Entscheidungsstichwort (Thema)

Rufbereitschaft. Anordnung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Anordnung bei Ausfall der dienstplanmäßig oder betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden infolge eines gesetzlichen Wochenfeiertags. Vergütung angefallener Arbeit bei tarifwidrig angeordneter Rufbereitschaft

 

Leitsatz (amtlich)

§ 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT berechtigt den Arbeitgeber nicht dazu, gegenüber einem Angestellten, dessen dienstplanmäßige Arbeit wegen eines Wochenfeiertags ausfällt, anstelle von Feiertagsarbeit Rufbereitschaft anzuordnen.

 

Orientierungssatz

1. § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT gestattet dem Arbeitgeber die Anordnung von Rufbereitschaft nur außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit des Angestellten. Hat der Angestellte an einem gesetzlichen Wochenfeiertag nach § 15 Abs. 6 Unterabs. 1 BAT dienstplanmäßig zu arbeiten und fallen diese Arbeitsstunden infolge des Wochenfeiertags aus, ist die Anordnung von Rufbereitschaft für die ausgefallene Arbeitszeit nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT nicht zulässig. Der Ausfall der Arbeit wegen eines Wochenfeiertags führt nicht zu einer Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne der Tarifbestimmung.

2. Die an einem Wochenfeiertag tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft ist wie tariflich zulässige Rufbereitschaft während eines Wochenfeiertages zu vergüten. Das nach § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG fortgezahlte Tarifgehalt ist nicht anzurechnen.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 1; EntgeltfortzahlungsG § 2 Abs. 1; BAT § 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 Unterabs. 1, Abs. 6a Unterabs. 1 S. 1, Abs. 6b Unterabs. 1, Abs. 6b Unterabs. 2, Abs. 6b Unterabs. 3 Sätze 1-2, § 17 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 3 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 2, Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 05.06.2002; Aktenzeichen 15 Sa 1171/01)

ArbG Braunschweig (Urteil vom 12.06.2001; Aktenzeichen 1 Ca 186/01)

 

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 5. Juni 2002 – 15 Sa 1171/01 – teilweise aufgehoben.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12. Juni 2001 – 1 Ca 186/01 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 666,14 Euro – brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (gemäß § 1 DÜG bis 31.12.2001 und gemäß § 247 BGB ab 1.1.2002) seit 17.4.2001 zu zahlen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung des Klägers, die Anschlußberufung der Beklagten und die weitergehende Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Vergütung des Klägers für Arbeitseinsätze während einer Rufbereitschaft an Wochenfeiertagen.

Der Kläger ist im Krankenhaus der Beklagten in der Abteilung für allgemeine Chirurgie als Oberarzt beschäftigt. Nach § 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 17. Oktober 1979 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Die Beklagte zahlt dem Kläger Gehalt nach Vergütungsgruppe I a BAT. Im BAT heißt es:

„§ 15 Regelmäßige Arbeitszeit. (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38 ½ Stunden wöchentlich. …

(6) In Verwaltungen/Verwaltungsteilen bzw. Betrieben/Betriebsteilen, deren Aufgaben Sonntags-, Feiertags-, Wechselschicht-, Schicht- oder Nachtarbeit erfordern, muß dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich entsprechend gearbeitet werden.

(6 b) Der Angestellte ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft). Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.

Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5 v.H. als Arbeitszeit gewertet und mit der Überstundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 2) vergütet.

Für angefallene Arbeit einschließlich einer etwaigen Wegezeit wird daneben die Überstundenvergütung gezahlt. Für eine Heranziehung zur Arbeit außerhalb des Aufenthaltsortes werden mindestens drei Stunden angesetzt. Wird der Angestellte während der Rufbereitschaft mehrmals zur Arbeit herangezogen, wird die Stundengarantie nur einmal, und zwar für die kürzeste Inanspruchnahme, angesetzt.

§ 17 Überstunden. (1) Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen.

