Mit der schriftlichen Geltendmachung wird lediglich das Erlöschen des Anspruchs aufgrund einer Ausschlussklausel vermieden. Andere Rechtsinstitute, die die Geltendmachung des Anspruchs hindern können, bleiben davon unberührt. Ansprüche können daher auch trotz Geltendmachung gleichwohl nach den Verjährungsbestimmungen der §§ 194 ff. BGB verjähren Verjährung.

 

Beispiel

Ein Beschäftigter rügt mit Schreiben vom 7.11.2002 bei seinem Arbeitgeber die Entgeltberechnung und beantragt eine Berichtigung ab dem 1.7.2002 und die Nachzahlung der Differenz. Der Bearbeitungsvorgang zieht sich aufgrund verschiedener Umstände in die Länge. Darauf wird das Entgelt in unzutreffender Höhe noch das gesamte Jahr 2002 weiterbezahlt. Mit Ablauf des 31.12.2005 sind die Entgeltansprüche für das Jahr 2002 verjährt. Die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden sind. Die Verjährungsfrist für die Ansprüche aus 2002 beginnen demnach mit dem 1.1.2003 zu laufen und enden mit Ablauf des 31.12.2005, ungeachtet des Umstands, dass die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD gewahrt wurde.

Des Weiteren können Ansprüche auch verwirkt sein, wenn der Schuldner z. B. nach erheblichem Zeitablauf darauf vertrauen darf, der Gläubiger werde seinen Anspruch endgültig nicht mehr durchsetzen. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen.[1] Eine einmal formgerecht nach § 37 TVöD erfolgte Geltendmachung laufender Ansprüche verliert ihre fristwahrende Wirkung jedoch nicht alleine durch den bloßen Zeitablauf.[2] Voraussetzung für die Verwirkung ist daher neben dem Zeitmoment auch das sogenannte Umstandsmoment. Dazu muss der Gläubiger der Forderung den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen will, sodass der Schuldner sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Die fehlende Geltendmachung an sich löst daher noch keine Verwirkung aus.[3]

 

Beispiel

Ein Beschäftigter hat im Nachgang der Überleitung im Jahr 2005 Ansprüche wegen einer fehlerhaften Eingruppierung für die Zeit ab dem 1.4.2005 geltend gemacht. In der sehr heftigen Auseinandersetzung wird der Beschäftigte zunächst auf einen anderen, höherwertigen Dienstposten versetzt. Da er annimmt, dass dies bereits die Erfüllung seines Anspruchs darstellt, verfolgt er seine Altansprüche nicht weiter. Erst 2007 erfährt er, dass auch für die Zeit vor der Überleitung noch Ansprüche bestehen. Diese kann er weiterhin geltend machen.

Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes aufseiten des Schuldners das Interesse des Gläubigers derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.[4] Die Verwirkung führt zum Untergang des Anspruchs. Tarifliche Statusansprüche (z. B. Eingruppierung) unterliegen nicht der Verwirkung (siehe Punkt 6.2).

Nicht nur Forderungsrechte unterliegen der Verwirkung, sondern auch alle Schutzrechte, wie etwa der Sonderkündigungsschutz nach § 168 SGB IX. Im Gegensatz zur sonstigen Verwirkung ist das Zeitmoment beim Sonderkündigungsschutz jedoch bestimmt. Ein Beschäftigter, der den Sonderkündigungsschutz nach § 168 SGB IX für sich in Anspruch nehmen will, muss sich nach Zugang der Kündigung innerhalb von 3 Wochen gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft berufen.[5] Dies entspricht der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG. Die Frist soll einer Überforderung des Arbeitgebers durch den Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Beschäftigte entgegenwirken. Der Beschäftigte muss alle Unwirksamkeitsgründe einer Kündigung einschließlich der Schwerbehinderung innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend machen. Daher kann auch die materiell-rechtliche Verwirkungsfrist sinnvollerweise nicht länger sein als die mit denselben Wirkungen des Rechtsverlustes ausgestattete Versäumung der Klagefrist.[6]

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