Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderzahlung an Nicht-Streikende

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zahlung einer Zulage an Arbeitnehmer allein dafür, daß sie sich an einem Streik nicht beteiligen, stellt eine unzulässige Maßregelung der streikenden Arbeitnehmer im Sinne des Maßregelungsverbots der Nr 1 der Vereinbarung zur Wiederherstellung des Arbeitsfriedens vom 6. Juli 1984 zwischen dem Bundesverband Druck eV und der Industriegewerkschaft Druck und Papier dar. Die streikenden Arbeitnehmer haben daher Anspruch auf die gleiche Zahlung.

 

Orientierungssatz

Nichtannahmebeschluß des BVerfG vom 11.4.1988, 1 BvR 1383/87 = NZA 1988, 473.

 

Normenkette

BGB § 242; GG Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 23.05.1985; Aktenzeichen 8 Sa 48/85)

ArbG Köln (Entscheidung vom 10.10.1984; Aktenzeichen 7 Ca 6323/84)

 

Nachgehend

BVerfG (Entscheidung vom 11.04.1988; Aktenzeichen 1 BvR 1383/87)

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt eine Druckerei, die Kläger sind bei ihr als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf ihre Arbeitsverhältnisse finden kraft Tarifbindung die Tarifverträge für die Druckindustrie Anwendung.

Während des Arbeitskampfes in der Druckindustrie 1984 wurde in den Monaten April, Mai und Juni auch der Betrieb der Beklagten an etwa 20 Tagen bestreikt. Aufgerufen zur Streikteilnahme waren rd. 190 Arbeitnehmer der Beklagten. Auch die Kläger haben sich am Streik beteiligt.

Nicht alle zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer der Beklagten befolgten diesen Aufruf. An den einzelnen Streiktagen erschienen vielmehr zwischen 35 und 80 Arbeitnehmer zur Arbeit. Die Beklagte zahlte an diejenigen Arbeitnehmer, die an den einzelnen Streiktagen zur Arbeit erschienen, am 29. Mai bzw. 1. Juni 1984 für die bis dahin angefallenen Streiktage eine Zulage zum normalen Arbeitsentgelt von 100,-- DM je Streiktag und am 11. bzw. 13. Juli für die danach angefallenen Streiktage eine Zulage von 70,-- DM je Streiktag.

Anläßlich der Beendigung des Arbeitskampfes schlossen die Tarifvertragsparteien am 6. Juli 1984 eine Vereinbarung zur Wiederherstellung des Arbeitsfriedens, die wie folgt lautete:

1. Jede persönliche Maßregelung von Beschäftigten wegen

Beteiligung an dem Tarifkonflikt in der Druckindustrie

1984 unterbleibt oder wird rückgängig gemacht,

falls sie bereits erfolgt ist.

2. Soweit Ansprüche oder Anwartschaften von der ununterbrochenen

Dauer des Arbeitsverhältnisses oder

der Betriebszugehörigkeit ... abhängen, gelten das

Arbeitsverhältnis und die Betriebszugehörigkeit ...

der betreffenden Arbeitnehmer durch die Arbeitskampfmaßnahmen

als nicht unterbrochen.

3. Dieses Maßregelungsverbot erstreckt sich auch auf

Beschäftigte, die an Warnstreiks teilgenommen haben.

4. Schadenersatzansprüche wegen der Beteiligung an

dem Tarifkonflikt entfallen.

5. Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, wegen

des Tarifkonflikts keine Rechtsstreitigkeiten gegeneinander

zu führen. Sie verpflichten sich, auf ihre

Mitglieder einzuwirken, Strafanträge, -anzeigen,

Privatklagen u. ä. nicht zu erheben bzw. unverzüglich

zurückzunehmen.

6. Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, jede Arbeitskampfmaßnahme

unverzüglich aufzuheben.

Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kläger unter Hinweis auf dieses Maßregelungsverbot, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG die Zahlung derjenigen Beträge, die die Beklagte an die nichtstreikenden Arbeitnehmer gezahlt hat. Sie sehen in der Zahlung eine "Streikbruchprämie", die unzulässig sei und bestimmungsgemäß dazu geführt habe, daß Arbeitnehmer sich nicht mehr am Streik beteiligt, sondern gearbeitet haben. Daß eine solche Zahlung erfolgen werde, sei schon Mitte Mai bekannt gewesen. Die Zahlung sei an alle Arbeitnehmer erfolgt, unabhängig davon, ob sie wegen des Streiks unter erschwerten Umständen hätten arbeiten müssen oder nicht.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

zu 1) und 2) je 1.540,-- DM netto und an

den Kläger zu 3) 1.240,-- DM netto jeweils

mit 4 % Zinsen seit dem 2. August 1984 zu

zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hält eine Unterscheidung danach, wer an den Streiktagen gearbeitet habe und wer nicht, für zulässig. Die Zahlung sei erfolgt, weil die arbeitenden Arbeitnehmer unter erschwerten Umständen und unter dem psychischen Druck, als "Streikbrecher" angesehen zu werden, ihre Arbeit hätten verrichten müssen. Die Zahlung sei ausschließlich an Arbeitnehmer in der Produktion geleistet worden, nicht aber an die Arbeitnehmer der Verwaltung sowie an solche, die arbeitsunfähig krank oder in Urlaub gewesen wären. Die Zahlung sei vorher nicht angekündigt worden. Auch bei der Zahlung Ende Mai/Anfang Juni sei darauf hingewiesen worden, daß es sich um eine freiwillige einmalige Zahlung ohne einen Rechtsanspruch für die Zukunft handele.

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihnen insoweit stattgegeben, als es um die am 11. bzw. 13. Juli 1984 geleisteten Zahlungen für die zwölf Streiktage im Juni in Höhe von 840,-- DM geht. Gegen das Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt, mit der sie ihre Anträge insoweit weiterverfolgen, als ihnen das Landesarbeitsgericht nicht entsprochen hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet.

Die Beklagte ist nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unter Berücksichtigung der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zur Wiederherstellung des Arbeitsfriedens vom 6. Juli 1984 verpflichtet, die an die nichtstreikenden Arbeitnehmer gezahlten Beträge auch den Klägern zu gewähren.

1. Bei den Zahlungen der Beklagten an diejenigen Arbeitnehmer, die an den Streiktagen sich nicht am Streik beteiligt, sondern gearbeitet haben, handelt es sich um eine freiwillige Leistung, zu der die Beklagte aus Rechtsgründen nicht verpflichtet war. Bei solchen freiwilligen Leistungen gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, die Leistungsvoraussetzungen so abzugrenzen, daß Arbeitnehmer seines Betriebes hiervon nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Er läßt dem Arbeitgeber jedoch die Freiheit, den Personenkreis abzugrenzen, dem solche freiwilligen Leistungen zukommen sollen, also Gruppen zu bilden, wenn diese Gruppenbildung nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt und rechtlich zulässig ist (BAG Urteile vom 11. September 1974 - 5 AZR 567/73 - AP Nr. 39 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und vom 10. März 1982, BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Eine solche Gruppenbildung hat die Beklagte vorgenommen. Sie hat zwischen denjenigen Arbeitnehmern der Produktion unterschieden, die sich am Streik beteiligt haben, und denjenigen, die auch an den Streiktagen zur Arbeit erschienen sind.

2. Die sachliche Rechtfertigung dieser Gruppenbildung kann nur am Zweck der freiwilligen Leistung der Beklagten gemessen werden (BAGE 33, 57 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und von da an in ständiger Rechtsprechung). Zweck der freiwilligen Leistung der Beklagten war eine zusätzliche "Vergütung" der Nichtteilnahme am Streik.