§ 35 Zeitzuschläge, Überstundenvergütung. (1) Der Angestellte erhält neben seiner Vergütung (§ 26) Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde

a) für Überstunden in den Vergütungsgruppen

IV b bis I, Kr. IX bis Kr. XIII

15 v.H.,

(3) Die Stundenvergütung wird für jede Vergütungsgruppe im Vergütungstarifvertrag festgelegt.

Die Stundenvergütung zuzüglich des Zeitzuschlages nach Absatz 1 Satz 2 Buchst. a ist die Überstundenvergütung.

…”

Die regelmäßige Arbeitszeit der Oberärzte in der Abteilung für allgemeine Chirurgie ist verteilt auf die Wochentage Montag bis Freitag. Sie beträgt ohne die halbstündige Pause arbeitstäglich acht Stunden, beginnt um 07.00 Uhr und endet um 15.30 Uhr. Die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 38 1/2 Stunden wird durch Freischichten erreicht. Die Oberärzte werden abwechselnd zur Rufbereitschaft eingeteilt. Die Beklagte ordnet Rufbereitschaft montags bis freitags für die Zeit von 00.00 Uhr bis 07.00 Uhr und von 15.30 Uhr bis 24.00 Uhr an. An Samstagen, Sonntagen sowie Wochenfeiertagen zieht sie die Oberärzte von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr zur Rufbereitschaft heran.

Die Beklagte bewertet die Dauer der Rufbereitschaft an einem Wochenfeiertag mit 12,5 vH als Arbeitszeit und vergütet diese mit der Überstundenvergütung. Für die an einem Wochenfeiertag während der Rufbereitschaft tatsächlich angefallene Arbeit erhielt der Kläger bis zum 31. März 2000 die tarifliche Überstundenvergütung zuzüglich eines Zeitzuschlags iHv. 15 vH sowie den tariflichen Feiertagszuschlag iHv. 135 vH. Seit April 2000 zahlt die Beklagte keine Überstundenvergütung mehr, wenn die Arbeit während der Rufbereitschaft an einem Wochenfeiertag in der Zeit von 07.00 Uhr bis 15.30 Uhr geleistet wird.

Die Beklagte ordnete für den Kläger an den Wochenfeiertagen 24. April 2000, 1. Juni 2000, 3. Oktober 2000 und 25. Dezember 2000 Rufbereitschaft an. Dabei fielen zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr insgesamt 26 Arbeitsstunden an.

Der Kläger hat gemeint, ihm stehe die tarifliche Überstundenvergütung auch für die während der Rufbereitschaft an den Wochenfeiertagen zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr geleistete Arbeit zu.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.310,46 DM (670,03 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die vom Kläger an den Wochenfeiertagen während der Rufbereitschaft zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr geleistete Arbeit seien keine Überstunden. Diese Arbeit sei während der feiertagsbedingt ausgefallenen regelmäßigen Arbeitszeit geleistet und bereits mit der Feiertagsbezahlung ausgeglichen worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe des tariflichen Zeitzuschlags stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist überwiegend erfolglos. Dem Kläger steht eine Überstundenvergütung in Höhe von 666,14 Euro brutto zu. Hinsichtlich der weitergehenden Vergütungsansprüche ist die Revision begründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die an vier Wochenfeiertagen in der Zeit von 07.00 Uhr bis 15.30 Uhr angefallenen 26 Arbeitsstunden nach den Grundsätzen tarifrechtlich zulässiger Rufbereitschaft zu vergüten sind.

1. Nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT ist der Angestellte verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft). Die Anordnung der Rufbereitschaft ist damit – ebenso wie die Anordnung des Bereitschaftsdienstes nach § 15 Abs. 6a Unterabs. 1 Satz 1 BAT – als besondere Form der Arbeitsleistung (BAG 21. November 1991 – 6 AZR 551/89 – BAGE 69, 85, 90) nur außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit tariflich zulässig.

