Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvereinbarung über Gehaltssystem von AT-Angestellten

 

Orientierungssatz

1. Der Betriebsrat hat bei der Lohn- und Gehaltshöhe kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

2. Der Arbeitgeber kann sich auch im Rahmen einer ansonsten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmten Betriebsvereinbarung freiwillig verpflichten, jährlich unter bestimmten Voraussetzungen ein Budget für Gehaltserhöhungen von AT-Angestellten zur Verfügung zu stellen. Der entsprechende Wille muß aber in der Betriebsvereinbarung deutlich zum Ausdruck kommen.

3. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur jährlichen Gehaltsüberprüfung ist auch dann sinnvoll, wenn sie nicht mit einer gerichtlich durchsetzbaren Pflicht zur Gehaltserhöhung verbunden ist.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Beschluss vom 28.11.2001; Aktenzeichen 12 TaBV 49/01)

ArbG Essen (Beschluss vom 31.05.2001; Aktenzeichen 1 BV 7/00)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. November 2001 – 12 TaBV 49/01 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über einen Durchführungsanspruch des Betriebsrats aus einer Betriebsvereinbarung.

Im E. Betrieb der Arbeitgeberin galt bis zum 31. Dezember 2000 eine zwischen deren Rechtsvorgängerin, der D., und dem Betriebsrat am 5. September 1995 geschlossene „Betriebsvereinbarung über das Gehaltssystem für Mitarbeiter mit außertariflichem Dienstvertrag”. Diese enthält Regelungen über Gehaltsgruppen, individuelle Gehaltsbestimmung, Leistungsbeurteilungen, Beförderungen, Umgruppierungen, usw. In der mit „Gehaltsüberprüfung” überschriebenen Nr. 3 der Betriebsvereinbarung heißt es unter 3.1:

„Die Gehaltsüberprüfung findet jährlich zum 01. Januar statt.

Die Geschäftsführung legt das Gehaltserhöhungsbudget fest, das die allgemeine Gehaltserhöhung und das Leistungselement enthält. Dabei berücksichtigt sie die wirtschaftliche Lage der D. sowie die nationale bzw. branchenspezifische prozentuale Gehaltsentwicklung. Hierzu gehören sowohl die Gehaltsentwicklung für AT-Mitarbeiter als auch die jeweiligen Tarifabschlüsse in der Branche. Zuvor beraten Geschäftsführung und Betriebsrat über das Verhältnis von allgemeiner Gehaltserhöhung und Leistungselement.”

