Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafter Betriebsratsbeschluß über die Bestellung eines Einigungsstellenbeisitzers

 

Leitsatz (redaktionell)

Mitglieder der Einigungsstelle nach § 76 BetrVG haben nur dann einen Vergütungsanspruch aus § 76a Abs 3 BetrVG, wenn sie rechtswirksam bestellt worden sind. Bei einem vom Betriebsrat bestellten Beisitzer setzt dies einen wirksamen Betriebsratsbeschluß voraus.

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.05.1991; Aktenzeichen 6 TaBV 14/91)

LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.05.1991; Aktenzeichen 6 TaBV 4/91)

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 23.01.1991; Aktenzeichen 6 BV 15/90 L)

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 06.11.1990; Aktenzeichen 5 BV 20/90 L)

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über Ansprüche der beiden Antragsteller als Beisitzer einer bei der beteiligten Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle.

Die Antragsteller waren als Beisitzer einer Einigungsstelle tätig, die sich auf Antrag der Arbeitgeberin mit der Frage "Sonderschichten im ersten Quartal 1990" befaßte. Die Arbeitgeberin hatte am 30. November 1989 die Bildung einer Einigungsstelle mit jeweils zwei Beisitzern unter dem Vorsitz des Rechtsanwalts Dr. K vorgeschlagen. Aufgrund der daraufhin für den 1. Dezember 1989 einberufenen Betriebsratssitzung erklärte sich der Betriebsrat mit dem vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden einverstanden, bestand jedoch auf einer Besetzung mit jeweils drei Beisitzern für jede Seite. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1989 nahm Dr. K den Vorsitz der Einigungsstelle an und lud die von der Arbeitgeberin und vom Betriebsrat jeweils benannten drei Beisitzer, darunter den Antragsteller zu 2), zur ersten Sitzung der Einigungsstelle am 18. Dezember 1989 ein. Dieser Termin wurde wegen einer Erkrankung des Einigungsstellenvorsitzenden auf den 10. Januar 1990 verlegt. Der ursprünglich vom Betriebsrat benannte Beisitzer H war an der Wahrnehmung dieses Termins verhindert. In der Betriebsratssitzung vom 3. Januar 1990 wurde deshalb anstelle des Herrn H der Antragsteller zu 1) als Beisitzer benannt. Mit Schreiben vom 9. Januar 1990 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsratsvorsitzenden mit, daß sie die Benennung von zwei betriebsfremden Beisitzern nicht für erforderlich erachte. Sie sei deshalb lediglich bereit, die Kosten für einen betriebsfremden Beisitzer nach Maßgabe von § 76 a BetrVG zu übernehmen. Der Betriebsratsvorsitzende kündigte daraufhin telefonisch an, die Betriebsratsbeisitzer würden deswegen nicht an der Einigungsstelle teilnehmen. Die Arbeitgeberin reagierte hierauf mit einem Schreiben an den Betriebsratsvorsitzenden vom 10. Januar 1990, in dem sie ausführt, eine Ablehnung der Beisitzer sei nicht beabsichtigt, da die Benennung ausschließlich Sache des Betriebsrates sei. Der Brief enthalte vielmehr den Hinweis, inwieweit die Kosten getragen würden.

Die Einigungsstelle tagte am 10. Januar 1990 und am 23. Januar 1990. Es konnte eine einvernehmliche Regelung erzielt werden. Mit Schreiben vom 21. Februar 1990 stellte der Einigungsstellenvorsitzende für seine Tätigkeit der Arbeitgeberin 13.706,45 DM, darunter ein Honorar von 11.931,40 DM, in Rechnung. Die Arbeitgeberin beglich die Rechnung.

Mit Schreiben vom 28. März 1990 stellte der Antragsteller zu 1) der Arbeitgeberin für seine Mitwirkung in der Einigungsstelle einen Betrag von 70 % des Vorsitzendenhonorars, mithin 8.351,98 DM, in Rechnung. Der Antragsteller zu 2) berechnete der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 6. März 1990 einen Betrag von 9.659,20 DM, und zwar ebenfalls 8.351,98 DM als Honorar sowie 81,00 DM als Fahrtkostenersatz und 40,00 DM als Auslagenpauschale, jeweils zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer.

