Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Tarifvertrages; Ausschlußfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 4 Abs 1 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 1993 (MTV) ist Mehrarbeit nur die Arbeitszeit, die über die in § 2 Abs 1 MTV geregelte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden hinausgeht. Mehrarbeitszuschläge fallen nach § 4 MTV aber erst an, wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 40 Stunden beträgt. In dem vom Senat entschiedenen Fall war es unerheblich, ob diese auch für Teilzeitbeschäftigte geltende Zuschlagsregelung rechtlichen Bedenken begegnet.

2. Ansprüche auf Entlohnung der über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsleistung fallen unter die dreimonatige Ausschlußfrist des § 23 Abs 1 Buchstabe a MTV. Dies gilt sowohl für die anteilige Grundvergütung als auch für Mehrarbeitszuschläge. Auf den Überstundenanspruch der Teilzeitbeschäftigten ist § 23 Abs 1 Buchstabe a MTV unabhängig davon anzuwenden, ob eine wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden (§ 2 Abs 1 MTV) überschritten wurde oder nicht. Der in § 23 Abs 1 Buchstabe a MTV verwandte Begriff "Überstunden" ist weiter zu verstehen als der in anderen Vorschriften des MTV enthaltene Begriff "Mehrarbeit".

3. Die Ausschlußfristen des § 23 Abs 1 MTV beginnen mit der Fälligkeit der erfaßten Ansprüche zu laufen. Die Ansprüche der Teilzeitbeschäftigten auf Überstundenvergütung werden am Schluß des Kalendermonats fällig, der auf den Monat folgt, in dem der Arbeitnehmer die zusätzliche Arbeit geleistet hat.

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.03.1994; Aktenzeichen 6 Sa 1956/93)

ArbG Wesel (Entscheidung vom 27.10.1993; Aktenzeichen 2 Ca 2819/93)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin noch für die 1. bis 13. Kalenderwoche 1993 Vergütung für zusätzlich geleistete Arbeit verlangen kann, insbesondere ob diese Ansprüche nach § 23 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) verfallen sind.

Die Klägerin war vom 1. September 1992 bis 31. Juli 1993 als Verkäuferin im Einzelhandelsunternehmen der Beklagten beschäftigt. Ihre Arbeitszeit betrug nach § 1 des Arbeitsvertrages 31 Stunden pro Woche und 134 Stunden pro Monat. Ihr monatliches Gehalt belief sich auf 1.862,00 DM brutto. Mit Schreiben vom 9. Juli 1993 hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe in den Monaten Januar bis Mai 1993 die im einzelnen angegebenen Mehrarbeitsstunden geleistet. Sie hat von der Beklagten für diese zusätzliche Arbeit Zahlung von 1.565,62 DM brutto verlangt.

Die Beklagte hat den Umfang der Mehrarbeit bestritten und sich auf die tarifvertragliche Ausschlußfrist berufen. Der am 1. Januar 1993 in Kraft getretene, für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen (MTV) vom 23. Juli 1993 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2 Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

beträgt 37,5 Stunden ausschließlich der Pausen.

Im übrigen richtet sich die Arbeitszeit nach den

Vorschriften der Arbeitszeitordnung, der Gewerbe-

ordnung, des Jugendarbeitsschutzgesetzes sowie

des Mutterschutzgesetzes.

(2) Eine von Abs. 1 abweichende systematische

Einteilung der regelmäßigen Arbeitszeit (Mehr-

oder Minderarbeit an einem Werktag oder in einer

Woche) ist zulässig, wenn innerhalb von 52 Wochen

die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit

gemäß Abs. 1 nicht überschritten wird.

...

(5) Wird die regelmäßige tägliche Arbeitszeit

an einzelnen Werktagen verkürzt oder verlängert,

so kann diese Arbeitszeit in einem Zeitraum von

drei Wochen ausgeglichen werden.

...

§ 3 Teilzeitarbeit

(1) Teilzeitbeschäftigte sind Arbeitnehmer,

deren vertraglich vereinbarte Arbeitszeit die ta-

riflich vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit

unterschreitet.

(2) Arbeitszeitanfang, Arbeitszeitende und

Lage der Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte

sind in den Betrieben mit Betriebsrat durch Be-

triebsvereinbarungen oder in Betrieben ohne Be-

triebsrat durch einzelvertragliche Vereinbarungen

zu regeln.

(3) Die Arbeitszeit soll wöchentlich minde-

stens 20 Stunden und am Tag mindestens vier Stun-

den betragen und auf höchstens fünf Tage pro

Woche verteilt werden. Hiervon kann abgewichen

werden, wenn der Arbeitnehmer dies wünscht oder

betriebliche Belange (z.B. Schließdienst, Haus-

reinigung, Inventuren ...) dies erfordern. Mit

Zustimmung des Betriebsrats sowie einzelvertrag-

lich in Betrieben ohne Betriebsrat kann die Ar-

beitszeit auf sechs Tage verteilt werden.

(4) Die Teilzeitbeschäftigten sind anteilig an

den tariflichen Leistungen zu beteiligen.

