Leitsatz (redaktionell)

(Verlängerung der Frist des § 99 Abs 3 BetrVG durch Tarifvertrag)

1. Nach § 95 ArbGG ist im Beschlußverfahren über die Rechtsbeschwerde in der Regel ohne mündliche Anhörung der Beteiligten zu entscheiden.

2. Die Wochenfrist des § 99 Abs 3 Satz 1 BetrVG für die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrates zu Umgruppierungen, die anläßlich des Inkrafttretens einer neuen Gehaltsgruppenordnung erforderlich werden, kann durch Tarifvertrag (hier: Gehaltstarifvertrag für Angestellte in der Druckindustrie in Bayern vom 1. Oktober 1981, Durchführungsbestimmungen Nr 3) verlängert werden.

 

Normenkette

BetrVG § 99; TVG § 1 Abs. 1; ArbGG § 95 Fassung: 1979-07-02, § 83 Abs. 4 Fassung: 1979-07-02, § 90 Abs. 2 Fassung: 1979-07-02

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 27.03.1984; Aktenzeichen 2 TaBV 32/83)

ArbG Augsburg (Entscheidung vom 27.10.1983; Aktenzeichen 4 BV 5/82 D)

 

Gründe

A. Die Antragstellerin (im folgenden: der Arbeitgeber) ist ein Unternehmen der Druckindustrie. Auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer finden die Tarifverträge für die Bayerische Druckindustrie Anwendung. Für die Angestellten trat am 1. Januar 1982 ein neuer Gehaltstarifvertrag vom 1. Oktober 1981 (GTV) in Kraft, der eine Neueingruppierung aller Angestellten erforderlich machte.

Zur Eingruppierung vereinbarten die Tarifvertragsparteien im Gehaltstarifvertrag Durchführungsbestimmungen, die u.a. wie folgt lauten:

...

2. In Betrieben mit Betriebsrat erhält der Be-

triebsrat von der Geschäftsleitung bis 30.

November 1981 die schriftliche Mitteilung

über die vorgesehene Eingruppierung aller

betroffenen Angestellten.

3. Verweigert der Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG

seine Zustimmung zur vorgesehenen Eingruppie-

rung, so hat er dies unter Angabe der Gründe

dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen. Die-

se Mitteilung hat spätestens bis zum Ablauf

von vier Wochen nach der Unterrichtung durch

den Arbeitgeber zu erfolgen, andernfalls gilt

die Zustimmung als erteilt.

...

Am 11. November 1981 legte der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine Liste über die beabsichtigte Umgruppierung von insgesamt 80 Angestellten vor und erbat die Zustimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat verweigerte für fünf Angestellte seine Zustimmung mit Schreiben vom 7. Dezember 1981 und begründete dies ausführlich.

Der Arbeitgeber hat daraufhin das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und zunächst beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrats zur Ein-

gruppierung der fünf namentlich genannten

Arbeitnehmer in die Gehaltsgruppe 4/2 GTV

zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Arbeitnehmer seien in eine höhere Gehaltsgruppe einzugruppieren.

Nachdem er auf ein entsprechendes Urteil des Arbeitsgerichts München hingewiesen worden war, hat der Arbeitgeber noch vor dem Arbeitsgericht beantragt

festzustellen, daß die Zustimmung des Be-

triebsrats zur Eingruppierung ... als er-

teilt gilt,

hilfsweise,

die Zustimmung des Betriebsrats zur Ein-

gruppierung ... zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat auch die Abweisung dieser Anträge beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben und festgestellt, daß die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung als erteilt gelte. Die Verlängerung der Frist zur Verweigerung der Zustimmung durch den GTV sei unwirksam. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen diesen Beschluß hat das Landesarbeitsgericht aus den gleichen Gründen zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dessen Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen.

