Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Begriff der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse

 

Normenkette

BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Beschluss vom 30.07.1992; Aktenzeichen 10 TaBV 13/92)

ArbG Köln (Beschluss vom 17.12.1991; Aktenzeichen 12 BV 163/91)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. Juli 1992 – 10 TaBV 13/92 – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die tarifgerechte Eingruppierung einer Sachbearbeiterin.

Der Arbeitgeber ist ein bundesweit tätiges Unternehmen der Versicherungswirtschaft. Weiterer Beteiligter ist der in der Bezirksdirektion Köln des Arbeitgebers gebildete Betriebsrat. Der Arbeitgeber ist tarifgebunden. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer die Tarifverträge für das Versicherungsgewerbe an.

Am 25. Oktober 1990 schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag, mit dem u.a. § 4 des Manteltarifvertrages für das Versicherungsgewerbe (MTV) „Gehaltsgruppenmerkmale und Eingruppierung” sowie der Anhang zu § 4 MTV neugefaßt wurden. Die Neuregelung ist zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten. Gegenüber den bisher sieben Gehaltsgruppen enthält die Neuregelung acht Gehaltsgruppen. Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der vorliegend maßgeblichen Gruppen III bis VII lauten wie folgt:

III Tätigkeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden.

IV Tätigkeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden.

V Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Kenntnisse erfordern.

VI Tätigkeiten, die besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten, die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind. Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.

VII Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.

Im Anhang zu § 4 MTV sind zu den einzelnen Gehaltsgruppen Tätigkeitsbeispiele aufgeführt. Dazu heißt es einleitend wie folgt:

„Die nachstehenden Tätigkeitsbeispiele” sind nicht erschöpfend. Sie geben die übereinstimmende Auffassung der Tarifvertragsparteien für typische Zuordnungen wieder. Ist eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahme fällen abgewichen werden.

Der überwiegende Teil der Beispiele findet sich durchgehend in mehreren Gehaltsgruppen, wobei durch die Zusätze „einfach”, „mit erhöhten Anforderungen”, „qualifiziert” und „besonders qualifiziert” zum Ausdruck gebracht wird, daß es sich jeweils um unterschiedliche Schwierigkeitsgrade der betreffenden Tätigkeit handelt. Tätigkeitsbeispiele ohne Zusatz bedeuten, daß es sich um den normalen Schwierigkeitgrad der betreffenden Tätigkeit handelt. Die differenzierenden Zusätze beziehen sich in keinem Fall auf die Mitarbeiter/innen und ihre persönliche Qualifikation, sondern ausschließlich auf die jeweiligen von ihnen ausgeübten Tätigkeiten. Das gilt auch für die Worte „qualifiziert” und „besonders qualifiziert”.

Das Tätigkeitsbeispiel Sachbearbeitung ist in insgesamt fünf Gehaltsgruppen mit unterschiedlichen Zusätzen erwähnt:

Gehaltsgruppe III:

einfache Schaden- und Leistungssachbearbeitung

Gehaltsgruppe IV:

Schaden- und Leistungssachbearbeitung

Gehaltsgruppe V:

Schaden- und Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen

Gehaltsgruppe VI:

qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung

Gehaltsgruppe VII:

besonders qualifizierte Schaden- und Leistungssachbearbeitung

§ 4 Nr. 2 a MTV trifft folgende allgemeine Bestimmung für die Eingruppierung:

„Für die Eingruppierung in die Gehaltsgruppen I–VIII ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Umfaßt diese mehrere Einzeltätigkeiten, die für sich allein betrachtet jeweils unterschiedlichen Gehaltsgruppen zuzuordnen wären, richtet sich die Eingruppierung nach der überwiegenden Einzeltätigkeit oder, wenn keine überwiegt, nach derjenigen Einzeltätigkeit, die der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt. Dauert eine vorübergehend ausgeübte Tätigkeit, die einer höheren Gehaltsgruppe entspricht, ununterbrochen länger als 6 Monate, so ist der Arbeitnehmer vom Beginn des 7. Monats an in die höhere Gehaltsgruppe einzustufen. Eine abgeschlossene Ausbildung gibt für sich allein noch keinen Anspruch auf Bezahlung nach einer bestimmten Gehaltsgruppe. Sie ist auch keine Voraussetzung für die Eingruppierung in eine bestimmte Gehaltsgruppe.

Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung sind jedoch mindestens in Gehaltsgruppe III einzustufen. Abweichungen hiervon sind nur in Ausnahmefällen und im Einvernehmen mit dem Betriebsrat zulässig. Nach Ablegen der Abschlußprüfung als Versicherungskaufmann sollen Arbeitnehmer mit guten Leistungen in die Gehaltsgruppe IV eingestuft werden. Unter guten Leistungen sind Benotungen bis 2,5 zu verstehen. Zur Beurteilung sind sowohl die Benotungen der Kammerprüfung als auch die betrieblichen Leistungen heranzuziehen.

…”

In einer von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichneten Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 heißt es:

„Zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25.10.1990

In mehrjährigen Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Neufassung der Gehaltsstruktur geeinigt. Dabei ist die Zahl der Gehaltsgruppen durch die Schaffung einer Zwischengruppe zwischen den bisherigen Gehaltsgruppen. V und VI (jetzt VII) von 7 auf 8 erhöht worden, Durch die Einführung der Gehaltsgruppe VI (neu) wollten die Tarifparteien der Tatsache Rechnung tragen, daß der Abstand zwischen den bisherigen Gruppen V und VI unverhältnismäßig groß war, was eine der konkreten Tätigkeit entsprechende Eingruppierung in diesem Bereich erschwerte. Der Gehaltsgruppe VI (neu) werden Tätigkeiten zugeordnet, die über die Anforderungen der Gruppe V hinausgehen, ohne diejenigen der Gruppe VII (bisher VI) zu erreichen.

Die Gehaltsgruppen I–V sowie VII und VIII (bisher VI und VII) wurden unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert. Die Tätigkeitsbeispiele wurden nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht.

Die Neufassung der Gehaltsstruktur soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein. Das bedeutet, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen ist. Dies unterstellt die richtige tarifliche Eingruppierung.”

Der Arbeitgeber hat den Betrieb der Bezirksdirektion in die vier Fachbereiche Antrag, Leistung, Organisation und Verwaltung aufgegliedert. Innerhalb des Fachbereichs Leistung sind Sachgebietsleiter mit fünf unterstellten Gruppenleitern tätig. Den Gruppenleitern sind jeweils ca. fünf bis sechs Sachbearbeiter unterstellt. Bis zum Inkrafttreten der neuen tariflichen Gehaltsstruktur wurden die Sachbearbeiter nach einer sechs- bis zwölfmonatigen Einarbeitungsphase, während derer sie Vergütung nach Gehaltsgruppe IV bezogen, mit Zustimmung des Betriebsrats durchgehend in Gehaltsgruppe V eingruppiert.

Seit dem 1. Oktober 1990 ist in der Bezirksdirektion Köln die Angestellte Heike S. als Sachbearbeiterin tätig. Wie allen Leistungssachbearbeitern obliegt ihr die Bearbeitung von Leistungsansprüchen, die von den Antragstellern gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden, und zwar grundsätzlich von der Antragstellung bis zur Entscheidung auf Leistungserstattung. Dabei erfolgt keine Beschränkung auf Leistungsansprüche bestimmter Art, wie etwa Arzt- und Behandlungskosten, Krankenhauskosten, Kosten für Kuraufenthalte, Krankenhaustagegeld oder Krankentagegeld. Jeder Sachbearbeiter ist in seinem Aufgabenbereich, der sich aus den Versicherungsnummern der Versicherungsnehmer ergibt, grundsätzlich zur Bearbeitung aller Anspruchsarten verpflichtet. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei anderen Versicherungsgesellschaften insoweit andere Strukturen der Arbeitsverteilung üblich sind. Nach den Arbeitsrichtlinien beträgt die Regulierungskompetenz für den Sachbearbeiter bei vertraglichen Leistungen 5.000,– DM, für den Gruppenleiter 10.000,– DM, für den Fachgebietsleiter 20.000,– DM.

Wegen der Einzelheiten der Aufgaben eines Sachbearbeiters im Fachgebiet Leistung wird auf die vom Arbeitgeber verwandte Stellenbeschreibung verwiesen. Zwischen der Stellenbeschreibung und den tatsächlich von der Angestellten S. wahrgenommenen Aufgaben besteht Übereinstimmung.

Im Betrieb des Arbeitgebers ist die EDV eingeführt. Die Leistungssachbearbeiter werden in einer vierwöchigen Schulung mit der Anwendung der „Kranken-Datenbank Leistung” vertraut gemacht.

