dies wird erreicht, wenn sich der Arbeitgeber bei einem Streit über die Wirksamkeit der Befristung später nicht auf andere Gründe als die zunächst angegebenen berufen darf. Durch die schriftliche Aufnahme der Befristungsgründe in den Arbeitsvertrag wird ein Nachschieben von anderen Befristungsgründen ausgeschlossen. Im Entscheidungsfall ist der wahre Befristungsgrund im Arbeitsvertrag genannt worden. Damit ist dem Formerfordernis der Nr. 2 SR 2 y BAT entsprochen. Eine wirksame Befristung scheitert nicht allein deshalb, weil das Wort "Aushilfsangestellte" nicht in den Vertragstext aufgenommen worden ist (vgl. BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 - 2 AZR 483/73 - AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe; BAG 42, 203, 210 f.; BAG Urteil vom 13. April 1983 - 7 AZR 52/81 -, zu 5 der Gründe; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Bd. II, Stand April 1984, SR 2 y Nr. 2 Rz 4 m.w.N.).

III. Ist nach alledem das Arbeitsverhältnis der Klägerin wirksam befristet worden, hat sie auch keinen Anspruch, für die Dauer des Rechtsstreits weiterbeschäftigt zu werden.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan

Deckert Breier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441087

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