Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Lohnzahlungsklage eines Betriebsratsmitgliedes

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 12a Abs 1 Satz 1 ArbGG schließt den Anspruch auf Erstattung erstinstanzlicher Rechtsanwaltskosten auch dann aus, wenn sie einem Betriebsratsmitglied bei der auf § 37 Abs 2 BetrVG gestützten Verfolgung seines Lohnanspruchs im Urteilsverfahren entstanden sind.

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 19.02.1992; Aktenzeichen 3 TaBV 115/91)

ArbG Bochum (Entscheidung vom 03.05.1991; Aktenzeichen 1 BV 111/90)

 

Gründe

A. Der Antragsteller begehrt von seiner Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die ihm im ersten Rechtszug einer erfolgreichen Klage auf Zahlung von Arbeitsentgelt trotz Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeit entstanden sind.

Die Arbeitgeberin stellt in ihren Werken in B u. a. Personenkraftwagen her. Dem in diesen Werken bestehenden Betriebsrat (Beteiligter zu 3) gehört schon seit mehreren Wahlperioden der Antragsteller, ein Arbeiter, an. Alle 39 Mitglieder des Betriebsrats sind zugunsten ihrer Betriebsratstätigkeit von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt.

Zusammen mit 13 anderen Betriebsratsmitgliedern focht der Antragsteller Wahlen zu Ausschüssen des Betriebsrates an. In dem Verfahren fand am 8. November 1988 vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (3 TaBV 134/87) ein Termin zur mündlichen Anhörung der Beteiligten statt. An diesem Termin nahmen der Antragsteller und alle anderen 13 Betriebsratsmitglieder, die die Wahlen angefochten hatten, teil. Die Arbeitgeberin kürzte das Arbeitsentgelt des Antragstellers wegen der nach ihrer Ansicht nicht erforderlichen Terminsteilnahme um DM 125,48 brutto für 5,25 Stunden. Entsprechend verfuhr sie auch gegenüber weiteren 10 Betriebsratsmitgliedern, die an jenem Termin teilgenommen hatten. Das Landesarbeitsgericht Hamm sprach dem Antragsteller und anderen Terminsteilnehmern die für die Wahrnehmung des Termins entstandenen Reisekosten gem. § 40 Abs. 1 BetrVG zu, weil die Terminswahrnehmung erforderliche Betriebsratstätigkeit gewesen sei (Beschluß vom 29. August 1990 - 3 TaBV 70/90 - rechtskräftig). Der Antragsteller nahm die Arbeitgeberin im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren auf Zahlung des nichtgezahlten Lohnes in Anspruch. Durch sein rechtskräftiges Urteil vom 8. März 1990 (- 2 Ca 376/90 -) gab das Arbeitsgericht Bochum der Klage mit der Begründung statt, bei der Teilnahme am Termin vor dem Landesarbeitsgericht im Verfahren 3 TaBV 134/87 habe es sich um erforderliche Betriebsratstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG gehandelt.

In dem Lohnzahlungsverfahren hatte sich der Antragsteller anwaltlich durch dieselben Rechtsanwälte vertreten lassen, die auch jetzt seine Verfahrensbevollmächtigten sind. In ihrem Schreiben vom 20. April 1990 forderten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers die Arbeitgeberin auf, die durch ihre Inanspruchnahme im Lohnzahlungsverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von DM 104,88 zu zahlen. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit ihrem Schreiben vom 24. April 1990 ab.

Mit seinem am 27. Dezember 1990 im vorliegenden Beschlußverfahren eingereichten Antrag verfolgt der Antragsteller sein Zahlungsbegehren weiter. Er ist der Ansicht, die Rechtsanwaltskosten, die er zur Durchsetzung seines Lohnanspruchs aufgewandt habe, seien notwendige Kosten im Sinne von § 40 Abs. 1 BetrVG und daher von der Arbeitgeberin zu tragen. Der Ausschluß der Kostenerstattung nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stehe dem nicht entgegen. Auch bei einer nicht erteilten Drittschuldnererklärung sei ein Anspruch auf Erstattung erstinstanzlich entstandener Anwaltskosten gegeben. Überdies seien die Kosten der Rechtsverfolgung nach § 103 BetrVG für ein Betriebsratsmitglied Kosten im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden habe.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, an den Antrag-

