Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrigierende Rückgruppierung einer Wohngeldsachbearbeiterin: Hinreichende Darlegung der Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung?. Arbeitsvorgang. Merkmal „mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen”, „mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen” iSd. VergGr. VIb Fallgr. 1a, VergGr. Vc Fallgr. 1a

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der korrigierenden Rückgruppierung erfüllt der Arbeitgeber seine Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er überhaupt einen Fehler bei der Bewertung der Tätigkeit(en) des Angestellten aufzeigt; vielmehr muss die Vermeidung des Fehlers zur Folge haben, dass dem Angestellten Vergütung nach der mitgeteilten Vergütungsgruppe nicht zusteht (im Anschluss an Senat 18. Februar 1998 –4 AZR 581/96 –BAGE 88, 69 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr.239; 16. Februar 2000 –4 AZR 62/99 –BAGE 93, 340 = AP NachwG § 2 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 1; 17. Mai 2000 –4 AZR 232/99 – AP BAT–O §§ 22, 23 Nr. 18 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 4).

 

Orientierungssatz

1. Der Vortrag des Arbeitgebers bei der korrigierenden Rückgruppierung ist nicht schlüssig, wenn nur ein Fehler bei der Bewertung der Tätigkeit(en) der Angestellten aufgezeigt wird; erforderlich ist vielmehr die Darstellung, dass und warum die mitgeteilte Eingruppierung fehlerhaft ist und deswegen die Bezahlung nach der mitgeteilten Vergütungsgruppe nicht tarifgerecht ist. Der aufgezeigte Fehler muss dazu führen, dass die mitgeteilte Vergütungsgruppe nicht diejenige ist, in der der Angestellte tarifgerecht eingruppiert ist.

2. Aus der Begründung muss sich die Unrichtigkeit der ursprünglichen Bewertung/Vergütung erschließen.

  1. Wird zB die Verkennung des Begriffs des Arbeitsvorgangs gerügt, so ist aufzuzeigen, warum bei einem anderen Zuschnitt der Arbeitsvorgänge die mitgeteilte Vergütungsgruppe unrichtig und damit nicht tarifgerecht ist.
  2. Wird geleugnet, dass ein Merkmal in tariflich beachtlichem Umfang vorliegt, ist nachvollziehbar zu erläutern, warum dies im Gegensatz zu der bisherigen Einschätzung der Fall sein soll.
 

Normenkette

BAT-O §§ 22-23; Anlage 1a zum BAT-O VergGr. Vb Fallgr. 1a; Anlage 1a zum BAT-O VergGr. Vc Fallgr. 1a; Anlage 1a zum BAT-O VergGr. Vc Fallgr. 16

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 18.10.2002; Aktenzeichen 9 Sa 473/02)

ArbG Dresden (Urteil vom 23.04.2002; Aktenzeichen 10 Ca 8684/01)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2002 – 9 Sa 473/02 –aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 23. April 2002 – 10 Ca 8684/01 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1. Januar 1999 Vergütung gemäß VergGr. Vc BAT-O nebst Zinsen auf die monatlichen Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger Fälligkeit seit 18. Dezember 2001 in Höhe von 4 % bis 30. April 2002, in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Mai 2002 zu zahlen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin nach einer von dem Beklagten vollzogenen Rückgruppierung.

Die am 28. März 1947 geborene Klägerin ist bei dem Beklagten und dessen Rechtsvorgänger, dem ehemaligen Landkreis (Altkreis) Dresdner Land, seit dem 18. November 1991 als Sachbearbeiterin Wohngeld beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O). Nachdem die Klägerin zunächst als sog. ABM-Kraft im Zeitraum vom 18. November 1991 bis 31. August 1992 gegen eine Bezahlung nach VergGr. VIb BAT-O beschäftigt war, wurde sie ab 1. September 1992 zunächst nach VergGr. Vc BAT-O vergütet. Der Altkreis hatte für die Wohngeldsachbearbeiter einen „Bewertungsbogen”/eine „Arbeitsplatzbeschreibung” erstellt, wonach die unter b aufgeführten Tätigkeiten „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen, Anforderung fehlender Unterlagen, Erstellung von Erfassungsbelegen und Prüfung der Bescheide” mit einem Zeitanteil von 38 % ausgewiesen und als „selbständige Leistungen” bezeichnet sind. Als Ergebnis der tariflichen Bewertung ist darin „VergGr. Vc Fallgr. 1a” angegeben.

