Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnfortzahlung bei Bestrahlungsbehandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer in Abständen von ein bis zwei Wochen vorbeugend durchgeführten ambulanten Bestrahlungstherapie gegen eine in unberechenbaren Schüben auftretende erbliche Krankheit (Schuppenflechte) liegt Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 S 1 LFZG auch dann vor, wenn der Arbeiter zwar bei den einzelnen Behandlungen nicht arbeitsunfähig ist, das Unterlassen der Behandlung seinen Zustand aber in absehbar naher Zeit zur Arbeitsunfähigkeit zu verschlechtern droht.

 

Orientierungssatz

Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeiter erst dann, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außer Stande setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG Urteil vom 14.1.1972 5 AZR 264/71 = AP Nr 12 zu § 1 LohnFG und BAG Urteil vom 25.6.1981 6 AZR 940/78 = AP Nr 52 zu § 616 BGB).

 

Normenkette

ZPO § 561 Abs. 2; RVO § 182 Abs. 10; LFZG § 1 Abs. 1 S. 1; BGB § 616 Abs. 1 S. 1; BauRTV § 4 Fassung 1981-02-03

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 16.08.1982; Aktenzeichen 1 Sa 1056/81)

ArbG Bad Hersfeld (Urteil vom 22.09.1981; Aktenzeichen 1 Ca 666/81)

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 182 Abs. 10 RVO) auf Lohnfortzahlung in Anspruch.

Der bei der Klägerin gegen Krankheit versicherte Maurer J E (im folgenden kurz: der Versicherte) ist seit dem 24. August 1975 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Bundes-Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) in der neuesten Fassung vom 3. Februar 1981 anzuwenden. Der Versicherte leidet an einer chronischen Hautkrankheit (Schuppenflechte = Psoriasis vulgaris). Infolge dieses Leidens war er in der Zeit vom 26. Juni bis zum 4. November 1979 arbeitsunfähig krank. Wegen der Gefahr einer Verschlimmerung unterzog er sich seit Jahresbeginn 1980 in der Hautklinik der Universität Gießen in etwa 14-tägigem Abstand einer Bestrahlungstherapie. An den Behandlungstagen war der Versicherte von morgens 7.00 Uhr bis nachmittags zwischen 14.00 und 15.00 Uhr unterwegs; die eigentliche Behandlung dauerte etwa eine Stunde. Für die Behandlungstage hat der Hausarzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Der Versicherte hätte jedoch, wäre er nicht zur Behandlung nach Gießen gefahren, seiner Arbeit nachgehen können. Die Therapie endete am 4. Dezember 1981. Etwa fünf Wochen später traten die Beschwerden unverändert wieder auf. Der Versicherte wird seither zweimal wöchentlich bestrahlt und befindet sich in laufender fachärztlicher Behandlung in Bad Hersfeld.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die durch die Bestrahlungsbehandlung ausgefallene Arbeitszeit des Versicherten Vergütung zu zahlen. Da die Beklagte die Lohnzahlung verweigerte, gewährte die Klägerin dem Versicherten Krankengeld. In Höhe des für vier Behandlungstage in den Monaten Juli und August 1981 geleisteten Krankengeldes von insgesamt 268,66 DM verlangt die Klägerin von der Beklagten Erstattung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die ausgefallene Arbeitszeit des Versicherten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG zu vergüten. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liege schon dann vor, wenn der Arbeiter seiner Tätigkeit nur unter der Gefahr der Verschlimmerung seines Leidens nachgehen könne. In dieser Lage habe sich der Versicherte befunden. Durch die Bestrahlung habe sein Leiden eingedämmt und eine erneute stationäre Behandlung vermieden werden können. Weiter hat die Klägerin geltend gemacht, dem Versicherten habe ein Anspruch auf Lohnfortzahlung auch nach § 4 Nr. 3.1 (BRTV-Bau) vom 3. Februar 1981 zugestanden. Diese Bestimmung lautet:

"§ 4

Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall

.....

3) Freistellung aus besonderen Gründen

Der Arbeitnehmer ist für die tatsächlich zur

Erledigung der Angelegenheit benötigte Zeit

unter Zahlung seines Gesamttarifstundenlohnes

- höchstens jedoch für 8 Stunden - von der

Arbeit freizustellen, wenn er

3.1 den Arzt aufsuchen muß und der Besuch nach-

weislich

während der Arbeitszeit erforderlich ist

und keine Dauerbehandlung vorliegt...."

