Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrecht bei der Vergabe von Werkmietwohnungen

 

Leitsatz (amtlich)

  • Werden Werkmietwohnungen aus einem einheitlichen Bestand ohne feste Zuordnung sowohl an Arbeitnehmer des Betriebs als auch an Personen vergeben, die nicht vom Betriebsrat repräsentiert werden, erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht bei der Zuweisung von Werkmietwohnungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG auch auf die Zuweisung von Wohnungen an Dritte (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 30. April 1974 – 1 ABR 36/73 – AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen). Das gleiche gilt für Kündigungen von Werkmietwohnungen aus einem einheitlichen Bestand ohne feste Zuordnung.
  • Dagegen besteht ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Nutzungsbedingungen nur, soweit die Wohnungen an Arbeitnehmer des Betriebs einschließlich der dort zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten vermietet werden.
 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 9, § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 20.12.1991; Aktenzeichen 6 TaBV 20/90)

ArbG Neumünster (Beschluss vom 03.05.1990; Aktenzeichen 1c BV 57/89)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 20. Dezember 1991 – 6 TaBV 20/90 – wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlußrechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß teilweise abgeändert:

Unter weiterer Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Neumünster vom 3. Mai 1990 – 1 BV 57/89 – wird festgestellt, daß der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG bei Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen einschließlich der allgemeinen Grundsätze über die Mietzinsbildung auch bei Vergabe der Wohnungen hat, die an Auszubildende im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung vergeben werden.

Im übrigen wird die Anschlußrechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht bei Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen sowie der allgemeinen Festlegung der Nutzungsbedingungen.

Der Arbeitgeber betreibt in der Form einer privatrechtlichen Stiftung ein Forschungsinstitut für experimentelle Biologie und Medizin. Das Institut umfaßt auch eine staatlich anerkannte Lehranstalt für medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten. Der Arbeitgeber ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Schleswig-Holstein und wendet auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer u.a. den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge an.

Die Stiftung verfügt über insgesamt 117 Wohneinheiten unterschiedlicher Größe. Darunter befinden sich fünf Zimmer für Tagesgäste und elf von beiden Parteien als Werkmietwohnungen angesehene, über die nicht gestritten wird.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die restlichen Wohneinheiten. Sie sind sämtlich möbliert eingerichtet. Diese Wohneinheiten werden unterschiedlichen Benutzern überlassen, und zwar folgenden Personengruppen:

Gastwissenschaftler ohne Vertrag und Vergütung oder ohne Vertrag mit Vortragshonorar und/oder Fahrtkostenerstattung und/oder Unterkunftsgewährung

Doktoranden und Studenten:

Diese werden in unterschiedlichsten Formen eingesetzt, teilweise ohne Vergütung gegen Gestellung einer Unterkunft, teilweise mit Teilzeitarbeitsverträgen des Instituts als geringfügig entlohnte Diplomanden/Doktoranden mit Zahlung einer Entschädigung für Fahrtkosten/Unterkunft, als Stipendiaten anderer Institutionen mit oder ohne zusätzlichen Teilzeitarbeitsvertrag oder nur mit Gestellung einer Unterkunft und im Rahmen von Zusatzstudiengängen

Praktikanten:

Auch dieser Personenkreis wird in unterschiedlichsten Rechtsformen eingesetzt, teilweise ohne Vertrag und Vergütung, teilweise mit Vertrag und Vergütung (z.B. Schulpraktikanten), ohne Vertrag mit Fahrtkostenentschädigung und/oder Unterkunftsgestellung sog. “Schnupperpraktikanten” (Schüler/Studenten) ohne Vertrag und Vergütung

Auszubildende:

Diese haben zum Teil einen Ausbildungsvertrag mit dem Institut oder einen Ausbildungsvertrag mit Dritten im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung. Schließlich handelt es sich um Prüflinge anderer Ausbildungsbetriebe zur Ablegung der Abschlußprüfung

Schüler:

Es handelt sich um die Schüler der staatlich anerkannten Lehranstalt für medizinische Laboratoriumsassistenten in der Medizin (ohne Arbeitsvertrag und Vergütung – MTA-Schülerinnen)

Arbeitnehmer des Instituts

Schriftliche Vereinbarungen werden nicht getroffen. Der Arbeitgeber verlangt von allen Benutzern für die Überlassung einer Wohnung eine Vergütung, die er seit 1988 nach dem für die dem BAT unterfallenden Angestellten geltenden Tarifvertrag über die Bewertung der Personalunterkünfte für Angestellte vom 16. März 1974 bemißt.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat bei Vergabe und Kündigung der Wohnungen und bei Festlegung der Nutzungsbedingungen nicht beteiligt. Der Betriebsrat begehrt die Feststellung, daß ihm insoweit ein Mitbestimmungsrecht zustehe.

Er hat die Auffassung vertreten, bei den streitbefangenen Wohnungen handele es sich nicht um auf arbeitsvertraglicher Grundlage zugewiesene Werkdienstwohnungen, sondern um auf mietvertraglicher Grundlage überlassene Werkmietwohnungen, für die ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG bestehe. Dem widerspreche nicht, daß der Arbeitgeber mit den Benutzern keinen ausdrücklichen Mietvertrag abschließe. Ein solcher Abschluß könne konkludent erfolgen. Eine Werkdienstwohnung setze eine – hier unstreitig nicht bestehende – Pflicht zum Bezug der Wohnung voraus.

Das Mitbestimmungsrecht sei nicht ausgeschlossen durch die tariflichen Regelungen über die Bewertung von Personalunterkünften. Diese gälten nur für möblierte Werkdienstwohnungen, also nicht für die hier in Frage stehenden Werkmietwohnungen. Die Tarifvertragsparteien seien an den vorgegebenen Begriff der Werkdienstwohnung gebunden und könnten diesen nicht eigenständig definieren. Eine Erstreckung des Tarifvertrages auf Werkmietwohnungen verstoße auch gegen zwingende gesetzliche Mieterschutzbestimmungen.