Wie bereits in der Zeit von 1985 bis 1994 erhöhte die Arbeitgeberin auch während der Geltung der Betriebsvereinbarung in den Jahren 1995 bis 1999 jährlich die Gehälter der AT-Angestellten. Mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 wies sie den Betriebsrat unter Bezugnahme auf zwei Gespräche vom 18. und 30. November 1999 darauf hin, daß sie beschlossen habe, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und in Erwartung möglicher weiterer Maßnahmen zur Reduzierung der Personalkosten kein Budget für die AT-Gehaltsanpassung zum 1. Januar 2000 zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 1999 erwirtschaftete die Arbeitgeberin ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung ein negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von ca. 5,1 Mio. Euro. Gleichwohl ergab sich ein Jahresüberschuß vor Gewinnabführung von ca. 70 Mio. Euro. Dieser beruhte auf einer Steuererstattung von ca. 75 Mio. Euro, welche die Konzernobergesellschaft der Arbeitgeberin intern gutgeschrieben hatte. Die Arbeitgeberin nahm in der Gewinn- und Verlustrechnung 1999 im Hinblick auf die für das Jahr 2000 vorgesehenen Restrukturierungsmaßnahmen Rückstellungen in Höhe von etwa 43,5 Mio. Euro vor. Sie plante zum damaligen Zeitpunkt den Abbau von 170 der insgesamt 240 Arbeitsplätze. Im Jahr 1999 lagen die Tariferhöhungen in der Bundesrepublik ebenso wie die Gehaltssteigerungen in der Branche der Arbeitgeberin bei etwa 3 %. Der Lebenshaltungskostenindex stieg um 0,6 %.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei auf Grund der Betriebsvereinbarung verpflichtet, das Gehaltsbudget der AT-Angestellten für das Jahr 2000 gemäß § 315 BGB um 3 % zu erhöhen. Die Arbeitgeberin habe die nationale und branchenspezifische Gehaltsentwicklung nicht hinreichend berücksichtigt. Die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin habe eine „Nullrunde” nicht gerechtfertigt. Insbesondere sei die für Restrukturierungsmaßnahmen gebildete Rückstellung überdimensioniert gewesen.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Arbeitgeberin verpflichtet ist, das Gehaltserhöhungsbudget gemäß Nr. 3.1 der Betriebsvereinbarung vom 5. September 1995 betreffend das Gehaltssystem der außertariflichen Mitarbeiter ab dem 1. Januar 2000 auf 3 % der Gesamtheit der 1999 den AT-Angestellten bei der Arbeitgeberin gezahlten Gehälter festzulegen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich für sie keine Verpflichtung, jährlich ein Gehaltserhöhungsbudget zur Verfügung zu stellen. Im übrigen habe ihre Entscheidung, für das Jahr 2000 keine Erhöhung vorzunehmen, angesichts ihrer wirtschaftlichen Lage billigem Ermessen entsprochen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats zu Recht abgewiesen. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, daß die Arbeitgeberin ein Budget zur Erhöhung der Gehälter der AT-Angestellten für das Jahr 2000 zur Verfügung stellt.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Das auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (analog) erforderliche rechtliche Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung ist gegeben. Zwar kann ein Feststellungsantrag unzulässig sein, wenn das Verfahrensziel mit einem Leistungsantrag – oder auch einem Gestaltungsantrag – erreicht werden kann (vgl. BAG 19. Juni 1984 – 1 ABR 6/83 – BAGE 46, 142, 144, zu I 2 der Gründe). Dieser prozeßwirtschaftliche Grundsatz steht aber der Zulässigkeit eines Feststellungsantrags nicht entgegen, wenn durch diesen der Streit der Beteiligten endgültig bereinigt werden kann. Dies gilt insbesondere in arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, in denen Leistungsanträge häufig mit Bestimmtheitsproblemen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO behaftet sind, die sich bei einem Feststellungsantrag nicht in gleicher Weise stellen (vgl.BAG 15. Dezember 1998 – 1 ABR 9/98 – BAGE 90, 288, 294, zu B I 3 der Gründe). Vorliegend ist der Feststellungsantrag geeignet, den betriebsverfassungsrechtlichen Streit zwischen den Betriebsparteien zu bereinigen. Daher muß sich der Betriebsrat nicht auf einen Gestaltungsantrag nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (analog) verweisen lassen. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmtheit eines Gestaltungsantrags insofern Bedenken begegnen würde, als die begehrte Budgeterhöhung nicht betragsmäßig beziffert ist. Bei dem Feststellungsantrag stellt sich dieses Problem nicht.

Dem Feststellungsinteresse steht nicht entgegen, daß die Betriebsvereinbarung, deren Durchführung der Betriebsrat begehrt, von der Arbeitgeberin zum 31. Dezember 2000 gekündigt wurde. Es geht dem Betriebsrat nicht lediglich um die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses. Vielmehr will er gerichtlich feststellen lassen, daß sein Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Gehaltserhöhung für das Jahr 2000 von der Arbeitgeberin noch zu erfüllen ist.

2. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Er macht nicht im Wege der Prozeßstandschaft Ansprüche der Arbeitnehmer, sondern einen eigenen Anspruch auf Durchführung der Betriebsvereinbarung geltend.

II. Der Antrag ist unbegründet. Zwar hat der Betriebsrat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen durchführt (vgl. etwa BAG 27. Oktober 1998 – 1 ABR 3/98 – BAGE 90, 76, 83, zu B I 3 a der Gründe). Vorliegend folgt aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, aus der Betriebsvereinbarung vom 5. September 1995 keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, jährlich ein Gehaltserhöhungsbudget festzulegen.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung von Betriebsvereinbarungen den Regeln über die Auslegung von Gesetzen. Auszugehen ist daher zunächst vom Wortlaut. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Dabei sind insbesondere der Gesamtzusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten. Bleiben hiernach noch Zweifel, so können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte oder auch eine praktische Übung ergänzend herangezogen werden. Zudem ist die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, welche zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. etwa BAG 7. November 2000 – 1 ABR 17/00 – EzA BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 2, zu B I 2 b der Gründe).