2. Die für den Kläger an vier Wochenfeiertagen angeordnete Rufbereitschaft in der Zeit zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr erfüllt diese Voraussetzung nicht. Die Beklagte hat den Kläger nicht außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zur Rufbereitschaft eingeteilt.

a) § 15 Abs. 6a und Abs. 6b BAT sind Nachfolgeregelungen zu Nr. 8 SR 2c BAT. Nach der Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitszeit in Nr. 8 Abs. 1 SR 2c BAT ist auf die Bestimmung der Tarifvertragsparteien in § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT zurückzugreifen und darunter die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu verstehen (21. November 1991 – 6 AZR 551/89 – BAGE 69, 85, 90). Diese Auslegung hätte zur Folge, dass Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft nur für vollbeschäftigte Angestellte tariflich geregelt wären. Demgegenüber hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (12. Februar 1992 – 5 AZR 566/90 – BAGE 69, 317) auch teilzeitbeschäftigte Angestellte zur Leistung von Rufbereitschaft nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT für verpflichtet gehalten. Er hat die Formulierung „außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit” so ausgelegt, dass damit nicht der zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtete Personenkreis eingegrenzt, sondern nur die Zeit festgelegt wird, für die Rufbereitschaft angeordnet werden darf (12. Februar 1992 – 5 AZR 566/90 – BAGE 69, 317, 322).

b) Ob daran festzuhalten ist, dass die Anordnung von Rufbereitschaft nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT eine regelmäßige Arbeitszeit des Angestellten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT voraussetzt, bedarf keiner Entscheidung. In jedem Fall erfordert die Anordnung von Rufbereitschaft gegenüber einem vollzeitbeschäftigten Angestellten, dass er während dieser Zeit nicht dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hat. Das folgt aus dem Wortlaut der Tarifvorschrift, auf den es für die Tarifauslegung zunächst ankommt (st. Rspr. BAG 11. September 2003 – 6 AZR 323/02 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 b aa der Gründe; 27. Juni 2002 – 6 AZR 209/01 – AP BAT § 29 Nr. 18, zu A II 2 a der Gründe). § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT bestimmt die Pflicht des Angestellten, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft). Diese Bindung des Angestellten betrifft seine Freizeit. Innerhalb der dienstplanmäßig oder betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hat er nach § 611 Abs. 1 BGB die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit am vereinbarten Arbeitsort zu leisten. Dies erfordert keine Anzeige des Aufenthaltsortes und schließt eine Aufnahme der Arbeit erst auf Abruf des Arbeitgebers aus. Auch die in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 2 BAT geregelte Stundengarantie zeigt, dass die Anordnung der Rufbereitschaft nur für Zeiten vor oder nach der dienstplanmäßig zu leistenden Arbeitszeit zulässig ist, also für solche Zeiten, über die der Angestellte ansonsten frei verfügen kann. Hinzu kommt, dass nach dieser Tarifvorschrift für die Heranziehung zur Arbeitszeit außerhalb des Aufenthaltsortes mindestens drei Stunden anzusetzen sind, wenn die Arbeitsleistung der dienstplanmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht unmittelbar vorangeht oder folgt. Das setzt zwingend voraus, dass Rufbereitschaft nicht für dienstplanmäßig festgesetzte Arbeitsstunden angeordnet werden kann.

c) Die tarifliche Ausgestaltung der Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers bestätigt das Auslegungsergebnis. Der Arbeitgeber darf nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 2 BAT Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Daraus wird die Zielsetzung der Tarifvertragsparteien deutlich, dass der Angestellte während der Rufbereitschaft in der Regel nicht zur Arbeit herangezogen werden, sondern seine freie Zeit nach seinen Vorstellungen gestalten können soll. Dem widerspräche die Anordnung von Rufbereitschaft für Zeiten, die dienstplanmäßig ohnehin als Arbeitsstunden gelten. In dem als regelmäßige Arbeitszeit bestimmten Zeitraum fällt in der Regel und nicht nur ausnahmsweise Arbeit an.

d) Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Beklagte habe durch die Anordnung der Rufbereitschaft die dienstplanmäßig festgesetzte Arbeitszeit des Klägers an den vier Wochenfeiertagen aufgehoben. Eine solche Abweichung vom Dienstplan hat die Beklagte nicht behauptet. Auch hat sie dem Kläger nach § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG für die Arbeitszeit, die infolge der gesetzlichen Feiertage ausgefallen ist, das Arbeitsentgelt gezahlt, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Folgerichtig hatte sich die wöchentliche Arbeitsverpflichtung des Klägers nicht gemindert. Auf die vom Landesarbeitsgericht angenommene Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeitverpflichtung des Klägers hatte die Beklagte auch nicht durch eine dann zwingend gebotene Änderung der Freischichten reagiert. Das schließt eine Aufhebung der dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitszeit an den Wochenfeiertagen aus. Vielmehr war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers und der anderen Oberärzte in der Abteilung für allgemeine Chirurgie nach dem Dienstplan verteilt auf die Wochentage Montag bis Freitag. Der Beginn der Arbeit war festgesetzt auf 07.00 Uhr, das Arbeitsende auf 15.30 Uhr. Die Anordnung der Rufbereitschaft an den vier Wochenfeiertagen zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr erfolgte damit nicht außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ohne Bedeutung, dass die Arbeit des Klägers infolge der vier Wochenfeiertagen ausgefallen war.

a) § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT gestattet die Anordnung von Rufbereitschaft nur außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Muss der Angestellte zur festgesetzten Arbeitszeit zB wegen Urlaubs oder auf Grund eines Freizeitausgleichs nicht arbeiten, ist dies ohne Einfluss auf die regelmäßige Arbeitszeit. Ebenso wenig berührt der Ausfall der Arbeit infolge eines gesetzlichen Wochenfeiertags die dienstplanmäßig oder betriebsüblich für diesen Wochentag festgesetzten Arbeitsstunden. Auf diese kommt es für die in § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG geregelte Entgeltzahlung an Feiertagen gerade an.

b) Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt dieses Verständnis. In § 15 Abs. 6 Unterabs. 1 Satz 1 BAT haben die Tarifvertragsparteien ua. geregelt, dass in Verwaltungen/Verwaltungsteilen bzw. Betrieben/Betriebsteilen, deren Aufgaben Feiertagsarbeit erfordern, dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich entsprechend gearbeitet werden muss. Das gestattet dem Arbeitgeber die Anordnung erforderlicher Feiertagsarbeit. Macht er von dieser Befugnis keinen Gebrauch, fällt die Arbeit für den Angestellten infolge des gesetzlichen Wochenfeiertags aus. Sind an einem solchen Wochenfeiertag gleichwohl Arbeitsleistungen des Angestellten erforderlich, darf der Arbeitgeber Rufbereitschaft nur für Zeiten anordnen, die außerhalb der dienstplanmäßig oder betriebsüblich festgesetzten, aber ausfallenden Arbeitszeit liegen, und in denen erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt (§ 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 2 BAT). An Wochenfeiertagen dürften in einem Krankenhaus Ärzte in Rufbereitschaft, die keine sofortige Aufnahme der Arbeit auf Abruf gewährleistet, nur ausnahmsweise eine ordnungsgemäße medizinischen Versorgung der Patienten sicherstellen (vgl. BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – EzA BGB § 611 Rufbereitschaft Nr. 2, zu B I 2 der Gründe). Muss der Arbeitgeber aber schon nach der Art der Arbeitsleistung mit einem höheren Arbeitsanfall rechnen, ist nach der Systematik des BAT Feiertagsarbeit anzuordnen. Die damit verbundenen Vergütungsfolgen kann der Arbeitgeber nicht durch die tarifwidrige Anordnung von Rufbereitschaft zu mindern suchen.

4. Tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft eines vollbeschäftigten Angestellten ist nach den Grundsätzen tarifgerecht angeordneter Rufbereitschaft zu vergüten (§ 612 Abs. 1 BGB). Durch einen nach dem Tarifvertrag nicht zulässigen Eingriff in die Freizeitgestaltung des Angestellten kann sich der Arbeitgeber der in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 2 BAT geregelten Vergütung der Wegezeit und der Stundengarantie des § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 2 BAT nicht entziehen (BAG 18. Januar 1990 – 6 AZR 386/89 – BAGE 65, 1, 15).

a) Nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 2 BAT ist die Zeit der Rufbereitschaft zum Zweck der Vergütungsberechnung mit 12,5 vH als Arbeitszeit zu werten und mit der Überstundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT) zu vergüten. Für angefallene Arbeit einschließlich einer etwaigen Wegezeit ist gemäß § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 1 BAT daneben die Überstundenvergütung zu zahlen. § 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT bestimmt, dass die Stundenvergütung zuzüglich des Zeitzuschlags nach Absatz 1 Satz 2 Buchst. a die Überstundenvergütung ist. In der Vergütungsgruppe I a BAT beträgt der Zeitzuschlag für Überstunden 15 vH (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BAT).

An den vier Wochenfeiertagen ist der Kläger während der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr insgesamt 26 Stunden zur Arbeit herangezogen worden. Die Beklagte hat dem Kläger für diese 26 Arbeitsstunden bei tarifgerechter Inanspruchnahme nach § 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT die für die Vergütungsgruppe I a BAT gemäß § 35 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT festgelegte Stundenvergütung zuzüglich des in § 35 Abs. 1 Satz 2 BAT geregelten Zeitzuschlags von 15 vH zu zahlen.

b) Unerheblich ist der Einwand der Beklagten, der Kläger habe keine Überstunden iSd. § 17 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT geleistet. Die Vergütung der während der Rufbereitschaft angefallenen Arbeit mit der Überstundenvergütung setzt nicht voraus, dass der Angestellte über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinaus gearbeitet hat.

aa) Für die Vergütung der Rufbereitschaft ist allein § 15 Abs. 6b BAT maßgeblich (BAG 28. Juli 1994 – 6 AZR 76/94 – AP BAT § 15 Nr. 33, zu II 3 der Gründe). Diese Vorschrift ordnet in Unterabs. 3 Satz 1 an, dass für angefallene Arbeit einschließlich einer etwaigen Wegezeit daneben die Überstundenvergütung gezahlt wird. Das beschränkt den Anspruch auf die Überstundenvergütung nicht auf angefallene Arbeit, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgeht. Die Tarifvertragsparteien haben für die Vergütung der während der Rufbereitschaft angefallenen Arbeit keine Rechtsgrundverweisung auf § 17 BAT vorgenommen. Sie haben die Vergütung für die angefallene Arbeit einschließlich der Wegezeit, die bei der Überstundenberechnung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BAT nicht mitzählt, in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT dem Grunde nach eigenständig geregelt. Nur wegen der Bestandteile der Überstundenvergütung haben sie mit dem Klammerzusatz in § 15 Abs. 6b Unterabs. 2 BAT auf § 35 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT verwiesen.