Frau S. war zunächst eingruppiert in Gehaltsgruppe IV MTV a.F. Mit Schreiben vom 22. Februar 1991 beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Umgruppierung der Angestellten S. nach Gehaltsgruppe V MTV n.F. per 1. April 1991. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 26. Februar 1991 die Zustimmung zu dieser Maßnahme mit der Begründung, daß die Leistungssachbearbeiter nach den Tätigkeitsmerkmalen des neuen Tarifvertrages in die Gehaltsgruppe VI einzustufen seien.

Mit seinem am 9. August 1991 bei Gericht eingegangenen Antrag hat der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung der Angestellten Heike S. in Gehaltsgruppe V MTV n.F. beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Eingruppierung sei tarifgerecht. Die Leistungssachbearbeiter erfüllten allenfalls die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe V. Die ihnen übertragenen Tätigkeiten seien von Anfang an gleichbleibend. In der Einarbeitungszeit finde nur eine etwas stärkere Überwachung statt, weshalb auch die Eingruppierung zunächst nach Gehaltsgruppe IV erfolge. In keinem Fall erfülle die Sachbearbeiterin S. die für eine Eingruppierung in Gehaltsgruppe VI erforderlichen Tätigkeitsmerkmale „besonders gründliche” oder „besonders vielseitige” oder „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse”. Die Aufgaben seien vielmehr als Sachbearbeitertätigkeit mit normalem Schwierigkeitsgrad anzusehen. Es treffe nicht zu, daß wegen der grundsätzlichen Zuständigkeit für alle Arten von Leistungsansprüchen von einer besonderen Vielseitigkeit ausgegangen werden könne. Die zur Anwendung kommenden Fachkenntnisse gehörten zum Anforderungsprofil eines ausgebildeten Versicherungskaufmanns.

Unzutreffend sei auch, daß bei anderen Versicherungsgesellschaften die Aufgabenbereiche der Sachbearbeiter unterteilt seien nach einzelnen Anspruchsarten. Bei einzelnen Gesellschaften seien die Bereiche Krankentagegeld und Rechtsmaßnahmen abgetrennt. Hierin liege aber eher eine Verengung des Bereichs, den zu bewältigen von einem normalen Sachbearbeiter zu erwarten sei. Zu berücksichtigen sei auch, daß nach der Stellenbeschreibung der Sachbearbeiter außergewöhnliche Fälle dem Vorgesetzten vorzulegen habe.

Die Beherrschung der zur Sachbearbeitung erforderlichen Kenntnisse der EDV führe gleichfalls nicht zur Annahme vielseitiger oder gründlicher Fachkenntnisse. Es handele sich dabei um eine Hilfsfunktion. Die verlangten Kenntnisse bewegten sich auf der unteren Ebene, sie seien Basisvoraussetzungen, über die heute praktisch jeder in einer Verwaltung Beschäftigte verfügen müsse, an dessen Arbeitsplatz ein Computer stehe.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Eingruppierung der bei ihm tätigen Arbeitnehmerin Heike S. in die Gehaltsgruppe V des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe vom 25. Oktober 1990 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Angestellte S. erfülle mit der von ihr zu verrichtenden Tätigkeit als Sachbearbeiterin die Voraussetzungen für die Eingruppierung in Gehaltsgruppe VI. Die Tätigkeiten setzten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraus. Das ergebe sich hier insbesondere aus der Übertragung aller Anspruchsarten zur Bearbeitung. Die Sachbearbeiter benötigten die Kenntnis einer Vielzahl von Gesetzen, Tarif- und Arbeitsrichtlinien und sonstiger Vorschriften. Die zu beachtenden Vorschriften füllten zwei DIN A 5-Ordner mit jeweils ca. 1000 Blatt. Ausgehend davon, daß die Eingruppierung für die Sachbearbeiter erst mit Gehaltsgruppe IV beginne, müsse die Tätigkeit der Angestellten S. – wie auch der übrigen vergleichbaren Sachbearbeiter des Arbeitgebers – als deutlich höher qualifiziert angesehen werden. Zu berücksichtigen seien dabei auch die erforderlichen umfangreichen EDV-Kenntnisse, die die Bejahung des Tätigkeitsmerkmals vielseitige Fachkenntnisse rechtfertigten. Auch bei den dem Vorgesetzten vorzulegenden außergewöhnlichen Fällen habe der Sachbearbeiter jedenfalls selbst einen Entscheidungsvorschlag zu erarbeiten.