2. Hiernach ergibt sich aus Nr. 3.1 der Betriebsvereinbarung keine erzwingbare Verpflichtung der Arbeitgeberin, jährlich unter bestimmten Voraussetzungen ein Gehaltserhöhungsbudget für die AT-Angestellten festzulegen. Der Bestimmung läßt sich nicht zuverlässig entnehmen, daß sich die Arbeitgeberin ihrer Freiheit, über Gehaltserhöhungen jeweils autonom zu entscheiden, begeben hätte.

a) Der Wortlaut der Bestimmung ist nicht eindeutig. In ihr ist nicht von einer Verpflichtung der Arbeitgeberin die Rede, sondern es heißt in Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Betriebsvereinbarung lediglich, die Geschäftsführung lege das Gehaltserhöhungsbudget fest und berücksichtige dabei die wirtschaftliche Lage. Diese Formulierung läßt keine zuverlässigen Schlüsse zu, ob die Arbeitgeberin zu jährlichen Gehaltserhöhungen verpflichtet sein soll. Zwar kann durch die Verwendung des Indikativ auch eine Verpflichtung zum Ausdruck gebracht werden. Zwingend ist dies jedoch nicht.

b) Gegen eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, jährlich nach billigem Ermessen unter Beachtung der in Nr. 3.1 der Betriebsvereinbarung genannten Gesichtspunkte ein Budget für eine Gehaltserhöhung der AT-Angestellten zur Verfügung zu stellen, sprechen der gesetzliche Gesamtzusammenhang und eine Gesamtbetrachtung der Betriebsvereinbarung.

aa) Das dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung zustehende Mitbestimmungsrecht umfaßt nicht die Lohn- und Gehaltshöhe. Die Festsetzung der Höhe der Gruppengehälter für die AT-Angestellten gehört nicht zur betrieblichen Lohngestaltung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie ist vielmehr allein dem Arbeitgeber vorbehalten (st. Senatsrechtsprechung seit 22. Januar 1980 – 1 ABR 48/77 – BAGE 32, 350, 362 ff., zu B II 2 c der Gründe; 27. Oktober 1992 – 1 ABR 17/92 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 61 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 40, zu B II 1 der Gründe; 28. September 1994 – 1 AZR 870/93 – BAGE 78, 74, 78, zu I 1 der Gründe). Daher ist auch die Entscheidung, ob die Gehälter der AT-Angestellten erhöht werden, mitbestimmungsfrei. Allerdings kann der Arbeitgeber freiwillig gegenüber dem Betriebsrat eine Verpflichtung zur Gehaltserhöhung eingehen oder insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats begründen. Dies kann in einer eigenen freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG oder im Rahmen einer ansonsten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmten Betriebsvereinbarung geschehen. Die Übernahme einer derartigen, gesetzlich nicht gebotenen und in der Praxis ungewöhnlichen Verpflichtung muß aber gerade im letztgenannten Fall deutlich zum Ausdruck kommen.

bb) Hieran fehlt es im Streitfall. Es wird nicht deutlich, daß die Arbeitgeberin sich im Rahmen der nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmten, das Gehaltssystem der AT-Angestellten im einzelnen ausgestaltenden Betriebsvereinbarung zugleich freiwillig zu jährlichen Gehaltserhöhungen verpflichten wollte. Ein etwaiger Wille der Arbeitgeberin, sich bei der Gehaltshöhe der AT-Angestellten ihrer unternehmerischen Autonomie zu begeben, hat in der Betriebsvereinbarung keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Er folgt auch nicht etwa aus dem Umstand, daß in Nr. 3.1 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Betriebsvereinbarung Gesichtspunkte genannt sind, welche die Arbeitgeberin bei ihrer Entscheidung „berücksichtigt”. Vielmehr spricht die weitgehende Unbestimmtheit und Unklarheit der dort genannten Kriterien gegen eine erzwingbare Verpflichtung. Nicht eindeutig ist bereits, was in diesem Zusammenhang der Begriff „berücksichtigen” bedeuten soll. Unklar ist ebenfalls, ob die Kriterien abschließend sein sollen oder die Arbeitgeberin berechtigt sein soll, noch andere Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Ebenso fraglich ist schließlich, in welchem Verhältnis und in welcher Gewichtung die einzelnen Gesichtspunkte zueinander stehen sollen und wie das Wort „bzw.” bei der Verknüpfung von nationaler und branchenspezifischer Gehaltsentwicklung zu verstehen ist.