...

§ 4 Mehrarbeit

(1) Mehrarbeit für Vollbeschäftigte ist jede

über die vereinbarte oder festgelegte tägliche

Arbeitszeit hinausgehende Arbeit, sofern sie

nicht gemäß § 2 Abs. 5 ausgeglichen wird. Mehrar-

beit für Teilzeitbeschäftigte ist jede Arbeits-

zeit, die über die in § 2 Abs. 1 geregelte Ar-

beitszeit hinaus geleistet wird.

(2) Eine über die tarifliche Arbeitszeit hin-

ausgehende Arbeitszeit bis zu 40 Stunden je Woche

ist als zuschlagfreie Mehrarbeit zu vergüten.

(3) Mehrarbeit ist nach Möglichkeit zu vermei-

den. Sie ist nur im Rahmen der Bestimmungen der

Arbeitszeitordnung und des Betriebsverfassungsge-

setzes zulässig. Bei der Festlegung der Mehrar-

beit sollen die Interessen der betroffenen Ar-

beitnehmer angemessen berücksichtigt werden. Der

Arbeitgeber hat bei Anordnung von Mehrarbeit auf

berechtigte Belange des Arbeitnehmers Rücksicht

zu nehmen, insbesondere im Hinblick auf unbeauf-

sichtigte Kinder.

(4) Mehrarbeitsstunden sind mit 1/163 des Mo-

natsentgelts und einem Zuschlag gemäß § 6 zu be-

zahlen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers kann eine

Abgeltung von Mehrarbeitsstunden durch Freizeit

mit den entsprechenden Zeitzuschlägen erfolgen.

Über den Zeitpunkt der Abgeltung ist eine Verein-

barung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer her-

beizuführen.

§ 5 Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

(1) Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist nach

Möglichkeit zu vermeiden. Sie ist nur im Rahmen

der gesetzlichen Bestimmungen zulässig.

Von der Betriebsleitung angeordnete Nachtarbeits-

stunden (von 19.30 bis 6 Uhr) sowie Arbeitsstun-

den an Sonn- und Feiertagen (von 0 bis 24 Uhr)

sind gemäß §§ 4 und 6 abzugelten. ...

...

§ 6 Zuschläge

(1) Mehr-, Nacht-, Sonntags-, Feiertags- und

Spätöffnungsarbeit sind mit Ausnahmen im Tank-

stellen- und Garagengewerbe (§ 7) mit folgenden

Zuschlägen abzugelten:

a) Mehrarbeit 25 %

b) Mehrarbeit ab der 5. Mehrarbeits-

stunde in der Woche 40 %

...

(2) Treffen mehrere Zuschläge zusammen, ist

jeweils nur der höchste Zuschlag zu zahlen.

§ 9 Gehalts- und Lohnregelung

...

(4) Dem Arbeitnehmer ist mit jeder monatlichen

Gehalts- bzw. Lohnzahlung eine Abrechnung auszu-

händigen.

(5) Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf

ein monatliches Tarifentgelt, das dem Verhältnis

ihrer vereinbarten Arbeitszeit zu der dem tarif-

lichen Entgelt eines Vollbeschäftigten zugrunde-

liegenden Arbeitszeit entspricht.

...

(7) Der Arbeitnehmer muß spätestens am Schluß

des Kalendermonats über sein Entgelt verfügen

können. Bargeldlose Zahlung ist zulässig. Besteht

für den Arbeitnehmer keine Möglichkeit, das Ent-

gelt außerhalb der Arbeitszeit abzuheben, so ist

der Arbeitgeber gehalten, dem Arbeitnehmer auf

Verlangen am Fälligkeitstage ggf. gegen Scheck

einen angemessenen Betrag auszuzahlen. Bestehende

Betriebsvereinbarungen werden hiervon nicht be-

rührt.

...

§ 23 Verfallklausel

(1) Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

verfallen wie folgt:

a) drei Monate nach Fälligkeit:

Ansprüche auf Abgeltung der Überstunden;

b) spätestens drei Monate nach Ende des Ur-

laubsjahres bzw. Beendigung des Arbeits-

verhältnisses:

Ansprüche auf Urlaub, Urlaubsabgeltung

und Sonderzahlungen;

c) sechs Monate nach Fälligkeit:

alle übrigen aus Tarifvertrag und Ar-

beitsverhältnis entstandenen finanziel-

len Ansprüche.

(2) Die Ansprüche verfallen nicht, sofern sie

innerhalb der vorgenannten Fristen schriftlich

geltend gemacht worden sind.

(3) Vorstehende Fristen gelten als Ausschluß-

fristen.

(4) Unter die Verfallklausel fallen nicht sol-

che Ansprüche eines Arbeitgebers oder eines Ar-

beitnehmers gegen einen Arbeitnehmer oder Arbeit-

geber, die auf eine strafbare Handlung oder eine

unerlaubte Handlung gestützt werden. Für diese

Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften."