Seinem Mitbestimmungsrecht stehe weiter nicht entgegen, daß die Wohnungen teilweise an betriebsf remde Dritte überlassen würden. Die Zuweisung der Wohnungen erfolge nämlich aus einem einheitlichen Bestand, aus dem je nach dem Bedarf auch die Vergabe an die eigenen Mitarbeiter vorgenommen werde.

Zu den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern gehörten auch die Auszubildenden, die im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung zeitweise im Institut ausgebildet würden. Insoweit stehe es der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung als Arbeitnehmer des Betriebes nicht entgegen, daß der Ausbildungsvertrag mit einem anderen Ausbildungsbetrieb abgeschlossen sei.

Als Arbeitnehmer in diesem Sinne seien auch anzusehen die MTA-Schüler und -Schülerinnen der Lehranstalt, die unselbständiger Teil des Betriebes sei.

Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß die Zuweisung und Kündigung der vom Arbeitgeber vergebenen sog. Personalunterkünfte sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG unterliegen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe schon deshalb nicht, weil es sich bei den Wohnungen um sog. Werkdienstwohnungen handele. Diese würden den Benutzern auf arbeitsvertraglicher Grundlage überlassen. Ein Mietvertrag werde gerade nicht abgeschlossen. Die Überlassung liege auch – soweit sie an Arbeitnehmer des Betriebes erfolge – im dienstlichen Interesse. Bewerbern könne so schon bei den Einstellungsverhandlungen die Möglichkeit angeboten werden, für die Dauer der Wohnungssuche eine Wohnung des Betriebes zu nutzen. Nur für diesen vorübergehenden Zweck seien die Wohneinheiten in den letzten Jahren auch an eigene Arbeitnehmer überlassen worden. Dementsprechend seien keine Kündigungen auszusprechen gewesen. Dies liege auch im Interesse der Mitarbeiter, die beim Auszug ihrerseits gleichfalls nicht an Kündigungsfristen gebunden seien.

Nicht als Arbeitnehmer des Betriebes anzusehen seien die von anderen Betrieben vorübergehend entsandten Auszubildenden. Zu ihnen bestünden keinerlei vertragliche Beziehungen. Er, der Arbeitgeber, sei lediglich Erfüllungsgehilfe der entsendenden Betriebe in deren Vertragsverhältnissen zu den Auszubildenden.

Keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG seien auch die MTA-Schüler und -Schülerinnen. Diese stünden nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis. Eine betriebspraktische Ausbildung finde nicht statt.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde des Betriebsrats den Beschluß des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert; die unselbständige Anschlußbeschwerde des Arbeitgebers hat es zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht unbeschränkt zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber die volle Zurückweisung des Antrags des Betriebsrats.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, bei den streitbefangenen “Personalunterkünften” handele es sich um der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG unterliegende Werkmietwohnungen.

1. Gem. § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie bei der allgemeinen Festlegung der Nutzungsbedingungen. Wie schon der Wortlaut der Vorschrift deutlich macht, bezieht sich das Mitbestimmungsrecht nur auf Wohnungen, die d en Arbeitnehmern aufgrund eines Mietverhältnisses überlassen werden im Sinne eines neben dem Arbeitsvertrag bestehenden Vertragsverhältnisses. Es muß sich also um eine sog. Werkmietwohnung handeln (vgl. §§ 565b bis d BGB). Nicht erfaßt werden hingegen die sog. Werkdienstwohnungen, die dem Arbeitnehmer auf arbeitsvertraglicher Grundlage ohne Abschluß eines Mietvertrages zugewiesen werden (vgl. § 565e BGB).

Diese Auslegung rechtfertigt sich auch aus dem Zweck des Mitbestimmungsrechts, da bei echten Werkdienstwohnungen eine Auswahlmöglichkeit unter mehreren Arbeitnehmern regelmäßig entfällt und der Bezug auch nicht in das Ermessen des Arbeitnehmers gestellt, sondern Teil seiner arbeitsvertraglichen Pflicht ist.

Es entspricht daher allgemeiner Auffassung, daß nur die sog. Werkmietwohnungen, nicht hingegen die Werkdienstwohnungen dem Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG unterliegen (Senatsbeschluß vom 3. Juni 1975 – 1 ABR 118/73 – AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; BAGE 50, 37 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 462; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 87 Rz 109; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 202; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 87 Rz 558 ff.).

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die in Frage stehenden Wohneinheiten seien – soweit sie an Arbeitnehmer des Betriebes überlassen werden – als Werkmietwohnungen anzusehen.

a) Kennzeichnend für die Werkmietwohnung ist, daß sie “mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet” wird (§ 565b BGB). Es wird neben dem Arbeitsvertrag ein Mietvertrag abgeschlossen. Demgegenüber ist die Werkdienstwohnung unmittelbarer Bestandteil des Arbeitsvertrages und regelmäßig Teil der Vergütung; es liegt kein selbständiger Mietvertrag vor (§ 565e BGB; s. schon Senatsbeschluß vom 3. Juni 1975, aaO; BAG Urteil vom 24. Januar 1990 – 5 AZR 749/87 – DB 1991, 1839).