Die Eingruppierung der Sachbearbeiter in Gehaltsgruppe V MTV a.F. als die bisherige Spitzengruppe zeige, daß auch der Arbeitgeber bis dahin davon ausgegangen sei, daß die Tätigkeit der Sachbearbeiter als besonders herausgehoben angesehen werden müsse. Dem entspreche nunmehr die Gehaltsgruppe VI MTV n.F.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers stattgegeben, das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betriebsrats.

 

Entscheidungsgründe

B. Der angefochtene Beschluß hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand und ist daher auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

I. Der Betriebsrat hat auf den Antrag des Arbeitgebers vom 22. Februar 1991 mit Schreiben vom 26. Februar 1991 die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Angestellten S in Gehaltsgruppe V verweigert. Der Eingang dieses Schreibens innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die vom Betriebsrat gegebene Begründung für seinen Widerspruch ist auch erheblich im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsrat verweist auf die seiner Meinung nach tarifgerechte Eingruppierung nach Gehaltsgruppe VI. Er macht damit einen Verweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geltend. Da die Tätigkeit der Sachbearbeiterin S zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, genügt dieser Widerspruch den Anforderungen des § 99 Abs. 3 BetrVG.

Formale Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit der Zustimmungsverweigerung bestehen mithin nicht.

II. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde einen Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Grundsätze der Darlegungslast.

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, im Zustimmungsersetzungsverfahren treffe den Arbeitgeber die Feststellungslast für die Widerlegung der Verweigerungsgründe (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 227; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 99 Rz 69; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz 142). Wenn es demgegenüber nach weiteren Erwägungen ausführt, die tarifrechtliche Lage begründe „somit letztlich durchaus eine Feststellungslast des Betriebsrats”, mag das mißverständlich formuliert sein. Es steht aber nicht im Widerspruch zu der ersten Feststellung. Das Landesarbeitsgericht nimmt nämlich richtig an, maßgeblich für die Eingruppierung seien die festgestellten Tatsachen. Die Eingruppierung selbst ist ein Akt der Rechtsanwendung auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen. Führt dieser Akt zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeitsmerkmale der vom Betriebsrat für richtig befundenen Tarifgruppe nicht erfüllt sind, ist die Verweigerung der Zustimmung nicht begründet. Dies meint das Landesarbeitsgericht offensichtlich mit der dem Betriebsrat obliegenden Feststellungslast. Daß es nicht um die Tatsachenermittlung geht, wird deutlich, wenn das Landesarbeitsgericht im Folgesatz festhält, die Frage einer Beweislast stelle sich vorliegend nicht, weil alle wesentlichen Tatsachen unstreitig seien oder entsprechend den Tatsachenbehauptungen des Betriebsrats unterstellt werden könnten. Gerade auf diese Tatsachenfeststellung – und nicht auf die rechtliche Subsumtion – bezieht sich die dem Arbeitgeber im Rahmen des § 99 BetrVG auferlegte „Feststellungslast” als eine dem Beschlußverfahren gemäße „objektive Beweislast” (vgl. Dietz/Richardi, a.a.O.).

III. Der auf der Grundlage der unstreitigen bzw. zugunsten des Betriebsrats als zutreffend unterstellten Tatsachen vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Wertung, die Angestellte S. erfülle nicht die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe VI, kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung allerdings nicht beigepflichtet werden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

1. Für die Eingruppierung der Arbeitnehmer in die Gehaltsgruppen ist gem. § 4 Nr. 2 a MTV die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend. Die Angestellte S. ist als Sachbearbeiterin in der Leistungssachbearbeitung tätig.

a) Die Gehaltsgruppenordnung gem. § 4 MTV enthält allgemeine Tätigkeitsmerkmale sowie jeder Gehaltsgruppe zugeordnete Tätigkeitsbeispiele. Nach dem Anhang zu § 4 MTV ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Voraussetzungen einer Gehaltsgruppe erfüllt sind, wenn eine Tätigkeit als Beispiel zu dieser Gruppe genannt ist. Dies entspricht auch dem allgemeinen Verständnis der Bedeutung von Tätigkeitsbeispielen für die Eingruppierung in ein tarifliches Gehaltssystem. Vorrangig sind also für die Eingruppierung die Tätigkeitsbeispiele heranzuziehen. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 – 4 AZR 49/87 – und Urteil vom 28. September 1988 – 4 AZR 326/88 – AP Nr. 19 und Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).

b) Das Tätigkeitsbeispiel Leistungssachbearbeitung ist genannt in den Gehaltsgruppen III bis VII, allerdings mit jeweils unterschiedlichen Zusätzen. Gehaltsgruppe V erfaßt die Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen, Gehaltsgruppe VI die qualifizierte Leistungssachbearbeitung.