Nach der Zusammenlegung beider Landkreise durch eine Kreisgebietsreform stellte der jetzige Beklagte fest, dass Mitarbeiter mit gleichen Aufgabengebieten teilweise sehr unterschiedlich vergütet wurden. So erhielten die Beschäftigen der Wohngeldstelle des Beklagten Vergütung nach VergGr. VIb (Fallgr. 1a), die Angestellten des ehemaligen Landkreises Dresdner Land hingegen nach VergGr. Vc der Allgemeinen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT-O. Der Beklagte erstellte die Stellenbeschreibung vom 16. September 1997, in der die „Arbeitsvorgänge” der Klägerin wie folgt beschrieben sind:

lfd. Nr.

Einzelne Arbeitsvorgänge

%-Anteil an Gesamttätigkeit

1

Komplette Bearbeitung von Wohngeldanträgen (Miet- u. Lastenzuschuss)

72

1.1.

Berechnung des Einkommens der Antragsteller

1.2.

Berechnung der Wohnkosten der Antragsteller

1.3.

Festlegung des Bewilligungszeitraumes

2

Kontrolle u. Eingabe der Erfassungsbelege im PC sowie Überspielen auf Transportdiskette

8

3

Zuarbeiten bei Widerspruchsverfahren u. finanziellen Problemen

5

4

Überwachung von Zahlungsvorgängen

5

5

Beratung von Bürgern

8

6

Zusammenarbeit mit anderen Ämtern u. Instituten

2

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, eine Überprüfung ihres Arbeitsplatzes durch die Bewertungskommission habe eine tarifgerechte Vergütung nach der VergGr. VIb BAT-O ergeben, die Klägerin werde daher ab dem 1. Januar 1999 nach dieser Vergütungsgruppe bezahlt. Die Klägerin erfülle lediglich die Voraussetzungen der Fallgr. 1a dieser Vergütungsgruppe.

Nach erfolgloser Geltendmachung der Weitergewährung der Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O mit Schreiben vom 28. Januar 1999 verfolgt die Klägerin mit ihrer am 12. Dezember 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage ihr Begehren weiter, über den 31. Dezember 1998 hinaus nach VergGr. Vc BAT-O bezahlt zu werden.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Vortrag des Beklagten zur korrigierenden Rückgruppierung reiche nicht aus, sondern bestätige die Richtigkeit der früheren Eingruppierung. Der Arbeitsvorgang „Komplette Bearbeitung von Wohngeldanträgen” führe auf Grund des zeitlichen Anteils an der Gesamtarbeitszeit der Klägerin dazu, dass das tarifliche Merkmal der selbständigen Leistung zu mehr als der Hälfte erfüllt sei. Zudem erfülle sie die Anforderungen für eine Vergütung entsprechend der VergGr. Vc BAT-O. Ihre Tätigkeit erfordere neben gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen in hohem Maße selbständige Leistungen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, mit Wirkung ab 1. Januar 1999 Vergütung gemäß VergGr. Vc der Anlage 1a zum BAT-O nebst Zinsen auf die monatlichen Bruttodifferenzbeträge bis 30. April 2002 in Höhe von 4 % und ab 1. Mai 2000 in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für die korrigierende Rückgruppierung seien erfüllt, da die bisherige gewährte Vergütung nicht den Voraussetzungen der VergGr. Vc BAT-O entspreche. Die vom Altkreis vorgenommene Stellenbewertung der Klägerin sei fehlerhaft gewesen. Der Arbeitsvorgang „Bearbeitung von Wohngeldanträgen” sei unzulässigerweise aufgespalten worden in

  1. Entscheidungen zu Wohngeldanträgen, die Prüfung der Antragsberechtigung sowie die Wohngeldberechnung und die Ermittlung des Jahreseinkommens und der Wohnkosten
  2. sowie
  3. Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen, Anforderung fehlender Unterlagen, Erstellung von Erfassungsbelegen und Prüfung der Bescheide.