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 268,66 DM

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Versicherte könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Bezahlung der durch die Bestrahlungsbehandlung ausgefallenen Arbeitszeit verlangen. Er sei an den Behandlungstagen nicht arbeitsunfähig krank gewesen; bei Heilbehandlung ohne Arbeitsunfähigkeit bestehe aber kein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Ansprüche nach § 4 Nr. 3.1 BRTV-Bau seien zu verneinen, da die Bestrahlungstherapie eine von der Tarifbestimmung ausdrücklich ausgenommene Dauerbehandlung gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, die die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht der geforderte Erstattungsbetrag nicht zu.

I. Der Versicherte hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG erlangt.

1. Der Arbeiter, der nach Beginn der Beschäftigung durch Arbeitsunfähigkeit infolge unverschuldeter Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, behält den Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG). Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung kann danach nur entstehen, wenn der Arbeiter krank ist und infolge dieser Krankheit arbeitsunfähig wird. Krankheit allein löst noch keinen Lohnfortzahlungsanspruch aus. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist vielmehr weiter, daß die Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat.

Krankheit im medizinischen Sinne ist jeder regelwidrige körperliche oder geistige Zustand (BAG 10, 183, 184 = AP Nr. 21 zu § 63 HGB, zu 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 14. Januar 1972 - 5 AZR 264/71 - AP Nr. 12 zu § 1 LohnFG, Bl. 1 R; BAG Urteil vom 1. Juni 1983 - 5 AZR 536/80 - AP Nr. 52 zu § 1 LohnFG, zu I 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Kaiser/Dunkl, Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, 2. Aufl., § 1 Rz 74; Schmatz/Fischwasser, Vergütung der Arbeitnehmer bei Krankheit und Mutterschaft, 6. Aufl., § 1 LFZG Anm. III 1 a = C 111). Von diesem medizinischen Begriff der Krankheit ist auch bei Anwendung des § 1 LohnFG auszugehen.

Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeiter erst dann, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außer Stand setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG Urteil vom 14. Januar 1972 - 5 AZR 264/71 - AP Nr. 12 zu § 1 LohnFG, Bl. 1 R; BAG Urteil vom 25. Juni 1981 - 6 AZR 940/78 - AP Nr. 52 zu § 616 BGB, zu II 4 der Gründe; Kaiser/Dunkl, aaO, § 1 Rz 79, 80; Schmatz/Fischwasser, aaO, Anm. III 1 b = C 112). Keine dieser beiden Voraussetzungen ist im Streitfall erfüllt.

2. Allerdings war der Versicherte während der Strahlenbehandlung krank im medizinischen Sinne. Er litt an einer in Schüben verlaufenden erblichen Krankheit (Schuppenflechte). Dieser körperliche Zustand war - wenn auch damals kein akuter Schub vorlag - regelwidrig, weil er von der durch das Leitbild des gesunden Menschen geprägten Norm abwich (vgl. zum Begriff der Regelwidrigkeit BSGE 35, 10, 12 m.w.N.). Die Krankheit hat jedoch keine Arbeitsunfähigkeit im Gefolge gehabt.

a) Der Versicherte war an den Behandlungstagen nicht arbeitsunfähig. Sein regelwidriger körperlicher Zustand setzte ihn nicht außer Stand, die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen. Wie das Landesarbeitsgericht als unstreitig festgestellt hat, hätte der Versicherte an den fraglichen Tagen, wäre er wegen Terminsverlegung oder aus anderen Gründen nicht in Gießen gewesen, seiner Arbeit ohne weiteres nachgehen können. Zudem hat die Strahlenbehandlung als solche bei dem Versicherten nicht zur Arbeitsunfähigkeit geführt.

Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Lohnfortzahlungsrechts kann auch dann eintreten, wenn der Arbeiter zwar noch nicht arbeitsunfähig ist, die zur Behebung seiner Krankheit erforderliche Behandlung ihn jedoch wegen ihrer besonderen Art an der künftigen Arbeitsleistung hindert (Urteile des Senats vom 14. Januar 1972 - 5 AZR 264/71 - AP Nr. 12 zu § 1 LohnFG und vom 5. April 1976 - 5 AZR 397/75 - AP Nr. 40 zu § 1 LohnFG). Soweit der Senat zu diesem rechtlichen Ergebnis gelangt ist, lagen seinen Entscheidungen indessen anders gestaltete Sachverhalte zugrunde. Bei den Heilmaßnahmen, denen sich der Arbeiter in den genannten Fällen unterziehen mußte, handelte es sich jeweils um eine Operation, die wegen der Schwere des Eingriffs anschließend zur Arbeitsunfähigkeit führte. Diese Folge hat die Bestrahlungstherapie für den Versicherten im Streitfall nicht gehabt. Zum Lohnausfall führten vielmehr die Wahl des Behandlungszeitpunktes und die große Entfernung zum Behandlungsort (vgl. hierzu das auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehene Urteil des Senats vom 29. Februar 1984 - 5 AZR 455/81 - AP Nr. 52 zu § 1 LohnFG, zu 1 c der Gründe).