b) Neben dem eher formellen Kriterium des fehlenden Abschlusses eines Mietvertrages ist die Werkdienstwohnung typischerweise gekennzeichnet dadurch, daß der Arbeitnehmer die Wohnung vorrangig im Interesse des Betriebes und als Bestandteil seiner Arbeitsvertragspflicht beziehen muß. Gerade und nur deshalb rechtfertigt sich die unmittelbare Einbeziehung in das Arbeitsverhältnis. In Betracht kommen insoweit etwa die Überlassung von Wohnraum aufgrund eines Arbeitsverhältnisses an Pförtner, Hausmeister, Wachpersonal, Heimleiter o.ä. (Senatsbeschluß vom 3. Juni 1975, aaO; BAG Urteil vom 24. Januar 1990, aaO; LAG Frankfurt am Main Urteil vom 25. August 1987 – 7 Sa 215/87 – EzBAT § 65 BAT Nr. 2; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 87 Rz 109; Wiese, aaO, § 87 Rz 561; Roeder, Das betriebliche Wohnungswesen im Spannungsfeld von Betriebsverfassungsrecht und Wohnungsmietrecht, S. 55 f.; Schmidt-Futterer/Blank, DB 1976, 1233; vgl. allgemein zur Abgrenzung auch Gaßner, AcP 186, S. 325, 327 ff.).

c) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht die an die eigenen Mitarbeiter des Arbeitgebers überlassenen “Personalunterkünfte” zu Recht als “Werkmietwohnungen” eingeordnet.

Die Überlassung der Wohnräume erfüllt alle Merkmale eines Mietvertrages. Die Gebrauchsüberlassung einer Sache gegen Entgelt ist der typische Leistungsinhalt eines Mietvertrages (§ 535 BGB). Der Arbeitgeber bietet seinen Arbeitnehmern die Überlassung von Wohnraum an. Diese sind verpflichtet, hierfür ein Entgelt zu zahlen. Daß dieses nicht als Mietzins bezeichnet wird und von dem Arbeitgeber nach dem Tarifvertrag für die Bewertung von Personalunterkünften für Angestellte berechnet wird, ist demgegenüber unerheblich.

Die Möblierung der Wohnräume durch den Arbeitgeber steht der Annahme eines Mietvertrages ebensowenig entgegen wie die nur kurzfristige oder befristete Überlassung. Beide Kriterien sind von Bedeutung allenfalls für die Beendigung des Mietverhältnisses mit kürzeren Kündigungsfristen bzw. ohne Kündigung.

Gegen die Annahme eines Mietvertrages neben dem Arbeitsvertrag spricht nicht der fehlende ausdrückliche Abschluß eines solchen Vertrages. Mietverträge bedürfen grundsätzlich keiner Form. Sie können – wie jeder schuldrechtliche Vertrag – konkludent abgeschlossen werden. Der Abschluß des Mietvertrages kann in der Überlassung der Wohnung liegen, wenn Einigkeit darüber besteht, daß dies nicht unentgeltlich geschehen soll. Zu Recht führt das Landesarbeitsgericht aus, in der Vereinbarung über die Zahlung eines Nutzungsentgelts nach dem Tarifvertrag über Personalunterkünfte könne die Vereinbarung eines Mietzinses in entsprechender Höhe gesehen werden.

Für die Annahme eines Mietvertrages spricht das Fehlen der materiellen Kriterien einer Werkdienstwohnung. Es besteht unstreitig keine Verpflichtung für die betroffenen Arbeitnehmer, eine Wohnung des Arbeitgebers zu beziehen. Vielmehr steht es ihnen frei, ob sie das Angebot des Arbeitgebers annehmen wollen oder nicht.

Der Bezug einer Wohnung ist auch nicht funktionsbedingt. Der Arbeitgeber behauptet selbst nicht, daß in dem streitbefangenen Bereich der Bezug der Wohnung zur sachgerechten Erfüllung der Arbeitsleistung und damit vorrangig im betrieblichen Interesse – wie etwa bei der Hausmeisterwohnung – erforderlich sei. Dem widerspricht deutlich schon seine Einlassung, die Wohnungen würden seit einiger Zeit den Arbeitnehmern nur noch übergangsweise überlassen, bis sie eine eigene Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt gefunden hätten. Es besteht also offensichtlich kein funktioneller Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Überlassen des Wohnraums.

Das ganz allgemeine Interesse des Arbeitgebers, etwaigen Bewerbern eine (vorübergehende) Wohnmöglichkeit in betriebseigenen Wohnungen anbieten und damit einen Anreiz auf Abschluß des Arbeitsvertrages geben zu können, spielt keine Rolle für die Einordnung als Werkdienstwohnung oder Werkmietwohnung, da es nicht arbeitsplatzbezogen ist.

Für die rechtliche Einordnung von vertraglichen Beziehungen ist schließlich nicht vorrangig auf die – möglicherweise irrige – Bezeichnung durch die Parteien abzustellen, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse. Selbst wenn also der Arbeitgeber die Wohnung als “Werkdienstwohnung” bezeichnete, wäre maßgeblich nicht auf diese Bezeichnung, sondern auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen. Angesichts der an den Charakter einer Wohnung anknüpfenden zwingenden individualrechtlichen und kollektivrechtlichen Folgen kann den Parteien nicht das Recht zustehen, eine Wohnung dispositiv als Werkmietwohnung oder Werkdienstwohnung festzulegen. Sofern die materiellen Voraussetzungen eines Werkdienstwohnungsverhältnisses nicht gegeben sind, ist auch deshalb grundsätzlich vom Abschluß eines Mietvertrages auszugehen (vgl. Wiese, aaO, § 87 Rz 562; Roeder, aaO, S. 183).

d) Dies alles spricht für die Annahme eines Mietverhältnisses neben den arbeitsvertraglichen Beziehungen. Eine Funktionsbindung und eine arbeitsvertragliche Pflicht zum Bezug der Wohnung liegen nicht vor. Dementsprechend sind die streitbefangenen Wohnungen grundsätzlich als der Mitbestimmung unterliegende Werkmietwohnungen anzusehen.

II. Das Landesarbeitsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht bei Vergabe und Kündigung auch der Wohnungen bejaht, die nicht an Arbeitnehmer des Betriebes im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG vergeben werden. Dem ist gleichfalls zuzustimmen.