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung für die 1. bis 13. Kalenderwoche 1993 seien nicht verfallen. Die Ausschlußfrist betrage nach § 23 Abs. 1 Buchst. c MTV sechs Monate. Die dreimonatige Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV erfasse nicht den vorliegenden Fall. Mit "Abgeltung von Überstunden" sei nur die Abgeltung der Mehrarbeit durch Freizeit gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 MTV gemeint, nicht aber die Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung. Im übrigen werde die Mehrarbeitsvergütung frühestens mit Ablauf des Kalendermonats fällig, der auf den Monat folge, in dem die Mehrarbeit geleistet worden sei. Außerdem sei § 4 Abs. 1 MTV zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift liege eine Mehrarbeit im tarifvertraglichen Sinn nur dann vor, wenn die zusätzliche Arbeitszeit nicht gemäß § 2 Abs. 5 MTV in einem Zeitraum von drei Wochen ausgeglichen worden sei. Erst nach Ablauf dieses Zeitraums stehe fest, ob überhaupt eine Mehrarbeitsvergütung zu gewähren sei. Außerdem sei zu beachten, daß in der Regel bei der heute üblichen EDV-mäßigen Gehaltsabrechnung Mehrarbeitsstunden, die der Personalbuchhaltung erst in der zweiten Hälfte eines Monats gemeldet würden, nicht mehr in die laufende Abrechnung einbezogen werden könnten. Solange aber eine Vergütung nicht abgerechnet werden könne, werde sie auch nicht fällig.

Die Klägerin hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

1.188,70 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich

ergebenden Nettobetrag seit dem 18. August 1993

zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß etwaige Ansprüche der Klägerin auf Mehrarbeitsvergütung für die 1. bis 13. Kalenderwoche nach § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV verfallen seien. Die Ausschlußfrist belaufe sich nach § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV auf drei Monate. Unter "Abgeltung von Überstunden" im Sinne dieser Vorschrift sei nicht nur die Abgeltung von Mehrarbeit durch Freizeitausgleich, sondern auch die Bezahlung einer Mehrarbeitsvergütung zu verstehen. Die Mehrarbeitsvergütung sei nach § 9 Abs. 7 Satz 1 MTV mit Ablauf des Kalendermonats fällig geworden, in dem die Mehrarbeit geleistet worden sei.

Vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien am 27. Oktober 1993 einen Teilvergleich geschlossen, der ausdrücklich die "Klage auf Zahlung von Überstundenvergütung für die Zeit von Januar bis März 1993 in Höhe von 1.188,70 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung" ausgeklammert hat. Das Arbeitsgericht hat diesen Klageantrag durch Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin dieses Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Soweit die Klägerin für die 1. bis 8. Kalenderwoche 1993 Mehrarbeitsvergütung verlangt, sind etwaige Ansprüche nach § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV verfallen. Dagegen steht der Klägerin für die 9. bis 13. Kalenderwoche der geltend gemachte Vergütungsanspruch größtenteils zu; er ist nicht verfallen.

I. Die Klägerin verlangt zum einen die Grundvergütung für die über ihre individuelle Arbeitszeit hinaus erbrachte Arbeitsleistung, zum anderen Mehrarbeitszuschläge für die über 40 Stunden je Woche hinausgehende Arbeitszeit. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 9. Juli 1993, mit dem sie ihre Ansprüche geltend gemacht hat. Das darin enthaltene Rechenwerk liegt auch dem Klageantrag zugrunde, der in der Revisionsinstanz noch zur Entscheidung gestellt ist. Im Schreiben vom 9. Juli 1993 beansprucht die Klägerin die Zahlung eines Stundenlohnes von 13,96 DM brutto für zusätzliche 23,5 Stunden in der 1. Kalenderwoche, zusätzliche 5,5 Stunden in der 2. Kalenderwoche, zusätzliche sieben Stunden in der 4. Kalenderwoche, zusätzliche 8,5 Stunden in der 5. Kalenderwoche, zusätzliche 5,5 Stunden in der 8. Kalenderwoche, zusätzliche 2,5 Stunden in der 10. Kalenderwoche, zusätzliche 7,5 Stunden in der 11. Kalenderwoche, zusätzliche 16 Stunden in der 12. Kalenderwoche und eine zusätzliche Stunde in der 13. Kalenderwoche. Lediglich für die 1. Kalenderwoche mit einer behaupteten Arbeitszeit von 54,5 Stunden und für die 12. Kalenderwoche mit einer behaupteten Arbeitszeit von 47 Stunden hat die Klägerin Beträge geltend gemacht, die über die Grundvergütung hinausgehen und Mehrarbeitszuschläge enthalten. Die Klägerin hat sich bei der Berechnung der geltend gemachten Vergütungsansprüche an die tarifvertraglichen Regelungen gehalten. Allerdings sind ihr kleinere Rechenfehler unterlaufen.