Mit Schreiben vom 2. April 1990 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, die Rechnungen der beiden außerbetrieblichen Beisitzer seien eingegangen. Da sie lediglich die Kosten für einen betriebsfremden Beisitzer übernehme, wisse sie nicht, an wen sie zahlen solle und behalte sich daher vor, den Betrag beim zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen. Mit weiterem Schreiben vom 15. Juni 1990 forderte die Arbeitgeberin den Betriebsrat auf, bis spätestens 26. Juni 1990 mitzuteilen, welcher der beiden außerbetrieblichen Beisitzer eine Vergütung erhalten solle.

Die Antragsteller haben ihre gegen die Arbeitgeberin erhobenen Forderungen in getrennten Beschlußverfahren geltend gemacht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Betriebsrat habe in seinen Sitzungen vom 1. Dezember 1989 und 3. Januar 1990 rechtswirksame Beschlüsse über die Bestellung der außerbetrieblichen Beisitzer gefaßt. Der Betriebsratsvorsitzende habe nach dem Vorschlag der Arbeitgeberin, die Frage der Sonderschichten in einer Einigungsstelle zu regeln, sofort mündlich die Mitglieder des Betriebsrats zu einer Sitzung zum Tagesordnungspunkt "Einigungsstelle wegen Sonderschichten" am 1. Dezember 1989 eingeladen. Aufgrund urlaubs-, krankheits- und schichtbedingter Abwesenheit habe er nicht alle Betriebsratsmitglieder erreicht und auch von einer Einladung von Ersatzmitgliedern wegen der Eiligkeit der Sache abgesehen. Am 1. Dezember 1989 seien insgesamt neun von 15 Betriebsratsmitgliedern zur Sitzung erschienen. Acht Betriebsratsmitglieder hätten sich in die Anwesenheitsliste eingetragen. In dieser Betriebsratssitzung sei über den Antrag der Arbeitgeberin auf Durchführung von zwölf Sonderschichten und darüber gesprochen worden, daß die Angelegenheit in einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Rechtsanwalts Dr. K geregelt werden solle. Als Beisitzer des Betriebsrats sollten der Betriebsratsvorsitzende O , der IG Metall-Sekretär H und der Antragsteller zu 2) tätig sein. In diesem Zusammenhang sei beschlossen worden, daß die außerbetrieblichen Beisitzer als Honorar mindestens 7/10 des Vorsitzendenhonorars und Auslagenersatz zuzüglich Mehrwertsteuer erhalten sollten. Letzteres sei im Protokoll nicht schriftlich festgehalten worden. In der Sitzung vom 3. Januar 1990 habe der Betriebsrat beschlossen, daß anstelle von Herrn H der Antragsteller zu 1) zu gleichen Bedingungen als außerbetrieblicher Beisitzer in der Einigungsstelle tätig werden solle. Zu dieser Sitzung sei unter Benennung des Tagesordnungspunktes "5. Beisitzer Einigungsstelle" am 2. Januar 1990 schriftlich eingeladen worden. Von den 15 eingeladenen ordentlichen Mitgliedern des Betriebsrates hätten zehn an dieser Sitzung teilgenommen.

Die Arbeitgeberin habe am 9. Januar 1990, einen Tag vor der ersten Sitzung der Einigungsstelle und vier Wochen nach Kenntnis von zwei außerbetrieblichen Beisitzern, dem Betriebsrat erstmals mitgeteilt, sie sei nicht bereit, die Kosten für zwei außerbetriebliche Beisitzer zu tragen. Dem Betriebsrat sei es in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, eine erneute Betriebsratssitzung durchzuführen und mit anderen Beisitzern die Einigungsstellensitzung vorzubereiten. Die außerbetrieblichen Beisitzer des Betriebsrates hätten dessen Vertrauen gehabt, weil sie mit den betrieblichen Gegebenheiten aufgrund ihrer vorherigen Tätigkeit für den Betriebsrat vertraut gewesen seien. Selbst im Falle einer unwirksamen Bestellung der außerbetrieblichen Beisitzer würde deren Vergütungsanspruch nicht entfallen, denn es habe dem Willen des gesamten Betriebsratsgremiums entsprochen, daß der Betriebsrat durch die beiden außerbetrieblichen Beisitzer repräsentiert sein sollte. Dies ergebe sich auch daraus, daß der Betriebsrat zwischen den beiden Sitzungen der Einigungsstelle keine Entscheidung getroffen habe, die eine Änderung der zuvor getroffenen Beschlüsse beinhaltete. Die Arbeitgeberin habe sich zudem nach Benennung der jeweils drei Beisitzer auf die Einigungsstellensitzungen und die Beisitzer des Betriebsrates eingelassen. Die Bestellung von zwei außerbetrieblichen Beisitzern sei erforderlich gewesen, weil kein Mitglied des Betriebsrates sich zugetraut habe, ohne diese Beisitzer die Interessen der Belegschaft erfolgversprechend zu vertreten. In der Einigungsstellensitzung am 10. Januar 1990 sei die Arbeitgeberin im Hinblick auf ihr Schreiben vom 9. Januar 1990 aufgefordert worden, verbindlich zu erklären, daß sie die Kosten für beide außerbetrieblichen Beisitzer übernehmen werde. Eine dahingehende Erklärung sei nicht abgegeben worden.