Die Beklagte hat die Zulage an alle Arbeitnehmer der Produktion gezahlt, die an den Streiktagen gearbeitet haben. Die Zulage ist an alle Arbeitnehmer jeweils in gleicher Höhe gezahlt worden. Weder dem Grund noch der Höhe nach hat die Beklagte nach der zeitlichen Lage des Arbeitseinsatzes an den Streiktagen, nach der Dauer dieses Arbeitseinsatzes noch nach konkreten Belastungen und Erschwernissen anläßlich dieses Arbeitseinsatzes differenziert. Die Zulagen sind nicht zu den üblichen Lohnzahlungsterminen zusammen mit dem Lohn gezahlt worden. Sie wurden netto gezahlt und den Arbeitnehmern persönlich überreicht. Aus dieser tatsächlichen Ausgestaltung der Zulage ergibt sich deren Zweck. Die Beklagte wollte damit die Nichtteilnahme am Streik durch eine finanzielle Leistung "vergüten". Dieser Zweck rechtfertigte, ja erforderte notwendig eine Unterscheidung danach, ob der Arbeitnehmer sich am Streik beteiligt hat oder nicht.

3. Auch eine vom Zweck der Leistung her gerechtfertigte Gruppenbildung muß jedoch rechtlich zulässig sein. Gerade die hier von der Beklagten vorgenommene Differenzierung verbietet jedoch die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zur Wiederherstellung des Arbeitsfriedens vom 6. Juli 1984. Ob sie auch nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG unzulässig wäre, kann der Senat daher offenlassen.

a) Nach Nr. 1 dieser Vereinbarung hat jede persönliche Maßregelung von Beschäftigten wegen der Beteiligung an dem Tarifkonflikt zu unterblieben oder ist rückgängig zu machen, falls sie bereits erfolgt ist. Um eine Maßregelung streikender Arbeitnehmer im Sinne dieser Tarifvorschrift handelt es sich, wenn die Beklagte Arbeitnehmer nur deshalb von einer freiwilligen Leistung ausschließt, weil sie sich am Arbeitskampf beteiligt haben.

Der Senat hat sich schon in seiner Entscheidung vom 15. Mai 1964 (AP Nr. 35 zu § 611 BGB Gratifikation) mit einer fast wörtlich gleichlautenden Maßregelungsklausel befaßt. Er hat die gratifikationsmindernde Berücksichtigung streikbedingter Ausfalltage nicht als Maßregelung im Sinne einer solchen Klausel verstanden. Er hat dies damit begründet, daß durch eine solche Regelung die Rechtsposition des streikenden Arbeitnehmers nicht verschlechtert werde. Ihm würden wegen seiner Streikteilnahme keine Rechte entzogen. Gegen ihn werde keine Sanktion deswegen verhängt, weil er sich am Streik beteiligt habe. Die Kürzung der Gratifikation im Hinblick auf streikbedingte Ausfalltage beruhe allein darauf, daß sich die Höhe der Gratifikation von vornherein nach der Zahl der Anwesenheitstage im Betrieb richte. Mit der Kürzung der Gratifikation um streikbedingte Ausfalltage werde lediglich eine vorgegebene Ordnung vollzogen.

Der Senat hat dabei die Frage offengelassen, wie zu entscheiden wäre, wenn eine Gratifikationsregelung mit Rücksicht auf einen vorausgegangenen Streik so ausgestaltet wird, daß die Streikteilnehmer schlechtergestellt werden als die übrigen Arbeitnehmer. Diese Frage ist vorliegend zu entscheiden. Die Beklagte hat ihre freiwillige Leistung so ausgestaltet, daß sie lediglich den nichtstreikenden Arbeitnehmern zugute kommt, den streikenden Arbeitnehmern aber vorenthalten wird. Daß darin eine "Schlechterstellung" und damit eine "Maßregelung" der streikenden Arbeitnehmer liegen kann, wird von der Literatur auch bejaht (Hueck, Anm. zu AP Nr. 7 zu § 611 BGB Gratifikation; Mayer- Maly, Anm. zu AP Nr. 35 zu § 611 BGB Gratifikation; Wiedemann/ Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 217).

b) Dem schließt sich der Senat für das hier zu beurteilende Maßregelungsverbot in der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 an.

Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob allein in der "Belohnung" eines Arbeitnehmers dafür, daß er ein Recht - hier sein Streikrecht - nicht ausübt, schon eine nach § 612 a BGB verbotene Benachteiligung des Arbeitnehmers liegt, der in zulässiger Weise von seinem Streikrecht Gebrauch macht. Das hier zu beurteilende Maßregelungsverbot hat einen weitergehenden Inhalt. Die in der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 getroffenen Regelungen dienen der Wiederherstellung des Arbeitsfriedens nach einem mit großer Härte geführten Arbeitskampf.

