Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung am Rosenmontag. unzulässige Feststellungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage eines Arbeitnehmers mit dem Antrag festzustellen, daß er an einem bestimmten Tag in der Vergangenheit (hier Rosenmontag 1991) Dienstbefreiung mit voller Lohnfortzahlung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub hatte, ist unzulässig, weil sich aus der Feststellung keine Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben können.

 

Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 18.12.1991; Aktenzeichen 2 Sa 823/91)

ArbG Aachen (Urteil vom 13.06.1991; Aktenzeichen 5 Ca 680/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 1991 – 2 Sa 823/91 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger am Rosenmontag 1991 aufgrund eines besonderen vertraglichen Anspruchs von der Arbeitspflicht befreit war oder ob er Erholungsurlaub bekommen hat.

Der Kläger ist seit 1973 bei der Beklagten beschäftigt. Für die Mitarbeiter der Beklagten war der Rosenmontag mindestens seit 1954 arbeitsfrei. Die Freistellung beruhte auf jeweils zu Anfang des Jahres bekanntgegebenen Verwaltungsverfügungen der Beklagten unterschiedlichen Inhalts und betraf teilweise auch die Arbeitszeit am vorhergehenden Donnerstag und den Dienstag vor Aschermittwoch. Die Beklagte teilte in ihrem Verwaltungsblatt vom 2. Januar 1991 mit, daß der Rosenmontag auch in diesem Jahr arbeitsfrei sei. Nachdem die nordrhein-westfälische Landesregierung am 23. Januar 1991 beschlossen hatte, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst des Landes wegen des Golfkrieges am Rosenmontag ihre Dienst- und Arbeitspflicht zu erfüllen hätten, nahm die Beklagte die Arbeitsbefreiung vom 2. Januar 1991 am 24. Januar 1991 zurück. In einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, mit dem der Kläger einen Anspruch auf Freistellung am Rosenmontag aufgrund betrieblicher Übung durchsetzen wollte, einigten sich die Parteien am 8. Februar 1991 in einem gerichtlichen Vergleich, daß der Kläger am Rosenmontag bezahlte Dienstbefreiung erhalten solle. Die Frage, ob dieser Tag auf den Erholungsurlaub anzurechnen sei, sollte in einem Hauptverfahren geklärt werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger am 4. März 1991 bestätigt hatte, daß sie ihm für den 11. Februar 1991 Erholungsurlaub angerechnet habe, erhob der Kläger die vorliegende Klage. Er hat gemeint, er habe Rosenmontag aufgrund betrieblicher Übung einen Anspruch auf bezahlte Freizeit gehabt.

Er hat beantragt

festzustellen, daß der Kläger am 11. Februar 1991 (Rosenmontag) Dienstbefreiung mit voller Lohnfortzahlung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub hatte.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verlangt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während die Beklagte Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klage kann keinen Erfolg haben. Sie ist unzulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAGE 4, 114 = AP Nr. 1 zu § 20 MietSchG; BAGE 54, 210 = AP Nr. 3 zu § 52 BAT; Senatsurteil vom 22. September 1992 – 9 AZR 404/90 – zur Veröffentlichung bestimmt; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., § 256 Anmerkung 3D; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 256 Rz 47; MünchKomm – Lüke, ZPO, § 256 Rz 28). Anderenfalls verlangt die klagende Partei lediglich ein Rechtsgutachten für einen abgeschlossenen Sachverhalt. Die Erstattung von Rechtsgutachten ist den Gerichten aber versagt.

2. Im Streitfall ergibt sich aus der beantragten Feststellung auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Parteien nur die vergangenheitsbezogene Klarstellung, ob der Kläger an einem bestimmten Tag des Jahres 1991 Erholungsurlaub hatte oder aus anderen Gründen freigestellt worden ist. Rechtswirkungen für die Zukunft gingen von der rechtlichen Beurteilung nicht aus.

a) Die beantragte Feststellung hätte keine unmittelbaren Auswirkungen auf finanzielle Ansprüche des Klägers. Der Rosenmontag ist ihm bezahlt worden.

b) Ein Feststellungsurteil zugunsten des Klägers hätte auch keine urlaubsrechtlichen Auswirkungen. Wenn gerichtlich festgestellt würde, daß der Kläger am 11. Februar 1991 einen besonderen vertraglichen Anspruch auf Arbeitsbefreiung hatte und ihm kein Erholungsurlaub gewährt worden ist, folgt daraus nicht, daß der Kläger aus dem Jahr 1991 noch einen weiteren Tag Urlaub verlangen kann. Denn der Urlaubsanspruch des Klägers ist am Ende des Jahres 1991 erloschen, § 47 Abs. 7 Unterabs. 1 BAT. Sofern einer der in § 47 Abs. 7 Unterabs. 2 BAT genannten Übertragungstatbestände vorgelegen haben sollte, wofür es im Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte gibt, wäre der Urlaubsanspruch jedenfalls spätestens am 30. September 1992 erloschen. Der Kläger kann auch keinen Ersatzurlaubsanspruch nach den §§ 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 BGB geltend machen. Im Vortrag des Klägers fehlt jegliches Vorbringen, daß er die Beklagte in Verzug gesetzt hätte.

3. Rechtswirkungen für Gegenwart und Zukunft entfaltet die beantragte Feststellung auch nicht im Zusammenhang mit dem Vergleich der Parteien im Verfügungsverfahren. Die Vereinbarung, die umstrittene Frage im Hauptverfahren zu klären, läßt sich nicht dahin auslegen, die Beklagte werde nach rechtskräftiger Entscheidung irgendeine Leistung nachholen. Dem Vergleich ist nicht nur nicht zu entnehmen, welche (übertarifliche und außergesetzliche) Geld- oder Freistellungsleistung die Beklagte zu erbringen bereit wäre, sondern er enthält überhaupt kein Versprechen der Beklagten, dem Kläger nach für ihn günstigem Abschluß des Rechtsstreits irgendetwas zukommen zu lassen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Reinecke, Dörner, Dr. Jesse, Matthiessen

 

Fundstellen

Haufe-Index 846790

BB 1992, 2508

NJW 1993, 2333

JR 1993, 440

NZA 1993, 475

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