1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt sich grundsätzlich auf Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG als Mitglieder der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft. Wohnungen, die ausschließlich etwa für leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG oder für betriebsfremde Dritte – z.B. Gäste – bestimmt sind, unterfallen daher nicht dem Mitbestimmungsrecht.

Dies ist anders, wenn aus einem einheitlichen Bestand ohne feste Zuordnung Wohnungen sowohl an Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG als auch an Personen vergeben werden, die nicht vom Betriebsrat repräsentiert werden. In diesem Fall läßt sich eine Trennung nicht vornehmen. Die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Belegschaft sind betroffen auch bei der Vergabe von Wohnungen an eine dritte Person. Jede Wohnung, die einem Nicht-Arbeitnehmer überlassen wird, kann nicht mehr an einen Arbeitnehmer vergeben werden.

Bei der Vergabe von Wohnungen an Arbeitnehmer und nicht vom Betriebsrat repräsentierte Personen aus einem einheitlichen Bestand erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats daher auf alle Wohnungen, erfaßt also auch die Vergabe an dritte Personen (Senatsbeschluß vom 30. April 1974 – 1 ABR 36/73 – AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen m. zust. Anm. Natzel = SAE 1975, 252, 255 m. zust. Anm. Beuthien – zur Vergabe an einen leitenden Angestellten; Dietz/Richardi, aaO, § 87 Rz 467; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 87 Rz 120; Wiese, aaO, § 87 Rz 564; Moll, Die Mitbestimmung des Betriebsrats beim Entgelt, S. 125; Roeder, aaO, S. 109; Schmidt-Futterer/Blank, DB 1976, 1233, 1234).

Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber – wie bei leitenden Angestellten – ein Vertragsverhältnis besteht oder ob es sich um einen vertraglich überhaupt nicht an den Arbeitgeber gebundenen Dritten handelt, etwa einen Gastwissenschaftler, dem die Möglichkeit der Nutzung der Forschungseinrichtungen eingeräumt wird. Die Interessenlage ist in beiden Fällen gleich (vgl. auch Wiese, aaO; Roeder, aaO).

Das Landesarbeitsgericht hat also zu Recht ein Mitbestimmungsrecht bei der Vergabe aller Wohnungen bejaht. Auf die Frage des betriebsverfassungsrechtlichen Status der in der überbetrieblichen Ausbildung sich befindenden Auszubildenden und der MTA-Schüler kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da auch sie aus dem einheitlichen Bestand bedient werden.

2. Das Mitbestimmungsrecht besteht auch bei der Kündigung hinsichtlich aller Wohnungen.

Zwar ist die Interessenlage anders als bei der Zuweisung, weil hier nicht eine möglicherweise auch für einen Arbeitnehmer in Betracht kommende Wohnung anderweit belegt, sondern gerade umgekehrt frei wird, damit aber auch wieder zur Vergabe an einen Arbeitnehmer zur Verfügung steht. Die kollektiven Interessen der Belegschaft verlangen aber eine Erstreckung des Mitbestimmungsrechts auch auf Kündigungen gegenüber Personen, die nicht oder nicht mehr Arbeitnehmer sind in den Fällen, in denen es um Wohnungen aus einem einheitlich für alle Personengruppen zur Verfügung stehenden Bestand geht. Das Interesse der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft ist bei fortbestehender Belegung einer Wohnung mit einem Nicht-Arbeitnehmer jedenfalls deshalb berührt, weil diese Wohnung nach wie vor nicht an einen Arbeitnehmer vergeben werden kann. Der Betriebsrat kann ein Interesse daran haben, auf das Freiwerden der Wohnung durch Kündigung zu drängen, wenn etwa der Arbeitgeber trotz erheblichen Wohnbedarfs der Belegschaft die Wohnung weiterhin einem betriebsfremden Dritten überläßt, obwohl der ursprüngliche Grund für die Zuweisung an diesen nicht mehr besteht. In Betracht kommt vor allem die Geltendmachung eines Initiativrechts, vom Arbeitgeber den Ausspruch einer Kündigung zu verlangen (Wiese, aaO, § 87 Rz 577, 591; Moll, aaO, S. 126; Roeder, aaO, S. 253, 254; Schmidt-Futterer/Blank, DB 1976, 1235; ein Initiativrecht bei ausgeschiedenen Arbeitnehmern will auch Dietz/Richardi, aaO, § 87 Rz 473 gewähren). Insoweit ist es gerechtfertigt, von einem objektbezogenen und nicht personenbezogenen Mitbestimmungsrecht zu sprechen (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 235 II 9; Schmidt-Futterer/Blank, DB 1976, 1235).

Das Landesarbeitsgericht hat daher zu Recht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch bei Kündigung aller Wohnungen angenommen.

III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein Mitbestimmungsrecht auch bei Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen einschließlich der Grundsätze der Mietzinsbildung bei Vergabe an die Arbeitnehmer des Instituts bejaht.