Diese Tätigkeitsbeispiele lassen sich aus sich heraus nicht auslegen. „Erhöhte” Anforderungen setzen notwendigerweise eine Wertung an einem Normalmaßstab voraus, über den die verlangten Anforderungen hinausgehen müssen. Dies gilt in gleicher Weise und erst recht für das Tätigkeitsbeispiel „qualifizierte” Leistungssachbearbeitung. Die Tarifvertragsparteien haben dem insoweit selbst Rechnung getragen, als sie im Anhang zu § 4 MTV festgehalten haben, daß sie mit derart gestaffelten Zusätzen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zum Ausdruck bringen wollten und es sich bei dem Tätigkeitsbeispiel ohne Zusatz (hier Gehaltsgruppe IV) um den normalen Schwierigkeitsgrad der betreffenden Tätigkeit handele.

Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist aber ein Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale unerläßlich. Was von den Tarifvertragsparteien als normaler Schwierigkeitsgrad angenommen wird, läßt sich allein der Skala „einfach” bis „besonders qualifiziert” nicht entnehmen. Die tariflichen allgemeinen Tätigkeitsmerkmale und die Tätigkeitsbeispiele sind dabei in eine Wechselbeziehung zu setzen.

c) Das Landesarbeitsgericht hat für die Frage, ob die Tätigkeit der Angestellten S. als qualifizierte Leistungssachbearbeitung im Sinne der Gehaltsgruppe VI angesehen werden kann, deshalb zu Recht die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale herangezogen und geprüft, ob die Tätigkeit besonders vielseitige, besonders gründliche oder vielseitige und gründliche Fachkenntnisse verlangt. Dies entspricht den Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppe VI.

Für die nähere Bestimmung der Begriffe der gründlichen bzw. vielseitigen Fachkenntnisse wiederum ist der Aufbau der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppen zu beachten, denen das Tätigkeitsbeispiel Leistungssachbearbeitung zugeordnet ist.

Gehaltsgruppe III – einfache Leistungssachbearbeitung – setzt Tätigkeiten voraus, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrungen erworben werden. Soweit der Betriebsrat einwendet, die Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann sei von Gehaltsgruppe III noch nicht erfaßt, da diese erstmals in Gehaltsgruppe IV erwähnt wird, ist das nicht zutreffend. Eine derartige Einschränkung läßt sich schon dem Wortlaut des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals nicht entnehmen. Daß die Tarifvertragsparteien dies auch nicht so gesehen haben, ergibt sich vor allem aber aus § 4 Nr. 2 a Abs. 2 MTV. Dort ist ausdrücklich festgehalten, daß die Angestellten mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Versicherungskaufmann mindestens in Gehaltsgruppe III (also nicht in Gehaltsgruppe IV) einzugruppieren sind bzw. daß Angestellte nach Ablegen der Abschlußprüfung als Versicherungskaufmann mit näher definierten guten Leistungen in Gehaltsgruppe IV eingruppiert werden sollen. Gehaltsgruppe III kommt danach auch für Versicherungskaufleute in Betracht als unterste Gehaltsgruppe.

Gehaltsgruppe IV, der das Tätigkeitsbeispiel Leistungssachbearbeitung ohne Zusatz und damit gemäß den Erläuterungen der Tarifvertragsparteien im Anhang zu § 4 MTV die Sachbearbeitung mit normalem Schwierigkeitsgrad zugeordnet ist, setzt in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen vertiefte Fachkenntnisse voraus, „wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann” erworben werden. Die Leistungssachbearbeitung mit normalem Schwierigkeitsgrad verlangt danach im allgemeinen neben der Ausbildung auch noch Berufserfahrung. Diese Feststellung wird allerdings insoweit wieder aufgeweicht, als Versicherungskaufleute mit guten Abschlußleistungen auch ohne Erfahrung unmittelbar nach der Ausbildung hier eingruppiert werden sollen, § 4 Nr. 2 a Abs. 2 MTV.

Wenn Gehaltsgruppe V (Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen) in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen also gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse verlangt, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, müssen diese über die vertieften Fachkenntnisse im vorstehenden Sinne hinausgehen. Das Erfordernis der mehrjährigen Erfahrung gegenüber der zusätzlichen Berufserfahrung nach Gehaltsgruppe IV unterstreicht dies mit einer deutlichen zeitlichen Komponente.