b) Nach den aufgrund einer Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Bestrahlungsbehandlung eingesetzt worden zur Stabilisierung des Zustandes des Versicherten und zur Prophylaxe, auch um einen eventuellen stationären Aufenthalt zu vermeiden. Das alles ist ärztlicherseits geschehen unter der Vorstellung einer Rückfallverhütung. Die Schuppenflechte verläuft in Schüben, wobei das jeweilige zeitliche Auftreten neuer Hautveränderungen in gar keiner Weise abgeschätzt werden kann. - Diese Feststellungen, die mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden sind und an die der Senat daher gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO), rechtfertigen nicht die Annahme, der Versicherte hätte an den Bestrahlungstagen die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen können, seinen Zustand in absehbar naher Zeit bis zur Arbeitsunfähigkeit zu verschlimmern. Für eine solche Annahme gibt die zum Beweis eingeholte Auskunft der Klinikärzte keine ausreichende Grundlage. Das hat das Landesarbeitsgericht auch durchaus richtig gesehen und seine Bedenken zutreffend zum Ausdruck gebracht. - Dagegen kann seiner weiteren Schlußfolgerung nicht zugestimmt werden, weil seine tatsächlichen Feststellungen diese nicht tragen.

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß die Beschwerden des Versicherten fünf Wochen nach Beendigung der Bestrahlungstherapie wieder unverändert aufgetreten sind, und hat angenommen, die Krankheit wäre noch früher wieder aufgeflammt, wenn die Bestrahlung vorher unterbrochen worden wäre. Unter diesen Umständen müsse der Versicherte für die Behandlungszeiten als arbeitsunfähig angesehen werden. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch nicht festgestellt, daß das Wiederauftreten von Beschwerden bei dem Versicherten zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Die Klägerin hat dies auch nicht behauptet, die Beklagte hat es dagegen im Schriftsatz vom 21. Juli 1982 ausdrücklich bestritten. Unstreitig ist zwischen den Parteien insoweit lediglich, daß der Versicherte nunmehr zweimal wöchentlich Bestrahlungen erhält und sich in laufender fachärztlicher Behandlung, inzwischen in Bad Hersfeld, befindet. Daraus läßt sich aber nicht herleiten, daß der Versicherte arbeitsunfähig ist oder war und eine vorzeitige Beendigung oder gar völlige Unterlassung der Bestrahlungstherapie zur Arbeitsunfähigkeit geführt hätte.

II. Der Versicherte hat auch keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 4 Nr. 3.1 BRTV-Bau erworben.

Nicht jeder Arztbesuch und nicht jede Behandlung auf ärztliche Anordnung lösen nach der genannten Tarifvorschrift einen Anspruch auf Lohnfortzahlung aus. Einschränkende Voraussetzung ist vielmehr, daß "keine Dauerbehandlung" vorliegt. Diese Einschränkung ist im Streitfalle jedoch zu bejahen. Der Begriff der Dauerbehandlung erfordert keine zeitlich unbegrenzte Behandlung. Es reicht vielmehr aus, wenn diese über einen längeren Zeitraum vorgenommen wird (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2. Band, 1981, S. 161, 162 zu den Begriffen "Dauerleistung" und "Dauerzustand"). Das war bei den Bestrahlungsbehandlungen des Versicherten der Fall.