I. Der Senat hat über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Anhörung der Beteiligten entschieden.

Nach § 95 ArbGG ist die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung den Beteiligten zur Äußerung zuzustellen. Deren Äußerung erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Bundesarbeitsgericht oder durch Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts, das den angefochtenen Beschluß erlassen hat. Anders als § 90 Abs. 2 für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht verweist § 95 ArbGG nicht auf § 83 Abs. 4 ArbGG, wonach die Anhörung der Beteiligten vor der Kammer erfolgt. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Anhörung der Beteiligten ist daher der gesetzliche Regelfall. Es bedarf dazu weder eines besonderen Beschlusses des Senats noch eines Einverständnisses der Beteiligten (Beschluß des Senats vom 7. Juli 1954, BAG 1, 29 = AP Nr. 1 zu § 87 ArbGG 1926 und vom 24. August 1976 - 1 ABR 109/74 - AP Nr. 2 zu § 95 ArbGG 1953; Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., § 95 Rz 7; Dietz/Nikisch, ArbGG, § 95 Rz 1; Dersch/Volkmar, ArbGG, 6. Aufl., § 95 Rz 1). Die Bestimmung des Termins zur Beratung oder zur mündlichen Anhörung der Beteiligten ist eine Maßnahme der Prozeßleitung, die dem Vorsitzenden obliegt. Das schließt nicht aus, daß der Senat aus eigener Entschließung oder auf Anregung eines Beteiligten eine mündliche Anhörung beschließt, wenn dies mit Rücksicht auf die Bedeutung der Rechtssache oder im Hinblick auf neue rechtliche Gesichtspunkte (§ 278 Abs. 3 ZPO) geboten erscheint.

Durch die Entscheidung ohne mündliche Anhörung ist auch das Recht der Antragstellerin auf rechtliches Gehör in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht verletzt worden. Die Rechtsbeschwerdebegründung ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 7. August 1984 zugestellt worden, so daß ausreichend Zeit zur Stellungnahme gegeben war. Soweit die Antragstellerin durch die Vorverlegung des Termins zur Beratung über die Rechtsbeschwerde möglicherweise überrascht worden ist, hat dies nicht zu einer Verkürzung ihrer Rechte geführt. Sie hat sich noch vor dem Beratungstermin zur Rechtsbeschwerde geäußert.

II. 1. Der Hauptantrag des Arbeitgebers ist zulässig. Unter den Beteiligten ist nach einem entsprechenden Hinweis des Arbeitsgerichts Streit darüber aufgekommen, ob die tarifliche Verlängerung der Frist zur Verweigerung der Zustimmung wirksam ist und ob nicht die Zustimmung des Betriebsrates als erteilt gelten müsse, weil sie nicht innerhalb einer Woche verweigert worden ist. Diesen Streit konnte der Arbeitgeber zur gerichtlichen Entscheidung stellen. Die Frage, ob die Zustimmung des Betriebsrates bereits als erteilt gilt oder noch durch das Arbeitsgericht ersetzt werden muß, betrifft ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Von ihrer Beantwortung ist abhängig, ob der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich schon befugt ist, die beabsichtigten Umgruppierungen der fünf Angestellten vorzunehmen, oder ob er noch die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht abwarten muß. Der Senat hat daher schon in einem ähnlich gelagerten Fall einen solchen Antrag für zulässig gehalten und als sachgemäß empfohlen (Beschluß vom 24. Juli 1979 - 1 ABR 78/77 - AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972). Das Rechtsschutzinteresse für diesen Feststellungsantrag ist gegeben.

Der Hilfsantrag ist durch § 99 Abs. 4 BetrVG geboten.

2. Die Beschwerde des Betriebsrates war begründet. Das Arbeitsgericht durfte den Antrag der Antragstellerin nicht mit der Begründung abweisen, die Zustimmung des Betriebsrates gelte bereits als erteilt.

a) Die anläßlich des Inkrafttretens des neuen GTV notwendig werdenden Umgruppierungen der Angestellten bedurften nach § 99 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung von fünf Angestellten schriftlich unter ausführlicher Angabe der Gründe verweigert. Diese Verweigerung ist allerdings nicht innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG erfolgt, sondern erst knapp vier Wochen nach der Unterrichtung durch die Antragstellerin. Das wäre dann nicht rechtzeitig mit der Folge, daß eine Zustimmung als erteilt gilt, wenn er die Zustimmung innerhalb einer Woche hätte verweigern müssen, wie dies § 99 Abs. 3 BetrVG vorsieht.

Die Tarifvertragsparteien haben jedoch die Frist für eine eventuelle Verweigerung der Zustimmung zu den notwendig werdenden Umgruppierungen in zulässiger Weise auf vier Wochen verlängert.