Hieran müssen dann gemessen werden die in Gehaltsgruppe VI in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen vorausgesetzten besonders gründlichen oder besonders vielseitigen oder gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse (qualifizierte Sachbearbeitung).

d) Von dieser Abstufung ist das Landesarbeitsgericht an sich richtig ausgegangen. Die Rechtsbeschwerde beruft sich demgegenüber ohne Erfolg auf die tariflichen Gehaltsregelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), in der gleichfalls die Begriffe gründliche bzw. gründliche und vielseitige Fachkenntnisse als Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung verwandt werden. Für gründliche Fachkenntnisse sind nach der dortigen tariflichen Klammerdefinition erforderlich nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises. Hinsichtlich gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse wird tariflich bestimmt, daß diese sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung, bei der der Angestellte beschäftigt ist, beziehen müssen; der Aufgabenkreis muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann (vgl. etwa Fallgruppen 1 a und 1 b VergGr. VII der Anl. 1 a zum BAT).

Diese Definitionen stehen in einem anderen systematischen Zusammenhang. Sie sind abzugrenzen gegenüber Tätigkeiten, für die Fachkenntnisse im Sinne eines eigenständigen Tätigkeitsmerkmals nicht vorausgesetzt werden (vgl. etwa BAG Urteil vom 24. August 1983 – 4 AZR 32/81 – AP Nr. 78 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Ausgangspunkt für die Beurteilung des Tätigkeitsmerkmals gründliche Fachkenntnisse oder vielseitige Fachkenntnisse im hier maßgeblichen tariflichen Sinne sind demgegenüber die Fachkenntnisse eines Angestellten mit einer Ausbildung als Versicherungskaufmann und Berufserfahrung gemäß Gehaltsgruppe IV. Diese müssen überstiegen werden, wie es auch das Kriterium mehrjährige Berufserfahrung deutlich macht. Die Begriffe sind hier also in einen ganz anderen systematischen Zusammenhang gestellt als im BAT.

Eine Parallele läßt sich nur insoweit ziehen, als der Begriff der gründlichen Fachkenntnisse qualitativ, der Begriff der vielseitigen Fachkenntnisse quantitativ bestimmt ist (vgl. dazu etwa auch BAG Urteil vom 24. August 1983 – 4 AZR 32/81 –, Urteil vom 29. August 1984 – 4 AZR 338/82 – und Urteil vom 14. August 1985 – 4 AZR 322/84 – AP Nr. 78, Nr. 94 und Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies hat das Landesarbeitsgericht gesehen und zutreffend angenommen, das Tätigkeitsmerkmal „gründlich” setze eine Erweiterung der Fachkenntnisse der Tiefe nach, das Merkmal „vielseitig” eine Erweiterung der Breite nach voraus. Das entspricht auch dem allgemeinen Wortsinn dieser Begriffe.

2. Das Landesarbeitsgericht hat für den Tätigkeitsbereich der Angestellten S. zwar das Erfordernis vielseitiger Fachkenntnisse bejaht, das Erfordernis gründlicher Fachkenntnisse im tariflichen Sinne aber verneint. Bei den Begriffen gründliche bzw. vielseitige Fachkenntnisse handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs unterliegt der Kontrolle durch das Revisionsgericht nur darauf, ob der Rechtsbegriff verkannt ist, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist oder ob die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände fehlerhaft ist (BAG Urteil vom 18. Juni 1975 – 4 AZR 398/74 – AP Nr. 87 zu §§ 22, 23 BAT; BAG Urteil vom 14. August 1985 – 4 AZR 322/84 – AP Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

3. Dieser Überprüfung hält die angegriffene Entscheidung nicht stand.

a) Das Landesarbeitsgericht ist zwar – wie dargelegt – von einem nach dem systematischen tariflichen Aufbau an sich zutreffenden Rechtsbegriff der gründlichen Fachkenntnisse ausgegangen. Es hat aber bei seiner Subsumtion diesen Rechtsbegriff verlassen.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es sei zu berücksichtigen, daß der Leistungssachbearbeiter nur eine beschränkte Entscheidungskompetenz habe. In außergewöhnlichen Fällen und in den Fällen mit größeren finanziellen Auswirkungen obliege ihm lediglich die Entscheidungsvorbereitung und die Beratung des Entscheidungsberechtigten. Der Leistungssachbearbeiter habe nach den ihm erteilten Richtlinien und Anweisungen eine dem Versicherungsvertrag entsprechende Entscheidung zu treffen und normalerweise nur vorzubereiten.

