Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung im Konzern

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zum Senatsurteil vom 3. Dezember 1997 – 7 AZR 764/96 – (für die Amtliche Sammlung bestimmt).

 

Normenkette

AÜG §§ 1, 3, 9, 13

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 21.08.1996; Aktenzeichen 7 (2) Sa 351/96)

ArbG Köln (Urteil vom 13.12.1995; Aktenzeichen 15/11 Ca 4631/95)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. August 1996 – 7 (2) Sa 351/96 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages infolge eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Die Beklagte betreibt ein … unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft und ist herrschendes Unternehmen eines Konzerns, dem u.a. die De.-AG (eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Beklagten) und die De.-AG (im folgenden Delvag), an der die De.-AG zu 90 % und eine außenstehende Gesellschaft zu 10 % beteiligt sind, angehören. Die De. wie auch andere Tochtergesellschaften der Beklagten haben kein eigenes Personal. Die Arbeitsverträge der für sie tätigen etwa 300 Arbeitnehmer sind sämtlich mit der Beklagten abgeschlossen worden. Die Personalverwaltung obliegt einem zentralen Personaldienst der Beklagten, die sich die Personalkosten von den Tochtergesellschaften erstatten läßt und auch die Gewinne der Tochtergesellschaften erhält. Für die Beklagte und die Tochtergesellschaften ist ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt worden. Die Beklagte besitzt die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Die Klägerin war seit dem 1. Juli 1964 als L. gemäß Einstellungsschreiben vom 6. März 1964 bei der Beklagten beschäftigt. Das Einstellungsschreiben enthält folgenden Satz:

„Wir behalten uns vor, Sie entsprechend Ihren Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen, im Interesse des Unternehmens liegenden Tätigkeit zu betrauen.”

Ab 15. April 1971 wurde die Klägerin als Sachbearbeiterin bei der De.-AG eingesetzt. Seit dem 1. März 1985 ist sie als Sachbearbeiterin für die De. tätig. Arbeitsverträge zwischen der Klägerin und den beiden letztgenannten Gesellschaften wurden nicht abgeschlossen. Vielmehr wurde durch Vertrag mit der Beklagten vom 30. April 1971 lediglich die bisherige Arbeitszeit der Klägerin verkürzt.

Mit Schreiben vom 8. Mai 1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das zu ihr bestehende Arbeitsverhältnis ende zum 1. Juli 1995 und gehe unter unveränderten tariflichen Arbeitsbedingungen auf die De. als neue Arbeitgeberin über. Das sei die Rechtsfolge einer seit Jahren betriebenen unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung.

Die Klägerin hat diese Rechtsfolgen in Abrede gestellt und Klage erhoben mit dem Antrag

festzustellen, daß ein Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf die De. zum 1. Juli 1995 nicht stattfinde, sondern daß das Arbeitsverhältnis über den 1. Juli 1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehe.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, in der schon seit vielen Jahren andauernden Beschäftigung der Klägerin bei der De. liege eine unerlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Zwingende Folge dieses Verstoßes sei die Nichtigkeit des zu ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses und das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zur De.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert fortbesteht. Die Rechtsauffassung der Beklagten, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei wegen Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung und unstatthafter Arbeitsvermittlung aufgelöst und es sei an seiner Stelle ein Arbeitsverhältnis zwischen der De. und der Klägerin entstanden, ist unzutreffend.

I. Die Feststellungsklage der Klägerin ist begründet, weil das seit 1964 bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet worden ist. Die allein in Betracht kommenden Beendigungstatbestände der Unwirksamkeit eines Arbeitsvertrags nach den Bestimmungen des AÜG unter gleichzeitiger Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der De. sind bereits deswegen nicht gegeben, weil nicht festgestellt werden kann, daß die Beklagte die Klägerin an die De. im Sinne des AÜG zur Arbeit überlassen hat.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stellt nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG dar. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie dem Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes setzt also das Bestehen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages (§ 12 AÜG) voraus. Notwendiger Inhalt dieses Vertrages ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, ihm zur Förderung seiner Betriebszwecke Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG Urteile vom 22. Juni 1994 – 7 AZR 286/93 – BAGE 77, 102, 111 = AP Nr. 16 zu § 1 AÜG, zu IV 2 b der Gründe; und vom 26. April 1995 – 7 AZR 850/94 – BAGE 80, 46, 52 = AP Nr. 19 zu § 1 AÜG, zu II 2 a der Gründe). Damit endet die vertragliche Pflicht des Verleihers. Der Entleiher verpflichtet sich gegenüber dem Verleiher, diesem als Gegenleistung ein Entgelt zu zahlen.