steller zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtig-

ten DM 104,88 nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Mai

1990 zu erstatten,

hilfsweise,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Antrag-

steller von den im Verfahren vor dem Arbeitsge-

richt Bochum - 2 Ca 376/90 - entstandenen Rechts-

anwaltskosten in Höhe von DM 104,88 nebst

4 % Zinsen hierauf seit dem 11. Mai 1990 freizu-

stellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat erwidert, mit Rücksicht auf § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG sei sie nicht verpflichtet, dem Antragsteller die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im erstinstanzlichen Lohnzahlungsprozeß zu erstatten. Anderenfalls würde der Antragsteller gegenüber anderen Arbeitnehmern, die nicht Betriebsratsmitglieder seien, bevorzugt. Die Kosten des Lohnzahlungsprozesses seien keine Kosten der Betriebsratstätigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Arbeitgeberin verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen seines Verfahrensbevollmächtigten DM 104,88 netto nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Mai 1990 zu zahlen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und die Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts. Dagegen beantragt der Antragsteller, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag zu Unrecht stattgegeben. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten des Antragstellers für dessen Vertretung im ersten Rechtszug des vorangegangenen Lohnzahlungsprozesses gegen die beteiligte Arbeitgeberin stehen dem Antragsteller nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Entscheidung im wesentlichen aufgeführt: Der Anspruch beruhe auf § 40 Abs. 1 BetrVG. Die Voraussetzungen hierfür seien gegeben. Der Besuch der Sitzung des Arbeitsgerichts im Verfahren über die auch vom Antragsteller betriebene Anfechtung der Wahlen zu den Betriebsratsausschüssen sei auch für den Antragsteller erforderliche Betriebsratstätigkeit gewesen. Gleichwohl habe die beteiligte Arbeitgeberin vom Lohn des Antragstellers Abzüge gemacht. Diese Abzüge habe der Antragsteller vor dem Arbeitsgericht Bochum (2 Ca 376/90) eingeklagt; in jenem Verfahren seien im ersten Rechtszug die jetzt strittigen Rechtsanwaltskosten entstanden. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG habe nur prozessuale Bedeutung und stehe deshalb der Erstattung von Rechtsanwaltskosten aufgrund anderer Bestimmungen, z. B. nach § 40 Abs. 1 BetrVG, nicht entgegen.

II. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerhaft.

1. Im vorangegangenen Urteilsverfahren hat der Kläger seinen eigenen, auf dem Arbeitsvertrag beruhenden individual-rechtlichen Lohnanspruch verfolgt. Damit hat er die richtige Verfahrensart gewählt. Ein solches Begehren ist nicht im Beschlußverfahren, sondern im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten zu verfolgen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z. B. BAGE 25, 23, 26 = AP Nr. 1 zu § 37 BetrVG 1972, zu II 1 der Gründe, mit Anmerkung Richardi; BAGE 40, 244, 247 = AP Nr. 19 zu § 40 BetrVG 1972, zu II 1 der Gründe, mit Anmerkung Otto).

2. Die eigenen Kosten der Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten hat im Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht jede Partei mit Rücksicht auf § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch dann zu tragen, wenn sie obsiegt. Nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistandes. Dieser Bestimmung kommt keineswegs nur, wie das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen hat, eine prozeßrechtliche Bedeutung zu. Vielmehr hat sie auch materiell-rechtliche Wirkungen. Sie schließt jeden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, gleichgültig, worauf er gestützt wird, aus.

a) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG wie auch die ihm vorangegangene Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG 1953 stets dahingehend verstanden worden, daß nicht nur ein prozessualer Kostenanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Kosten eines Prozeßbevollmächtigten, sondern auch ein entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch ausgeschlossen sei (BAG Urteil vom 30. April 1992 - 8 AZR 288/91 - AP Nr. 6 zu § 12 a ArbGG 1979, unter I der Gründe; BAGE 10, 39 = AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten). Dem Urteil des Vierten Senats vom 16. Mai 1990 (- 4 AZR 56/90 - BAGE 65, 139 = EzA § 840 ZPO Nr. 3) zur Frage der Kostenerstattung im Fall des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist nichts anderes zu entnehmen. Auch der Vierte Senat hat ausgeführt, § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließe nicht nur prozeßrechtliche, sondern auch alle materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche aus. Im Fall des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei jedoch der Wortlaut des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht erfüllt, denn der Pfändungsgläubiger habe im maßgeblichen Vorprozeß nicht obgesiegt, sondern sei unterlegen gewesen; § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG setze aber ein Obsiegen im Vorprozeß voraus.