bb) Das folgt auch aus dem Zweck der tariflichen Regelung. Die Rufbereitschaft kann nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 1 Satz 1 BAT nur außerhalb der Arbeitszeit angeordnet werden. Sie soll es dem Arbeitgeber – ebenso wie der Bereitschaftsdienst gemäß § 15 Abs. 6a BAT – ermöglichen, den Angestellten auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit bei Bedarf zur Arbeitsleistung zu verpflichten (BAG 29. Juni 2000 – 6 AZR 900/98 – BAGE 95, 210, 213). Die Anordnung von Rufbereitschaft verlängert nicht die regelmäßige Arbeitszeit. Der Angestellte erbringt während der Rufbereitschaft nicht die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete, sondern eine andere, zusätzliche Leistung (BAG 24. Oktober 2000 – 9 AZR 634/99 – AP BUrlG § 11 Nr. 50 = EzA BUrlG § 11 Nr. 48, zu II 2 b der Gründe). Diese besteht darin, seinen Aufenthaltsort dem Arbeitgeber anzuzeigen und so zu wählen, dass er auf Abruf die Arbeit aufnehmen kann und darüber hinaus dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft über das vertraglich vereinbarte hinaus zur Verfügung zu stellen (BAG 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – EzA BGB § 611 Rufbereitschaft Nr. 2, zu B I 2 der Gründe; 29. Juni 2000 – 6 AZR 900/98 – BAGE 95, 210, 214, 215). Die Vergütung der Zeit der Rufbereitschaft mit 12,5 vH der Überstundenvergütung dient dem Ausgleich dieser Verpflichtung während der ansonsten freien Zeit. Eine Heranziehung des Angestellten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stellt einen Eingriff in die Freizeitgestaltung dar, den die Tarifvertragsparteien als nicht mehr vom Tarifgehalt abgedeckt und daher gesondert vergütungspflichtig ansehen (BAG 29. Juni 2000 – 6 AZR 900/98 – BAGE 95, 210, 214, 215). Wird der Angestellte abgerufen, leistet er zwar Arbeit. Trotzdem sind die geleisteten Arbeitsstunden nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien keine Überstunden im vergütungsrechtlichen Sinn (vgl. BAG 24. Oktober 2000 – 9 AZR 634/99 – AP BUrlG § 11 Nr. 50= EzA BUrlG § 11 Nr. 48, zu II 2 der Gründe). Die Arbeitsleistung als solche unterbricht nicht die Rufbereitschaft.

c) Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Entscheidung des Senats vom 15. Juli 1999 (– 6 AZR 738/97 – AP MTL II § 27 Nr. 2). Diese betrifft einen anderen Sachverhalt. In jenem Fall hatte der Arbeitgeber Rufbereitschaft nicht angeordnet. Der Kläger musste auf besondere Anordnung des Arbeitgebers während der regelmäßigen Arbeitszeit Feiertagsarbeit leisten.

5. Die in der Zeit zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr an den Wochenfeiertagen während der Rufbereitschaft geleistete Arbeit ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch die Feiertagsbezahlung ausgeglichen worden.

a) Die Beklagte hat den Kläger nicht nach § 15 Abs. 6 Unterabs. 1 BAT zur Feiertagsarbeit herangezogen. Für die infolge der gesetzlichen Wochenfeiertage ausgefallene Arbeitszeit hat sie dem Kläger nach § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG das Arbeitsentgelt zu zahlen, das dieser ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Das ist das entsprechende Tarifgehalt. Für die an den Wochenfeiertagen vor 07.00 Uhr und nach 15.30 Uhr angefallene Arbeit schuldet die Beklagte nach § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 Satz 1 BAT die Überstundenvergütung, die aus der für jede Vergütungsgruppe im Vergütungstarifvertrag festgelegten Stundenvergütung (§ 35 Abs. 3 Unterabs. 1 BAT) und dem Zeitzuschlag für die jeweilige Vergütungsgruppe (§ 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Unterabs. 2 BAT) besteht und deren Höhe nicht mit dem nach § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG fortzuzahlenden Tarifgehalt übereinstimmt. Darüber besteht kein Streit.