Die unter b aufgeführten Tätigkeiten seien als selbständige Leistungen anerkannt worden. Dies habe zur Folge gehabt, dass man durch den Prozentsatz dieser Tätigkeiten, der angeblich 38 % umfasst habe, zu einer Eingruppierung in der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT-O gelangt sei. Diese Aufspaltung eines einzelnen Arbeitsvorgangs in eine Vielzahl von Einzelvorgängen mit unterschiedlicher tarifrechtlicher Wertung verstoße jedoch gegen das Tarifrecht. Jeder einzelne Arbeitsvorgang sei insgesamt als solcher zu bewerten und dürfe hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Weiter sei bei der Bewertung des Altlandkreises Dresden keine ordnungsgemäße Gewichtung der Tarifmerkmale vorgenommen worden, da die aufgeführten Arbeitsvorgänge keine selbständigen Leistungen in dem geforderten Umfang iSd. Tarifrechts enthielten. Wie die Neubewertung der Stelle durch den Beklagten vom 8. Oktober 1998 ergeben habe, sei die Tätigkeit einer Wohngeldsachbearbeiterin in VergGr. VIb Fallgr. 1a BAT-O einzustufen. Danach seien die Arbeitsvorgänge 1 (Antragsbearbeitung) und 2 (Kontrolle und Eingabe der Erfassungsbelege) rechtlich als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten. Hinsichtlich der erforderlichen selbständigen Leistungen sei zwischen der Bearbeitung von Erst- und Folgeanträgen zu unterscheiden. Folgeanträge erforderten keine selbständigen Leistungen. Diese könnten allenfalls bei Erstanträgen erforderlich sein, ihr Vorliegen sei aber nicht zwingend. Für die Eingruppierung sei daher der Anteil dieser Tätigkeiten entscheidend. Die Auswertung der Fallzahlen der letzten zwei Jahre habe ergeben, dass der Anteil von Erstanträgen (Miet- und Lastenzuschuss) in diesem Zeitraum 27,5 % vom Gesamtantragsvolumen der zu bearbeitenden Fälle betrage. Dabei sei berücksichtigt worden, dass der Bearbeitungsaufwand bei Erstanträgen einen höheren Zeitanteil als bei Folgeanträgen erfordere. Es könne dahingestellt bleiben, bei wieviel Prozent der Erstanträge es sich um selbständige Leistungen handele. Die für VergGr. Vc erforderlichen 33 1/3 % selbständige Leistungen würden nicht erreicht. Die Arbeitsvorgänge 3 (Zuarbeiten bei Widerspruchsverfahren und finanziellen Problemen) und 4 (Überwachung von Zahlungsvorgängen) erforderten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Die Zuarbeiten gäben Fakten wieder und erforderten keine selbständigen Leistungen. Die Stelle werde mit VergGr. VIb Fallgr. 1a bewertet. In der Beratung vom 13. Oktober 1998 habe die Bewertungskommission der Eingruppierung zugestimmt.

Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihre Tätigkeit in hinreichendem Maße „selbständige Leistungen” erfordere.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag im Wesentlichen weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils und in Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur Stattgabe der Klage nach Maßgabe des Revisionsantrags. Die Klägerin hat schon deswegen Anspruch auf die von ihr begehrte Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O über den 31. Dezember 1998 hinaus, weil der Beklagte mit seinem Vortrag den Grundsätzen zur Darlegungslast des Arbeitgebers bei der Rückgruppierung nicht gerecht geworden ist. Darauf hat die Revision zutreffend hingewiesen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Tarifnormen des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften –vom 10. Dezember 1990 (BAT-O) für das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) zwingend und unmittelbar gelten. Nach § 22 BAT-O ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn im tariflich geforderten Umfang Arbeitsvorgänge anfallen, die den Anforderungen eines oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllen. Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, kann dahingestellt bleiben. Denn unter dem vom Landesarbeitsgericht geprüften Gesichtspunkt der sog. korrigierenden Rückgruppierung steht der Klägerin Vergütung nach VergGr. Vc BAT-O über den 30. Dezember 1998 hinaus zu, weil sie sich mit Erfolg darauf berufen kann, entsprechend der vom Altkreis, dem Rechtsvorgänger des Beklagten, erstellten und der Klägerin mitgeteilten „Bewertung” vom 3. März 1992 in der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) eingruppiert gewesen zu sein. Dieser Mitteilung durfte die Klägerin vertrauen. § 22 BAT-O in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 8. Mai 1991 steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift waren zwar unter erleichterten Voraussetzungen Korrekturen zu hoher Eingruppierungen möglich. Sie gilt jedoch seit dem 1. September 1995 nicht mehr. Diese Übergangsvorschrift ist durch den Änderungstarifvertrag Nr. 6 vom 12. Juni 1995 zum BAT-O gestrichen worden.

