Entscheidungsstichwort (Thema)

Stationierungsstreitkräfte – deutsche Gerichtsbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland gem. Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut auf Antrag einer Truppe an einem von der Betriebsvertretung eingeleiteten Verfahren über den Umfang des Mitbestimmungsrechts bei Einstellung von Arbeitnehmern, ist für dieses Verfahren die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben(insoweit Aufgabe von BAG 23. Juli 1981 – 6 ABR 74/78 – BAGE 35, 370 und 12. Februar 1985 – 1 ABR 3/83 – BAGE 48, 81).

 

Normenkette

Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9, Art. 56 und Abs. 9 Unterzeichnungsprotokoll hierzu; ArbGG § 83; BPersVG § 83

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Zwischenurteil vom 26.10.1999; Aktenzeichen 5 TaBV 24/99)

ArbG Kaiserslautern (Zwischenurteil vom 27.05.1999; Aktenzeichen 2 BV 632/99)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Bundesrepublik Deutschland gegen den Zwischenbeschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Oktober 1999 – 5 TaBV 24/99 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über Mitwirkungsrechte bei der Einstellung von Arbeitnehmern.

Die Antragstellerin ist die Betriebsvertretung einer Dienststelle der US-Stationierungsstreitkräfte. Grundlage für ihre Bildung ist das Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen – NATO-Truppenstatut (BGBl. 1961 II S 1183/1190; im folgenden NTS) nebst dem Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S 1183, 1218, zuletzt geändert durch Abkommen vom 18. März 1993 – BGBl. II S 2594, 2598; im folgenden ZA-NTS) und dem Unterzeichnungsprotokoll zum Zusatzabkommen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S 1313, zuletzt geändert 16. Mai 1994 – BGBl. II S 3710; im folgenden UP). Den genannten Vereinbarungen hat der Deutsche Bundestag durch Gesetz vom 18. August 1961 zugestimmt (BGBl. II S 1183, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. September 1994 – BGBl. II S 2594).

Bei dieser Dienststelle war im Februar 1999 die Stelle eines „Accounting Clerk (Food Plants)/KontoristIn” – befristet auf sechs Monate – ausgeschrieben. Die Dienststellenleitung teilte der Betriebsvertretung mit, daß der Arbeitnehmer M eingestellt werde. Im März 1999 schrieb die Dienststelle die gleiche Position unbefristet aus. Mit Schreiben vom 30. März 1999 bat die Dienststelle die Betriebsvertretung um Zustimmung zur Übernahme des Arbeitnehmers M auf die unbefristete Stelle. Unter dem 8. April 1999 nahm sie „die Eingabe vom 30. März 1999 bezüglich der Neueinstellung auf die permanente Stelle Accounting Clerk … zurück”. Mit Schreiben vom darauffolgenden Tag begründete sie dies gegenüber der Betriebsvertretung damit, M sei Mitglied des zivilen Gefolges und werde nach der US-Payroll in Dollar bezahlt, so daß eine Beteiligung der Betriebsvertretung nicht erforderlich sei. Bei Herrn M handelt es sich um einen US-amerikanischen Staatsbürger. Er war bis 1995 Soldat bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften in Deutschland, ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und lebt seit Jahren in der Nähe von G. Im Rahmen einer vorherigen Einstellung bei einer US-Dienststelle in Kaiserslautern hat er am 13. September 1997 den Eid nach amerikanischem Dienstrecht geleistet. Auch seine Ehefrau ist bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigt.

Die Betriebsvertretung hat bezogen zunächst auf die befristete Einstellung und nunmehr auf die dauerhafte Übernahme ein Mitwirkungsrecht geltend gemacht. Sie meint, M sei nicht Mitglied des zivilen Gefolges. Eine eventuelle anderweitige Bestimmung durch die US-Streitkräfte sei jedenfalls nach Treu und Glauben unbeachtlich.

Die Betriebsvertretung hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Einstellung des Arbeitnehmers Eugene M ihrer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung bedarf,
  2. festzustellen, daß die unbefristete Übertragung der (LN-) Position „Accounting Clerk Vergütungsgruppe C-4a” auf den Arbeitnehmer M ihrer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung bedarf,
  3. der Bundesrepublik zu untersagen, den Arbeitnehmer Eugene M bis zum Abschluß der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren (Antrag zu 1 und Antrag zu 2) tatsächlich zu beschäftigen,
  4. festzustellen, daß ihr ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsrecht zusteht, wenn auf eine stellenplanmäßig für zivile Arbeitnehmer vorgesehene Position (LN-Position) ein nicht zum zivilen Gefolge der US-Stationierungsstreitkräfte gehörender US-Staatsbürger eingestellt wird.