b) Für die Vergütung der an den Wochenfeiertagen zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr tatsächlich angefallenen Arbeit gilt nicht anderes. Die Beklagte hat durch diese tarifwidrige Anordnung von Rufbereitschaft ebenso in die Freizeitgestaltung des Klägers eingegriffen wie bei der tarifgerechten Anordnung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Durch die Anordnung tariflich nicht zulässiger Rufbereitschaft kann sie sich nicht der Vergütung der angefallenen Arbeit gemäß den tariflichen Regelungen entziehen. Eine Anrechnung der Feiertagsbezahlung auf die Vergütung für die Rufbereitschaft würde im Ergebnis zu einer Umgehung der nach § 12 EntgeltfortzahlungsG nicht abdingbaren Verpflichtung der Beklagten führen, für die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausgefallene Arbeitszeit das Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Kläger ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Die Beklagte verkennt, dass der Kläger in der fraglichen Zeit nur deswegen für die Ableistung der Rufbereitschaft zur Verfügung hat stehen können, weil wegen des Feiertages für ihn keine Arbeitsverpflichtung bestand.

II. Für die insgesamt angefallenen 26 Arbeitsstunden hat der Kläger Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 666,14 Euro (1.302,86 DM) brutto. Ihm steht für die Arbeitsleistung am 24. April 2000 und 1. Juni 2000 ein Betrag iHv. 644,93 DM brutto zu. Die am 3. Oktober 2000 und 25. Dezember 2000 angefallenen Arbeitsstunden hat die Beklagte mit 657,93 DM zu vergüten. Daraus folgt ein Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von insgesamt 666,14 Euro (1.302,86 DM) brutto.

1. Der Kläger wurde am 24. April 2000 zu fünfeinhalb und am 1. Juni 2000 zu siebeneinhalb Arbeitsstunden herangezogen. Die Stundenvergütung betrug nach § 6 des zum 1. April 1999 in Kraft getretenen Vergütungstarifvertrages Nr. 33 zum BAT für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vom 5. März 1999 bis zum 31. Juli 2000 in der für den Kläger maßgeblichen Vergütungsgruppe I a BAT 43,14 DM. Zuzüglich des Zeitzuschlages für diese Vergütungsgruppe von 15 vH (§ 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Unterabs. 2 BAT) folgt daraus eine Überstundenvergütung von 49,61 DM je Stunde und demnach für die am 24. April 2000 und 1. Juni 2000 angefallenen 13 Arbeitsstunden ein Betrag von insgesamt 644,93 DM.

2. Die Regelung der Stundenvergütungen in § 6 des nachfolgenden Vergütungstarifvertrages Nr. 34 vom 30. Juni 2000 ist zum 1. August 2000 in Kraft getreten. Die Stundenvergütung für die Vergütungsgruppe I a BAT belief sich für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. August 2001 auf 44,01 DM. Zuzüglich des Zeitzuschlages von 15 vH ergibt als Überstundenvergütung einen Betrag von 50,61 DM je Stunde. Dementsprechend sind die am 3. Oktober 2000 angefallenen sieben Arbeitsstunden und die am 25. Dezember 2000 angefallenen sechs Arbeitsstunden mit insgesamt 657,93 DM zu vergüten.

3. Soweit der Kläger über den Betrag von 666,14 Euro (1.302,86 DM) brutto hinaus Überstundenvergütung iHv. insgesamt 670,03 Euro (1.310,46 DM) brutto geltend macht, ist die darauf gerichtete Klage unschlüssig. Insoweit hat die Revision der Beklagten Erfolg.

III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO iVm. § 92 Abs. 2 ZPO. Die Zuvielforderung des Klägers war verhältnismäßig gering und hat keine besonderen Kosten veranlasst.

 

Unterschriften

Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, Wendlandt, Oye

 

Fundstellen

Haufe-Index 1120468

BAGE 2005, 62

BB 2004, 1396

DB 2004, 1153

EBE/BAG 2004, 2

ARST 2004, 209

NZA 2004, 390

ZTR 2004, 256

AP 2007

AP, 0

ArztR 2004, 354

EzA-SD 2004, 6

RiA 2004, 210

ZMV 2004, 203

AUR 2004, 163

ArbRB 2004, 145

PflR 2004, 454

BAGReport 2004, 170

Tarif aktuell 2004, 5

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