Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträglicher Wegfall des Rechtsschutzinteresses

 

Orientierungssatz

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlt im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren das Rechtsschutzinteresse, wenn ein konkreter Vorgang, der zum Verfahren geführt hat, in der Vergangenheit liegt, zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung aber bereits abgeschlossen ist.

 

Normenkette

ZPO § 256; ArbGG § 92; BetrVG § 5 Abs. 1, § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 13.12.1985; Aktenzeichen 9 TaBV 6/84)

ArbG Hannover (Entscheidung vom 02.08.1984; Aktenzeichen 8 BV 3/84)

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat die Wirksamkeit der am 30. Mai 1984 durchgeführten Betriebsratswahl angefochten, weil an der Wahl auch Auszubildende teilgenommen haben, die nach den Richtlinien des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft für die Förderung von benachteiligten Jugendlichen vom 12. Dezember 1980 einen Berufsausbildungsvertrag vom Antragsteller erhalten haben, jedoch von ihm nicht als wahlberechtigte Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 BetrVG angesehen werden.

Der Antragsteller hat daher beantragt,

die am 30. Mai 1984 durchgeführte Betriebsrats-

wahl in der Betriebsstätte L

, für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben dem Antrag stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Abweisungsbegehren weiter. Der Antragsteller bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen, weil der Antrag, die Betriebsratswahl vom 30. Mai 1984 für unwirksam zu erklären, wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden ist.

Im Beschlußverfahren ist auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen, ob für die begehrte Entscheidung das Rechtsschutzinteresse fortbesteht, weil Gerichte nicht für Entscheidungen in Anspruch genommen werden sollen, die nach ihrem Ausspruch für die Beteiligten ohne rechtliche Auswirkungen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 29. Juli 1982 - 6 ABR 51/79 - BAGE 39, 259 = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979 und vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 11 zu § 83 ArbGG 1979 m.w.N.) fehlt daher im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren das Rechtsschutzinteresse, wenn ein konkreter Vorgang, der zum Verfahren geführt hat, in der Vergangenheit liegt, zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung aber bereits abgeschlossen ist. Der Antrag, mit dem aufgrund der Anfechtung des Antragstellers die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl des Jahres 1984 begehrt wird, ist auf einen bestimmten, durch die Betriebsratswahl des Jahres 1987 abgeschlossenen Vorgang gerichtet und deshalb unzulässig. Anhaltspunkte, die für eine Nichtigkeit der Betriebsratswahl sprechen, sind nicht ersichtlich.

Der Antragsteller kann auch nicht geltend machen, die mit dem Beschlußverfahren beanstandete Wahlberechtigung der Auszubildenden nach dem Benachteiligten-Programm werde sich bei zukünftigen Betriebsratswahlen wiederholen. Denn die Klärung dieser Rechtsfrage setzt einen vom erledigten, konkreten Anlaßfall losgelösten Antrag voraus (vgl. BAG, aa0). Ein solcher Antrag liegt hier aber nicht vor. Eine Umdeutung des gestellten Antrags in einen die allgemeine Streitfrage betreffenden Antrag ist wegen der unterschiedlichen Verfahrensgegenstände ebenso unmöglich, wie das erstmalige Stellen dieses Antrags in der Rechtsbeschwerdeinstanz (vgl. BAG, aa0).

Dr. Röhsler Dr. Jobs Dörner

Fürbeth Dr. Schönherr

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440521

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