Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. Arbeitnehmerbeitrag zur VBL

 

Orientierungssatz

  • Nach § 8 Abs. 1 Versorgungs-TV hat sich der Arbeitnehmer an der Finanzierung der Zusatzversorgung zu beteiligen. Während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gilt nichts anderes. Der Beitrag bemisst sich dann nach dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für die um die Hälfte seiner bisherigen Arbeitszeit verringerten Arbeitszeit zu beanspruchen hat. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmerbeitrag vom Arbeitsentgelt einzubehalten und an die VBL abzuführen.
  • Für die Berechnung und Zahlung des nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ vom Arbeitgeber für die Dauer der Altersteilzeit geschuldeten Aufstockungsbetrags ist der Arbeitnehmerbeitrag ohne Bedeutung. Der dort bestimmte Mindestnettobetrag “von 83 v.H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts” bezieht sich auf das Entgelt, das dem Arbeitnehmer nach Abzug der “gewöhnlich anfallenden” Steuern und Beiträgen auszuzahlen ist. Der auf Grund des Versorgungs-TV vom Arbeitnehmer aufzubringende Beitrag fällt nicht bei allen Arbeitnehmern “gewöhnlich” an.
 

Normenkette

Altersteilzeitgesetz (ATG) vom 23. Juli 1996 § 3; Altersteilzeitgesetz (ATG) vom 23. Juli 1996 § 15; Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) i.d.F. vom 15. März 1999 und 30. Juni 2000 § 5; Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 i.d.F. vom 20. Mai 1998 § 8

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 25.10.2002; Aktenzeichen 3 Sa 1760/01)

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.06.2001; Aktenzeichen 6 Ca 8586/00)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2002 – 3 Sa 1760/01 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die von der Beklagten in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis geschuldeten Leistungen.

Der 1944 geborene Kläger ist bei der Beklagten, einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, seit dem Jahr 1991 als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind die für den öffentlichen Dienst des Bundes geltenden Tarifverträge kraft einzelvertraglicher Vereinbarung und Tarifbindung anzuwenden. Im Mai 1999 vereinbarten die Parteien ua. “auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (ATG) vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078)”, das Arbeitsverhältnis ab 1. Juni 1999 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen (Blockmodell).

Im Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 geändert durch den ÄnderungsTV Nr. 1 vom 15. März 1999 hieß es ua.:

“§ 5

Aufstockungsleistungen

(1) Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bezüge zuzüglich des darauf entfallenden sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung werden um 20 v.H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag). …

(2) Der Aufstockungsbetrag muß so hoch sein, daß der Arbeitnehmer 83 v.H. des Nettobetrages des bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als Vollzeitarbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne Reduzierung der Arbeitszeit im Rahmen der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erzielt hätte; der sozialversicherungspflichtige Teil der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung bleibt unberücksichtigt. …

(3) Für die Berechnung des Mindestnettobetrages nach Absatz 2 ist die Rechtsverordnung nach § 15 des Altersteilzeitgesetzes zugrunde zu legen. …”

Der TV ATZ wurde durch Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 30. Juni 2000 mit Wirkung zum 1. Juli 2000 geändert. Anspruch auf Altersteilzeit haben seitdem auch Teilzeitbeschäftigte. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ muss der Aufstockungsbetrag so hoch sein, dass der Arbeitnehmer

“83  des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als bisheriges Arbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 Unterabs. 2) zu beanspruchen hätte; …”

§ 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ wurde um die Formulierung “§ 15 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes” ergänzt.

In dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 idF vom 20. Mai 1998 ist ua. geregelt:

“§ 8:

Aufwendungen für die Pflichtversicherung bei der VBL

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 der Satzung der VBL festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 5) des Arbeitnehmers einschließlich des vom Arbeitnehmer zu zahlenden Beitrags an die VBL abzuführen. Bis zu einem Umlagesatz von 5,2 v.H. trägt der Arbeitgeber die Umlage allein, der darüber hinausgehende Finanzierungsbedarf wird zur Hälfte vom Arbeitgeber durch eine Umlage und zur Hälfte vom Arbeitnehmer durch einen Beitrag getragen. Den Beitrag des Arbeitnehmers behält der Arbeitgeber vom Arbeitsentgelt ein.”

