Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit einer Schulung für die Jugend- und Auszubildendenvertretung

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1, § 65 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG München (Beschluss vom 24.01.1995; Aktenzeichen 8 TaBV 42/94)

ArbG Kempten (Beschluss vom 14.06.1994; Aktenzeichen 2 BV 14/94 KF)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Januar 1995 – 8 TaBV 42/94 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine betriebsverfassungsrechtliche Grundschulung für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich ist.

Bei der beteiligten Arbeitgeberin fand am 5. Juli 1993 eine Wahl zur Jugend- und Auszubildendenvertretung statt, bei der Frau K. gewählt wurde. Am 17. März 1994 beschloß der dortige Betriebsrat, Frau K. sowie die am 12. Oktober 1993 in die Jugend- und Auszubildendenvertretung nachgerückte Frau T. gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG für die Zeit vom 19. bis 24. Juni 1994 zu einem Seminar „Betriebsverfassung BR. 1” zu entsenden. Die Veranstaltung befaßte sich mit der Rechtsstellung des Betriebsrats und seiner Mitglieder, der Organisation der Betriebsratsarbeit, den Kosten des Betriebsrats, der Durchführung von Betriebsversammlungen, den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats und seiner Beteiligungsrechte bei Kündigungen.

Zuvor hatten die benannten Jugend- und Auszubildendenvertreter einen Lehrgang zum Thema „Betriebsverfassung JAV.2, Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Aufbauseminar” besucht. Frau T. ist am 20. Juni 1994 aus der Jugend- und Auszubildendenvertretung ausgeschieden, ohne an dem streitigen Lehrgang teilgenommen zu haben.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, eine solche Schulung sei erforderlich gewesen, weil sie betriebsverfassungsrechtliches Grundwissen vermittele, über das die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung verfügen müßten, um ihre Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können. Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß die Teilnahme der Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung, Carolin T. und Yvonne K. an dem Lehrgang des Vereins „Bildung und Beruf” BR. 1 in der Zeit vom 19. bis 24. Juni 1994 in O. für die Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich ist.

Die beteiligte Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie ist im wesentlichen der Ansicht, der eingeschränkte Aufgabenbereich der Jugend- und Auszubildendenvertretung erfordere keine umfassende betriebsverfassungsrechtliche Grundschulung.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und den Antrag abgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der Antrag des Betriebsrats unzulässig ist.

1. Der Antrag des Betriebsrats festzustellen, daß die – im einzelnen benannte – Schulung von Frau K. und Frau T. für die Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich ist, entspricht nicht den Voraussetzungen des auch im Beschlußverfahren entsprechend anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. BAG Beschluß vom 30. März 1994 – 7 ABR 45/93 – AP Nr. 42 zu § 40 BetrVG 1972, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B III der Gründe, m.w.N.). Danach ist ein Feststellungsantrag u.a. zulässig, wenn er auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Feststellung hat. Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch einzelne Ansprüche, wie etwa ein auf § 65 Abs. 1, § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 6 BetrVG gestützter Freistellungs- oder Zahlungsanspruch, nicht aber einzelne Vortragen davon (vgl. BAGE 41, 92, 100 f. = AP Nr. 10 zu § 111 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe; BAGE 49, 370, 377 f. = AP Nr. 21 zu § 13 BUrlG, zu II der Gründe; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 46 Rz 53 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 54. Aufl., § 256 Rz 5; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 256 Rz 27; Zöller/Greger, ZPO, 18. Aufl., § 256 Rz 5, jeweils m.w.N.). Lediglich um Vortragen eines Rechtsverhältnisses handelt es sich, wenn zwischen den Beteiligten Meinungsverschiedenheiten über die Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung bestehen.

2. Dagegen wendet die Rechtsbeschwerde ein, eine Sachentscheidung des Senats sei aus Gründen der Prozeßökonomie schon deswegen geboten, weil der Betriebsrat auch künftig gewillt sei, Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu Schulungen zu entsenden, auf denen Grundkenntnisse der Betriebsverfassung zur Rechtsstellung des Betriebsrats und seiner Mitglieder vermittelt würden. Dabei übersieht die Rechtsbeschwerde, daß eine Entscheidung zu der den Betriebsrat interessierenden Rechtsfrage schon nicht geeignet wäre, die zu erwartenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien endgültig zu klären. Denn die Erforderlichkeit einer Schulung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG ist nicht nur themenbezogen, sondern auch nach der persönlichen Schulungsbedürftigkeit gerade des vom Betriebsrat entsandten Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu beurteilen (BAGE 53, 186 = AP Nr. 58 zu § 37 BetrVG 1972, ständige Rechtsprechung). Infolgedessen liefe die vom Betriebsrat beantragte Entscheidung auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Dazu ist das Gericht nicht befugt.

 

Unterschriften

Steckhan, Schmidt, Bröhl, Olga Berger, Niehues

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1089206

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