Die von den Vorinstanzen für die US-Dienststelle beteiligte Bundesrepublik hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat angenommen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Dementsprechend hat es die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat in einem Zwischenbeschluß festgestellt, daß „für das Antragsbegehren der Betriebsvertretung die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist”. Hiergegen wendet sich die Bundesrepublik Deutschland mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Betriebsvertretung beantragt deren Zurückweisung.

B. Die Rechtsbeschwerde war zurückzuweisen. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis darin zu folgen, daß die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist.

I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings den Zwischenbeschluß nach § 280 Abs. 2 ZPO erlassen, ohne zuvor nach § 280 Abs. 1 ZPO eine abgesonderte Verhandlung angeordnet zu haben. Es hat den Beteiligten lediglich im Anhörungstermin zu erkennen gegeben, daß die Kammer erwäge, das Verfahren zunächst auf die Frage zu beschränken, ob überhaupt die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist. Die Anordnung nach § 280 Abs. 1 ZPO hat jedoch durch Beschluß zu erfolgen(Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 280 Rn. 3; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 58. Aufl. § 280 Rn. 5).

Ein Zwischenurteil nach § 280 ZPO ist in Betreff der Rechtsmittel aber auch dann als Endurteil anzusehen, wenn das Gericht zuvor nicht die abgesonderte Verhandlung angeordnet hatte(BGH 17. Oktober 1956 – IV ZR 137/56 – NJW 1956, 1920; 10. März 1994 – III ZR 60/93 – NJW-RR 1994, 1214, 1215; zustimmend Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 280 Rn. 16; Zöller/Greger aaO § 280 Rn. 8; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 280 Rn. 6). Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 280 Abs. 1 ZPO dient lediglich der Prozeßökonomie. Es erscheint auch aus Gründen der Rechtsklarheit nicht angezeigt, die Rechtsmittelfähigkeit eines Zwischenurteils – oder im Beschlußverfahren eines Zwischenbeschlusses – von der Ermessensentscheidung des Gerichts abhängig zu machen, ob abgesondert verhandelt wird.

II. Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist allein die Frage, ob die am Verfahren Beteiligten bezogen auf das Antragsbegehren der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen sind. Nur hierüber hat das Landesarbeitsgericht entschieden, wie aus dem Beschlußtenor wie auch aus den Gründen folgt. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht etwa andere Prozeßvoraussetzungen konkludent geprüft. Eine Prozeßvoraussetzung, welche notwendig gegenüber der Frage der deutschen Gerichtsbarkeit vorrangig zu prüfen wäre, existiert nicht. Im Gegenteil wird vertreten, daß die Frage der Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit vor allen anderen Prozeßvoraussetzungen zu klären ist(vgl. Zöller/Gummer aaO vor §§ 18 bis 20 GVG Rn. 3). Notwendigerweise vom Landesarbeitsgericht geprüft und deshalb Inhalt der Entscheidung ist allerdings der Kreis der am Verfahren Beteiligten. Insoweit bedarf auch der Tenor des angefochtenen Beschlusses der Auslegung. Der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist danach nicht das Antragsbegehren, sondern sind die Verfahrensbeteiligten bezogen auf das Antragsbegehren.

III. Das Landesarbeitsgericht hat neben der Antragstellerin zutreffend nur die Bundesrepublik Deutschland am Verfahren beteiligt.

Die Frage, welche Vereinigungen und Stellen an einem Beschlußverfahren beteiligt sind, ist unabhängig von einer Rüge auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen. Dabei begründet allein der Umstand, daß das Landesarbeitsgericht eine Beteiligungsbefugnis angenommen hat, nicht die Stellung eines Beteiligten(vgl. nur BAG 13. März 1984 – 1 ABR 49/82 – AP ArbGG 1979 § 83 Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 83 Nr. 2). An einem Beschlußverfahren ist beteiligt, wer von der zu erwartenden Entscheidung in seiner mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen oder berührt wird(st. Rspr. des BAG, vgl. nur 13. März 1984 – 1 ABR 49/82 – aaO).