An diesem Arbeitskampf haben sich nicht alle Arbeitnehmer beteiligt. Die Beklagte knüpft bei der Zahlung der Zulage an diese unterschiedliche Beteiligung an. Diese unterschiedliche Behandlung der streikenden und nichtstreikenden Arbeitnehmer, die den nichtstreikenden eine Zulage zukommen läßt, ist für die streikenden Arbeitnehmer eine Benachteiligung, die allein deswegen erfolgt, weil sie sich am Arbeitskampf beteiligt haben. Die im Arbeitskampf gegebene Scheidung der Belegschaft in streikende und nichtstreikende Arbeitnehmer wird damit über das Ende des Arbeitskampfes hinaus aufrechterhalten. Das aber steht der Wiederherstellung des Arbeitsfriedens in den Betrieben, die mit der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 bewirkt werden soll, entgegen.

Von daher ist unter Maßregelung im Sinne der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 schon jede unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer zu verstehen, die nach der Teilnahme am Arbeitskampf unterscheidet, soweit diese Unterscheidung nicht schon durch die Rechtsordnung selbst, zu der eine schon bestehende und nach Abschluß des Arbeitskampfes lediglich zu vollziehende Gratifikationsordnung gehören kann, vorgegeben ist. Ein Maßregelungsverbot, das lediglich die Vorenthaltung oder Beschneidung von Rechten wegen der Teilnahme am Arbeitskampf oder die tatsächliche Benachteiligung als "Sanktionierung" für die Ausübung des Streikrechts verbieten würde, wäre weitgehend ohne Bedeutung, weil sich die damit angeordneten Rechtsfolgen ohnehin aus der Rechtsordnung, wie etwa aus § 612 a BGB, ergeben. Sinn des Maßregelungsverbots ist es vielmehr, auch darüber hinaus zu verhindern, daß der Arbeitskampf und seine Beteiligung an diesem zum Anlaß genommen wird, bei der Ausgestaltung und Abwicklung der Arbeitsverhältnisse danach zu differenzieren, wer überhaupt und in welcher Weise sich am Arbeitskampf beteiligt hat oder nicht. Das wird durch die weiteren Regelungen in der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 zusätzlich deutlich.

Die Regelung in Nr. 2 der Vereinbarung will eine Differenzierung nach der Teilnahme am Arbeitskampf auch für diejenigen Fälle ausschließen, in denen nach einer schon vorgegebenen und lediglich zu vollziehenden Ordnung die Beteiligung am Arbeitskampf zu einem Wegfall oder zur Kürzung von Rechten führt. Ansprüche, die vom ununterbrochenen Bestand des Arbeitsverhältnisses, von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder davon abhängig sind, daß das Arbeitsverhältnis nicht zeitweilig geruht hat (vgl. die Entscheidung des Senats vom 4. August 1987 - 1 AZR 488/86 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), sollen so abgewickelt werden, als wäre das Arbeitsverhältnis oder die Betriebszugehörigkeit durch den Arbeitskampf nicht unterbrochen worden oder als hätte es für die Dauer des Arbeitskampfes nicht geruht. Nach Nr. 5 Satz 2 der Vereinbarung sollen selbst Handlungen anläßlich der Beteiligung am Arbeitskampf, die sich als mögliche strafbare Handlungen dargestellt haben und zu Strafanträgen, Strafanzeigen und Privatklagen geführt haben oder führen könnten, soweit eben möglich nicht mehr weiterverfolgt werden und so für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses keine Bedeutung mehr haben.

Nr. 1 der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 verbietet daher, bei der Gewährung freiwilliger Leistungen allein danach zu differenzieren, ob der Arbeitnehmer sich am Arbeitskampf beteiligt hat oder nicht.