1. Zu den allgemeinen Nutzungsbedingungen gehören die Grundsätze der Mietzinsbildung. Dies hat der Senat schon in seinem Beschluß vom 13. März 1973 (BAGE 25, 93 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen) angenommen und entspricht der herrschenden Auffassung in der Literatur (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 87 Rz 116; Wiese, aaO, § 87 Rz 583 – beide mit Nachweisen). Insofern besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

2. Das Mitbestimmungsrecht ist nicht durch eine tarifliche Regelung ausgeschlossen.

a) § 65 BAT steht nicht entgegen. Danach gelten für die Zuweisung von Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) und für die Bemessung der Dienstwohnungsvergütung (Werkdienstwohnungsvergütung) die Bestimmungen des Arbeitgebers über Dienstwohnungen (Werkdienstwohnungen) in der jeweiligen Fassung. Werkdienstwohnungen in diesem Sinne sind Wohnungen, die dem Angestellten ohne Abschluß eines Mietvertrages aus dienstlichen Gründen zugewiesen werden. Sie dürfen nur zugewiesen werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, d.h. nur solchen Bediensteten,

  • deren Anwesenheit an der Dienststätte auch außerhalb der Arbeitszeit aus dienstlichen Gründen sichergestellt sein muß und die daher in dem Gebäude, in dem sich die Dienststätte befindet, oder in seiner unmittelbaren Nähe wohnen müssen, oder
  • die im zugeteilten Bezirk zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft innerhalb und außerhalb der Arbeitszeit eine bestimmte Wohnung beziehen müssen (vgl. §§ 4, 31 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministers der Finanzen über die Bundesdienstwohnungen – Dienstwohnungsvorschriften – DWV – vom 16. Februar 1970 – in den Ländern und im kommunalen Bereich gelten überwiegend entsprechende Vorschriften, vgl. die Nachweise bei Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Mai 1992, § 65 Rz 5 ff.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Januar 1992, § 65 Anm. 2; Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand 1. April 1992, § 65 Anm. 3).

Der Angestellte ist zum Beziehen der zugewiesenen Dienstwohnung verpflichtet, §§ 5, 31 DWV.

Diese Voraussetzungen liegen unstreitig nicht vor. § 65 BAT i. V. m. den in Bezug genommenen Dienstwohnungsvorschriften schließt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats daher nicht aus.

b) Das Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrats ist hinsichtlich der Festlegung der Grundsätze der Mietzinsbildung auch nicht ausgeschlossen durch die Regelungen des Tarifvertrages über die Bewertung der Personalunterkünfte für Angestellte vom 16. März 1974.

Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die streitigen Wohneinheiten seien von dem Tarifvertrag nicht erfaßt. Personalunterkünfte sind gem. § 2 TV Personalunterkünfte möblierte Wohnungen oder Wohnraum, die dem Arbeitnehmer auf arbeitsvertraglicher Grundlage überlassen werden unter Anrechnung auf die Vergütung. Einigkeit besteht, daß es sich bei Personalunterkünften nicht um Werkmietwohnungen handelt, weil die Überlassung auf arbeitsvertraglicher Grundlage erfolgt. Über die Einordnung als Werkdienstwohnung besteht Streit. Teilweise wird angenommen, daß es sich bei den Personalunterkünften um eine Sonderform der Dienstwohnung im Sinne des § 65 BAT handelt, nämlich der Überlassung einer möblierten Dienstwohnung (so jetzt Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, Teil VI, Bewertung der Personalunterkünfte, S. 377). Teilweise wird auch angenommen, daß es sich weder um eine Werkmietwohnung noch um eine Werkdienstwohnung im Sinne des § 65 BAT handele (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, aaO, § 68 BAT, Anh. Nr. 1, § 2 TV Personalunterkünfte Anm. 2 und 6).

Da ausdrücklich nur die Überlassung auf arbeitsvertraglicher Grundlage erfaßt wird, ist davon auszugehen, daß die tariflichen Regelungen nur für Werkdienstwohnungen gelten. Diese müßten dann aber entweder die Voraussetzungen des § 65 BAT erfüllen (so wohl Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO) oder aber der allgemeinen Begriffsbestimmung der Werkdienstwohnung entsprechen. Beide dekken sich insoweit, als von einer Werkdienstwohnung nur ausgegangen werden kann, wenn ein sachliches betriebliches Bedürfnis am Bezug der Wohnung besteht und dieser Teil der arbeitsvertraglichen Pflicht des Arbeitnehmers ist.

Der Senat braucht zu dieser tariflichen Problematik nicht abschließend Stellung zu nehmen. Da eine sachgerechte Auslegung der hier zu beurteilenden vertraglichen Beziehungen ergibt, daß die Wohnungen nicht auf arbeitsvertraglicher, sondern auf mietvertraglicher Grundlage überlassen werden, ist der Anwendungsbereich des TV Personalunterkünfte nicht berührt.

Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, steht dem nicht entgegen, daß der Arbeitgeber für die Überlassung der Wohnungen eine Vergütung nach Maßgabe des Tarifvertrages in Rechnung stellt. Hierin kann zwanglos eine Abrede gesehen werden, den Mietzins nach den Kriterien des Tarifvertrages zu berechnen. Dies liegt umso näher, als der Arbeitgeber eine entsprechende Vergütung auch von betriebsfremden Personen fordert, denen gegenüber die Annahme einer Werkdienstwohnung schon im Ansatz ausscheidet, weil überhaupt kein Arbeitsvertrag besteht. Das mit ihnen abgeschlossene Vertragsverhältnis kann vertragsrechtlich nur als Mietvertrag definiert werden, in dem die Höhe des Mietzinses sich nach den Sätzen des Tarifvertrages bemißt. In gleicher Weise ist ein Mietvertrag mit den eigenen Bediensteten anzunehmen, denen – ohne dienstliche Notwendigkeit – eine Wohnung überlassen wird.

Ob und inwieweit die Mieterschutzbestimmungen einer derartigen Anknüpfung an den Tarifvertrag Beschränkungen auferlegen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

IV. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist danach in vollem Umfang unbegründet.

C. Die Anschlußrechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht ein Mitbestimmungsrecht bei Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen hinsichtlich der Wohnungen verneint hat, die vom Arbeitgeber an Schülerinnen und Schüler der MTA-Lehranstalt überlassen werden; sie ist hingegen begründet, soweit es dies auch für die im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung beim Arbeitgeber ausgebildeten Auszubildenden anderer Betriebe so gesehen hat.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der MTA-Schüler im Ergebnis zu Recht verneint, da es sich bei ihnen nicht um Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG handelt. Sie gehören nicht zu der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft.