1. Die US-Dienststelle „AAFES Depot G” ist nicht beteiligt.

a) Allerdings ist die antragstellende Betriebsvertretung für diese Dienststelle gebildet. Nach Abs. 4(a) (i, ii) UP zu Art. I Abs. 1(a) NTS ist AAFES (zur Bezeichnung siehe Bekanntmachung des Bundesministers des Auswärtigen vom 27. Mai 1975, BGBl. II S 914) Bestandteil der amerikanischen Truppe im Sinne des NTS. Die Bildung der Betriebsvertretung hat ihre Grundlage in Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS, wonach für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe grundsätzlich die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung Anwendung finden. Damit gilt für die Betriebsvertretung grundsätzlich das Bundespersonalvertretungsgesetz(BAG 7. Juli 1999 – 7 ABR 4/98 – AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 19 = EzA BPersVG § 24 Nr. 1, zu B 1 a der Gründe). Das UP bestimmt, daß Dienststelle iSd. Bundespersonalvertretungsgesetzes die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe nach näherer Bestimmung durch die betroffene Truppe sind (Abs. 1 zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS).

Da die Betriebsvertretung ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsrecht gegenüber der Einheit, für welche sie gebildet ist, in Anspruch nimmt, wäre neben der Betriebsvertretung als Antragstellerin nach allgemeinen Grundsätzen die Einheit, dh. die Dienststelle „AAFES Depot G”, am Verfahren beteiligt. Das gilt insoweit unabhängig davon, ob das reklamierte Mitwirkungsrecht besteht. Ein Beschluß über das „Ob” eines mitbestimmungsrechtlichen Beteiligungsrechts berührt in jedem Fall die Rechtsstellung der Dienststelle, da er die Grenzen des Beteiligungsrechts festsetzt.

b) Abs. 9 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS bestimmt indessen, daß sich die Bundesrepublik Deutschland im Namen einer Truppe auf deren Antrag am Verfahren beteiligt. Es handelt sich insoweit um einen gesetzlich vorgesehenen Fall der gewillkürten Beteiligungsbefugnis: Das Zustimmungsgesetz vom 18. August 1961 schließt das UP mit ein, vgl. Teil I Art. 1 Abs. 2 A., und die Bundesrepublik wird nur auf Antrag des Entsendestaats tätig(vgl. insoweit auch Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 83 Rn. 22). Die amerikanischen Streitkräfte haben den entsprechenden Antrag allgemein gestellt (vgl. Rundschreiben des Bundesministers der Finanzen vom 29. Juni 1964).

Dies bedeutet nicht, daß der Dienststellenleiter und die Bundesrepublikzusammen als Beteiligte im Beschlußverfahren auftreten(aA Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs BPersVG 4. Aufl. Anh. VII D Rn. 31 iVm. B Rn. 29; zustimmend Pfeifer Die Mitbestimmung der Betriebsvertretungen der Zivilbeschäftigten im Spannungsfeld zwischen NATO und nationalem Recht S 123 f.). Vielmehr ist die Bundesrepublik Deutschland alleinige Beteiligte im Sinne einer Prozeßstandschafterin. Zwar ist der Wortlaut von Abs. 9 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS insoweit nicht eindeutig, als sich danach die Bundesrepublik Deutschland „im Namen” einer Truppe oder eines zivilen Gefolges auf deren Antrag am Verfahren beteiligt; dies könnte auch im Sinne einer gesetzlich geregelten bloßen Vertretungsbefugnis verstanden werden. Der systematische Zusammenhang mit Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS(vgl. dazu BAG 20. November 1984 – 7 AZR 499/83 – AP ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Nr. 6, zu II 2 der Gründe) spricht aber für die Annahme einer alleinigen Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland im Sinne einer Prozeßstandschaft(siehe dazu schon Reichel BArbBl. 1961, 711, 716, 719; so wohl auch Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 83 Rn. 22, aA aber aaO § 1 Rn. 20). Auch Art. 25 des Zustimmungsgesetzes zum NTS geht davon aus, daß die Bundesrepublikanstelle eines Entsendestaates beteiligt ist (vgl. auch die Begründung zum Gesetzentwurf: „Die Bundesrepublik ist in allen diesen Fällen Prozeßstandschafterin für die Entsendestaaten”, BT-Drucks. 3/2146 S 16). Dementsprechend ist auch in der bisherigen Rechtsprechung die Bundesrepublik idR als Beteiligte für die entsprechende Dienststelle genannt(vgl. etwa Senat 12. Februar 1985 – 1 ABR 3/83 – BAGE 48, 81; BAG 23. Juli 1981 – 6 ABR 74/78 – BAGE 35, 370). Hiervon abzuweichen, besteht kein Grund.

c) Die Möglichkeit der Übertragung der Beteiligungsbefugnis besteht gem. Abs. 9 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS allerdings nur für Beschlußverfahren der „Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge”. Die Dienststelle hat sich vorgerichtlich und die Bundesrepublik im laufenden Verfahren darauf berufen, der Arbeitnehmer M sei Mitglied des zivilen Gefolges und damit nicht zivile Arbeitskraft iSd. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS. Die Betriebsvertretung hingegen vertritt die Auffassung, M gehöre nicht zum zivilen Gefolge, sondern sei örtliche zivile Arbeitskraft.