Ohne Erfolg beruft sich der Betriebsrat auf die von ihm behauptete Parallele zu § 16 BetrAVG. Die dort gesetzlich geregelte Interessenlage ist grundsätzlich anders. Die Prüfungs- und Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG soll die schleichende Auszehrung der laufenden Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung verhindern. Sie ist insbesondere auch deshalb erforderlich, weil die Versorgungsempfänger aus dem Betrieb ausgeschieden und nicht mehr in der Lage sind, Forderungen nach einer Erhöhung der Versorgungsbezüge Nachdruck zu verleihen. Eines entsprechenden Schutzes bedürfen die im Arbeitsverhältnis stehenden AT-Angestellten nicht. Sie können bei einer allgemeinen Steigerung der Löhne und Gehälter oder einem Anstieg der Lebenshaltungskosten reagieren, indem sie den Arbeitgeber – ggf. auch mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Wechsels zu einem anderen Arbeitgeber – zu Verhandlungen über eine Gehaltserhöhung auffordern.

c) Die Nr. 3.1 der Betriebsvereinbarung ist ohne eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur jährlichen Erhöhung der Gehälter der AT-Angestellten nicht etwa sinnlos. Denn es verbleibt die in Nr. 3.1 Absatz 1 der Betriebsvereinbarung vorgesehene Pflicht, jährlich eine Gehaltsüberprüfung vorzunehmen. Eine derartige Verpflichtung (vgl. dazu auch BAG 16. September 1998 – 5 AZR 598/97 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 54 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 41, zu I 1 b der Gründe) gewinnt ihre betriebliche Bedeutung aus dem Umstand, daß sie von der Arbeitgeberin die Durchführung eines Verfahrens verlangt, das im Interesse der AT-Angestellten liegt. Die Arbeitgeberin muß sich in regelmäßigen Abständen und nach konkreten Vorgaben mit der Frage einer Anpassung der Gehälter der AT-Angestellten befassen. Sie gerät auf diese Weise sowohl den AT-Angestellten als auch dem Betriebsrat gegenüber unter einen in der betrieblichen Praxis nicht zu unterschätzenden Legitimations- und Begründungsdruck, wenn sie etwa trotz einer günstigen betrieblichen Entwicklung davon absieht, ein Budget für Gehaltserhöhungen zur Verfügung zu stellen, oder wenn dieses Budget unangemessen niedrig erscheint.

d) Aus der praktischen Handhabung können im vorliegenden Fall Erkenntnisse für die Auslegung der Betriebsvereinbarung nicht gewonnen werden. Der Umstand, daß in der Vergangenheit jährlich Gehaltserhöhungen vorgenommen wurden, bedeutet nicht, daß die Arbeitgeberin hierzu nach der Betriebsvereinbarung verpflichtet gewesen wäre. Die Gehaltserhöhungen können ebenso Ergebnis einer jeweils freiwillig getroffenen Entscheidung der Arbeitgeberin gewesen sein.

e) Gegen das vom Betriebsrat vertretene Verständnis der Betriebsvereinbarung sprechen schließlich ganz wesentlich Gründe der Praktikabilität. Wie gerade das vorliegende Verfahren zeigt, würde eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, nach Maßgabe der in Nr. 3.1 der Betriebsvereinbarung genannten Gesichtspunkte jährlich Erhöhungen des Gehaltsbudgets vorzunehmen, auf Grund der Unbestimmtheit und Unklarheit dieser Kriterien zu großen praktischen Schwierigkeiten führen. Regelungen darüber, wie ein naheliegender Streit hierüber bereinigt werden soll, enthält die Betriebsvereinbarung nicht. Es kann nicht angenommen werden, daß die Betriebsparteien die Festlegung des Gehaltserhöhungsbudgets im Streitfall einem gerichtlichen Bestimmungsverfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (analog) vorbehalten wollten. Hierdurch wäre eine gerade bei der Gehaltsbestimmung schwer erträgliche Unsicherheit programmiert. Regelmäßig stünde die Höhe des sodann noch auf die einzelnen Arbeitnehmer zu verteilenden Gehaltserhöhungsbudgets erst am Ende eines langwierigen, möglicherweise umfangreiche Beweisaufnahmen erfordernden Gerichtsverfahrens fest. Die Schwierigkeiten würden noch größer, wenn der Streit über das Gehaltserhöhungsbudget bis zum Beginn des Folgejahres noch nicht entschieden und damit die Basis für das nächste Gehaltserhöhungsbudget unklar wäre.

 

Unterschriften

Wißmann, Kreft, Linsenmaier, Rath, Büßenschütt

 

Fundstellen

DB 2004, 260

ARST 2003, 197

EWiR 2003, 499

NZA 2003, 810

ZTR 2004, 53

AP, 0

AuA 2003, 51

EzA-SD 2003, 14

EzA

ArbRB 2003, 138

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