1. a) Arbeitnehmer in diesem Sinn sind auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Hierzu zählen allerdings nicht nur solche Auszubildenden, die aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages im Sinne des § 3 BBiG beschäftigt werden. Weitergehend ist anerkannt, daß dieser Beschäftigung alle Verträge zugrunde liegen können, aufgrund derer berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten betrieblich vermittelt werden sollen. Unerheblich ist, wie die Vertragsparteien die Betätigung rechtlich einordnen oder bezeichnen, entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Durchführung. Nicht vorausgesetzt ist auch die Zahlung eines Entgelts für die Ausbildung. Auszubildender im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne ist im Grundsatz jeder, der auf privatvertraglicher Grundlage im Betrieb ausgebildet wird. Zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden daher auch Anlernlinge, Praktikanten, Volontäre, Umschüler, Krankenpflegeschüler und Teilnehmer an firmeneigenen internen Ausbildungsmaßnahmen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 – 1 ABR 68/88 – AP Nr. 73 zu § 99 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 25. Oktober 1989 – 7 ABR 1/88 – AP Nr. 40 zu § 5 BetrVG 1972).

b) Voraussetzung ist aber, daß es sich um eine betriebliche Ausbildung im Unterschied zu einer nur schulischen Ausbildung handelt. Das ergibt sich schon aus dem Tatbestandsmerkmal “Beschäftigte” in § 5 Abs. 1 BetrVG. Beschäftigung setzt eine Eingliederung in den Betrieb voraus. Es muß nicht nur eine schulische, sondern auch eine betrieblich-praktische Unterweisung erfolgen, in der der Auszubildende beruflich aktiv tätig ist (Senatsbeschluß vom 8. Mai 1990 – 1 ABR 7/89 – AP Nr. 80 zu § 99 BetrVG 1972, unter B II 2d der Gründe; BAG Beschluß vom 25. Oktober 1989 – 7 ABR 1/88 – AP Nr. 40 zu § 5 BetrVG 1972, unter B I 3 der Gründe; BAGE 36, 363, 367 = AP Nr. 26 zu § 5 BetrVG 1972, unter III 4c der Gründe).

Wenn in dem Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 – 1 ABR 68/88 – (AP Nr. 73 zu § 99 BetrVG 1972, unter B II 1 der Gründe) von “Krankenpflegeschülern” als Auszubildenden im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne die Rede ist, steht das dem nicht entgegen. Die – dort dem überkommenen Sprachgebrauch entsprechende – Bezeichnung ist nicht maßgeblich. Entscheidend ist, ob die betrieblich-praktische Ausbildung die schulische überwiegt oder ihr zumindest gleichwertig ist. Dies kann aber für die nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrankenpflegegesetzKrPflG) vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 893) – nicht einschlägig für die Ausbildung der MTA-Schüler – auszubildenden Krankenschwestern, Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer angenommen werden, weil diese ihre Ausbildung zu einem wesentlichen Teil durch Einbindung in die normale pflegerische Tätigkeit erfahren. Insofern liegt eine betriebspraktische Unterweisung vor.

Findet die Ausbildung hingegen in Form rein schulischer Unterrichtung statt, kann von einer betrieblichen “Beschäftigung” zum Zwecke der Berufsausbildung nicht gesprochen werden. Das Ausbildungsverhältnis ist dann weder Berufsausbildungsverhältnis im engeren noch im weiteren Sinne (vgl. § 19 BBiG), sondern privatrechtliches Schulverhältnis.

c) Die Ausbildung der medizinisch-technischen Assistenten ist als “schulische Ausbildung” anzusehen. Maßgebend sind die Bestimmungen des Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (MTA-G) vom 8. September 1971 (BGBl. I S. 1515). Danach erfolgt die Ausbildung in Form von Lehrgängen, die an Lehranstalten durchgeführt werden, die als zur Ausbildung geeignet staatlich anerkannt werden, § 7 Abs. 1 MTA-G. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten, für medizinisch-technische Radiologieassistenten und für veterinärmedizinisch-technische Assistenten (Ausbildungs- und Prüfungsordnung für technische Assistenten in der Medizin – MTA-APrO) vom 20. Juni 1972 (BGBl. I S. 929) legt den Inhalt der zweijährigen Lehrgänge fest. Danach gliedert sich die Ausbildung in theoretischen und praktischen Unterricht. Bereits die Verwendung des Wortes Unterricht macht deutlich, daß es sich auch bei dem praktischen Teil nicht um eine betriebspraktische Ausbildung im Sinne der dualen Ausbildung handelt. Dies wird deutlich auch aus einem Vergleich etwa mit § 5 Abs. 1 Satz 2 KrPflG, wonach die dortige Ausbildung aus theoretischem und praktischem Unterricht und einer praktischen Ausbildung besteht.

Dementsprechend wird die Ausbildung der MTA-Schüler auch insgesamt als schulisch gewertet (Natzel, Berufsbildungsrecht, 3. Aufl., S. 461; wohl auch Bitter/Fenski, AR-Blattei, Krankenpflege- und Heilhilfspersonal, unter B III; vgl. weiter BSGE 21, 247, 249).

2. Die “Ausbildung” an der vom Arbeitgeber unterhaltenen Lehranstalt der MTA-Schüler orientiert sich an den gesetzlichen Vorgaben. Auch der Betriebsrat behauptet nicht, daß abweichend von der MTA-APrO die Schüler hier nicht nur praktischen Unterricht erhalten, sondern darüber hinaus oder statt dessen durch Teilnahme am betriebspraktischen Ablauf ausgebildet werden – vergleichbar etwa einer “Lernschwester”, die zum Zwecke der praktischen Ausbildung dem Stationsbereich eines Krankenhauses zugeteilt und dort unter Aufsicht tätig wird.