Beruft sich ein Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen einer Arbeitnehmerüberlassung, so ist er für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes darlegungspflichtig. Er macht eine rechtshindernde Tatsache geltend (BAG Urteile vom 25. Juni 1986 – 5 AZR 507/83 – EzAÜG § 1 AÜG Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung Nr. 20; und vom 30. Januar 1991 – 7 AZR 497/89 – BAGE 67, 124, 145 = AP Nr. 8 zu § 10 AÜG, zu IV 3 der Gründe, für den umgekehrten Fall des Feststellungsbegehrens eines Arbeitnehmers, daß ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher entstanden ist).

2. Diese Darlegung ist der Beklagten nicht gelungen. Vielmehr ergibt sich bereits auf der Grundlage ihres Sachvortrags in Verbindung mit dem unstreitigen Sachverhalt, daß keine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, daß zwischen ihr und der De. hinsichtlich der Arbeitsleistung der Klägerin überhaupt ein Vertrag geschlossen worden sei. Erst recht fehlt jedes Vorbringen zum Bestehen eines Vertrages, nach dem die Beklagte gegenüber der De. zur Verschaffung der Arbeitsleistung der Klägerin oder anderer Arbeitnehmer verpflichtet wäre. Ersichtlich ist lediglich, daß die Beklagte kraft eigenen Entschlusses die Klägerin zur Verrichtung von Arbeitsaufgaben einsetzte, die sie insbesondere wegen versicherungsaufsichtsrechtlicher Erfordernisse auf die De. als selbständige juristische Person übertragen hatte.

3. Aber selbst wenn von einem konkludenten Vertragsabschluß auszugehen wäre, sind aus dem Vortrag der Beklagten auch keine Tatsachen dafür ersichtlich, daß der Inhalt eines außerhalb des Konzernrechtsverhältnisses bestehenden weiteren Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und der De. gerade auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichtet war bzw. zumindest Arbeitnehmerüberlassung tatsächlich praktiziert worden ist. Dafür genügt es nicht, daß die Klägerin dem fachlichen Weisungsrecht von Organen der De. unterstand und Arbeitsaufgaben der De. zu verrichten hatte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterscheidet sich die Arbeitnehmerüberlassung von sonstigen Erscheinungsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes, auf die das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht anwendbar ist, weiterhin durch das Erfordernis der vollständigen Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers, der den Arbeitnehmer seinen Vorstellungen und Zielen gemäß innerhalb seiner Betriebsorganisation wie eigene Arbeitnehmer zur Förderung seiner Betriebszwecke einsetzt (vgl. z.B. BAG Urteile vom 17. Februar 1993 – 7 AZR 167/92 – BAGE 72, 255, 265 = AP Nr. 9 zu § 10 AÜG, zu II 2 b der Gründe; vom 31. März 1993 – 7 AZR 338/92 – AP Nr. 2 zu § 9 AÜG, zu I 3 der Gründe; vom 1. Juni 1994 – 7 AZR 7/93 – BAGE 77, 52, 57 f. = AP Nr. 11 zu § 10 AÜG, zu I 2 a der Gründe; vom 9. November 1994 – 7 AZR 217/94 – BAGE 78, 252, 259 = AP Nr. 18 zu § 1 AÜG, zu III 2 a der Gründe, jeweils m.w.N.).

a) Der Senat kann nicht feststellen, daß die De. einen eigenen Betrieb unterhält. Aus dem Vortrag der Beklagten sind keine Anhaltspunkte für eigene Räumlichkeiten, eine eigene Betriebsorganisation oder eine eigene Belegschaft der De. ersichtlich. Es bestehen lediglich Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern, die daneben in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen. Die Arbeitnehmer haben sämtlich Arbeitsverträge mit der Beklagten, erhalten ihre Weisungen von Arbeitnehmern der Beklagten – auch wenn diese ihrerseits formal an Weisungen des Vorstands der De. gebunden sein mögen – und unterstehen im übrigen vollständig einem zentralen Personaldienst der Beklagten. Auch ein eigener Betriebsrat besteht bei der De. nicht. Die für sie tätigen Arbeitnehmer werden vielmehr an der Wahl des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats beteiligt.