1. Der in § 4 MTV verwandte Begriff der Mehrarbeit entspricht nicht dem der Arbeitszeitordnung, die inzwischen durch das Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170) außer Kraft gesetzt worden ist. § 4 Abs. 1 MTV unterscheidet bei der Definition der Mehrarbeit zwischen Vollbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten. Bei Vollbeschäftigten ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 MTV Mehrarbeit jede über die vereinbarte oder festgelegte tägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeit, sofern sie nicht gemäß § 2 Abs. 5 MTV in einem Zeitraum von drei Wochen ausgeglichen wird. Bei Teilzeitbeschäftigten ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV Mehrarbeit nicht jede über die individuelle Arbeitszeit hinausgehende Arbeit, sondern nur die Arbeitszeit, die über die in § 2 Abs. 1 MTV geregelte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden hinausgeht.

Eine Arbeitszeit bis zu 40 Stunden je Woche ist nach § 4 Abs. 2 MTV sowohl bei Vollbeschäftigten als auch bei Teilzeitbeschäftigten zuschlagsfreie Mehrarbeit. Erst wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 40 Stunden beträgt, fallen die in § 6 MTV geregelten Mehrarbeitszuschläge an. Da sich die Berechnung der Klageforderung an diese tarifvertraglichen Bestimmungen hält, kommt es nicht darauf an, ob die für Teilzeitbeschäftigte geltende tarifliche Zuschlagsregelung rechtlichen Bedenken begegnet.

Die Klägerin hat demnach folgende Ansprüche:

a) Auch für die Arbeitszeit, die zwar über ihre vereinbarte, nicht aber über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 MTV von 37,5 Stunden hinausgeht, steht ihr die Grundvergütung entsprechend der zusätzlich geleisteten Arbeit zu. Anspruchsgrundlage ist § 3 Abs. 4 MTV.

b) Für die Arbeitszeit, die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden hinausgeht, jedoch 40 Stunden pro Woche nicht übersteigt, hat die Beklagte, obwohl es sich um Mehrarbeit handelt, ebenfalls nur die Grundvergütung zu bezahlen. Anspruchsgrundlage ist hier § 4 Abs. 4 Satz 1 MTV.

c) Nur für die Arbeitszeit, die über 40 Stunden je Woche hinausgeht, erhält die Klägerin nach § 4 Abs. 2 und 4, § 6 MTV zusätzlich zur Grundvergütung Mehrarbeitszuschläge. Die Mehrarbeitszuschläge belaufen sich nach § 6 Abs. 1 Buchst. a und b MTV für die ersten vier Mehrarbeitsstunden, soweit sie zuschlagspflichtig sind (= über 40 und bis zu 41,5 Stunden in der Woche), auf 25 % und ab der fünften Mehrarbeitsstunde (= über 41,5 Stunden in der Woche) auf 40 %.

2. Da sich die monatliche Vergütung der Klägerin auf 1.862,00 DM brutto und die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit auf 31 Stunden pro Woche und 134 Stunden pro Monat belief, betrug die Grundvergütung pro Arbeitsstunde 1.862,00 DM : 134 = 13,90 DM und nicht 13,96 DM. Wenn die Formel Monatsvergütung x 3 (= Vierteljahr) : 13 (= Anzahl der Wochen eines Vierteljahres) : Wochenstundenzahl angewandt würde, ergäbe sich kein höherer Stundensatz (1.862,00 DM x 3 : 13 : 31 = 13,86 DM).

3. Da die Klägerin die geleistete Arbeitszeit im einzelnen aufgeschlüsselt, die Beklagte aber zu diesem Vorbringen nicht substantiiert Stellung genommen und damit nicht hinreichend bestritten hat, ist insoweit der Sachvortrag der Klägerin nach § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig.

4. Im Teilvergleich vom 27. Oktober 1993 wurde "die Überstundenvergütung für die Zeit von Januar bis März 1993 in Höhe von 1.188,70 DM brutto" ausgeklammert. Nach der Aufstellung im Schreiben der Klägerin vom 9. Juli 1993 ergibt sich der Betrag von 1.188,70 DM nur bei Einbeziehung der 13. Kalenderwoche, die Ende März begann und Anfang April endete. Daraus folgt, daß im Teilvergleich vom 27. Oktober 1993 die Überstundenvergütung für die 13. Woche dem Monat März zugeordnet worden war. Mit dem in der Revisionsinstanz zur Entscheidung gestellten Klageantrag ist genau der im Teilvergleich vom 27. Oktober 1993 ausgeklammerte Betrag geltend gemacht worden. Auch die Vergütung für die in der 13. Kalenderwoche erbrachte zusätzliche Arbeitsleistung ist demnach nicht durch den Teilvergleich vom 27. Oktober 1993 erledigt und im Revisionsverfahren noch anhängig.

II. Den Vorinstanzen ist insoweit zu folgen, als sie zu dem Ergebnis gelangt sind, daß die Vergütungsansprüche der Klägerin für die in der 1. bis 8. Kalenderwoche 1993 zusätzlich geleistete Arbeit verfallen sind.