Die MTA-Schüler sind demnach nicht als zur “Berufsausbildung Beschäftigte” im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG anzusehen. Damit gehören sie nicht zu der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft. Der Betriebsrat hat daher kein Mitbestimmungsrecht bei Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen einschließlich der allgemeinen Grundsätze über die Mietzinsbildung bei Vergabe von Wohnungen an die MTA-Schüler.

Das Mitbestimmungsrecht kann hier auch nicht – wie bei Vergabe und Kündigung der Wohnungen – aus dem Gesichtspunkt der Vergabe aus einem einheitlichen Bestand abgeleitet werden. Die Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen einschließlich des Mietzinses muß nicht einheitlich für betriebsangehörige und betriebsfremde Mieter erfolgen. Insofern besteht keine vergleichbare Interessenverflechtung wie bei Vergabe und Kündigung der Wohnungen.

II. 1. Die Anschlußrechtsbeschwerde ist hingegen begründet, soweit das Landesarbeitsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Festlegung der allgemeinen Nutzungsbedingungen auch insoweit verneint hat, als Wohnungen an Auszubildende anderer Betriebe überlassen werden, die im Rahmen der von den Beteiligten so bezeichneten überbetrieblichen Ausbildung im Betrieb des Arbeitgebers ausgebildet werden.

a) Kein Streit besteht hier, daß es sich um Berufsausbildungsverhältnisse im Sinne betrieblich-praktischer Ausbildung handelt. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei diesen Auszubildenden handele es sich dennoch nicht um vom Betriebsrat repräsentierte Arbeitnehmer, weil das Ausbildungsverhältnis nicht mit dem beteiligten Arbeitgeber, sondern mit einem Dritten bestehe.

b) Dem hat der Senat nicht folgen können.

aa) Richtig ist, daß vom Betriebsrat repräsentierter Arbeitnehmer im Regelfall nur derjenige ist, der in einem Vertragsverhältnis zum Inhaber des Betriebes steht. Ein derartiges Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den aufgenommenen Auszubildenden anderer Betriebe besteht nicht. Vertragspartner bleibt allein der entsendende Ausbildungsbetrieb. Er bedient sich der Hilfe des aufnehmenden Betriebes – hier des beteiligten Arbeitgebers – bei der Durchführung der nach dem Ausbildungsvertrag von ihm zu erbringenden Ausbildung. Insofern ist es gerechtfertigt, den aufnehmenden Betrieb als Erfüllungsgehilfen des Ausbildungsbetriebes zu bezeichnen. Die Zulässigkeit solcher Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Ausbildungsstätte ergibt sich u.a. aus § 22 Abs. 2 BBiG.

bb) Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats können jedoch im einzelnen auch hinsichtlich solcher Arbeitnehmer bestehen, die zwar nicht in einem Vertragsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen, tatsächlich aber unter Eingliederung in die betriebliche Organisation beschäftigt werden. Diese Problematik ergibt sich jeweils bei sog. gespaltener Arbeitgeberstellung oder gespaltenen Arbeitsverhältnissen, bei denen der Arbeitnehmer nicht im Einstellungsbetrieb beschäftigt wird, sondern – regelmäßig vorübergehend – in einem anderen Betrieb und dort zumindest partiell dem Weisungsrecht, der Organisationshoheit und der Dispositionsbefugnis des Betriebsinhabers unterstellt ist. Typisches Beispiel hierfür sind die Leiharbeitnehmer, sei es in Form des sog. echten Leiharbeitsverhältnisses – also der nicht gesetzlich geregelten nicht gewerbsmäßigen Überlassung eines Arbeitnehmers –, sei es in Form des unechten Leiharbeitsverhältnisses – also des von vornherein zum Zweck der Verleihung eingestellten Arbeitnehmers –, auf das die Regelungen des AÜG Anwendung finden.

Für Leiharbeitnehmer wird angenommen, daß das Fehlen einer vertraglichen Bindung zum Entleiherbetrieb der Bejahung zumindest von einzelnen Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats dieses Betriebes nicht entgegensteht. Das ergibt sich für das unechte Leiharbeitsverhältnis schon aus der Regelung des Art. 1 § 14 AÜG, der bestimmte Mitbestimmungstatbestände ausdrücklich erwähnt. Diese Regelung ist aber schon für das unechte Leiharbeitsverhältnis nicht abschließend, so daß auch in diesem Bereich weitere Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats des entleihenden Betriebes in Betracht kommen können (vgl. Begründung RegEntw., BT-Drucks. 9/847, S. 8, 9; Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 14 Rz 19).

Auch für die nicht vom AÜG erfaßten sog. echten Leiharbeitsverhältnisse wird aber anerkannt, daß dem Betriebsrat des entleihenden Betriebes Mitbestimmungsrechte hinsichtlich des “betriebsfremden” Arbeitnehmers zustehen können (Senatsentscheidung vom 28. September 1988, BAGE 59, 380, 383 = AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972, unter B II 1 der Gründe. Aus dem Schrifttum vgl. etwa Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 14 Anm. 19, 22, 109; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 5 Rz 72; Kraft, GK-BetrVG, aaO, § 5 Rz 17, 18 – alle m.w.N.).

Schon vor der jetzigen Regelung des Art. 1 § 14 AÜG hat der Senat in seiner Entscheidung vom 14. Mai 1974 (BAGE 26, 149 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) eine teilweise Zuständigkeit des Betriebsrats des entleihenden Betriebes bejaht. Wenn die Arbeitgeberfunktionen zwischen Verleiher und Entleiher der Natur der Sache nach tatsächlich aufgespalten seien, ergebe sich hieraus auch eine entsprechende Aufspaltung der Befugnisse des Betriebsrats des Verleiherbetriebes und des Entleiherbetriebes; es könne eben nicht übersehen werden, daß die Leiharbeitnehmer – wenn auch nur für vorübergehende Zeit – tatsächlich in den Entleiherbetrieb aufgenommen würden und der Ordnung dieses Betriebes unterlägen (Senatsbeschluß vom 14. Mai 1974, aaO, unter II 2 der Gründe).

