Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtung bei Einstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Beteiligung des Betriebsrats anläßlich einer Einstellung ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Betriebsrat – abgesehen von der vorgesehenen Eingruppierung – die Höhe des mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Arbeitsentgelts mitzuteilen.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1, § 80

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Beschluss vom 21.06.1988; Aktenzeichen 4 TaBV 34/88)

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.11.1987; Aktenzeichen 12 BV 19/87)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 1988 – 4 TaBV 34/88 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten darum, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat (Antragsteller) bei der Einstellung von Arbeitnehmern das Anfangseinkommen der Arbeitnehmer mitzuteilen.

Der Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der Computerindustrie. Er unterhält mehr als 60 Geschäftsstellen in der Bundesrepublik Deutschland. Im Betrieb Frankfurt werden ca. 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

Für die Arbeitsverhältnisse der beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer gelten keine Tarifverträge. Die Bezüge der Arbeitnehmer werden überwiegend durch einseitige Regelungen der Abteilung für Personalwesen in der Unternehmenszentrale in P. in sogenannten Bandbreiten festgelegt, so daß Gehaltsspielräume für die jeweilige Tätigkeit bestehen. Es gibt jedoch auch Tätigkeitsbereiche, für die es keine Gehaltsbandbreiten gibt, so z.B. für den Verwaltungsbereich. Soweit Gehaltsbandbreiten bestehen, wird der Betriebsrat hierüber unterrichtet.

Der Betriebsrat ist der Ansicht, der Arbeitgeber müsse ihn bei der Einstellung von Arbeitnehmern auch über deren Anfangseinkommen unterrichten. Dies sei besonders deswegen erforderlich, weil die betroffenen Arbeitnehmer nicht tariflich einzugruppieren seien. Er müsse aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Gründen seine Zustimmung zur Einstellung im Hinblick auch auf die Gehaltshöhe verweigern können. Selbst wenn sich aus einer solchen Unterrichtung kein Zustimmungsverweigerungsrecht ergebe, begrenze dies nicht seinen Informationsanspruch.

Der Betriebsrat hat beantragt

festzustellen, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, ihm bei der Einstellung von Arbeitnehmern das Anfangsgehalt/Anfangseinkommen mitzuteilen;

hilfsweise,

den Arbeitgeber zu verpflichten, ihn bei der Einstellung von Arbeitnehmern über das Anfangsgehalt/Anfangseinkommen zu informieren.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er sei zur Unterrichtung über das Anfangseinkommen einzustellender Arbeitnehmer über die Mitteilung einer vorgesehenen Eingruppierung hinaus nicht verpflichtet.

Die Anträge sind in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge weiter, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I. Gegen die Anträge des Betriebsrats bestehen keine verfahrensrechtlichen Bedenken. Der Senat bejaht in ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse für Anträge, mit denen bestimmte Rechte oder Pflichten der Betriebspartner gegeneinander festgestellt werden, sofern das Beteiligungsrecht unter den Beteiligten bereits in der Vergangenheit streitig war und eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß es auch in künftigen Fällen wieder streitig werden wird (Beschluß vom 10. April 1984 – 1 ABR 73/82 – AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979). Ob dem Feststellungsinteresse des Betriebsrats im vorliegenden Falle nicht schon durch den nur als Hilfsantrag gestellten Leistungsantrag hätte Genüge getan werden können, bedarf keiner Entscheidung. Beide Anträge des Betriebsrats sind unbegründet.

II. Der Arbeitgeber ist nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht verpflichtet, anläßlich einer Einstellung den Betriebsrat auch über die effektive Höhe des mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Arbeitsentgelts zu unterrichten.

1. Der Senat hat diese Frage bereits in seiner – unveröffentlichten – Entscheidung vom 31. Januar 1989 (1 ABR 48/87) entschieden und ausgeführt:

Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Dagegen besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Betriebsrat über die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hinaus auch die Höhe des tatsächlichen Gehalts mitzuteilen.

Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. Der Arbeitgeber muß den Betriebsrat so unterrichten, daß dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht werden kann. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 18. Oktober 1988 (– 1 ABR 33/87 – zur Veröffentlichung vorgesehen) im einzelnen näher begründet und insbesondere ausgesprochen, der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, Angaben zum Inhalt des abgeschlossenen oder abzuschließenden Arbeitsvertrages – abgesehen von der vorgesehenen Eingruppierung – zu machen. Danach ist Gegenstand der Beteiligung des Betriebsrats bei einer Einstellung die Beschäftigung des einzustellenden Arbeitnehmers, seine Eingliederung in den Betrieb, nicht aber der Inhalt des Arbeitsvertrages. Dementsprechend kann einer Einstellung auch nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung mit der Begründung verweigert werden, einzelne Bestimmungen des Arbeitsvertrages würden gegen Gesetz, Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung verstoßen (vgl. zur Befristung des Arbeitsverhältnisses zuletzt BAGE 49, 180 = AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG 1972).