1. Zutreffend haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß für die geltend gemachten Ansprüche die dreimonatige Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV gilt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist unter "Abgeltung der Überstunden" nicht nur die Abgeltung von Mehrarbeit durch Freizeit, sondern auch die Bezahlung einer Mehrarbeitsvergütung zu verstehen. Für diese Auslegung sprechen der Tarifwortlaut, die Tarifsystematik, der Sinn und Zweck der kurzen Ausschlußfrist und die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm.

a) Der Begriff "Abgeltung" erfaßt, wie die Klägerin selbst einräumt, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch den Ausgleich durch Geldzahlung. Der MTV enthält keine eigene Begriffsbestimmung für den Ausdruck "Abgeltung". Dem Wortlaut der Vorschriften, in denen der Begriff "Abgeltung" verwandt wird, ist zu entnehmen, daß mit Abgeltung der Überstunden nicht nur der Freizeitausgleich gemeint ist.

aa) Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MTV sind Mehrarbeitsstunden grundsätzlich zu bezahlen. Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 MTV kann auf Wunsch des Arbeitnehmers "eine Abgeltung von Mehrarbeitsstunden durch Freizeitausgleich" erfolgen. Die Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung und die Gewährung des Freizeitausgleichs sind lediglich zwei Formen der Gegenleistung für die erbrachte Mehrarbeit. Beim Freizeitausgleich handelt es sich dementsprechend nur um eine weitere Möglichkeit, die Mehrarbeitsstunden im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs "abzugelten".

bb) In § 4 Abs. 4 Satz 3 MTV wird zwar der Ausdruck "Abgeltung" ohne einen weiteren Zusatz gebraucht, obwohl hier lediglich die Abgeltung von Mehrarbeitsstunden durch Freizeit gemeint ist. Dies liegt aber daran, daß Satz 3 unzweifelhaft die Durchführung des im vorausgegangenen Satz 2 erwähnten Freizeitausgleichs regelt und deshalb die langatmige Wiederholung der Worte "von Mehrarbeitsstunden durch Freizeit" entbehrlich war.

cc) Die übrigen Vorschriften des MTV bestätigen, daß die Tarifvertragsparteien den Begriff "Abgeltung" entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch weit verstanden haben. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 MTV sind Nachtarbeitsstunden und Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen "gemäß §§ 4 und 6 abzugelten". Danach sind die Bezahlung dieser Stunden (§ 4 Abs. 4 Satz 1) ebenso wie der Freizeitausgleich (§ 4 Abs. 4 Satz 2) im Sinne des MTV Abgeltungen. Auch § 6 Abs. 1 MTV gebraucht sowohl für die Zahlung des Mehrarbeitszuschlags als auch für den entsprechenden Freizeitausgleich das Wort "abgelten".

b) Es entspricht der Systematik des MTV und ist folgerichtig, daß § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV einen Abgeltungsbegriff verwendet, der Mehrarbeitsvergütung und Freizeitausgleich umfaßt.

aa) Die Arbeitnehmer haben nach § 4 Abs. 4 MTV keine zwei selbständigen, voneinander unabhängigen Ansprüche auf Bezahlung einer Mehrarbeitsvergütung und auf Freizeitausgleich. Selbst wenn eine Wahlschuld vorläge, wie die Klägerin meint, bestünde nur ein einheitlicher Anspruch mit alternativen Inhalten. Entgegen der Ansicht der Klägerin räumt allerdings § 4 MTV den Arbeitnehmern bei Mehrarbeit kein Wahlrecht im Sinne der §§ 262 ff. BGB, sondern eine Ersetzungsbefugnis ein. Bei einer Ersetzungsbefugnis hat die Schuld - im Gegensatz zum Wahlrecht - von Anfang an einen bestimmten Inhalt. Steht dem Gläubiger (hier der Klägerin) die Ersetzungsbefugnis zu, so kann er statt der an sich geschuldeten Leistung eine andere verlangen. Ein derartiges Gestaltungsrecht sieht § 4 Abs. 4 MTV vor. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 MTV schuldet der Arbeitgeber die anteilige Grundvergütung und ggf. einen Mehrarbeitszuschlag. Erst auf Wunsch des Arbeitnehmers verändert sich dieser Leistungsinhalt. Die Abgeltung der Mehrarbeitsstunden hat dann durch Freizeit mit den entsprechenden Zeitzuschlägen zu erfolgen. Bei dieser Ersetzungsbefugnis handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das dem Arbeitnehmer nur so lange zusteht, wie die Schuld, deren Inhalt verändert werden soll, noch besteht. Dies bedeutet: Sobald der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung verfallen ist, erlischt die Ersetzungsbefugnis und kann auch kein Freizeitausgleich mehr verlangt werden (ebenso im Ergebnis Decruppe/Rzaza, Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen, Teil I, 2. Aufl., § 4 MTV Rz 12 c). Wegen dieses rechtlichen Zusammenhangs war es nicht erforderlich, den Freizeitausgleich einer zusätzlichen Ausschlußfrist zu unterwerfen und einen vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Abgeltungsbegriff einzuführen, der die zunächst geschuldete Mehrarbeitsvergütung nicht umfaßt.