Ausgehend von diesen Grundgedanken, die in der Regelung des Art. 1 § 14 AÜG ihren – nicht abschließenden – Ausdruck finden, kommen bei gespaltener Arbeitgeberstellung Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats des aufnehmenden Betriebes jedenfalls insoweit in Betracht, als es um Tatbestände geht, die den Arbeitnehmer gerade wegen seiner faktischen Eingliederung in den Beschäftigungsbetrieb betreffen und für die eine Zuständigkeit des Betriebsrats des Vertrags-Betriebes nicht in Betracht kommt. Berührt sind vor allem die Bereiche, die von der tatsächlichen Stellung im Beschäftigungsbetrieb abhängen und nicht die arbeitsvertragliche Stellung betreffen (vgl. Dietz/Richardi, aaO, § 5 Rz 80; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 5 Rz 72; Kraft, GK-BetrVG, aaO, § 5 Rz 17; ders. Festschrift für Klemens Pleyer, 1986, S. 383, 392, 393).

cc) Diese für das “normale” Arbeitsverhältnis entwickelten Überlegungen gelten auch für das Berufsausbildungsverhältnis. Der Auszubildende unterliegt in gleicher Weise wie der Arbeitnehmer Weisungs- und Direktionsrechten im Rahmen seiner Ausbildung, er ist wie der Arbeitnehmer eingegliedert in den betrieblichen Organisationsablauf. Vollzieht sich die Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte in der Weise, daß der Auszubildende in diesen Betrieb eingegliedert und dem Weisungsrecht der dort beschäftigten Arbeitnehmer unterstellt wird, kann mit gleichem Recht wie beim normalen Arbeitsverhältnis von einem gespaltenen Ausbildungsverhältnis gesprochen werden. Wie beim Leiharbeitsverhältnis muß daher der Betriebsrat auch des Betriebes, in dem ein Teil der Ausbildung faktisch durchgeführt wird, zumindest insoweit für den Auszubildenden zuständig sein, als es um Tatbestände geht, die gerade durch die Einbindung in die Organisation dieses Betriebes und durch die Unterstellung unter die Weisungsbefugnis von Arbeitnehmern dieses Betriebes – seien diese auch abgeleitet vom ursprünglichen Ausbildungsbetrieb – geprägt sind.

2. Der Kreis der im einzelnen in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechte braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden (vgl. dazu etwa Kraft, GK-BetrVG, aaO, § 5 Rz 17, 18; ders. Festschrift Pleyer, S. 392 ff.; Müllner, Aufgespaltene Arbeitgeberstellung und Betriebsverfassungsrecht, 1978, S. 77 ff.). Das in Frage stehende Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG knüpft gerade an die Eingliederung des Auszubildenden in den Fremdbetrieb an. Die Überlassung einer Wohnung erfolgt nur mit Rücksicht auf die zeitweise Beschäftigung – hier zum Zwecke der Ausbildung. Das Mitbestimmungsrecht dient auch dem Individualschutz gerade in dem hier streitigen Bereich der allgemeinen Festlegung des Mietzinses. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des Stammbetriebes scheidet hinsichtlich der Vergabe derartiger Wohnungen aus. Wollte man also ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des aufnehmenden Betriebes verneinen, bestünde für den Auszubildenden insoweit überhaupt kein betriebsverfassungsrechtlicher Schutz.

Die kausale Verknüpfung der Wohnraumüberlassung mit der tatsächlichen Beschäftigung rechtfertigt daher die Bejahung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG auch hinsichtlich derjenigen Auszubildenden, die nicht in einem Vertragsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen (so auch allgemein für Leiharbeitsverhältnisse Kraft, Festschrift Pleyer, S. 394; Müllner, aaO, S. 84, 85).

3. Danach unterliegt der Mitbestimmung des beteiligten Betriebsrats auch die Festsetzung der allgemeinen Nutzungsbedingungen einschließlich der allgemeinen Grundsätze der Mietzinsbildung hinsichtlich derjenigen Wohnungen, die an die zeitweilig im Betrieb des Arbeitgebers ausgebildeten Auszubildenden anderer Betriebe überlassen werden.

Die Auszubildenden sind während der Ausbildungsabschnitte in den Betrieb des beteiligten Arbeitgebers eingegliedert und den Weisungen der dort tätigen Arbeitnehmer unterstellt. Es liegt nicht der Fall vor, daß der Ausbildungsbetrieb mit eigenen Ausbildern die Ausbildung in den Einrichtungen eines anderen Betriebes betreibt, ohne daß eine Unterstellung der Auszubildenden unter Arbeitnehmer dieses Betriebes erfolgt (s. BAG Beschluß vom 4. April 1990 – 7 ABR 91/89 – AP Nr. 1 zu § 60 BetrVG 1972). Daß – wie der Arbeitgeber vorgetragen hat – sich die entsendenden Betriebe durch persönliche Vorsprachen und Besichtigungen von der Qualität der Ausbildung überzeugen, steht dem nicht entgegen, sondern bestätigt nur, daß eben Teile der Ausbildungsfunktionen anderen Personen übertragen wurden.

III. Auf die Anschlußrechtsbeschwerde ist der angefochtene Beschluß daher teilweise abzuändern. Dem Antrag des Betriebsrats ist stattzugeben, soweit die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts hinsichtlich der an Auszubildende im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung überlassenen Wohnungen begehrt wird. Im übrigen ist die Anschlußrechtsbeschwerde zurückzuzweisen.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Dr. Federlin, Schneider

 

Fundstellen

Haufe-Index 846722

JR 1993, 484

NZA 1993, 272

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