a) Für die Eingruppierung der Klägerin sind die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zum BAT-O maßgebend, die, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut haben:

Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 1a

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.

Vergütungsgruppe Vc, Fallgruppe 1a

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert.

Vergütungsgruppe Vc, Fallgruppe 1b

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

Alle drei vorgenannten Fallgruppen enthalten darüber hinaus den Klammerzusatz wie folgt:

Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.

b) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach der Arbeitgeber bei einer korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall darlegen muss, inwieweit ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung ein Fehler unterlaufen ist (11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6; Senat 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 239). Dazu muss der Arbeitgeber, wenn sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; diese Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in die dem Arbeitnehmer mitgeteilte Vergütungsgruppe fehlt (Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 = AP NachwG § 2 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 1; 17. Mai 2000 – 4 AZR 232/99 – AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 18 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 4).

c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dieser Darlegungslast sei der Beklagte nachgekommen, und ausgeführt, der Beklagte habe darauf verwiesen, bei der früheren Stellenbewertung sei der Arbeitsvorgang „Bearbeitung von Wohngeldanträgen” unzulässigerweise aufgespalten worden. Die Tätigkeiten Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen, Anforderung fehlender Unterlagen, Erstellung von Erfassungsbelegen und Prüfung der Bescheide seien fälschlich als selbständige Tätigkeiten anerkannt worden. Bei einem Anteil von 38 % dieser Tätigkeiten sei in der Folge eine Eingruppierung in der VergGr. Vc (Fallgr. 1a) BAT-O angenommen worden. Insoweit sei keine ordnungsgemäße Gewichtung der Tarifmerkmale vorgenommen worden, da die aufgeführten Arbeitsvorgänge keine selbständigen Leistungen im erforderlichen Umfang enthielten. Die Neubewertung der Stelle durch die Bewertungskommission zeige, dass das erforderliche Maß von einem Drittel an selbständigen Leistungen nicht erreicht werde. Bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen seien selbständige Leistungen im tarifrechtlichen Sinne nicht gegeben. Auch die sonstigen Tätigkeiten der Klägerin ließen nicht erkennen, inwieweit hier selbständige Tätigkeiten erbracht würden. Der Vortrag des Beklagten sei hinreichend substantiiert, um einen Irrtum bei der ursprünglichen Eingruppierung zu begründen. Der Beklagte berufe sich einerseits darauf, der Begriff des Arbeitsvorgangs sei zunächst verkannt worden. Andererseits sei sein Vorbringen so zu verstehen, als ob nach der Rechtsauffassung des Beklagten bei der Tätigkeit der Klägerin überhaupt keine nennenswerten selbständigen Leistungen anfielen. In diesem Zusammenhang erscheine es zwar als zweifelhaft, auf welcher Grundlage der Beklagte die Klägerin in VergGr. VIb Fallgr. 1a eingeordnet habe. Für eine korrigierende Rückgruppierung sei es jedoch für den Arbeitgeber nicht erforderlich darzulegen, nach welcher Vergütungsgruppe der betroffene Arbeitnehmer zutreffender Weise zu bezahlen sei. Es reiche aus, dass er schlüssig vortrage, die Voraussetzungen für die bisherige Vergütungsgruppe seien nicht gegeben. In diesem Zusammenhang komme es nicht darauf an, aus welchen Gründen irrtümlich eine zu hohe Vergütung gewährt worden sei, solange die Klägerin nicht substantiiert behaupte, es habe bewusst eine übertarifliche Bezahlung erfolgen sollen, was sie nicht getan habe.

d) Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft und in sich widersprüchlich. Entweder verkennt das Landesarbeitsgericht, dass es für die Erfüllung der Darlegungslast nicht ausreicht, überhaupt einen Fehler bei der Bewertung der Tätigkeit(en) des Angestellten darzulegen, sondern darzustellen ist, dass und warum die mitgeteilte Eingruppierung fehlerhaft ist und deswegen die Bezahlung nach der mitgeteilten VergGr. V c BAT-O nicht tarifgerecht ist, oder es hat verkannt, dass der Beklagte einen für das Eingruppierungsergebnis unerheblichen Fehler dargestellt hat. Für eine korrigierende Rückgruppierung reicht nicht aus, überhaupt einen Fehler aufzuzeigen, sondern die Vermeidung des aufgezeigten Fehlers muss dazu führen, dass die mitgeteilte Vergütungsgruppe nicht diejenige ist, in der der Angestellte tarifgerecht eingruppiert ist. Hierauf hat das Landesarbeitsgericht zwar selbst hingewiesen, die Tragweite seiner Überlegungen hat es dann jedoch rechtserheblich verkannt.

Denn es muss –den Vortrag des Arbeitgebers als richtig unterstellt –die mitgeteilte Vergütungsgruppe deswegen unrichtig sein, weil keines der Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllt ist. Mit anderen Worten: Der darzulegende Fehler muss sich so auswirken, dass die Bezahlung nach der mitgeteilten Vergütungsgruppe nicht tarifgerecht ist. Für den vorliegenden Fall heißt das, dass der Beklagte hinsichtlich jedes der in Frage kommenden Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vc darzulegen hatte, dass mindestens ein Merkmal, eine Anforderung, eine Voraussetzung nicht gegeben ist, und zwar so, dass damit eine Eingruppierung in der VergGr. Vc nicht tarifgerecht ist. Dem wird der Vortrag des Beklagten entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht.

aa) Der Beklagte hatte über seinen Vortrag hinaus darzulegen, wie sich die Verkennung des Rechtsbegriffs des Arbeitsvorgangs auf die mitgeteilte Eingruppierung in VergGr. Vc in dem Sinne auswirkt, dass sie nicht tarifgerecht ist.

Unterstellt man als richtig, dass es sich bei der „Bearbeitung von Wohngeldanträgen” um einen einheitlichen großen Arbeitsvorgang handelt, so wäre darzulegen gewesen, dass und warum dann im Lichte der Rechtsprechung des Senats bei diesem einheitlichen Arbeitsvorgang, der nach dem „Bewertungsbogen” vom 3. März 1992 82 % der Arbeitszeit der Klägerin ausmacht und nach der Stellenbeschreibung vom 16. September 1997 72 % der Arbeitszeit der Klägerin belegt, selbständige Leistungen im rechtserheblichen Ausmaß nicht anfallen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist das Merkmal „mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen” iSd. VergGr. Vc Fallgr. 1b BAT dann erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens ein Drittel der gesamten Arbeitszeit des Angestellten in Anspruch nehmen, selbständige Leistungen enthalten. Auf den Umfang der selbständigen Leistungen innerhalb des einzelnen Arbeitsvorgangs kommt es dann nicht mehr an. Die Arbeitsvorgänge müssen in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbständiger Leistungen erfüllen (18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Für einen solchen Vortrag bestand um so mehr Anlass, als der Beklagte in der Beratung seiner Bewertungskommission bei „Eingruppierungsüberprüfung” davon ausgegangen ist, der Anteil an Erstanträgen, Vorabberechnungen und Neuberechnungen betrage etwa 30 % am Gesamtanteil der zu bearbeitenden Fälle, durchschnittlich verwendeten die Wohngeldsachbearbeiter 85 % der Gesamtarbeitszeit zur Bearbeitung von Anträgen, worunter etwa 25 % Anteile seien, die selbständige Leistungen beinhalteten. Wenn der Beklagte vorträgt, es seien die Fallzahlen des Landratsamtes Meißen von Januar 1996 bis November 1997 zur Berechnung der Zeitanteile selbständiger Leistungen verwendet worden und unter den 11.549 Anträgen dieses Zeitraums seien 2.061 Erstanträge und 506 Neuberechnungen bei Veränderungen des Antragstellers gewesen, was –aufgerundet –einen Anteil von 20 % ergebe, es des Weiteren beachtet worden sei, dass die Bearbeitungszeit von Erstanträgen zu Folgeanträgen durch den Sachbearbeiter einem Verhältnis von 3: 2 entspreche, so dass im „Ergebnis” die Stelle mit VergGr. VIb Fallgr. 1a BAT-O bewertet worden sei, dann ist in Anbetracht des die Klägerin betreffenden zeitlichen Anteils von 82 % beim Arbeitsvorgang „Bearbeitung von Wohngeldanträgen” („Bewertungsbogen” vom 3. März 1992) und/oder eines zeitlichen Anteils von 72 % beim Arbeitsvorgang „komplette Bearbeitung von Wohngeldanträgen (Miet- und Lastenzuschuss)” (Stellenbeschreibung vom 16. September 1997) nicht nachvollziehbar, was es ausmachen soll, dass bei einem so gebildeten Arbeitsvorgang selbständige Leistungen nicht in rechtserheblichem Ausmaß anfallen sollen.