Die Beklagte ließ den Arbeitnehmerbeitrag für die Berechnung des Aufstockungsbetrags unberücksichtigt. Den monatlichen Beitrag des Klägers zur VBL errechnete sie auf der Grundlage des monatlichen Bruttoarbeitsentgelts, das ihm für seine Altersteilzeittätigkeit zustand. Diesen Betrag behielt sie monatlich von dem Auszahlbetrag ein und führte ihn an die VBL ab. Der dem Kläger ausgezahlte Betrag lag daher regelmäßig unter dem Satz von 83 v.H., der sich aus dem Vergleich des Vollzeitbruttoentgelts mit dem sog. Mindestnettobetrag ergibt. Das hält der Kläger nicht für rechtens.

Nachdem er die Beklagte im Februar 2000 vergeblich zur Neuberechnung und Zahlung der monatlichen Differenzen ab Juli 1999 aufgefordert hatte, hat er mit seiner im Dezember 2000 erhobenen Klage im wesentlichen geltend gemacht, die Berechnung der Beklagten sei nicht tarifgerecht. Der Arbeitnehmerbeitrag zur VBL sei für die Bemessung des Aufstockungsbetrags wie ein gesetzlicher Abzug zu behandeln. Die Tarifvertragsparteien hätten mit dem im TV ATZ festgelegten Satz von 83 v.H. den Besitzstand des Arbeitnehmers in Relation zu seinem bisherigen Nettoeinkommen wahren wollen. Deshalb müsse dieser Betrag auch tatsächlich erreicht werden.

Der Kläger hat beantragt

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 294,35 Euro netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

  • Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere Zahlungen für die Monate Juli 1999 bis November 2000. Die Beklagte hat mit den monatlichen Nettozahlungen und der Abführung der Arbeitnehmeranteile zur VBL die streitbefangenen Ansprüche erfüllt (§ 362 BGB). Der Aufstockungsbetrag ist richtig errechnet. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

    1. Aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag iVm. den einzelvertraglich und kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) anzuwendenden Bestimmungen lässt sich nicht herleiten, die Beklagte habe die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL zu Unrecht bei der Bemessung des Aufstockungsbetrags unberücksichtigt gelassen.

    a) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV ATZ idF vom 5. Mai 1998/30. Juni 2000 schuldet die Beklagte dem Arbeitnehmer während der Arbeits- und Freistellungsphase neben dem Entgelt für die geleistete Altersteilzeitarbeit einen Aufstockungsbetrag, der so hoch sein muss, dass er 83 des Nettobetrages seines bisherigen (Vollzeit-) Arbeitsentgelts erhält. Diesen garantierten Betrag bezeichnen die Tarifvertragsparteien als Mindestnettobetrag, wie sich aus dem Klammerzusatz ergibt. Er bezieht sich auf das Entgelt, das der Arbeitnehmer ohne Verringerung der Arbeitszeit erhalten hätte (§ 5 Abs. 2 Satz 2 TV ATZ).

    b) Die Höhe des Mindestnettobetrags richtet sich gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ nach der Rechtsverordnung des § 15 ATG. Damit haben die Tarifvertragsparteien die “Verordnung über die Mindestnettobeträge nach dem Altersteilzeitgesetz” in Bezug genommen. Sie haben insoweit keine eigenständige Regelung getroffen. Der tariflich garantierte Mindestnettobetrag errechnet sich deshalb nach denselben Merkmalen und Festlegungen, wie sie der Rechtsverordnung zugrunde liegen (Senat 18. März 2003 – 9 AZR 61/02 – ZTR 2003, 451).

    c) Die Rechtsverordnung enthält die Tabelle der jährlich angepassten Mindestnettobeträge im Sinne von § 3 Abs. 1 Buchst. a ATG. Nach dieser Vorschrift erhält ein Arbeitgeber, der mit einem Arbeitnehmer ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis eingeht, Erstattungsleistungen von der Bundesanstalt für Arbeit nur bei Aufstockung des Arbeitsentgelts, das der Arbeitnehmer für die Altersteilzeitarbeit erhält. Das sich aus dem Altersteilzeitentgelt ergebende Nettoentgelt und der Aufstockungsbetrag müssen nach der gesetzlichen Regelung “mindestens 70 vom Hundert des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 (Mindestnettobetrag)” erreichen.