b) Arbeitnehmerüberlassung liegt auch nicht vor, wenn die Beklagte mit der De. und den anderen Tochtergesellschaften einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Denn auch dann fehlt es an dem Erfordernis, daß der Arbeitnehmer vollständig in einen Betrieb des Entleihers eingegliedert wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BAG Beschlüsse vom 14. Dezember 1994 – 7 ABR 26/94 – BAGE 79, 47 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; und vom 24. Januar 1996 – 7 ABR 10/95 – BAGE 82, 112 = AP Nr. 8 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb, jeweils m.w.N.) liegt ein Gemeinschaftsbetrieb mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen vor, wenn sich die beteiligten Unternehmen zur gemeinsamen Führung des Betriebs rechtlich verbunden und einen einheitlichen Leitungsapparat zur Erfüllung der in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke geschaffen haben. Insbesondere müssen die Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen sein. Diese einheitliche Leitung muß sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes erstrecken. Die einheitliche Leitung braucht nicht in einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung der beteiligten Unternehmen geregelt zu sein. Vielmehr genügt es, daß sich ihre Existenz aus den tatsächlichen Umständen herleiten läßt. Ergeben die Umstände des Einzelfalles, daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, so führt dies regelmäßig zu dem Schluß, daß eine konkludente Führungsvereinbarung vorliegt.

Erstinstanzlich sind die Parteien noch übereinstimmend vom Vorliegen eines einheitlichen Betriebs ausgegangen. In der zweiten Instanz hat die Beklagte dies in Abrede gestellt, ohne allerdings ihrerseits Tatsachen vorzutragen, die gegen einen Gemeinschaftsbetrieb und damit für das Bestehen eines eigenen Betriebs der De. sprechen. Damit hat die Beklagte ihre Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verkannt.

c) Aber auch unabhängig davon liegt das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs nahe. Zwar folgt dies nicht unmittelbar aus dem Bestehen eines gemeinsamen Betriebsrats und einer gemeinsamen Schwerbehindertenvertretung. Vielmehr setzt die Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats ihrerseits das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebes voraus. Doch das Bestehen eines gemeinsamen Betriebsrats und anderer gemeinsamer Einrichtungen läßt erkennen, wie die beteiligten Unternehmen selbst den Sachverhalt betriebsverfassungsrechtlich gewertet wissen wollten. Über ihre allgemeine prozessuale Darlegungslast für die Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hinaus hätte es daher der Beklagten oblegen zu erklären, warum die Einschätzung der Unternehmen unzutreffend gewesen sein soll. Der Hinweis auf die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsamts genügt nicht.

d) Außerdem finden sich gewichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Führungsvereinbarung der beteiligten Unternehmen. Sie betreiben einen zentralen Personaldienst, der insbesondere von der De. umfassend zur Wahrnehmung der personellen Arbeitgeberfunktionen bevollmächtigt wurde, so daß eine Vereinbarung der beteiligten Unternehmen über die gemeinsame Betriebsführung angenommen werden kann.

II. Aber selbst wenn der Einsatz der Klägerin bei der De. als Arbeitnehmerüberlassung zu werten und die Bestimmungen des AÜG anwendbar wären, führte dies nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages und damit zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien.

1. Der Arbeitsvertrag wäre nicht nach § 9 Nr. 1 AÜG in Verb. mit § 1 Abs. 1 AÜG unwirksam. Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat.

Die Beklagte hat die nach § 1 Abs. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Zeitliche oder inhaltliche Einschränkungen dieser Erlaubnis sind von der Beklagten nicht dargelegt worden. Verfehlt ist die Rechtsansicht der Beklagten, diese Erlaubnis decke nicht die lange Überlassungsdauer, so daß sie als fehlend anzusehen sei. Das Überschreiten der in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG bestimmten Überlassungshöchstdauer ist lediglich ein Versagungsgrund für die Erteilung bzw. Verlängerung der Erlaubnis und im übrigen nur für die in § 1 Abs. 2 AÜG geregelte Vermutung des Vorliegens von Arbeitsvermittlung erheblich.