Denn wenn dieser Arbeitsvorgang etwa 25 % Anteile enthält, die selbständige Leistungen enthalten, reicht das aus. Nach der Rechtsprechung des Senats ist zB ausreichend, dass ein Arbeitsvorgang, der 35 % der Arbeitszeit des Angestellten belegt, 20 % selbständige Leistungen, 7 % bezogen auf die Gesamttätigkeit erfordert (18. Mai 1994 – 4 AZR 461/93 – aaO). In einem anderen Fall hat der Senat es als ausreichend angesehen, wenn die selbständigen Leistungen in einem Arbeitsvorgang, der 51 % der Arbeitszeit des Angestellten belegt, selbständige Leistungen 13 % der gesamten Tätigkeit ausmachen (22. März 1995 – 4 AZN 1105/94 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193). Der Beklagte räumt ein, dass bei Erstanträgen selbständige Leistungen vorliegen könnten, da hier ua. Zweifelsfragen aufträten. Wenn im Schriftsatz vom 12. Februar 2002 oben darauf verwiesen wird, dass keine selbständigen Leistungen in dem erforderlichen Umfang vorlägen, hätte der Beklagte schon vortragen müssen, warum das der Fall ist, zumal die Bewertungskommission am 13. Oktober 1998 die Stelle mit VergGr. VIb Fallgr. 1a bewertet hat und in der „Bewertung” ausgeführt ist, „allenfalls” bei Erstanträgen könnten selbständige Leistungen erforderlich sein. Wenn dann der Anteil von Erstanträgen (Miet- und Lastenzuschuss) mit 27,5 % der zu bearbeitenden Fälle angegeben wird und berücksichtigt wird, dass der Bearbeitungsaufwand bei Erstanträgen einen höheren Zeitanteil erfordert, dann musste deutlich gemacht werden, warum keine Arbeitsvorgänge vorhanden sein sollen, die ein Drittel der Arbeitszeit der Klägerin ausmachen und in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbständiger Leistungen erfüllen, wohl aber 20 % der Arbeitszeit der Klägerin belegende Arbeitsvorgänge, die in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbständiger Leistungen erfüllen sollen.

Darauf hat die Revision letztlich zutreffend hingewiesen. Dabei kann dahin stehen, ob die „einschlägigen tariflichen Anforderungen der von der Klägerin begehrten VergGr. Vc BAT-O sowohl nach der alten als auch nach der neuen Stellenbewertung des Beklagten erfüllt sind”, wie die Revision meint.

bb) Zudem liegt entgegen der Annahme des Beklagten kein einheitlicher großer Arbeitsvorgang „Komplette Bearbeitung von Wohngeldanträgen” vor. Das deutet die Klageerwiderung selbst an, wenn dort ausgeführt ist, Erstanträge ohne gleich liegende Vorbilder seien anders zu beurteilen als solche mit einer gleich liegenden früher bearbeiteten Fallgestaltung. Dasselbe gelte für Wiederholungsanträge oder gar für die stetige Berücksichtigung bloßer Veränderungen bei bereits bearbeiteten Anträgen.