Dies steht der Beteiligung der Bundesrepublik jedoch nicht entgegen. Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS sieht für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte die Anwendung des BPersVG vor. Dabei wird – insoweit in Entsprechung zu Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS – die Betriebsvertretung nur für die zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe, nicht jedoch für das die Truppe begleitende Zivilpersonal gebildet. Hierüber herrscht im Grundsatz unter den Beteiligten kein Streit. Streitig ist hingegen, in welche Gruppe der Arbeitnehmer M einzuordnen ist. Die Sachlage ist insoweit mit dem Fall vergleichbar, daß ein Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der „Einstellung” eines freien Mitarbeiters geltend macht, von welchem der Arbeitgeber hingegen annimmt, er werde nicht in den Betrieb eingegliedert. Zur Klärung dieser Frage ist der Betriebsrat fraglos zuständig und damit antrags- bzw. beteiligungsbefugt in einem entsprechenden Beschlußverfahren. Ob tatsächlich eine Einstellung iSd. § 99 BetrVG vorliegt, ist ausschließlich eine Frage der Begründetheit. Entsprechendes gilt für das hier anwendbare BPersVG. Nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG entscheiden die Verwaltungsgerichte auch über die Zuständigkeit der Personalvertretungen. Hierzu gehören alle Aufgaben und Befugnisse, insbesondere die Beteiligungsrechte. Eine Frage der Zuständigkeit ist deshalb auch der Streit über das Bestehen eines Beteiligungsrechts des Personalrats(Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs aaO § 83 Rn. 11). Insbesondere der Antrag zu 4) zeigt deutlich, daß das vorliegende Beschlußverfahren auf einem Streit über die Grenzen des Beteiligungsrechts beruht. Im übrigen nimmt er zum zivilen Gefolge gehörende Mitarbeiter ausdrücklich aus.

Das ZA-NTS begrenzt die Mitwirkungsrechte einer Betriebsvertretung bei den Streitkräften demgegenüber nicht. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck ergeben eine Beschränkung etwa der Art, daß Beteiligungsrechte nur bezüglich des „Wie” bei „unstreitiger” Mitwirkung, nicht jedoch bezogen auf das „Ob” bestehen sollen. Das greift auch Abs. 9 UP zu Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS mit der Wendung auf „soweit das Gesetz gerichtliche Entscheidungen vorsieht”. Unabhängig davon, ob die Betriebsvertretung bezogen auf die Einstellung des Arbeitnehmers M mitzuwirken hat, handelt es sich vorliegend um ein Beschlußverfahren, welches eine für die zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe gebildete Betriebsvertretung eingeleitet hat.

2. Nicht beteiligt ist der Arbeitnehmer M, da er nicht in einer mitbestimmungsrechtlichen Position betroffen wird. Insoweit gilt auf Grund der Verweisung auf das Arbeitsgerichtsgesetz in § 83 Abs. 2 BPersVG nichts anderes als zu § 99 BetrVG(zum BPersVG vgl. BVerwG 15. Dezember 1978 – 6 P 13.78 – PersV 1980, 145; zu § 99 BetrVG vgl. nur BAG 27. Mai 1982 – 6 ABR 105/79 – BAGE 39, 102).

IV. Die danach beteiligten Stellen unterliegen der deutschen Gerichtsbarkeit.

1. Für die Prüfung der deutschen Gerichtsbarkeit ist nicht maßgeblich, ob „ein Verfahren” dieser unterliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beteiligten der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen sind oder ob sie Immunität genießen(MünchKomm-ZPO-Wolf Vor §§ 18 bis 20 GVG Rn. 3; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozeßrecht 15. Aufl. § 19 II 1 a). Ein Grund, weshalb die Bundesrepublik gegenüber den deutschen Gerichten Immunität genießen soll, ist nicht ersichtlich(vgl. auch BAG 20. November 1984 – 7 AZR 499/83 – AP ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Nr. 6, zu II 2 der Gründe).