Die Höhe des geltend gemachten Beisitzerhonorars sei angemessen. Die Arbeitgeberin habe das vom Vorsitzenden der Einigungsstelle geforderte Honorar als angemessen akzeptiert. Sie könne daher die Beisitzerhonorare in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars nicht als unangemessen bezeichnen.

Der Antragsteller zu 1) hat beantragt,

der beteiligten Arbeitgeberin aufzugeben, an den

Antragsteller 8.351,98 DM nebst 4 % Zinsen seit

dem 10. April 1990 zu zahlen.

Der Antragsteller zu 2) hat beantragt,

der beteiligten Arbeitgeberin aufzugeben, an den

Antragsteller 9.659,20 DM nebst 4 % Zinsen seit

dem 10. April 1990 zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat jeweils beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, den Antragstellern stehe ein Vergütungsanspruch nicht zu, weil die Beschlüsse des Betriebsrates vom 1. Dezember 1989 und vom 3. Januar 1990 über die Bestellung der Antragsteller zu Mitgliedern der Einigungsstelle unwirksam seien. Zu diesen Sitzungen sei fehlerhaft eingeladen worden, denn es seien weder alle im Betrieb anwesenden Betriebsratsmitglieder noch die anstelle von abwesenden Betriebsratsmitgliedern zu ladenden Ersatzmitglieder geladen worden. Auch sei bei der Ladung der Tagesordnungspunkt nicht genannt worden. In der Betriebsratssitzung vom 3. Januar 1990 sei über die Vergütung des zweiten betriebsfremden Arbeitnehmerbeisitzers der Einigungsstelle nicht gesprochen worden. Auch ein Beschluß hierüber sei nicht gefaßt worden. In der Sitzung vom 1. Dezember 1989 seien zwar der Antragsteller zu 2) und Herr H zu Arbeitnehmerbeisitzern in der Einigungsstelle bestimmt worden, ein Beschluß über die Vergütung sei jedoch nicht gefaßt worden.

Die Arbeitgeberin sei überdies nur bereit, die Vergütung für einen der beiden betriebsfremden Arbeitnehmerbeisitzer der Einigungsstelle zu übernehmen. Nach § 76 a BetrVG habe sie nur die erforderlichen Kosten zu tragen. Gegenstand der Einigungsstelle sei nur die Durchführung der Sonderschichten gewesen. Rechtliche oder tarifliche Probleme hätten nicht bestanden. Da nur betriebliche Belange wie Produktionsrückstand, Zahl der Sonderschichten und der hierfür einzusetzenden Arbeitnehmer in der Einigungsstelle erörtert worden seien, seien zwei betriebsfremde Beisitzer auf Arbeitnehmerseite nicht erforderlich gewesen. Im übrigen sei, selbst wenn den Antragstellern ein Vergütungsanspruch dem Grunde nach zustünde, die Höhe der Vergütung nach den in § 76 a Abs. 3 Satz 2 BetrVG genannten Grundsätzen zu bestimmen. Mit dem Vorsitzenden der Einigungsstelle sei eine Honorarvereinbarung getroffen worden, daß dieser auf der Grundlage der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung seine Vergütung berechne. Zwar habe der Vorsitzende nach einem zu hohen Gegenstandswert abgerechnet, die Arbeitgeberin habe dies aber gebilligt. Für die Beisitzer sei die Höhe der Vergütung jedoch individuell zu ermitteln.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Antragstellers zu 1) stattgegeben. Dem Antragsteller zu 2) hat es 8.472,98 DM zugesprochen und den Antrag im übrigen (also hinsichtlich der geforderten Mehrwertsteuer) zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der Arbeitgeberin zurückgewiesen und jeweils die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgt die Arbeitgeberin ihr Begehren, die Anträge zurückzuweisen, weiter. Die Antragsteller beantragen jeweils, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Der Senat hat die Rechtsbeschwerdeverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