Die Rechtsbeschwerde sieht hierin zu Recht eine Verkennung des Begriffs der gründlichen Fachkenntnisse. Die Frage der Entscheidungskompetenz ist keine Frage des Erfordernisses von gründlichen Fachkenntnissen als Eingruppierungskriterium. Der Sachbearbeiter, der eine Entscheidung „nur” vorbereitet, kann dazu in gleicher Weise Fachkenntnisse benötigen wie derjenige, der die Entscheidung dann letztlich zu treffen hat. Dies gilt vor allem – aber nicht nur – in dem Bereich der fehlenden Entscheidungskompetenz wegen Überschreitung der Regulierungskompetenz (5.000,– DM für vertragliche Leistungen). Die Schwierigkeit eines Vorgangs und die zu seiner Bearbeitung benötigten Fachkenntnisse sind nicht abhängig von der Höhe der Leistungssumme. Die Frage der Alleinentscheidung oder der Entscheidungsvorbereitung ist in erster Linie eine Frage der Selbständigkeit des Angestellten bzw. eine Frage des Grades der Verantwortung.

b) Daß die Tarifvertragsparteien diese sich schon aus allgemeinen Überlegungen ableitende Folgerung nicht anders gesehen haben, wird deutlich aus den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppe VI. Eine der für die Eingruppierung in Gehaltsgruppe VI möglichen Alternativen sind „Tätigkeiten, die der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind”. Dem Merkmal der Entscheidungsbefugnis wird also ein eigenständiger Stellenwert eingeräumt. Tätigkeiten, die nur gründliche oder nur vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen – also an sich Gehaltsgruppe V entsprechen –, genügen bei Vorliegen besonderer Entscheidungsbefugnis dennoch zur Eingruppierung nach Gehaltsgruppe VI. Dem gleichgestellt werden aber andererseits Tätigkeiten, die „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse” erfordern, ohne daß es insoweit auf das Merkmal der besonderen Entscheidungsbefugnis ankommt. Auch hieraus wird deutlich, daß der Umfang der Entscheidungskompetenz kein maßgebliches Kriterium für die Bestimmung der gründlichen Fachkenntnisse ist.

Wenn das Landesarbeitsgericht also das Vorliegen gründlicher Fachkenntnisse u.a. deshalb verneint hat, weil die Angestellte S. bezogen insbesondere auch auf Falle mit größeren finanziellen Auswirkungen – nur beschränkte Entscheidungskompetenz habe bzw. Entscheidungen nur vorzubereiten habe, hat es damit den Begriff der gründlichen Fachkenntnisse in seiner tariflichen Ausprägung unzutreffend angewandt.

4. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, die von der Angestellten benötigten EDV-Kenntnisse rechtfertigten nicht die Annahme gründlicher Fachkenntnisse. Diese seien vielmehr als reine Hilfstätigkeiten bei der Sachbearbeitung anzusehen.

Dem ist zu folgen. Daß der Sachbearbeiter sich bei der Durchführung der Sachbearbeitung technischer Hilfsmittel bedienen muß, liegt auf der Hand. Zu Recht weist schon das Arbeitsgericht darauf hin, daß es sich bei der Verwendung der EDV um ein im heutigen Arbeitsleben übliches Hilfsmittel handelt. Ein vierwöchiger Einführungskurs ist nicht ausreichend für die Annahme des Erwerbs von Kenntnissen, die über die für die Beherrschung solcher Hilfsmittel als Grundlage der Sachbearbeitertätigkeit überhaupt vorauszusetzenden Kenntnisse hinausgehen und deshalb für die Bewertung gründlicher oder vielseitiger Fachkenntnisse im tariflichen Sinne herangezogen werden könnten. Es kommt hinzu, daß jedenfalls nach den heutigen Gegebenheiten die Bearbeitung von Versicherungsfällen mittels EDV auch schon während der Ausbildung erfolgt, damit aber zum Kenntnisstand eines ausgebildeten Versicherungskaufmanns gehören dürfte. Auch deshalb scheidet die Heranziehung der benötigten EDV-Kenntnisse für die Bejahung gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse im hier maßgeblichen Sinne aus.