b) Ebenso wird in der Literatur angenommen, § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließe jeden materiell-rechtlichen (Schadensersatz-)Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Prozeßbevollmächtigten erster Instanz aus (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 12 a Rz 11; Mes, Anmerkung zu BAG AP Nr. 14 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Schaub, Die Erstattung außergerichtlicher Kosten bei den Arbeitsgerichten erster Instanz, NJW 1968, 480, 483; Schaub, Arbeitsrechtliche Formularsammlung und Arbeitsgerichtsverfahren, 5. Auflage 1990, § 105 II 1 und III 5). Loritz kommt zum selben Ergebnis, begründet es aber mit einer Analogie zu § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Die Konkurrenz materiell-rechtlicher Ersatzansprüche und prozessualer Kostenerstattungsansprüche und -normen bei Anspruchsentstehung und -durchsetzung, Diss. Konstanz 1979, S. 126; ähnlich Grunsky, ArbGG, 6. Auflage 1990, § 12 a Rz 3; Grunsky, Anm. zu BAG AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten).

c) Bereits der Wortlaut des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG zeigt, daß jeder Erstattungsanspruch unabhängig von seiner Anspruchsgrundlage hinsichtlich der Kosten der Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten im ersten Rechtszug des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens ausgeschlossen ist. Es heißt in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG kategorisch, es bestehe "kein Anspruch der obsiegenden Partei auf...Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistandes". Dieser Wortlaut entspricht auch der Entstehungsgeschichte der Norm. Die Arbeitsgerichtsgesetznovelle 1979 übernahm die frühere Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ohne inhaltliche Änderung in den neugeschaffenen § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Brill, Die Kostentragungspflicht nach dem neuen ArbGG, AuR 1979, 367). § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG 1953 entsprach wortgleich der Regelung des ArbGG 1926, die auf einen Beschluß des sozialpolitischen Ausschusses des Reichstages zurückgeht. Zwar hatte die damalige Reichsregierung im Gesetzgebungsverfahren noch eine Regelung vorgeschlagen, nach der der obsiegenden Partei die Versäumnis- und Vertretungskosten insoweit erstattet werden sollten, als dies der Billigkeit entspreche (Dersch/Volkmar, ArbGG 1927, § 61 Anm. 3). Die mehrjährigen politischen Auseinandersetzungen im Reichstag, Reichsrat und im Reichswirtschaftsrat hatten aber schließlich das Ergebnis der Regelung im Arbeitsgerichtsgesetz 1926.

d) Der Ausschluß jedweder Kostenerstattung entspricht auch dem Normzweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Er wie der seiner vorgehenden Bestimmungen besteht darin, daß das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren möglichst nur mit geringen Kosten belastet sein soll (so schon RAG 6, 97, 101; BAGE 10, 39, 45 = AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten, zu 3 b der Gründe). Keine Partei soll damit rechnen können oder müssen, daß ihr im Fall des Obsiegens die eigenen Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten erstattet werden oder daß ihr im Fall des Unterliegens die Kosten des Prozeßbevollmächtigten des Gegners auferlegt werden können.

e) Der gesetzliche Ausschluß jedweder Kostenerstattung wegen Zeitversäumnis oder wegen der Kosten der Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten im ersten Rechtszug des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 31, 306, 308). Die Regelung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG wird ihrerseits auch nicht durch andere Normen eingeschränkt, insbesondere nicht durch allgemein auf § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB gestützte Schadensersatzansprüche (vgl. insgesamt: BAG Urteil vom 30. April 1992 - 8 AZR 288/91 - AP Nr. 6 zu § 12 a ArbGG 1979, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

f) Dieser Ausschluß der Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren trifft uneingeschränkt auch gerade die Fälle, in denen Lohnansprüche umstritten sind. Dabei kommt es auf den Grund des Streites nicht an. Selbst in Fällen, in denen die Verfolgung oder Abwehr eines Lohnanspruchs unter dem Gesichtspunkt strafbarer Handlungen zumindest prüfenswert erscheint, schließt § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Erstattungsanspruch aus (vgl. BAG Urteil vom 30. April 1992, aaO).

3. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gilt auch für die Kosten der auf § 37 Abs. 2 BetrVG gestützten Lohnzahlungsklagen eines Betriebsratsmitgliedes. Auch insoweit steht § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Anderes folgt auch nicht aus § 78 Satz 2 BetrVG. Ein nicht zum geschützten Personenkreis des § 78 BetrVG gehörender Arbeitnehmer kann die Erstattung von Prozeßkosten, die durch die Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten im ersten Rechtszug entstanden sind, mit Rücksicht auf § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch in dem Fall nicht verlangen, in welchem er obgesiegt hat. Es stellt keine Benachteiligung im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG dar, wenn dasselbe für den Fall der Lohnzahlungsklage eines Betriebsratsmitgliedes gilt. Zwar ist nicht zu übersehen, daß der Anlaß, der zu einem Lohnzahlungsprozeß führt, betriebsverfassungsrechtlicher Art ist, nämlich der Streit darüber, ob und inwieweit einem Betriebsratsmitglied mit Rücksicht auf § 37 Abs. 2 BetrVG das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt trotz Ausübung von Betriebsratstätigkeit fortzuzahlen ist oder nicht. Auf den Anlaß des Streites kommt es jedoch nicht entscheidend an. Für die Vergleichbarkeit im Sinne der Prüfung, ob ein Betriebsratsmitglied gegenüber einem Nichtbetriebsratsmitglied benachteiligt wird, ist vielmehr entscheidend, in welcher Situation sich ein Nichtbetriebsratsmitglied befindet. Kein Arbeitnehmer, gleichgültig, ob er Betriebsratsmitglied ist oder nicht, kann rechtlich einen Erstattungsanspruch wegen der Kosten eines Verfahrensbevollmächtigten für eine Klage im ersten Rechtszug gegenüber seinem Arbeitgeber durchsetzen. Dieser Ausschluß der Kostenerstattung ist umfassend. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund insoweit für Betriebsräte oder sonstige durch § 78 BetrVG erfaßte Amtsträger eine teleologische Reduktion des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorzunehmen sein soll. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Novelle des Arbeitsgerichtsgesetzes 1979 in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, ber. S. 1036) die bis dahin gültige Regelung des § 61 Abs. 2 ArbGG 1953 ohne jede Sinnänderung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG übernommen. Ebensowenig hat er Anlaß gesehen, Streitigkeiten über Arbeitsentgelt, die auf § 37 Abs. 2 BetrVG beruhen, im Beschlußverfahren entscheiden zu lassen. Vielmehr hat er es in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Lohnansprüche als bürgerliche Rechtsstreitigkeiten nicht zu den "Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz" zählen, dabei belassen, daß derartige Streitigkeiten weiterhin im Urteilsverfahren zu entscheiden sind, wie auch dabei, daß Kosten der Hinzuziehung der Prozeßbevollmächtigten im ersten Rechtszug des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auch in solchen Fällen nicht erstattungsfähig sind.

Dementsprechend war der Antrag zurückzuweisen.

Dr. Seidensticker Dr. Steckhan Schliemann

Kordus Haeusgen

 

Fundstellen

BAGE 73, 314-320 (LT1)

BAGE, 314

BB 1993, 2449

BB 1993, 2449 (LT1)

BetrVG, (10) (LT1)

NZA 1994, 284

NZA 1994, 284-286 (LT1)

ZAP, EN-Nr 304/94 (S)

AP § 12a ArbGG 1979 (LT1), Nr 8

AR-Blattei, ES 160.13 Nr 195 (LT1)

EzA § 12a ArbGG 1979, Nr 10 (LT1)

MDR 1994, 387-388 (LT1)

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