B. Die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin sind begründet. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vermögen seine Würdigung, den Antragstellern stünden die geltend gemachten Ansprüche auf der Grundlage des § 76 a Abs. 3 und 4 BetrVG zu, nicht zu tragen. Denn das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht für unerheblich gehalten, ob die Antragsteller jeweils durch wirksamen Betriebsratsbeschluß zu Beisitzern der Einigungsstelle bestellt wurden und dementsprechend hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend allein von § 76 a BetrVG als Anspruchsgrundlage für die Honorarforderungen der Antragsteller ausgegangen. Zwar hatte die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Honoraranspruch des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenbeisitzers aus dem besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleitet, das durch die Anrufung der Einigungsstelle entsteht (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 20. Februar 1991 - 7 ABR 6/90 - EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 56, zu II 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).

Durch die Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Anspruchsgrundlage in § 76 a Abs. 3 BetrVG ist diese Begründung entbehrlich geworden. Das Entstehen des Honoraranspruchs des vom Betriebsrat bestellten nicht betriebsangehörigen Einigungsstellenmitglieds hängt deshalb nicht mehr - wie nach der früheren Rechtslage (vgl. dazu BAG Beschluß vom 1. Dezember 1983 - 6 ABR 6/81 - AP Nr. 13 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe) davon ab, ob der Betriebsrat dem Beisitzer ein Honorar wenigstens dem Grunde nach zugesagt hat (BAG Beschluß vom 12. Februar 1992 - 7 ABR 20/91 -, zu B II 1 der Gründe, zur Veröffentlichung bestimmt).

II. Der Senat kann sich jedoch nicht der Würdigung des Landesarbeitsgerichts anschließen, die geltend gemachten Honoraransprüche seien dem Grunde nach nicht davon abhängig, ob die Antragsteller durch wirksame Betriebsratsbeschlüsse zu Beisitzern der Einigungsstelle bestellt worden seien.

1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, nach § 76 a BetrVG komme es lediglich darauf an, daß die Antragsteller als Beisitzer einer Einigungsstelle tätig geworden seien. Auf etwaige Mängel im Zustandekommen dieser Einigungsstelle könne sich die beteiligte Arbeitgeberin nicht berufen. Wie sich aus ihrem Schreiben vom 10. Januar 1990 ergebe, sei die Einigungsstelle mit ihrem Einverständnis und auf ihren Wunsch hin tätig geworden. Die Einigungsstelle habe ihre Aufgabe erfüllt, und die von ihr herbeigeführte Regelung sei durchgeführt worden. Unter diesen Umständen könne sich die Arbeitgeberin auf möglicherweise fehlerhafte Betriebsratsbeschlüsse im Zusammenhang mit der Bildung der Einigungsstelle nicht berufen. Dem stehe das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegen. Im übrigen erhalte der Einigungsstellenbeisitzer sein Amt durch die Annahme der Bestellung. Solange der äußere Eindruck einer ordnungsgemäßen Bestellung vorliege, könne nicht entscheidend sein, ob die Bestellung auf einer ordnungsgemäßen Willensbildung des Betriebsrates beruhe.

2. Dieser Würdigung folgt der Senat nicht. Der gesetzliche Vergütungsanspruch des § 76 a Abs. 3 BetrVG knüpft an die organschaftliche Stellung des Beisitzers der Einigungsstelle in diesem Organ der Betriebsverfassung an. Er setzt deshalb eine wirksame Berufung in dieses Amt voraus.

a) Die organschaftliche Stellung als Beisitzer einer Einigungsstelle auf Arbeitnehmerseite und die sich hieraus ergebenden betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten beruhen auf der Bestellung des Beisitzers durch den Betriebsrat gem. § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und der Annahme dieser Bestellung durch den Beisitzer. Der Betriebsrat bestellt seine Beisitzer durch Beschluß, der den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Betriebsratsbeschlusses genügen muß. Der gesetzlichen Regelung des § 76 a Abs. 3 BetrVG läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß die Rechtsstellung als Mitglied einer Einigungsstelle und der davon abhängige gesetzliche Vergütungsanspruch nicht die Wirksamkeit des Bestellungsaktes voraussetze. Knüpft das Gesetz an eine Rechtsposition eine bestimmte Rechtsfolge, so wird für das Eintreten dieser Rechtsfolge grundsätzlich vorausgesetzt, daß die Rechtsposition wirksam erlangt ist. Für eine Abweichung von diesem allgemeinen und insbesondere auch im Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatz gibt das Gesetz keinen Anhalt.