(1) Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O stellt die unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, insbesondere die Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, einen Arbeitsvorgang iSd. § 22 Abs. 2 BAT dar. Unter diesen Umständen bedarf es im vorliegenden Falle zur Definition und Abgrenzung des Begriffs des Arbeitsvorgangs keines nochmaligen Rückgriffs auf die von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Tatbestandsmerkmale dieses Rechtsbegriffs (vgl. Senat 5. Juli 1978 – 4 AZR 795/76 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 7). Ausgangspunkt ist die „Komplette Bearbeitung von Wohngeldanträgen”, die jedenfalls 72 % der Arbeitszeit der Klägerin belegt. Sind jedoch Erstanträge ohne gleich liegende Vorbilder anders zu beurteilen als solche mit einer gleich liegenden früher bearbeiteten Fallgestaltung oder bei stetiger Berücksichtigung bloßer Veränderungen bei bereits bearbeiteten Anträgen, so war es an dem Beklagten, daraus die Schlüsse zu ziehen, nämlich in tatsächlicher Hinsicht eine klar erkennbare Differenzierung vorzunehmen und bezogen auf die Klägerin, etwa unter Zugrundelegung des von der Klägerin vorgelegten Blattes „Antragsarten” vorzutragen, welche Antragsbearbeitung, also welche der zahlreichen von der Klägerin zu erledigenden Arbeitsvorgänge in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbständiger Leistungen erfüllen und welche nicht. Eine Zusammenfassung von Arbeitsvorgängen unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit ist nämlich aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

(2) Der Beklagte hatte substantiiert und unter Beweisantrag darzulegen, welchen Tatsachen entnommen werden soll, dass nicht Arbeitsvorgänge, also Wohngeldsachbearbeitungen, die in ihrer Summe wenigstens 33 1/3 % der von der Klägerin geschuldeten Arbeitszeit ausmachen, vorliegen, die in rechtserheblichem Ausmaß das Erfordernis selbständiger Leistungen erfüllen. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen. Es war an dem Beklagten bezogen auf die von der Klägerin bearbeiteten Wohngeldanträge die vorzutragen, bei denen nach Auffassung des Beklagten selbständige Leistungen in rechtserheblichem Umfang nicht zu verzeichnen waren. Das ist nicht geschehen. Dazu bestand aber gerade im Hinblick auf den nicht eindeutigen Vortrag des Beklagten, warum die Eingruppierung der Klägerin in der VergGr. Vc falsch gewesen sein soll, um so mehr Veranlassung. Dabei hätte der Beklagte sich nicht nur auf die Wohngeldantragsbearbeitungen beschränken dürfen, sondern hätte sich auch mit den anderen Arbeitsvorgängen befassen müssen und darstellen müssen, dass diese mit den verbleibenden Wohngeldantragsbearbeitungen weniger als 33 1/3 % der Arbeitsvorgänge der Klägerin belegen. Denn es reicht aus, dass überhaupt Arbeitsvorgänge vorliegen, die 33 1/3 % der Arbeitszeit ausmachen, die in rechtlich erheblichem Ausmaß das Erfordernis der selbständigen Leistung erfüllen. Die selbständigen Leistungen müssen nicht in denselben Arbeitsvorgängen gegeben sein, die auch gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern (vgl. Senat 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – BAGE 51, 282 = AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 116, zu 6 der Gründe).

2. Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT-O ist gewahrt; hierüber streiten die Parteien auch nicht.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB aF iVm. § 1 DÜG oder § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nF.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Schliemann, Bott, Friedrich, Wolf, Weßelkock

 

Fundstellen

BAGE 2005, 245

DB 2004, 1105

EBE/BAG 2004, 1

FA 2004, 189

AP, 0

EzA-SD 2004, 16

NJ 2004, 378

NZA-RR 2004, 383

RiA 2004, 214

Tarif aktuell 2004, 6

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