Insbesondere ist unerheblich, daß sie als Prozeßstandschafterin für die US-Dienststelle am Verfahren beteiligt ist. Für die Prozeßstandschaft ist allgemein anerkannt, daß bezogen auf die prozessualen Vorschriften, welche an den Parteistatus anknüpfen, grundsätzlich ausschließlich der Prozeßstandschafter als Partei anzusehen ist. Die gewillkürte Prozeßstandschaft führt zu einer Verschiebung der Parteirollen(BGH 24. Oktober 1985 – VII ZR 337/84 – BGHZ 96, 151, 153; MünchKomm-ZPO-Lindacher Vor § 50 Rn. 65; Wieczorek/Schütze-Hausmann ZPO 3. Aufl. Vor § 50 Rn. 91). Gründe für eine Ausnahme von der genannten Regel sind nicht ersichtlich. Ein Mißbrauch kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber mit dem Zustimmungsgesetz zum NTS der gewillkürten Übertragung der Beteiligungsbefugnis zugestimmt hat (s. auch Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 3/2146 S 16). Jedenfalls bezogen auf die Frage der deutschen Gerichtsbarkeit wirkt sich die Verschiebung der Beteiligtenrolle zudem für die übrigen Beteiligten ausschließlich positiv aus. Diese Verschiebung war für die Vertragsparteien des ZA-NTS sowie des UP zudem auf Grund des bestehenden zivilprozessualen Grundsatzes erkennbar, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie auch gewollt war(vgl. auch Reichel BArbBl. 1961, 711, 716, 719).

2. Allerdings hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 23. Juli 1981(– 6 ABR 74/78 – BAGE 35, 370; offengelassen 14. April 1988 – 6 ABR 28/86 – nv.) angenommen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben, wenn eine Betriebsvertretung eine mitbestimmungsrechtliche Beteiligung für ein Dienstverhältnis geltend mache, welches nicht Art. 56 ZA-NTS und damit nicht dem deutschen Personalvertretungsrecht unterfalle. In dem zugrunde liegenden Verfahren gehörte die Arbeitnehmerin, an deren Einstellung die Betriebsvertretung beteiligt werden wollte, unstreitig zum zivilen Gefolge iSd. Art. I Abs. 1 (b) NTS. Der Sechste Senat hat angenommen, da für das zivile Gefolge Mitwirkungsbefugnisse der Betriebsvertretung nicht bestünden, sei dem NTS und den Zusatzregelungen insoweit keine Unterwerfung des Entsendestaats unter die deutsche Gerichtsbarkeit zu entnehmen.

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 12. Februar 1985(– 1 ABR 3/83 – BAGE 48, 81, 85 ff. = AP Nato-Truppenstatut Art. I Nr. 1 mit Anmerkung Beitzke = AR-Blattei Stationierungsstreitkräfte Entscheidung 34 mit Anm. Beitzke) Bedenken geäußert, ob die deutsche Gerichtsbarkeit mit dieser Begründung verneint werden kann. Er hat sich jedoch seinerzeit der Rechtsprechung des Sechsten Senats im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit angeschlossen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Sechsten Senats nicht so zu verstehen ist, daß sie eine Aussage nur für den Fall trifft, daß die Betriebsvertretung ein Mitwirkungsrecht bei der Einstellung von Mitgliedern des zivilen Gefolges reklamiert(vgl. Beitzke Anm. zu AR-Blattei Stationierungsstreitkräfte Entscheidung 24). Für den Fall, daß dies anders zu sehen ist, hält der Senat aus den vorstehend dargelegten Gründen an dieser Rechtsprechung nicht fest. Einer Vorlage der Sache an den Großen Senat gem. § 45 Abs. 2 ArbGG bedarf es nicht. Die Zuständigkeit des Sechsten Senats beruhte auf der ihm damals zugewiesenen Auffangzuständigkeit für die nicht speziell einem Senat zugewiesenen Verfahren (vgl. B VI 2 b Geschäftsverteilungsplan BAG 1978). Nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Bundesarbeitsgerichts besitzt der Sechste Senat eine solche Zuständigkeit nicht mehr. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung der Geschäftsverteilung mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, nunmehr zuständig ist, § 45 Abs. 3 Satz 2 ArbGG. Dies ist aber der erkennende Senat (B 1.1 Geschäftsverteilungsplan BAG 2000).

 

Unterschriften

Wißmann, Hauck, Rost, Buschmann, Federlin

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 07.11.2000 durch Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 599782

BAGE, 200

BB 2001, 1156

BB 2001, 1416

FA 2001, 213

NZA 2001, 1211

ZTR 2001, 478

AP, 0

PersR 2001, 347

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