IV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Angestellte S benötige keine gründlichen Fachkenntnisse, halt wegen der Verkennung des Begriffs der Fachkenntnisse demnach der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Entscheidung ist aufzuheben. Eine abschließende eigene Entscheidung ist dem Senat nicht möglich wegen des dem Tatsachengericht bei Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs zustehenden Beurteilungsspielraums.

Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen erneut zu prüfen haben, ob die Tätigkeit der Angestellten als qualifizierte Leistungssachbearbeitung oder – wofür durchaus einiges sprechen mag – nur als Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen anzusehen ist, ausgehend von der Auslegung dieser Tätigkeitsbeispiele unter Rückgriff auf die in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppen umschriebenen Anforderungen.

Dabei ist weiter auf folgendes hinzuweisen:

Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen vielseitiger Fachkenntnisse bejaht, weil die Vielseitigkeit der für die überwiegende Tätigkeit vorausgesetzten Fachkenntnisse schon in Anbetracht der zahlreichen Bestimmungen aus Gesetzen, Rechtsverordnungen, Versicherungsbedingungen etc., die nahezu in jedem Leistungsfall der Krankenversicherung zu beachten seien, für das Gericht offenkundig sei. Die Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit ein tarifliches Tätigkeitsmerkmal erfüllt, ist als solche der Rechtsanwendung keine der Offenkundigkeit im Sinne des § 291 ZPO zugängliche Frage. Danach bedürfen offenkundige Tatsachen keines Beweises. Das Landesarbeitsgericht hat den Begriff der Offenkundigkeit wohl auch nicht in diesem Sinne verstanden, sondern im Sinne einer rechtlichen Eindeutigkeit. Die Richtigkeit dieser Subsumtion ist aber aus der angefochtenen Entscheidung nicht nachzuvollziehen. Der Umstand allein, daß die Sachbearbeiter zahlreiche Bestimmungen aus Gesetzen. Rechtsverordnungen. Versicherungsbedingungen anwenden müssen, belegt noch nicht, daß sie vielseitige Fachkenntnisse im tariflichen Sinne aufzuwenden haben. Wie die gründlichen Fachkenntnisse sind auch die vielseitigen Fachkenntnisse zu bemessen an den Fachkenntnissen eines ausgebildeten Versicherungskaufmanns mit Berufserfahrung im Sinne der Gehaltsgruppe IV – Sachbearbeitung mit normalem Schwierigkeitsgrad –. Auch dieser dürfte zahlreiche Bestimmungen aus Gesetzen usw. anzuwenden haben und kraft seiner Ausbildung auch dazu in der Lage sein. Das Landesarbeitsgericht trifft aber keine Feststellungen zum Umfang der insoweit etwa durch die Ausbildung zum Versicherungskaufmann vermittelten Fachkenntnisse und deren Erforderlichkeit für eine normale Sachbearbeitung. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Prüfung der Tiefe der Fachkenntnisse beim Begriff der gründlichen Fachkenntnisse.

Das Landesarbeitsgericht kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, die Beteiligten seien in der Vergangenheit übereinstimmend davon ausgegangen, Leistungssachbearbeitung sei in der beim Arbeitgeber maßgeblichen Ausgestaltung eine Tätigkeit nach Gehaltsgruppe V MTV a.F. gewesen. Die frühere Fassung stellte in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen ab auf „schwierige Arbeiten, die gründliche Fachkenntnisse und mehrjährige einschlägige Erfahrungen oder umfassende theoretische Kenntnisse erfordern”. Der Begriff der vielseitigen Fachkenntnisse wurde gerade nicht verwandt. Mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts könnte also – wenn überhaupt – allenfalls die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der gründlichen Fachkenntnisse bejaht werden. Daß die Sachbearbeiterin S. die Voraussetzungen mindestens der Gehaltsgruppe V MTV n.F. erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Für die Streitfrage der Erfüllung der Voraussetzungen für die Eingruppierung in Gehaltsgruppe VI – qualifizierte Sachbearbeitung – in der Ausprägung einer gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraussetzenden Qualifikation kann die Frage der gründlichen oder vielseitigen Fachkenntnisse aber nicht offenbleiben, vielmehr müssen beide kumulativ vorliegen. Sollte das Landesarbeitsgericht bei der erneuten Prüfung also zur Bejahung gründlicher Fachkenntnisse kommen, wäre auch die Frage der vielseitigen Fachkenntnisse erneut zu prüfen.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Gnade, Dr. Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083481

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