b) Eine wesentliche Voraussetzung für das ordnungsgemäße Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses ist die gem. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG erfolgte rechtzeitige ordnungsgemäße Ladung aller Betriebsratsmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung (vgl. im einzelnen BAGE 46, 258, 263 = AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG 1972, zu B II 1 a der Gründe, m.w.N.; BAGE 58, 221, 226 = AP Nr. 2 zu § 29 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe). Die Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift ist Voraussetzung für eine wirksame Beschlußfassung. Fehlt es an ihr, so entfällt schon deshalb ein Honoraranspruch aus § 76 a Abs. 3 BetrVG.

c) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts genügt es daher nicht, daß die Antragsteller als Beisitzer einer Einigungsstelle tätig geworden sind. Eine dahingehende Auslegung der gesetzlichen Vergütungsregelung kann auch nicht unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes gerechtfertigt werden. In Betracht käme ohnehin nur ein vom Arbeitgeber selbst gesetzter Vertrauenstatbestand, nicht aber der Bestellungsakt des Betriebsrats. Die Zurechnung eines vom Betriebsrat gegenüber Dritten gesetzten Vertrauenstatbestandes an den Arbeitgeber ist nicht möglich, da der Betriebsrat kein Organ des Arbeitgebers, sondern Repräsentant der Belegschaft ist. Dem Arbeitgeber kann grundsätzlich das Risiko für Handlungen des Betriebsrates gegenüber Dritten auch deshalb nicht aufgebürdet werden, weil der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahrnimmt. Der Arbeitgeber kann und darf sich in die Amtsführung des Betriebsrates nicht einmischen (vgl. BAGE 27, 209, 214 = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe). Der Arbeitgeber ist nicht befugt, den Betriebsrat dazu anzuhalten, die Bestellung der von ihm zu benennenden Beisitzer aufgrund einer ordnungsgemäßen Beschlußfassung vorzunehmen.

d) Vom Erfordernis eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses kann im Entscheidungsfalle auch nicht mit der vom Landesarbeitsgericht angestellten Erwägung abgesehen werden, der Arbeitgeber verstieße gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB), wenn er sich, nachdem die Einigungsstelle mit seinem Einverständnis tätig geworden sei, auf etwaige Mängel im Zustandekommen dieser Einigungsstelle berufe. Das Landesarbeitsgericht hat nicht einmal festgestellt, daß der beteiligten Arbeitgeberin die von ihr dargelegten Mängel der Bestellung der Einigungsstellenbeisitzer bekannt gewesen seien. Schon deshalb ist es der Arbeitgeberin nicht gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf diese Mängel zu berufen.

III. Im erneuten Beschwerdeverfahren, in dem neuer Sachvortrag wieder uneingeschränkt zulässig ist, wird das Landesarbeitsgericht daher festzustellen haben, ob die Antragsteller durch rechtswirksame Betriebsratsbeschlüsse zu Beisitzern der Einigungsstelle bestellt wurden. Soweit sich danach die Ansprüche der Antragsteller als dem Grunde nach berechtigt erweisen sollten, wird das Landesarbeitsgericht auch erneut über die Höhe dieser Ansprüche zu entscheiden und dabei die vom erkennenden Senat im Beschluß vom 12. Februar 1992 (- 7 ABR 20/91 -, zur Veröffentlichung bestimmt) dargestellten Grundsätze zu berücksichtigen haben. Von näheren Hinweisen für die Anwendung dieser Grundsätze auf den Entscheidungsfall sieht der Senat wegen der Ungewissheit, ob es auf sie ankommen wird, ab.

Dr. Steckhan Schliemann Kremhelmer

Dr. Gerschermann Lappe

 

Fundstellen

BB 1993, 1433

BB 1993, 1433-1434 (LT1)

DB 1993, 1196 (LT1)

BetrVG, (2) (LT1)

NZA 1993, 710

NZA 1993, 710-711 (LT1)

AP § 76a BetrVG 1972 (LT1), Nr 3

EzA § 76a BetrVG 1972, Nr 7 (LT1)

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