4. Die Beklagte hat die Ordnung für die von ihr gewährte Sonderzahlung an die nichtstreikenden Arbeitnehmer zu einer Zeit aufgestellt, als das Maßregelungsverbot von den Tarifvertragsparteien noch nicht vereinbart war. Das gilt auch hinsichtlich der Zahlungen, die die Beklagte erst am 11. und 13. Juli 1984 geleistet hat. Diese Zahlungen sind aus gleichem Anlaß gewährt worden und verfolgen den gleichen Zweck wie die Zahlungen vom 29. Mai und 1. Juni 1984. Auch wenn anläßlich der ersten Zahlungen kein Rechtsanspruch auf eine Zahlung auch für Arbeit an späteren Streiktagen begründet wurde, sollte doch, wenn überhaupt, eine Zahlung nur an diejenigen Arbeitnehmer erfolgen, die sich auch weiterhin nicht am Streik beteiligten.

Auch diese schon erfolgte Differenzierung und damit Maßregelung derjenigen Arbeitnehmer, die sich am Streik beteiligt haben, wird von Nr. 1 der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 erfaßt. Danach ist eine Maßregelung rückgängig zu machen, die bereits erfolgt ist.

Eine solche Rückwirkung des Maßregelungsverbots ist zulässig. Die Beklagte konnte nicht darauf vertrauen, daß die von ihr vorgenommene Differenzierung zwischen streikenden und nichtstreikenden Arbeitnehmern zulässig war oder zulässig bleiben würde. Die Vereinbarung von Maßregelungsverboten und sonstigen Bestimmungen zur Regelung der Folgen eines Arbeitskampfes ist nach Beendigung eines Arbeitskampfes weitgehend üblich. Auch in der Druckindustrie sind schon nach früheren Arbeitskämpfen Maßregelungsverbote mit weitgehend gleichem Inhalt vereinbart worden. Wenn Zahlungen der von der Beklagten geleisteten Art anläßlich früherer Arbeitskämpfe nicht üblich gewesen sein mögen, so rechtfertigt das nicht ein Vertrauen der Beklagten darauf, daß ihr Verhalten von einem auch nach Beendigung des Arbeitskampfes 1984 wieder zu erwartenden Maßregelungsverbot nicht erfaßt würde. Allenfalls hätte für die Tarifvertragsparteien dann Anlaß bestanden, in der Vereinbarung vom 6. Juli 1984 klarzustellen, daß solche Sonderzahlungen an nichtstreikende Arbeitnehmer keine verbotene Maßregelung sein sollen.

5. Die von der Beklagten mit der Zahlung der Zulage an nichtstreikende Arbeitnehmer herbeigeführte Maßregelung der streikenden Arbeitnehmer ist nach Nr. 1 der Vereinbarung rückgängig zu machen. Das kann nur dadurch geschehen, daß auch die streikenden Arbeitnehmer eine entsprechende Zahlung erhalten, da die Rückforderung der Zahlung von den nichtstreikenden Arbeitnehmern weitgehend rechtlich, zumindest aber tatsächlich nicht in Betracht kommt (BAG Urteile vom 5. März 1980, BAGE 33, 57 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und vom 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - AP Nr. 136 zu Art. 3 GG, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

Damit erweisen sich die Klagen der Arbeitnehmer als begründet. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher abzuändern, soweit sie die Klage abgewiesen haben. Die Revision der Beklagten ist damit unbegründet.

Dr. Kissel Dr. Heither Matthes

Andersch Weinmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 437331

BAGE 56, 6-14 (LT1)

BAGE, 6

BB 1987, 1606

BB 1988, 345-346 (LT)

DB 1987, 2470-2471 (LT)

NZA 1987, 584

NZA 1988, 61-62 (LT)

Quelle 1987, 486-486 (T)

RdA 1987, 383

SAE 1989, 20-22 (LT1)

ZTR 1987, 312-313 (LT)

AP, Arbeitskampf (LT1)

AR-Blattei, Arbeitskampf II Entsch 29 (LT1)

AR-Blattei, ES 170.2 Nr 29 (LT1)

AfP 1988, 107

EzA, Arbeitskampf Nr 70 (LT)

MDR 1988, 170-170 (LT)

ZfSH/SGB 1988, 153-153

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