    Die Tabelle berücksichtigt die “gewöhnlich anfallenden Abzüge”. Das sind die Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, die üblicherweise anfallen (vgl. Senat 29. Juli 2003 – 9 AZR 450/02 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Arbeitnehmerbeiträge zu einer tarifvertraglich vereinbarten Zusatzversorgung gehören hierzu nicht. Sie sind in die Tabelle nicht eingearbeitet. Derartige Beiträge fallen nicht bei allen Arbeitnehmern gewöhnlich an.

    d) Anhalte, die Tarifvertragsparteien hätten gleichwohl vereinbart, der Arbeitgeber habe bei der Berechnung des Aufstockungsbetrags den vom Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 1 Versorgungs-TV vom 4. November 1966 idF vom 20. Mai 1998 aufzubringenden Arbeitnehmerbeitrag zu berücksichtigen, sind nicht ersichtlich.

    aa) Aus dem Versorgungstarifvertrag ergibt sich das nicht. Nach dessen § 8 Abs. 1 muss sich der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes an der Finanzierung der Zusatzversorgung unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen beteiligen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmerbeitrag vom “Arbeitsentgelt” einzubehalten und an die VBL abzuführen. Arbeitsentgelt iSd. Tarifvertrags ist die Vergütung, die der Arbeitnehmer für die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nach § 611 Abs. 1 BGB beanspruchen kann. Die Einbehaltung erfolgt von dem Entgelt, das nach Abzug der Steuern und der gesetzlichen Beiträge zur Sozialversicherung an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist. Eine Einbehaltung vom sog. Bruttobetrag wäre unzulässig (vgl. BAG 25. September 2002 – 10 AZR 7/02 – AP BAT §§ 22, 23 Zuwendungs-TV Nr. 27 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 168, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

    Für Arbeitnehmer in Altersteilzeit gilt nichts anderes. Die Satzung der VBL enthält für sie keine Sonderregelung. Auch während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses hat sich der Arbeitnehmer an der Finanzierung der Zusatzversorgung mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen.

    bb) Auch die Erwägung des Klägers, die Tarifvertragsparteien hätten mit § 5 Abs. 2 TV ATZ den Besitzstand des Arbeitnehmers in Altersteilzeit sichern wollen, der auszuzahlende Betrag müsse deshalb gleich hoch sein wie der Mindestnettobetrag, greift nicht durch. Richtig ist, dass der Aufstockungsbetrag sich nach dem Entgelt richtet, das der Arbeitnehmer ohne den Wechsel in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis zu beanspruchen hätte. Insoweit knüpft der Aufstockungsbetrag an den “Besitzstand” des nunmehr in Altersteilzeit beschäftigten Arbeitnehmers an. Nach dem erklärten Willen der Tarifvertragsparteien gewährleisten sie den Mindestnettobetrag indessen nur nach Maßgabe des § 15 ATG.

    Die Vergünstigung der Arbeitnehmer beschränkt sich auf die Erhöhung des gesetzlichen Satzes von 70 v.H. auf 83 v.H. Eine weitergehende Besserstellung haben die Tarifvertragsparteien nicht vereinbart. Sie sind übereingekommen, die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL nicht wie gesetzliche Abzüge zu behandeln. Der Kläger übersieht, dass der Arbeitgeber mit der Einbehaltung und der Abführung keine eigene Beitragsschuld tilgt. Der Arbeitnehmerbeitrag zur VBL unterscheidet sich insoweit nicht von anderen Beträgen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer auf Grund Pfändung oder Abtretung an Dritte zahlt.

    cc) Der Umstand, dass die Beklagte die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL in den dem Kläger erteilten Verdienstbescheinigungen unter der Rubrik “ges. Abzüge” angeführt hat, ist ohne Bedeutung.

  • Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
 

Unterschriften

Reinecke, Zwanziger, Krasshöfer, Schwarz, Heilmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1120382

NWB 2004, 1163

FA 2004, 310

ZTR 2004, 253

AP, 0

BAGReport 2005, 31

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