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, diese Verlängerung der Frist durch Tarifvertrag sei unwirksam. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates könnten durch Tarifvertrag nicht erweitert werden. Eine Änderung des Betriebsverfassungsrechts durch Tarifvertrag gelte gemäß § 3 Abs. 2 TVG auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer, wenn nur der Arbeitgeber tarifgebunden sei. Diesen Arbeitnehmern werde damit eine von den Tarifvertragsparteien gestaltete Betriebsverfassung als verbindlich zugemutet. Dafür fehle den Tarifvertragsparteien mangels einer gesetzlichen Öffnungsklausel die Normsetzungsbefugnis.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Gemäß § 1 TVG kann der Tarifvertrag Rechtsnormen enthalten, die betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können. Damit ist den Tarifvertragsparteien auch grundsätzlich die Befugnis zur normativen Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen eingeräumt worden.

Inwieweit diese Befugnis dadurch, daß das Betriebsverfassungsgesetz hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates eine abschließende Regelung enthält, eingeschränkt worden ist, ist in der Literatur streitig (vgl. die Nachweise bei Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 250 ff.). Die Frage braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Bei der Verlängerung der Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG handelt es sich nicht um eine Erweiterung oder Beschränkung des gesetzlich eingeräumten Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen. Geregelt wird vielmehr nur das Verfahren bei der Ausübung dieses Mitbestimmungsrechts.

Der Senat hat schon in seiner Entscheidung vom 17. Mai 1983 (- 1 ABR 5/80 -, BAG 42, 386 = AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972) entschieden, daß die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verlängert werden könne. Der Senat hat dabei darauf abgestellt, daß die Frist von einer Woche den Belangen des Arbeitgebers diene, dem daran gelegen ist, möglichst bald Klarheit darüber zu haben, ob er die in Aussicht genommene personelle Maßnahme endgültig durchführen kann oder nicht. Notwendige personelle Einzelmaßnahmen des Arbeitgebers sollen im Interesse eines reibungslosen Betriebsablaufs durch das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG nicht dadurch verzögert werden, daß der Betriebsrat seine Entscheidung über den Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zu der beabsichtigten personellen Maßnahme über Gebühr verzögert. Rechte oder Belange des von der personellen Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers würden durch eine solche Fristverlängerung nicht berührt. Die Frist diene nicht seinem Interesse an möglichst baldiger Klarstellung seiner künftigen Rechtsbeziehungen. Diese Entscheidung hat in der Literatur Zustimmung gefunden (vgl. Faude in Anm. zu AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972).

Kann damit der Arbeitgeber durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat auf die Einhaltung der Wochenfrist verzichten und eine längere Frist vereinbaren, so kann dies auch durch Tarifvertrag geschehen. Die tarifliche Fristverlängerung gilt nur für Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Die Tarifvertragsparteien bestimmen damit auch bei der Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen nur über Rechte des tarifgebundenen Arbeitgebers. Ihre Befugnis, bei einer Fristverlängerung zu Lasten des tarifgebundenen Arbeitgebers zu handeln, folgt aus der Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Arbeitgeberverband, der sich mit seinem Beitritt der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien unterworfen hat, auch soweit ein Tarifvertrag Rechtspositionen des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat anders als gesetzlich geregelt gestaltet.

Hinzu kommt, daß die Verschlechterung der Rechtsstellung des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat nur formaler Natur ist und richtig verstanden auch den Interessen des Arbeitgebers dient.

Die Verlängerung der Frist zur Verweigerung der Zustimmung auf vier Wochen ist beschränkt auf die anläßlich des Inkrafttretens des neuen Gehaltstarifvertrages notwendig werdenden Umgruppierungen. Gerade in einem solchen Fall werden zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Vielzahl von Umgruppierungen notwendig, die - würde der Arbeitgeber den Betriebsrat über alle beabsichtigten Umgruppierungen gleichzeitig unterrichten - vom Betriebsrat nicht innerhalb einer Woche geprüft und beraten werden könnten. Der Betriebsrat müßte daher entweder seine Zustimmung zu geplanten Umgruppierungen ohne gründliche Prüfung und damit ohne bestmögliche Begründung vorsorglich verweigern oder mangels ausreichender Zeit sich verschweigen mit der Folge, daß seine Zustimmung als erteilt gilt. Auf letzteres hat der Arbeitgeber keinen Anspruch. Eine vorsorgliche fristgemäße, aber nicht fundiert begründete Zustimmungsverweigerung würde ihn nötigen, das Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, was zu einem größeren Zeitverlust führen würde als ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung des Betriebsrates. Die von den Tarifpartnern bestimmte Verlängerung der Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG allein für den Fall der anläßlich des Inkrafttretens des neuen Gehaltstarifvertrages erforderlich werdenden Umgruppierungen stellt daher eine ausgewogene und den Interessen beider Betriebspartner letztlich gerecht werdende Regelung dar. Das wird auch daran deutlich, daß der Arbeitgeber selbst bis zu dem entsprechenden Hinweis des Arbeitsgerichts von der Wirksamkeit der tariflichen Regelung ausgegangen ist.