Unstreitig erstreckte sich die Therapie in regelmäßigen Abständen von etwa zwei Wochen über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren. Stellt man auf den Wortlaut der Tarifbestimmung ab, sind Lohnfortzahlungsansprüche schon wegen der Dauer der Behandlung ausgeschlossen. Einem solchen Ergebnis stehen auch Sinn und Zweck der Bestimmung nicht entgegen. Wird eine längere Behandlung erforderlich, ohne daß der Arbeiter arbeitsunfähig krank ist, gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, daß eine Behandlung außerhalb der Arbeitszeit eingerichtet werden muß. So verweisen Blumensaat/Sperner/Unkelbach/Weimer zu einer wortgleichen früheren Fassung des § 4 BRTV-Bau darauf, daß der Arbeiter für Dauerbehandlungen die nach der Arbeitszeit stattfindenden Sprechstunden des Arztes in Anspruch nehmen könne (Kommentar zum BRTV-Bau, Gewerbliche Arbeitnehmer, i.d.F. vom 5. Juni 1978, § 4 Anm. 24). Dies gilt auch für die Behandlung durch Angehörige der Heilhilfsberufe, da diese ihre Arbeitszeit den Bedürfnissen der Arbeitnehmer anpassen und Behandlungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit anbieten (vgl. das ebenfalls zur Veröffentlichung vorgesehene weitere Urteil des Senats vom 29. Februar 1984 - 5 AZR 92/82 -, zu 1 der Gründe). Es kann daher dahinstehen, ob vorliegend die Bestrahlungstherapie von Ärzten oder von anderen Mitarbeitern der Hautklinik durchgeführt wurde.

III. Durch die tarifliche Regelung des § 4 BRTV-Bau ist ein Rückgriff auf die gesetzliche Generalklausel des § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen.

Nach § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB verliert der zur Dienstleistung Verpflichtete den Anspruch auf die Vergütung nicht dadurch, daß er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Hinsichtlich der streitigen Behandlungstage können alle von § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB geforderten Anspruchsvoraussetzungen als erfüllt angesehen werden. Gleichwohl kommt die genannte Bestimmung als Anspruchsgrundlage für die Klage nicht in Betracht. Die Bestimmung kann tarifvertraglich abbedungen und modifiziert werden (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 1979 - 5 AZR 392/78 - AP Nr. 51 zu § 616 BGB; BAG 9, 179, 181 = AP Nr. 23 zu § 616 BGB; BAG 40, 75, 78 = AP Nr. 1 zu § 26 ArbGG 1979; BAG Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 134/80 - AP Nr. 58 zu § 616 BGB, Bl. 2; jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies ist durch § 4 Nr. 1 BRTV-Bau vom 3. Februar 1981 geschehen, wo es heißt:

"§ 4

1) Allgemeines

Grundsätzlich wird in Abweichung von § 616

BGB der Lohn nur für die wirklich geleistete

Arbeitszeit gezahlt. Hiervon gelten die

folgenden erschöpfend aufgezählten Ausnahmen."

Mit diesen beiden Eingangssätzen der Tarifvorschrift haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, daß eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers - außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle - nur dann und nur insoweit bestehen soll, als die nachstehend aufgeführten Tatbestände vorliegen. Als Ausnahmetatbestand wäre im Streitfalle allenfalls derjenige des Arztbesuches nach § 4 Nr. 3.1 BRTV-Bau in Betracht gekommen. Alle übrigen Bestimmungen des § 4 BRTV-Bau scheiden nach ihrem Regelungsinhalt dafür aus.

Neben der abschließenden Anspruchsregelung der Tarifbestimmung kommt § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB als Generalklausel nicht mehr zur Anwendung. Diese Vorschrift ist insgesamt abbedungen worden. Wäre das nicht gewollt gewesen, hätten sich die Tarifvertragsparteien jede tarifliche Katalogisierung der einzelnen Verhinderungstatbestände ersparen können (vgl. das bereits erwähnte Urteil des Senats vom 29. Februar 1984 - 5 AZR 455/81 -, zu 3 der Gründe, mit weiteren Nachweisen).

Dr. Gehring Michels-Holl Schneider

Döring Fischer

 

Fundstellen

Haufe-Index 440127

BAGE 48, 1-7 (LT1)

BAGE, 1

DB 1985, 977-978 (LT1)

NJW 1985, 2214

NJW 1985, 2214-2215 (LT1)

ARST 1986, 38-39 (LT1)

JR 1986, 484

NZA 1985, 562-564 (LT1)

USK, 8501 (ST1)

AP § 1 LohnFG (LT1), Nr 62

AR-Blattei, Baugewerbe VIII Entsch 70 (LT1)

AR-Blattei, ES 1000.3.1 Nr 128 (LT1)

AR-Blattei, ES 370.8 Nr 70 (LT1)

AR-Blattei, Krankheit IIIA Entsch 128 (LT1)

BKK 1985, 433-434 (ST2)

EzA § 1 LohnFG, Nr 75 (LT1)

PERSONAL 1985, 258-258 (T)

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