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wäre auch beim Vorliegen von Arbeitsvermittlung nicht nach § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG und dadurch bedingter Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der De. unwirksam.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BAG Urteile vom 23. November 1988 – 7 AZR 34/88 – BAGE 60, 205 = AP Nr. 14 zu § 1 AÜG; und vom 1. Juni 1994 – 7 AZR 7/93 – BAGE 77, 52 = AP Nr. 11 zu § 10 AÜG) führt die Vermutung des § 1 Abs. 2 AÜG in Verbindung mit der bis zum 31. März 1997 geltenden Vorschrift des § 13 AÜG (aufgehoben durch Art. 63 Nr. 9 des AFRG vom 24. März 1997 – BGBl. I S. 594, 714) zu einem Arbeitsverhältnis des entliehenen Arbeitnehmers mit dem Entleiher. Die Vermutung ist im Fall gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung unwiderlegbar und bei der nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung widerlegbar (BAG Urteile vom 23. November 1988 – 7 AZR 34/88 – BAGE 60, 205 = AP Nr. 14 zu § 1 AÜG; und vom 21. März 1990 – 7 AZR 198/89 – BAGE 65, 43 = AP Nr. 15 zu § 1 AÜG).

b) Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, daß die Vermutung des § 1 Abs. 2 AÜG unwiderlegbar ist oder die Vermutung nicht widerlegt worden ist. Denn die nach der Rechtsprechung des Senats eintretenden Rechtsfolgen nach dem bis zum 31. März 1997 geltenden § 13 AÜG haben wegen der Besonderheiten des Sachverhalts keinen Einfluß auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Bei diesem Arbeitsverhältnis hat es sich nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen nicht um ein typisches Leiharbeitsverhältnis gehandelt. Der Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Beklagten war nicht auf Überlassung der Klägerin an dritte Arbeitgeber, sondern auf eine Tätigkeit für die Beklagte gerichtet. Er enthielt lediglich eine Klausel, nach der die Klägerin (konzernweit) auch mit anderen im Interesse der Beklagten liegenden Tätigkeiten betraut werden durfte. Auch nachdem die Klägerin daraufhin mit einer derartigen anderen Tätigkeit betraut worden war, blieb ihre arbeitsvertragliche Verpflichtung, auch für die Beklagte tätig zu werden, davon unberührt. Denn auf die arbeitsvertragliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Beklagten bleibt es ohne Einfluß, wenn die Rechtsordnung, wie die Beklagte geltend macht, den Einsatz der Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber mißbilligt und zu seinem Schutz daran das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zu dem Dritten knüpft. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, sondern als weitere Rechtsfolge aus einer allein den Schutz des Arbeitnehmers bezweckenden erweiternden Auslegung des inzwischen aufgehobenen § 13 AÜG hergeleitet wird. In diesem Falle fehlt es an einem Grund für die Unwirksamkeit des Vertrags zwischen Verleiher und Arbeitnehmer (vgl. hierzu auch die Ausführungen von Schüren, AÜG, § 9 Rz 19, der selbst im Fall des § 9 AÜG nur von einer Teilnichtigkeit des Arbeitsvertrages ausgeht).

3. Es bedarf daher keiner abschließenden Stellungnahme des Senats zu der Frage, ob bei einem insgesamt auf Arbeitnehmerüberlassung gerichteten Arbeitsvertrag die Rechtsfolge des § 13 AÜG neben der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher auch in einer Beendigung des Arbeitsvertrages zum Verleiher besteht (so allerdings nicht tragend und eher beiläufig BAG Beschluß vom 10. Februar 1977 – 2 ABR 80/76 – BAGE 29, 7 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972; a.A. Schüren, aaO, § 13 Rz 54 ff., der ein Arbeitsverhältnis sowohl zum Entleiher als auch das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zum Verleiher annimmt).

III. Angesichts dessen kommt es auf die weiteren, von den Parteien und dem Landesarbeitsgericht erörterten Rechtsfragen nicht an. Das gilt für die Frage, ob es von den Schutzzwecken des AÜG nicht gedeckt oder sogar rechtsmißbrauchlich ist, wenn sich der Vertragsarbeitgeber auf Rechtsfolgen einer selbst begangenen unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung beruft, um sich auf diese Weise der arbeitsrechtlichen Bindung an den Arbeitnehmer zu entledigen. Es erübrigt sich auch die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitnehmer aus ähnlichen Gründen, wie sie der Rechtsprechung zum Widerspruchs recht des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang (§ 613 a BGB) zugrunde liegen, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Dritten widersprechen kann.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dörner, Steckhan, Schmidt, Peter Haeusgen, Joh. Hökenschnieder

 

Fundstellen

Haufe-Index 1126970

BB 1998, 1482

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