Mit dem einzustellenden Arbeitnehmer vereinbarte Vertragsbedingungen können im Hinblick auf die möglichen Zustimmungsverweigerungsgründe nur insoweit von Bedeutung sein, als sie den vorgesehenen Einsatz des Arbeitnehmers, seine Tätigkeit im Betrieb, betreffen. Nur aus dieser Tätigkeit können sich Nachteile für die im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmer ergeben, nicht aber aus möglicherweise ungewöhnlichen oder gar unzulässigen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, im vorliegenden Fall aus der Höhe des vereinbarten Gehalts. Auch der einzustellende Arbeitnehmer wird durch die Einstellung, d.h. durch die von ihm gewünschte Beschäftigung im Betrieb, nicht benachteiligt, auch wenn Vereinbarungen im Arbeitsvertrag gegen geltendes Recht verstoßen. In einem solchen Falle kann der Arbeitnehmer die dem geltenden Recht entsprechende Arbeitsbedingung nach seiner Einstellung einklagen. Der Betriebsrat hat im Rahmen von § 80 Abs. 1 BetrVG zwar darüber zu wachen, daß das zugunsten der Arbeitnehmer geltende Recht angewandt wird. Um diese Aufgabe wahrzunehmen hat er gegenüber dem Arbeitgeber nach § 80 Abs. 2 BetrVG auch einen Unterrichtungsanspruch. In dem Beschluß vom 18. Oktober 1988 (aaO) hat der Senat jedoch klargestellt, daß die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht im Hinblick auf jene allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 BetrVG zu bestimmen sind. Die Auffassung des Senats, daß der Arbeitgeber anläßlich einer Einstellung – von der Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung abgesehen – nicht verpflichtet ist, dem Betriebsrat auch Angaben zur Höhe der Vergütung zu machen, entspricht im Ergebnis auch der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 132; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 53; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 77; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 99 Rz 36; a.A. Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 99 Rz 46) und in der Rechtsprechung (ArbG Stuttgart, DB 1979, 2235; vgl. auch LAG Hamm, DB 1975, 360).

2. Mit der Rechtsbeschwerde hat der Betriebsrat keine neuen Gesichtspunkte dargetan, die es rechtfertigen, die in den Entscheidungen vom 18. Oktober 1988 und 31. Januar 1989 (aaO) begründete Rechtsauffassung aufzugeben. Das gilt auch für die Ausführungen von Plander in der Anm. zu der Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 1988 (AiB 1989, 221), auf die sich die Rechtsbeschwerde bezieht.

a) Der Betriebsrat macht insbesondere geltend, zu dem in Aussicht genommenen Arbeitsplatz, den der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG mitzuteilen habe, gehöre auch die Höhe der Vergütung. Bei richtiger Betrachtung sei die Vergütung eine „Bedingung, die den Arbeitsplatz qualifiziere”. Hinsichtlich des Begriffs des Arbeitsplatzes i.S. von § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG kann dem nicht zugestimmt werden. Arbeitsplatz i.S. dieser Bestimmung ist einmal der räumliche Ort, an dem die Arbeit geleistet wird, und zum anderen auch die Funktion, zu deren Erfüllung der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert werden soll (Beschluß des Senats vom 14. März 1989 – 1 ABR 80/87 –, zu B II 2 b der Gründe, m.w.N., zur Veröffentlichung vorgesehen). Dazu gehört aber bei Einstellungen nicht die Zuordnung zu einer einzelvertraglich bestimmten Gehaltshöhe und auch noch nicht einmal die Zuordnung zu einer bestimmten Lohn- oder Gehaltsgruppe. Nur bei der Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz gehört zur Beschreibung des in Aussicht genommenen Arbeitsplatzes auch dessen Zuordnung zu einer bestimmten Lohn- oder Gehaltsgruppe, da die Versetzung auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz für den zu versetzenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG einen Nachteil darstellen kann, der die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur geplanten Versetzung rechtfertigen kann. Demgegenüber wird der einzustellende Arbeitnehmer durch die Einstellung als solche auch dann nicht benachteiligt, wenn die anläßlich der Einstellung vorgenommene Eingruppierung zu seinen Ungunsten nicht tarifgerecht vorgesehen ist oder wenn eine Eingruppierung überhaupt unterblieben ist (vgl. Beschluß des Senats vom 20. Dezember 1988 – 1 ABR 68/87 –, zu B I 1 b der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) Plander (aaO, unter 2 b) meint, der Senat habe übersehen, daß Betriebsräte Einstellungen zwar nur aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen widersprechen könnten, daß sie den Arbeitgeber vor Einstellungen aber auch – unter Hinweis auf sonstige Erwägungen – beraten könnten. Jedenfalls um ihrer Beratungsaufgabe nachkommen zu können, bedürften Betriebsräte der Information über die entsprechenden Vertragsabreden.

Auch diese Überlegung vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Es ist richtig, daß nach der Rechtsprechung des Senats der Betriebsrat im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG die Möglichkeit hat, Anregungen zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen, die aus seiner Sicht für die Berücksichtigung eines anderen als des vom Arbeitgeber ausgewählten Stellenbewerbers sprechen (vgl. BAGE 35, 278, 283 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972, zu B I der Gründe; BAGE 50, 236, 239 = AP Nr. 29 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 2 der Gründe). Dieses Recht, Anregungen zu geben und Gesichtspunkte geltend zu machen, die aus seiner Sicht für die Berücksichtigung eines anderen als des vom Arbeitgeber ausgewählten Stellenbewerbers sprechen, kann der Betriebsrat in ausreichendem Umfang aber auch ausüben, wenn er nicht den Inhalt des abgeschlossenen oder abzuschließenden Arbeitsvertrages und damit auch nicht die Gehaltshöhe kennt. Gegenstand der Beteiligung des Betriebsrats bei einer Einstellung ist die Beschäftigung des einzustellenden Arbeitnehmers, seine Eingliederung in den Betrieb, nicht aber der Inhalt des Arbeitsvertrages.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats war daher zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Weller, Dr. Steckhan, Andersch, Rösch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI437050

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