Rechte des Betriebsrates werden durch die Fristverlängerung nicht zu seinem Nachteil geschmälert. Der Betriebsrat behält sein Recht, einer Umgruppierung aus Anlaß des Inkrafttretens des neuen Tarifvertrages seine Zustimmung aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen zu verweigern. Ihm wird lediglich für seine Entscheidung eine längere Frist eingeräumt. Er erhält damit Gelegenheit, seine Entscheidung gründlicher zu beraten und seine Zustimmungsverweigerung sorgfältiger zu begründen. Das ist eine Verbesserung seiner Rechtsstellung.

Daß eine Fristverlängerung Interessen des von der Umgruppierung betroffenen Arbeitnehmers nicht berührt, hat der Senat schon in der genannten Entscheidung vom 17. Mai 1983 ausgeführt. Für eine Verlängerung der Frist durch Tarifvertrag kann nichts anderes gelten.

Mit dem dargestellten Inhalt berührt die tarifliche Regelung nicht den durch das Betriebsverfassungsgesetz vorgenommenen Ausgleich der Interessen der Betriebspartner an möglichst weitgehender betrieblicher Mitbestimmung einerseits und möglichst weitgehendem mitbestimmungsfreiem Handeln andererseits. Gegen die Zulässigkeit dieser Regelung bestehen daher keine Bedenken, auch wenn man eine Erweiterung von Mitbestimmungsrechten durch Tarifvertrag für unzulässig hält.

c) Der Arbeitgeber macht geltend, bei der Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG zur Verweigerung der Zustimmung handele es sich um eine Ausschlußfrist. Wesentliches Merkmal einer Ausschlußfrist sei, daß sie nicht verlängert werden könne (so auch Gaul, Zur Verlängerung der Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG, DB 1985, 812). Das ist nicht richtig. Ausschlußfristen für die Geltendmachung von Rechten können auch einzelvertraglich vereinbart werden. Schon das zeigt, daß sie auch durch eine erneute Vereinbarung verlängert werden können. Auch für tarifliche Ausschlußklauseln zu Lasten des Arbeitnehmers ist anerkannt, daß sie durch Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verlängert werden können (vgl. Wiedemann/Stumpf, aaO, § 4 Rz 383).

Der Senat setzt sich - entgegen der Ansicht des Arbeitgebers - auch nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 19. Mai 1981 (- 1 ABR 109/78 - BAG 35, 278 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972), wenn er davon ausgeht, daß berechtigte Interessen der von einer personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer nicht berührt werden. Er hat in der genannten Entscheidung ausgesprochen, daß bei einer Einstellung dem Betriebsrat die Bewerbungsunterlagen sämtlicher Bewerber vorzulegen sind und in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß ein Interesse der vom Arbeitgeber nicht in Betracht gezogenen Bewerber an alsbaldiger Rückgabe der Bewerbungsunterlagen dieser Vorlagepflicht des Arbeitgebers nicht entgegensteht. Warum diese Wertung der Annahme, auch durch eine Verlängerung der Frist zur Verweigerung der Zustimmung werden Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht berührt, widersprechen soll, ist nicht ersichtlich.

3. War damit die Verlängerung der Frist zur Verweigerung der Zustimmung durch den GTV zulässig, so hat der Betriebsrat seine Zustimmung rechtzeitig verweigert. Sie kann daher nicht als erteilt gelten.

Der Hauptantrag des Arbeitgebers muß demnach abgewiesen werden. Über den Hilfsantrag kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Es fehlen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu den Tätigkeiten der umzugruppierenden Angestellten. Insoweit muß der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

Dr. Kissel Dr. Heither Matthes

Dr. Hoffmann Breier

 

Fundstellen

BAGE 50, 55-62 (LT1-2)

BAGE, 55

DB 1986, 593-594 (LT1-2)

NZA 1986, 366-367 (LT1-2)

RdA 1986, 68

SAE 1986, 190-191 (LT1-2)

AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 23

AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVC Entsch 100 (LT1-2)

AR-Blattei, ES 530.14.3 Nr 100

EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 44 (LT1-2)

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