bb) Zudem knüpft der Beginn der Ausschlußfristen des § 23 Abs. 1 MTV an die Fälligkeit an. Über den Zeitpunkt des Freizeitausgleichs ist aber nach § 4 Abs. 4 Satz 3 MTV eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herbeizuführen. Diese Vereinbarung bestimmt die Fälligkeit des Freizeitanspruchs. Dementsprechend könnte die Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV, wenn sie nur auf den Freizeitausgleich anzuwenden wäre, erst ab dem vereinbarten Fälligkeitsdatum beginnen (so Decruppe/Rzaza, aa0, § 4 MTV Rz 12). Eine solche Ausschlußfrist wäre wenig sinnvoll und praktisch bedeutungslos. Sie würde nur dann eingreifen, wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung über den Zeitpunkt des Freizeitausgleichs getroffen und dann trotzdem den Freizeitausgleich nicht gewährt hätte. Stellt jedoch der Schuldner (Arbeitgeber) den Anspruch unstreitig, so ist die Geltendmachung ohnehin entbehrlich (vgl. u. a. BAG Urteil vom 8. August 1979 - 5 AZR 660/77 - AP Nr. 67 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu II 3 b der Gründe; BAG Urteil vom 20. Oktober 1982, BAGE 40, 258, 260 f. = AP Nr. 76 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 29. Mai 1985 - 7 AZR 124/83 - AP Nr. 92 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu I 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 21. April 1993 - 5 AZR 399/92 - AP Nr. 124 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 1 der Gründe). Den Tarifvertragsparteien kann nicht unterstellt werden, daß sie eine überflüssige Ausschlußfrist für nahezu bedeutungslose Ausnahmefälle schufen und sie an die Spitze der Verfallregelungen stellten.

c) Die weite Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Ausschlußfristen. Sie dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der tariflichen Verfallfristen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Der Nichtschuldner soll nach Ablauf längerer Fristen vor einem Beweisnotstand bewahrt werden. Umgekehrt soll der Gläubiger angehalten werden, innerhalb kurzer Fristen Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen (vgl. u. a. BAG Urteil vom 8. August 1979 - 5 AZR 660/77 -, aa0, zu II 3 a der Gründe; BAG Urteil vom 29. Mai 1985 - 7 AZR 124/83 -, aa0, zu I 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 21. April 1993 - 5 AZR 399/92 -, aa0, zu II 1 der Gründe). Bei der Abgeltung von Überstunden und Mehrarbeit ist die Ausschlußfrist in zahlreichen Tarifverträgen kürzer als sonst bemessen, weil Überstunden und Mehrarbeit stark schwanken und nach längerem Zeitablauf besonders schwer festzustellen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob für die zusätzliche Arbeit Geldzahlungen zu leisten sind oder Freizeitausgleich zu gewähren ist.

d) Abgesehen davon, daß die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags bei der Auslegung nur dann heranzuziehen ist, wenn nach Auswertung des Tarifwortlauts und des tariflichen Zusammenhangs als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel verbleiben (vgl. u. a. BAG Urteil vom 12. September 1984, BAGE 46, 308, 314 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAG Urteil vom 21. Juli 1993 - 4 AZR 468/92 - AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu B II 1 a aa der Gründe), steht die Entstehungsgeschichte der weiten Auslegung des Begriffs "Abgeltung" nicht entgegen, sondern spricht eher für sie.

Nach § 3 MTV vom 1. April 1977 war bei Mehrarbeit des Arbeitnehmers dessen Grundvergütung und ein Mehrarbeitszuschlag zu "bezahlen". Ein Freizeitausgleich war nicht vorgesehen. Dementsprechend verwandten auch § 4 Abs. 1, der sich mit Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit befaßte und auf § 3 verwies, sowie die Zuschlagsregelung des § 5 Abs. 1 die Worte "zahlen" oder "bezahlen". Die Verfallklausel des § 18 Abs. 1 Buchst. a stellte folgerichtig auf die "Vergütung der Überstunden" ab. Der MTV vom 13. Dezember 1980, der den MTV vom 1. April 1977 ablöste, räumte den Arbeitnehmern eine Ersetzungsbefugnis ein. Die neu geschaffenen Regelungen in § 3 Nr. 3 stimmen wörtlich mit § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 MTV vom 23. Juli 1993 überein. Da es nunmehr zwei Formen der Gegenleistung für Mehrarbeit gab, wurde auch die Formulierung in den übrigen Bestimmungen, die sich mit Mehrarbeit befaßten oder auf die Mehrarbeitsregelungen Bezug nahmen, dieser Veränderung angepaßt. In § 4 Nr. 1 Satz 3, der dem jetzigen § 5 Abs. 1 Satz 3 MTV entspricht, und in § 5 Nr. 1, der dem jetzigen § 6 Abs. 1 MTV entspricht, wurden die bisher verwandten Worte "zahlen" bzw. "bezahlen" durch das Wort "abzugelten" ersetzt. Folgerichtig wurde auch bei der Verfallklausel nicht mehr von "Vergütung der Überstunden", sondern von "Abgeltung der Überstunden" gesprochen.

e) Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Ausschlußklauseln grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. u. a. BAG Urteil vom 19. November 1968 - 1 AZR 195/68 - AP Nr. 39 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 4. September 1991 - 5 AZR 647/90 - AP Nr. 113 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu II 2 b der Gründe). Im Vordergrund steht aber die Ausgestaltung des einzelnen Tarifvertrages. Die enge Auslegung setzt voraus, daß der weitergehende Umfang der Ausschlußfrist nicht zweifelsfrei feststeht. Dementsprechend hält das Bundesarbeitsgericht bei Ausschlußfristen sogar eine ergänzende Vertragsauslegung für grundsätzlich möglich (vgl. u. a. BAG Urteil vom 17. Oktober 1974 - 3 AZR 4/74 - AP Nr. 55 zu § 4 TVG Ausschlußfristen, zu 2 b der Gründe; BAG Urteil vom 4. September 1991 - 5 AZR 647/90 -, aa0). Aus dem vorliegenden MTV ergibt sich unmißverständlich, daß der in der Verfallregelung verwandte Begriff "Abgeltung" sowohl die Mehrarbeitsvergütung als auch den Freizeitausgleich umfaßt. Für die Anwendung einer Unklarheitenregelung oder eine gerichtliche Einschränkung ist kein Raum. Soweit eine Verfallklausel rechtlich nicht zu beanstanden ist, sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht befugt, in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien korrigierend einzugreifen.

2. Die Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV ist auch anwendbar, soweit die Klägerin mehr als die vereinbarten 31 Stunden, aber nicht mehr als 37,5 Stunden in der Woche arbeitete.

a) Zwar handelt es sich insoweit um keine Mehrarbeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV. Die dreimonatige Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV gilt aber nicht nur für die Abgeltung von Mehrarbeit, sondern weitergehend für die Abgeltung der "Überstunden". Wenn § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV nicht den in § 4 Abs. 1 MTV im einzelnen umschriebenen Begriff "Mehrarbeit", sondern den Begriff "Überstunden" verwendet, so kann den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden, daß ihnen im Manteltarifvertrag vom 23. Juli 1993 und allen vorausgegangenen Manteltarifverträgen ein redaktionelles Versehen unterlaufen ist. Die Verwendung verschiedener Begriffe spricht vielmehr dafür, daß die Tarifvertragsparteien damit nicht dasselbe, sondern Unterschiedliches ausdrücken wollten.

b) Die Tarifvertragsparteien haben die Verfallklausel des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV nicht auf die Mehrarbeit im Sinne des § 4 Abs. 1 MTV beschränkt, sondern weiter gefaßt. Dafür gab es gerade im Hinblick auf die Teilzeitbeschäftigten auch einleuchtende Gründe. Mit dem Ausdruck "Überstunden" wird auch die von den Teilzeitbeschäftigten über ihre individuelle Arbeitszeit hinaus erbrachte Arbeit erfaßt, selbst wenn es sich um keine Mehrarbeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV handelt. Dadurch wird vermieden, daß für die Teilzeitbeschäftigten bei zusätzlicher Arbeitsleistung unterschiedliche Verfallfristen gelten, die davon abhängen, ob die wöchentliche Arbeitszeit des § 2 Abs. 1 MTV (37,5 Stunden) überschritten worden ist oder nicht. Die Beweisschwierigkeiten bei zusätzlicher Arbeit und die damit verbundenen Interessen an kürzeren Ausschlußfristen entfallen nicht schon deshalb, weil die zusätzliche Arbeit eines Teilzeitbeschäftigten nicht zur Überschreitung der für die Vollzeitbeschäftigten geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit führt. Die weite Fassung des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV entspricht demnach dem Sinn und Zweck dieser Ausschlußfrist.

3. Die Ausschlußfristen des § 23 Abs. 1 MTV beginnen mit der Fälligkeit der erfaßten Ansprüche. Die Mehrarbeits- und Überstundenvergütung wird - jedenfalls bei Teilzeitbeschäftigten - am Schluß des Kalendermonats fällig, der auf den Monat folgt, in dem der Arbeitnehmer die zusätzliche Arbeit geleistet hat.

a) Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, daß Entstehen und Fälligkeit eines Anspruchs voneinander unterschieden werden müssen. Ein Anspruch ist dann fällig, wenn der Gläubiger die Leistung fordern kann und der Schuldner sie bewirken muß. Nach § 271 Abs. 1 BGB werden Forderungen nur dann sofort mit ihrem Entstehen fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Nach § 9 Abs. 7 Satz 1 MTV muß der Arbeitnehmer spätestens am Schluß des Kalendermonats über sein Entgelt verfügen können. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich daraus nicht, daß auch der Anspruch auf Mehrarbeits- und Überstundenvergütung mit Ablauf des Kalendermonats fällig wird, in dem die zusätzliche Arbeit erbracht wurde.

