Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Geschäftsführer einer Vor-GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geschäftsführer einer Vor-GmbH gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als deren Arbeitnehmer.

 

Normenkette

ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3; GmbHG §§ 11, 6

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Beschluss vom 14.07.1995; Aktenzeichen 16 Ta 233/95)

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.03.1995; Aktenzeichen 6 Ca 7796/94)

 

Tenor

1. Die weitere sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Juli 1995 – 16 Ta 233/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert für das Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde wird auf 3.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger schloß mit der in Gründung befindlichen Beklagten am 18. Juni 1994 einen „Geschäftsführer-Dienstvertrag”, durch den seine Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten vorgesehen wurde. Durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 21. Juli 1994 wurde die Beklagte errichtet. Hierin wurden der Kläger und Herr W. G. zu Geschäftsführern der Beklagten bestellt. Beide Geschäftsführer meldete die Beklagte zur Eintragung in das Handelsregister an. Am 6. September 1994 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung statt; sie berief den Kläger als (zweiten) Geschäftsführer der Beklagten mit sofortiger Wirkung ab. Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 13. September 1994 fristlos. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte noch nicht im Handelsregister eingetragen.

Mit seiner am 27. September 1994 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage setzt sich der Kläger gegen diese fristlose Kündigung zur Wehr. Er hält sie für unbegründet und meint, sein Anstellungsverhältnis könne nur durch ordentliche Kündigung unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von 12 Monaten zum 30. September 1995 beendet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse ihm die Beklagte auch das Dienstfahrzeug weiterhin zur privaten Nutzung zur Verfügung stellen. Schließlich habe ihm die Beklagte Telefongebühren zu erstatten.

Für die Klage sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Er sei Arbeitnehmer; seine Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten, die damals noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei, sei nur formal erfolgt. Im Innenverhältnis habe er weder die Kompetenzen eines Geschäftsführers gehabt noch hätten ihm entsprechende Bezüge zugestanden.

Der Kläger hat folgende Anträge angekündigt:

  1. festzustellen, daß das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die angeblich am 6. September 1994 erklärte mündliche Kündigung noch durch die schriftliche Kündigung vom 13. September 1994 mit sofortiger Wirkung beendet wurde, sondern mindestens bis zum 30. September 1995 fortbesteht;
  2. festzustellen, daß der Kläger berechtigt ist, das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug Marke BMW 318 i bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu benutzen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.527,17 DM mit 4 % Zinsen hierauf seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagte hat gegen den Kläger Widerklage auf Zahlung von 22.489,78 DM nebst 8,5 % Zinsen sowie auf Herausgabe der 15 Generalschlüssel für das von ihr betriebene Hotel und eines Personenkraftwagens BMW 325 i erhoben. Sie meint, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei unzulässig. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelte der Kläger nicht als Arbeitnehmer, denn er sei zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluß blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig zu erklären.

 

Entscheidungsgründe

II. Die weitere sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zutreffend als nicht gegeben erachtet. Die Voraussetzungen des § 2 ArbGG liegen nicht vor. Der Kläger ist zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden und gilt deshalb nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.

1. Bei der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft war diese zwar gegründet, aber noch nicht in das Handelsregister eingetragen. Sie hat deshalb „als solche” nach § 11 Abs. 1 GmbHG nicht bestanden. Dies steht indessen der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht entgegen. Als einer der durch den Gesellschaftsvertrag bestellten Geschäftsführer der in Gründung befindlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung war der Kläger Mitglied des Vertretungsorgans an einer Personengesamtheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Eine Vor-GmbH ist eine Personenvereinigung eigener Art, die bis auf die noch fehlende Rechtsfähigkeit der (künftigen) Gesellschaft mit beschränkter Haftung entspricht; für sie gelten außer den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags alle für die GmbH geltenden Normen, soweit sie nicht gerade die Rechtsfähigkeit der juristischen Person voraussetzen oder mit dem Gründungsstadium nicht vereinbar sind (vgl. statt vieler: BGHZ 80, 129, 132).

§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist auf die Vor-GmbH anzuwenden. Wird jemand entsprechend dem Gesellschaftsvertrag nach § 6 GmbHG zum Geschäftsführer der Vor-GmbH bestellt, so vertritt er diese kraft Gesellschaftsvertrags (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 11 Rz 48 ff., Rz 60 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. 1996, § 11 Rz 17 ff.). Dieser Umstand genügt für die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Auf die Frage der persönlichen Haftung derer, die für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handeln, bevor diese in das Handelsregister eingetragen ist (§ 11 Abs. 2 GmbHG), kommt es insoweit nicht an.

2. Rechtlich unerheblich ist auch die Erwägung des Klägers, ihm sei im Innenverhältnis nur die Stellung eines Arbeitnehmers eingeräumt worden, und zwar sowohl hinsichtlich seines Aufgabenbereichs und seiner Vertretungsbefugnis als auch hinsichtlich seiner Bezüge. Weil der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden ist, mit der er seinen Dienstvertrag abgeschlossen hatte, gilt er kraft gesetzlicher Fiktion (§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG) nicht als deren Arbeitnehmer. Ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Kläger zuvor in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden hätte, kann dahinstehen.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Reinecke

 

Fundstellen

BB 1996, 1512

BB 1996, 1774

NJW 1996, 2678

JR 1997, 220

NZA 1996, 952

ZIP 1996, 1311

GmbHR 1996, 681

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