aa) § 9 Abs. 7 Satz 1 MTV entspricht dem § 64 Satz 1 HGB. Der in § 64 Satz 1 HGB verwandte Ausdruck "Gehalt" umfaßt nur die feste, laufende Vergütung in Geld (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 64 Rz 1; Etzel in GK-HGB, 4. Aufl., § 64 Rz 2; Heymann/Honsell, HGB, § 64 Rz 2; Ruß in HK-HGB, 3. Aufl., § 64 Rz 1; Hanau in Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, § 63 Rz 2; Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 64 Rz 2). Darunter fallen nicht Mehrarbeits- und Überstundenvergütungen. Während sich die Höhe der festen, laufenden Vergütungen bis zum Schluß eines Monats - jedenfalls in der Regel - unschwer feststellen läßt, ist es bei schwankenden Vergütungsbestandteilen häufig nicht möglich, sie zum Schluß des laufenden Monats zu berechnen und auszuzahlen. Die enge Auslegung des § 64 Satz 1 HGB berücksichtigt, daß der Gesetzgeber im Zweifel nichts Unmögliches verlangt.

Davon sind auch die Tarifvertragsparteien ausgegangen. § 9 Abs. 7 Satz 1 MTV spricht zwar nicht von "Gehalt", sondern von "Entgelt". Dies ist aber im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 MTV zu sehen. Der Ausdruck "Entgelt" umfaßt sowohl die an Angestellte zu zahlenden Gehälter als auch die an Arbeiter zu zahlenden Löhne.

bb) Bei der Frage, wann nicht laufend zu zahlende, schwankende Vergütungen fällig werden, ist § 9 Abs. 4 MTV mitzuberücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist den Arbeitnehmern mit jeder monatlichen Gehalts- bzw. Lohnzahlung eine Abrechnung auszuhändigen. Daraus ergibt sich, daß der Zahlungszeitpunkt und der Abrechnungszeitpunkt nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien nicht auseinanderfallen sollen.

cc) Außerdem läßt sich dem § 9 MTV entnehmen, daß sich die Abrechnung und Auszahlung jeweils auf einen gesamten Kalendermonat beziehen. Da die gesamten bis zum Schluß eines Kalendermonats entstandenen Mehrarbeits- und Überstundenvergütungen nicht schon am Schluß des laufenden Kalendermonats berechnet und ausgezahlt werden können, folgt aus dem Regelungssystem des MTV, daß die Mehrarbeits- und Überstundenvergütungen erst am Schluß des Kalendermonats fällig werden, der auf den Monat folgt, in dem die Mehrarbeit oder die Überstunden geleistet wurden.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 5 MTV zu keiner weiteren Verschiebung der Fälligkeit. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 MTV setzt Mehrarbeit voraus, daß sie nicht nach § 2 Abs. 5 MTV innerhalb eines Dreiwochenzeitraums ausgeglichen wird. § 4 Abs. 1 Satz 1 MTV gilt jedoch nur für die Mehrarbeit Vollbeschäftigter. Für Teilzeitbeschäftigte enthält § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV eine eigenständige Definition der Mehrarbeit, die im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Satz 1 MTV keinen Ausgleich der zusätzlichen Arbeitszeit nach § 2 Abs. 5 MTV vorsieht. § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV verweist lediglich auf § 2 Abs. 1, nicht aber auf § 2 Abs. 5 MTV. Dies ist kein Versehen. § 3 und § 4 Abs. 1 Satz 2 MTV haben die Rechtsstellung der Teilzeitbeschäftigten verstärkt.

c) Die Ansprüche auf die geltend gemachte zusätzliche Vergütung für die 1. bis 8. Kalenderwoche waren demnach bis spätestens 31. März 1993 fällig geworden. Sie wurden nicht innerhalb der sich daran anschließenden dreimonatigen Ausschlußfrist geltend gemacht.

Die Vergütungsansprüche für die 9. bis 13. Kalenderwoche waren dagegen am 30. April 1993 fällig geworden. Insoweit hat das Schreiben der Klägerin vom 9. Juli 1993 die Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 Buchst. a MTV gewahrt, so daß die Klägerin noch 34,75 DM (10. Kalenderwoche) + 104,25 DM (11. Kalenderwoche) + 258,20 DM (12. Kalenderwoche) + 13,90 DM (13. Kalenderwoche) = 411,10 DM verlangen kann.

III. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

IV. Die Kostenentscheidung, die sich nur auf das Berufungs- und Revisionsverfahren bezieht, beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat noch das Arbeitsgericht zu entscheiden.

Dr. Heither Kremhelmer Bepler

Dr. Reinfeld G.Hauschild

 

Fundstellen

Haufe-Index 438619

DB 1995, 2318-2320 (LT1-3)

NZA 1995, 1048

NZA 1995, 1048-1051 (LT1-3)

AP § 1 TVG, Nr 54

AR-Blattei, ES 350 Nr 147 (LT1-3)

EzA § 4 TVG Ausschlußfristen, Nr 112 (LT1-3)

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